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BERICHT/229: GIs, know your rights! - Arbeit mit US-amerikanischen Soldaten (Zivilcourage)


ZivilCourage Nr. 1 - Februar/März 2009
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

GIs, know your rights!
Erfahrungen in der antimilitaristischen Arbeit von DFG-VK- und anderen Friedensgruppen mit US-amerikanischen Soldaten

Von Roland Blach


Vor genau einem Jahr berichtete die ZivilCourage in ihrer ersten Ausgabe 2008 im Titelthema ausführlich über den wachsenden Widerstand von GIs gegen die Kriege im Irak und in Afghanistan - und wie die deutsche Friedensbewegung aktiv werden kann, soll und muss.

Stefan Philipp schrieb in seinem Vorwort: "Hättest Du gewusst, dass über den Zivilflughafen Leipzig jährlich mindestens 300.000 US-Soldatinnen und Soldaten zu ihrem Kriegseinsatz im Irak und in Afghanistan verlegt werden (manche Schätzungen reichen sogar bis 800.000 dieser militärischen Passagiere)?" Er verwies dabei auf den Artikel von Elsa Rassbach, in dem sie berichtete "wie junge US-AmerikanerInnen zum Militär gelockt werden, wie sie die 'Groundtruth' des Krieges erfahren und wie sie behandelt werden, wenn sie sich dem Morden und Ermordet-werden entziehen wollen." Stefan Philipp ergänzte: "Ohne den US-Standort in Deutschland - den größten weltweit außerhalb der Vereinigten Staaten - würde der Krieg nicht funktionieren."

Die DFG-VK hat zusammen mit vielen Organisationen der Friedensbewegung (z.B. dem deutschen Ableger der Irak Veterans Against War, dem Military Counseling Network, Connection) und vielen lokalen Friedensgruppen viel zur Öffentlichkeitsarbeit in den vergangenen Monaten beigetragen. Stellvertretend seien hier genannt die Solidaritätsbewegung für André Shepherd, den ersten US-Soldaten, der in Deutschland einen Antrag auf Asyl gestellt hat, die Rundreise mit James Gilligan (traumatisiert durch seine Einsätze im Irak, Afghanistan und Guantanamo), vielen Redebeiträgen von Chris Capps bei größeren Demonstrationen, vielen Kinovorführungen von "Camilo - der lange Weg zum Ungehorsam" unter der Regie und Beteiligung von Peter Lilienthal.

Wichtige Informationen für US-SoldatInnen enthält ein Faltblatt der GI-Rights-Hotline, das in Deutschland u.a. von der DFG-VK vertrieben wird. Leo Sauer vom bayerischen DFG-VK-Landesverband und das Munich American Peace Committe haben den Anstoß für den deutschen Vertrieb gegeben und die Anschubfinanzierung geleistet.

Seit Dezember 2007 werden diese Faltblätter in der Größe einer Visitenkarte auch in Deutschland verteilt. Die GI-Rights-Hotline in Kalifornien ist die Zentrale des Netzwerks der GI-Beratungsstellen. SoldatInnen, die dort anrufen, werden entweder direkt beraten oder, je nach Bedarf, an eine Beratungsstelle in Deutschland (Military Counseling Network) oder an andere Organisationen in Europa weitergeleitet, die spezielle Unterstützung für GIs anbieten können.

Laut US-Militärrecht dürfen US-SoldatInnen Infos für sich behalten, sie jedoch nicht an andere verteilen.

Die in Berlin lebende US-Amerikanerin Elsa Rassbach, die DFG-VK-Mitglied ist, hat im letzten Frühjahr den Anstoß zur Gründung einer Arbeitsgruppe zu GIs innerhalb der DFG-VK gegeben. Nachdem der Bundesausschuss im Juni diese Gruppe beschlossen hat, hat diese unter Federführung von Elsa Rassbach mit ihrer Arbeit begonnen und mittlerweile mehrere Telefonkonferenzen abgehalten. Ein Schwerpunkt der bisherigen Arbeit war die Dokumentation und der Ausbau der Verteilung der kleinen Faltblätter. Dazu erhielten wir diese Berichte.

