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AKTION/541: "Gesellschaft aus dem Gleichgewicht - endlich Reichtum umverteilen!" (Bündnis Reichtum umverteilen)


Bündnis "Reichtum umverteilen - ein gerechtes Land für alle!"
Pressemitteilung vom 14. März 2019

"Gesellschaft aus dem Gleichgewicht - endlich Reichtum umverteilen!"


Unter diesem Motto führte das Bündnis "Reichtum umverteilen - "ein gerechtes Land für alle!" am Donnerstag vor dem Kanzleramt in Berlin eine Aktion durch. Ein Jahr nach der Wahl der Bundeskanzlerin am 14.03.2018 stelle das Bündnis der großen Koalition ein Zeugnis für ihre bisherige Arbeit aus. Insgesamt fällt das Urteil gemessen an den Anforderungen des Bündnisses, das von 33 Organisationen getragen und von 20 weiteren Organisationen unterstützt wird, "nicht ausreichend" aus.

Mit einer großen Waage, auf der die Ungleichheit der Verteilung bildlich dargestellt wird, zeigen die Aktiven, dass nach einem Jahr großer Koalition die Gesellschaft weiter aus dem Gleichgewicht ist. Vertreterinnen und Vertreter von Attac, Arbeiterwohlfahrt und Zukunftsforum Familie, DIDF, GEW, gewerkschaftlichen Arbeitslosengruppen, Mieterbund, NaturFreunden, Oxfam, ver.di und Volkssolidarität legten für die verschiedenen Politikbereiche ihre Bewertungen dar und forderten einen Kurswechsel hin zu einer Politik, die die Interessen der Vielen und nicht die Förderung der Unternehmen und Vermögenden in den Mittelpunkt stellt.

Gemeinsam erneuerten sie ihre Forderungen nach "Reichtum umverteilen!". Die wichtigsten Aussagen sind in anhängenden "Zeugnis" zusammengestellt.

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Aktion 14. März, 11:00 Uhr

"Gesellschaft aus dem Gleichgewicht - endlich Reichtum umverteilen!"

Zeugnis nach einem Jahr für die große Koalition aus CDU/CSU und SPD - ausgestellt vom Bündnis "Reichtum umverteilen - ein gerechtes Land für alle!"


Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßte das Gesetz zur Brückenteilzeit und forderte möglichst weitgehende Einschränkung der Befristungsmöglichkeiten ohne sachlichen Grund und letztlich die Abschaffung sachgrundloser Befristungen. Der Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit zur Lohndrückerei müsse zurückgedrängt werden und gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag gesichert werden, hier sei Fehlanzeige bei der Koalition. Der Mindestlohn müsse wesentlich kräftiger als bisher geplant erhöht werden. Besonders wichtig sei die Stärkung der Tarifverträge. Sie müssten leichter und auch ohne Zustimmung der Arbeitgeber allgemeinverbindlich erklärt werden können, hier zeige die Koalition Leistungsverweigerung.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften GEW pocht auf die geplante Grundgesetz-Änderung, die ermöglichen soll, dass Geld des Bundes insbesondere in die Finanzierung der Digitalausstattung der Schulen fließt. Wichtig sei zudem Geld vom Bund für mehr Qualität. Dringend müsse dem Personalmangel im Bildungsbereich entgegengewirkt werden. Das Gute-Kita-Gesetz sei ein Schritt in die richtige Richtung, es komme jedoch auch hier auf Qualität. Wichtig sei jetzt die Weichenstellung für einen Rechtsanspruch auf Ganztag in der Grundschule. Notwendig sei eine Mindestausbildungsvergütung von mindestens 625 Euro im Monat. Die Erhöhung der Ausbildungsförderung und die bisherigen Planungen zur künftigen Finanzierung der Hochschulen seien unzureichend und in der Weiterbildung brauche es endlich ein Bundesrahmengesetz.

Der Sozial- und Wohlfahrtsverband Volkssolidarität stellte fest, dass die große Koalition rentenpolitisch zwar gute Ansätze zeige, insgesamt aber hinter den Anforderungen zurückbleibe. Das Rentenniveau werde bis 2025 zwar stabilisiert, aber nicht erhöht, und was danach geschehe sei unklar. Bei den Leistungsverbesserungen der Erwerbminderungsrente blieben die Bestandrentnerinnen und -rentner außen vor und auch viele Neuzugänge seien wegen der Beibehaltung der Abschläge weiterhin akut armutsgefährdet. Bei der Mütterente gab es ebenfalls Verbesserungen für Eltern von vor 1992 geborenen Kindern, aber es bleiben Benachteiligungen und die Finanzierung müsse aus Steuergeldern statt Beiträgen erfolgen.

Die Arbeiterwohlfahrt und das Zukunftsforum Familie bemängelten, dass die Maßnahmen der Koalition gegen Kinderarmut - Erhöhung des Kinderzuschlags und das Bildungs- und Teilhabepaket - unzureichend seien. Die viel zu niedrigen Harz IV-Sätze für Kinder blieben unangetastet. Beim Gute-Kita-Gesetz fehlten klare Qualitätsvorgaben. Gegen Kinderarmut brauche es endlich eine sozial gerechte Kinderrundsicherung und eine Umverteilung des Reichtums für höhere Investitionen in Kinder und Familien.

