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AKTION/546: Konzert vor den Toren des Erstaufnahmelagers Nostorf-Horst (Lebenslaute)


LEBENSLAUTE : klassische Musik - politische Aktion
Presseinformation vom 18. August 2019

"Wir öffnen das Tor mit Orchester und Chor"


Am Sonntag spielten die MusikerInnen von Lebenslaute ihr diesjähriges Abschlusskonzert vor den Toren des Erstaufnahmelagers Nostorf-Horst. Eindringlich wiederholten sie ihre Forderung, Menschenrechte von Geflüchteten zu achten und Horst wegen seiner menschenunwürdigen Lebensbedingungen zu schließen.


Foto: © Lebenslaute

Konzert vor den Toren des Erstaufnahmelagers Nostorf-Horst am 18. August 2019
Foto: © Lebenslaute

"Es tönen die Lieder, da sind wir schon wieder", sang der Chor beim Aufbau: Tags zuvor hatte Lebenslaute sich in einem Akt Zivilen Ungehorsams Zugang zum zentralen Versammlungsplatz des Camps verschafft. Die ankommenden MusikerInnen wurden von den InsassInnen freudig begrüßt. Sofort erklang Musik. Die aus den Häusern strömenden Menschen wurden ins Konzert schnell einbezogen, denn viele der internationalen Lieder waren zum Mitsingen und Tanzen gedacht. Die wenigen anwesenden Polizisten sowie der Sicherheitsdienst störten das Aktionskonzert nicht. Mit dieser unangekündigten Aktion hat Lebenslaute eines ihrer zentralen Anliegen umgesetzt, die Isolation der Geflüchteten zu durchbrechen. Ein Konzert auf dem Lagergelände hatte die zuständige Behörde nicht gestattet. Nach dem Verlassen des Lagers wurde die Gruppe Eingekesselt und die Personalien sämtlicher MusikerInnen festgestellt. Hierfür wurde ein Großaufgebot der Polizei herbeigerufen.

Auch am Sonntag überwachte die Polizei das Geschehen und stand im Eingangsbereich in voller Montur. Einige Geflüchtete wagten daher zuächst nicht, sich zu den Zuhörenden aus der Umgebung zu gesellen. "Wir wissen nicht, was passiert, wenn ihr wieder weg seid", sagte ein Bewohner, der den Konzertbesuch trotzdem gewagt hatte - in der Hoffnung, "den Menschen draußen" von den katastrophalen Zuständen im Camp berichten zu können: viel zu kleine Zimmer, überwiegend aus Käse und Brot bestehendes einseitiges Essen. Kaputte Duschen, völlig unzureichende medizinische Versorgung, selbst nach gravierenden Operationen. Kaum Nachtschlaf wegen ständiger nächtlicher Polizeikontrollen - manche BewohnerInnen übernachteten im Wald, um überhaupt einmal Ruhe zu finden. Nach und nach kamen viele Geflüchtete hinzu, erzählten vehement von ihren Nöten, baten um Hilfe.

Bereits am Freitag überbrachte das Netzwerk Lebenslaute ihre kompromisslosen Forderungen "Lager Horst schließen, Menschenrechte verteidigen" den MitarbeiterInnen der Staatskanzlei in Schwerin. Die rund 100 Menschen in Schwerin, die den klassischen Werken und internationalen Liedern aufmerksam lauschten, unterstützten die Forderungen.

"Es tönen die Lieder, wir kommen bald wieder". Lebenslaute sollte dies zum Versprechen machen. Die Aktion hat einmal mehr gezeigt, dass es notwendig ist, Missstände immer wieder zu benennen und an unser aller Verantwortung zu appellieren.

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Quelle:
Lebenslaute
E-Mail: presse@lebenslaute.net
Internet: www.lebenslaute.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. August 2019

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