Klaus Wirtgen (Westpfalz): "Um die Air Base Ramstein MacDonald's Ramstein, Rodenbach, Spesbach) und am US-Hospital Landstuhl habe ich ca. 400 Stück in Briefkästen von Amerikanern und hinter Scheibenwischern von Windschutzscheiben US-amerikanischer Fahrzeuge platziert sowie einige direkt den GIs übergeben. Nachdem Elsa mir einen Stapel der Winter Soldier Karten 'Their stories will be told. Are you reday to listen?' zur Verfügung gestellt hatte, fügte ich diese hinzu. Nach meiner Einschätzung kommt diese Kombination sehr gut an. Uniformierte US-SoldatInnen, die mir über den Weg liefen und denen ich die Infos direkt in die Hand gab, haben sich überwiegend freundlich dafür bedankt."

Markus Pflüger (Trier): "Ich hatte rund 15 im Eine-Welt-Laden ausliegen, die sind inzwischen alle vergriffen. Offensiv vor der Airbase oder in Housingsbriefkästen verteilen haben wir bisher nicht probiert, aber eigentlich wäre das mal ein Versuch."

Auf den Infoständen der DFG-VK im Raum Mainz/Wiesbaden/Frankfurt werden die Minifaltblätter ausgelegt, allerdings kommen GIs selten zu den Infoständen. Gelegentlich nehmen sich Leute mit Kontakt zu US-Militärpersonal eine Handvoll mit.

Über die Aktivitäten in und um Baumholder berichtete Rainer Böß: "Bevor die 2. Brigade der 1. US-Panzerdivision aus Baumholder in den Irak ging, verteilten am Karfreitag 2008 Mitglieder des Kreisverbandes DIE LINKE.Birkenfeld, unterstützt von jugendlichen Sympathisantinnen der Friedensbewegung das Info-Blatt 'GIs - know your Rights' in den Garnisons-Städten Baumholder (Smith Barracks), Idar-Oberstein (Straßburgkaserne) und auch in der Kreisstadt Birkenfeld. Fortgesetzt wurde die Aktion am Ostermontag, als US-Irak-Kriegsveteran Chris Capps-Schubert, Europa-Koordinator der Organisation IVAW (Irakveteranen gegen den Krieg), gemeinsam mit der ehemaligen stellvertretenden Landesvorsitzenden der LINKEN.Rheinland-Pfalz, Tanja Krauth, und weiteren Mitgliedern des Birkenfelder Kreisverbandes in Baumholder direkt vor dem Gate der Smith Barracks Info-Material an interessierte GIs verteilte. Bereits nach zwei Stunden waren die als Geschenke verpackten Info-Pakete alle ausgeteilt, und die Aktion wurde mit Flyern an anderen Stellen im Stadtgebiet fortgesetzt. Gegen Abend konnten dann noch in mehreren Gaststätten reichlich 'GIs - know your Rights'-Karten ausgelegt werden. Chris Capps-Schubert wertete die Aktion, aus der auch neue Mitglieder für die IVAW gewonnen werden konnten, als großen Erfolg. Weitere Verteilaktionen in kleinerem Rahmen folgten bisher. Wenn die 2. Brigade nach 15 Monaten aus dem Irak zurückkehrt, werden Tanja Krauth und ihr Team in Baumholder wieder viel zu tun haben! Wir haben in und an den frei zugänglichen Wohnblocks Info-Material verteilt (Briefkästen) und Menschen angesprochen. In die abgesperrten Housings kamen wir als deutsche Zivilisten nicht rein. Einige wenige GIs haben Info-Karten genommen und wollten sie auf eigenes Risiko auch innerhalb der Absperrung verteilen. Wir haben die Ausfahrt (und Drive In) bei MacDonald's genutzt, um mit Amerikanern ins Gespräch zu kommen - hat gut geklappt. Das Auslegen der Karten in den Kneipen war schwieriger - hier musste Tanja Überzeugungsarbeit leisten. Wie die Aktion mit Chris gezeigt hat, ist es von Vorteil, wenn 1. ein Amerikaner und 2. ein ehemaliger Soldat die Leute anspricht. Es ist schwierig bis unmöglich, amerikanische Wohnungen außerhalb der bekannten Bereiche auszumachen, um Material in die Briefkästen zu stecken. Die Autos haben bis auf ganz wenige Ausnahmen Birkenfelder Kennzeichen und auch TÜV- und Abgasplakette. Und nicht alle fahren die typischen Geländewagen! - Das ist wirklich ein großes Problem. Die Straßburg-Kaserne in Idar-Oberstein ist inzwischen geschlossen. Die Housing in Neubrücke wird aufgelöst."

