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AFRIKA/032: Ernährungssicherheit und Handelspolitik in Honduras (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Ernährungssicherheit und Handelspolitik in Honduras

Von Pedro Morazán


Die Landwirtschaft macht in Honduras fast die Hälfte der Exporte aus - und ist doch nicht fähig, die eigene Bevölkerung angemessen zu ernähren. Das ist nicht zuletzt das Resultat jahrzehntelanger Handelsliberalisierung. Diese wurde kürzlich durch die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens mit den USA (Central America Free Trade Agreement, CAFTA) verstärkt und würde durch das geplante Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union (EU) noch beschleunigt.


Fast die Hälfte der Bevölkerung (48 Prozent) lebt in Honduras in extremer Armut, der größte Teil davon immer noch auf dem Land. Den Bauern fehlt ausreichendes und hochwertiges Land und sie sind mit schlechten Marktbedingungen konfrontiert. Was den Bauern schadet, wird auch zunehmend für das ganze Land zu einem kaum zu bewältigenden Problem: Die heimische Produktion reicht für die Deckung des nationalen Bedarfs längst nicht mehr aus.

Die große Abhängigkeit von importierten Nahrungsmitteln ist zweifellos eine der größten Gefahren, denen Honduras hinsichtlich der Ernährungssicherheit mittlerweile gegenübersteht. Die gestiegenen Importe von Nahrungsmitteln sind dabei sowohl eine Folge als auch eine Ursache der schrumpfenden Produktion von Getreide wie Mais und Reis: Die Importe erschweren den Marktzugang für die heimischen Bauern und führen zu einem Produktionsrückgang. Zugleich macht der Produktionsrückgang wiederum vermehrte Importe notwendig. Dieser Teufelskreis - gepaart mit dem immer häufigeren Auftreten von Naturkatastrophen - hat in Honduras zum Verlust der Ernährungssouveränität geführt.


Freihandelsabkommen verschärfen Hungerkrise

Verstärkt wird diese Entwicklung seit 2004 durch die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens CAFTA-DR mit den USA, welches Honduras zu einem massiven Zollabbau zwingt. Das Hauptversprechen der CAFTA-Befürworter, Preissenkungen für Lebensmittel im Sinne armer VerbraucherInnen, hat sich im Zuge der relativ starken Inflation (8,9 Prozent seit 2007) nicht eingelöst. Ganz im Gegenteil: genau die Lebensmittel haben eine enorme Verteuerung erlitten. Hungerproteste sind die Folge. Die Preissteigerungen auf dem Weltmarkt sind für die Regierung kaum zu kontrollieren. CAFTA hat offenbar die Verwundbarkeit des Landes erhöht, indem es das Land noch mehr der Willkür der internationalen Märkte ausgesetzt hat.

Auch durch das Assoziierungsabkommen, das derzeit zwischen der EU und den mittelamerikanischen Staaten ausgehandelt wird, hat Honduras wenig zu gewinnen. Honduras exportiert in die EU hauptsächlich landwirtschaftliche Produkte und importiert von dort Fertigprodukte. Aufgrund der armen Ressourcenausstattung und der bestehenden Hürden auf dem EU-Markt würde eine Intensivierung des Handels die Handelsbilanz für Honduras eher verschlechtern.


Stärkung der Kleinbauern nötig

Für die Landwirtschaft bietet sich auch deshalb eine düstere Perspektive, weil die EU ihre Agrarsubventionen aus den Verhandlungen komplett ausklammert. Hinzu kommt, dass die EU über den Güterhandel hinaus eine Liberalisierung der Dienstleistungen, des öffentlichen Auftragswesens, der Auslandsinvestitionen und einen besseren Schutz von geistigen Eigentumsrechten fordert. Damit würden die wirtschaftspolitischen Spielräume und die Ernährungssouveränität von Honduras weiter eingeschränkt. Vor diesem Hintergrund wird das Risiko steigender Importe aus der EU durch die leicht verbesserten Exportchancen kaum aufgewogen.

Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass die Freihandelsabkommen die Ernährungsunsicherheit verschärfen, insbesondere für die am meisten benachteiligten Gruppen. Eine maßlose Liberalisierung fördert die Nutzung des fruchtbaren Landes für den Export, lässt nur die weniger fruchtbaren Böden für die Produktion für den heimischen Markt übrig und konzentriert die Produktion in einigen wenigen Bereichen: Exportorientierte Landwirtschaft verdrängt die Nahrungsmittel produzierende Landwirtschaft Zudem erhöht sie die Abhängigkeit von internationalen Marktpreisen, was derzeit auf internationaler Ebene verheerende Effekte auf wirtschaftlich benachteiligte Bevölkerungsgruppen hat. Erforderlich wäre eine energische Politik der landwirtschaftlichen Umverteilung, eine Stärkung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft sowie der kleinen und mittleren Industriebetriebe.


Der Autor ist Mitarbeiter von Südwind, dem Institut für Ökonomie und Ökumene.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2008, S. 9
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2008