Die Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen kritisierte das Qualifizierungschancengesetz und das Teilhabechancengesetz der Koalition als Kosmetik. Die Regelsätze beim Arbeitslosengeld II und die Übernahme der Wohnkosten müssten endlich korrekt berechnet und erhöht werden. Die Verbesserungen beim Arbeitslosengeld seien minimal, die Bezugsdauer müsse deutlich verlängert werden. Bei der sozialen Absicherung von Erwerbslosenerfülle die große Koalition insgesamt nicht die Mindestanforderungen.

Der Offene Wirtschaftsverband von kleinen und mittleren Unternehmen, Freiberuflern und Selbstständigen OWUS warf der großen Koalition vor, vor allem die weltmarktorientierten Konzerne zu stärken, statt kleine und mittlere Unternehmen, die Binnennachfrage und regionale Strukturen zu fördern. Als Auftraggeber sei der Staat oftmals Preisdrücker oder Vorkämpfer für befristete Arbeitsverhältnisse. OWUS forderte eine einfache und realistische Besteuerung von Handwerk und Kleinbetrieben. Der Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen solle endlich auch den kleinen Gewerbetreibenden uneingeschränkt möglich sein, natürlich bemessen am erarbeiteten Gewinn und nicht auf der Grundlage fiktiver Beträge.

Der Deutsche Mieterbund forderte eine neue Wohnungs- und Mietenpolitik im Interesse der Mieterinnen und Mieter und nicht der Finanzinvestoren und Vermieter. Minimalkorrekturen am Mietpreisrecht und Lippenbekenntnisse reichten nicht. Statt mit dem unsinnigen Baukindergeld Milliarden Euro für die Subventionierung von Wohneigentum auszugeben sei eine massive Förderung gemeinwohlorientierte Wohnungsunternehmen, kommunaler und Sozialwohnungen erforderlich. Der Gewinnmaximierung und den Steuerschlupflöchern der Immobilienkonzerne müsse ein Riegel vorgeschoben werden.

Die Naturfreunde forderten einen radikalen ökologischen Umbau, der sofort beginnen und sozial gestaltet werden müsse. Der Ausstieg aus der Atomenergie und der Verbrennung klimaschädlicher fossiler Brennstoffe müsse bis spätestens 2030 beendet sein und mit einem Infrastrukturprogramm für die betroffenen Regionen verbunden werden. Der Öffentliche Personennahverkehr müsse flächendeckend ausgebaut werden und Wohnungen mit einem Energiesparprogramm klimagerecht und sozial saniert werden. Zur Finanzierung forderten die Naturfreunde die Einführung einer Vermögensabgabe und einer Vermögenssteuer.

Die Entwicklungsorganisation Oxfam kritisierte, dass die große Koalition die Einführung einer umfassenden Finanztransaktionssteuer faktisch begraben habe, obwohl diese sogar im Koalitionsvertrag steht. Auch in Sachen Transparenz von Konzerngewinnen stehe die Bundesregierung auf der Bremse und blockiere auf europäischer Ebene die Veröffentlichung von länderbezogenen Daten zu Gewinnen und darauf gezahlte Steuern von Konzernen. Bisher habe die Koalition in Sachen internationale Steuergerechtigkeit zu wenig geleistet und müsse erst noch zeigen, dass sie dieses Ziel ernst nehme.

Die Migrantenorganisation DIDF (Föderation demokratischer Arbeitervereine e.V.) beklagte die fortschreitende soziale Spaltung, unter der Migrantinnen und Migranten besonders stark leiden. Zugleich werden sie als Bedrohung dargestellt. Das sei der Nährboden für rassistische, nationalistische oder reaktionäre Tendenzen. Die Rechtsentwicklung zeige sich nicht nur im Erstarken der AfD, sondern im von der Koalition betriebenen Abbau von Menschenrechten wie dem Asylrecht, der Militarisierung und dem Ausbau Europas zu einer Festung, in die es keinen Eingang mehr geben soll. Die Forderung: Geben wir Rassismus, Diskriminierung und Ausgrenzung keine Chance! Wir lassen uns nicht spalten!

Ungleichheit ist nicht naturgegeben - sie wird gemacht, so das globalisierungskritische Netzwerk Attac. Ungleichheit wurde mit Steuerpolitik verstärkt und kann mit Steuerpolitik verringert werden. Bei der Erbschaftsteuerreform wurden Chance zur Abschaffung der Privilegien für große Vermögensbesitzer nicht genutzt und die aktuellen Bestrebungen zu einer ersatzlosen Streichung des Solidaritätszuschlags würden die steuerliche Besserstellung hoher Einkommen weiter verstärken. Steuerbetrug und Steuerhinterziehung müssen stärker bekämpft werden. Bei der Reform der Grundsteuer müsse deren Umlage auf die Mieten abgeschafft werden. Die große Koalition versage bisher bei der steuerpolitischen Gestaltung einer solidarischen Gesellschaft.


Das zivilgesellschaftliche Bündnis "Reichtum umverteilen - ein gerechtes Land für alle!" wird von 33 Organisationen getragen und von 20 weiteren Organisationen unterstützt. Weitere Informationen zu dem Bündnis, den gemeinsamen Forderungen und den dort zusammengeschlossenen Organisationen finden Sie im Netz unter:
https://www.facebook.com/reichtumumverteilen/ und
www.reichtum-um-verteilen.de

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Quelle:
Bündnis "Reichtum umverteilen - ein gerechtes Land für alle!"
Pressemitteilung vom 14. März 2019 weitergeleitet durch
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2019

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