Joachim Guilliard aus Heidelberg: "So viel lief hier leider gar nicht dazu. Wir haben die Falzblätter bisher im wesentlichen im Zusammenhang mit Aktionen verteilt, vor dem Headquarter und während Infotischen, z.B. auf der Hauptstraße. Dort kamen keine GIs, aber andere US-Amerikaner, die ein paar mitnahmen. Dann haben sich noch zwei Frauen aus unserem Forum [das GI-Info] geschnappt, um es in den Wohngebieten zu verteilen, soweit das noch geht. Sie kennen sich aber aus und verteilten da schon oft. Davon habe ich aber keine Rückmeldung. Wir müssten das in der Tat wieder etwas intensivieren."

Die Gruppe um Jürgen Wangler hat Karten vor Weihnachten in Katterbach bei Ansbach vor der Kaserne verteilt, was sehr gut ankam. Zusammen mit einer englischen IVAW-Zeitung und der englischen Erklärung von André Shepherd. Bilder davon sind auf der Homepage der Offenen Linken (www.offenelinke-ansbach.de). "Die GI-Rights-Karten verteilen wir auch so immer an GIs in Ansbach und seit Ende Januar auch beim Stützpunkt Illesheim. Wir haben mittlerweile aber keine mehr und bräuchten Nachschub." (Jürgen Wangler)

Torsten Schleip berichtet aus Leipzig, dass sie nicht an die Transit-GIs herankämen, da diese sich während ihres Aufenthalts separat in einem abgeschlossenen Teil des Flughafens aufhielten. Ein auch bei Vorbeifahrt der Flugzeuge über die Startbahnbrücke sichtbares Transparent mit der Telefonnummer sei in Vorbereitung, aber technisch schwierig bei 1-Meter-Zahlengröße.

Elsa Rassbach hat in der Titel-Story der Dezember-ZivilCourage bereits kritisch über die zu erwartende US-Außenpolitik unter dem neuen US-Präsidenten Obama berichtet. Die Ankündigung, in Kürze weitere 20.000 US-Soldaten nach Afghanistan zu entsenden, belegt, dass wir den Widerstand innerhalb der US-Armee auch weiterhin mit viel Nachdruck stärken müssen, um eine wirkliche Friedenspolitik durchzusetzen.

Wir sind in der Verantwortung, mit viel Engagement zum Ende der auch von Deutschland aus geführten Kriege im Irak, in Afghanistan und anderswo beizutragen. Helft mit, die Karten massenweise zu verteilen und beteiligt Euch an den vielen Protestaktionen gegen den Nato-Gipfel in Straßburg, Kehl und Baden-Baden zwischen dem 1. und 5. April.

Wer Interesse an einer Mitarbeit in der Arbeitsgruppe hat, wende sich am besten direkt an Elsa Rassbach (Tel. 030-32601540, eMail elsarassbach@gmail.com).


Roland Blach ist Geschäftsführer des DFG-VK-Landesverbandes Baden-Württemberg und arbeitet aktiv in der GI-Arbeitsgruppe mit.


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Quelle:
ZivilCourage Nr. 1 - Februar/März 2009, S. 5 - 7
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK e.V.),
Kasseler Straße 1A, 60486 Frankfurt
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Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
Jahres-Abonnement: 12,00 Euro einschließlich Porto
Einzelheft: 2,00 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. März 2009