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BERICHT/312: "Schlagkräftige Bundeswehr 2020" (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 2 - Juni/Juli 2014
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

"Schlagkräftige Bundeswehr 2020"
Der Deutsche Bundeswehr-Verband plädiert für Aufrüstung und Militarisierung

Von Monty Schädel



Nachdem die Bundesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung bereits eine "Attraktivitätsoffensive für die Bundeswehr" angekündigt hatte und die Kriegsministerin Anfang Mai bereits die erste Kita für Soldatenkinder eröffnete, hat sich auch der Interessenverband der SoldatInnen und Zivilbeschäftigten der Bundeswehr zu Wort gemeldet. In einem 74-seitigen Papier mit dem Titel "Schlagkräftige Bundeswehr 2020. Attraktivitätsoffensive starten!" stellt der Deutsche Bundeswehrverband (DBwV) seine Forderungen für eine "stabile und attraktive Zukunft der Bundeswehr" vor. Breitenwirksam wird dieses Programm der Militarisierung und Aufrüstung in einer 12-seitige Broschüre "in einer verständlichen Form auch für Leserinnen und Leser, die nicht mit dem System Bundeswehr vertraut sind", aufbereitet.

Geforderte Wertschätzung

Zur Rechtfertigung der Forderungen des Soldatenverbandes wird in dem Papier über "außergewöhnliche Belastungen", "handfeste Benachteiligungen" oder "Schlechterstellungen" der SoldatInnen philosophiert. Gleichzeitig wird festgestellt, dass Bundesregierung und Bundestag die Verpflichtung zu einer schlagkräftigen Bundeswehr erkannt hätten, da "die europäische Handlungsfähigkeit leidet" und Deutschland "sich zu einem verstärkten Engagement bei der Krisenbewältigung in aller Welt" bekennt. Zusätzlich müsse "zuletzt verloren gegangenes Vertrauen der Menschen in die Bundeswehr zurückgewonnen und hervorragendes Personal (...) verpflichtet werden".

Auch wenn das Papier aus Sicht des Bundeswehrverbandes Mängel und Versäumnisse bei der Bundeswehr aufzeigt und damit die Truppe eher unattraktiv erscheinen lässt sowie dem Kriegsministerium einen Rüffel für die Betreuung seiner Angehörigen erteilt, ist es doch ein Plädoyer für die Absicherung der weltweiten Kriegseinsätze und die Verbreitung des Militärischen in der Gesellschaft.

In den 26 aufgeführten Einzelpunkten wird dann auf unterschiedliche Bereiche intensiver eingegangen. Dabei geht es um die Rahmenbedingungen des Dienstes und die Sicherung der Einsatzfähigkeit. Als notwendige Teile werden dafür u.a. Stichworte wie "familienfreundliche Bundeswehr", "planbarer Dienst", "Regeneration nach dem Einsatz" und "moderne Soldatenbeteiligung" behandelt. "Mehr Wertschätzung für hervorragende Arbeit" geht wohl auch bei der Bundeswehr hauptsächlich übers Geld: "Dafür müssen alle Stellenzulagen um 40 Prozent steigen, ..." Um den Auftrag zu erfüllen und Leib und Leben "im Einsatz" zu schützen braucht es "aber vor allem moderne Ausrüstung und Ausstattung". Sorgen macht sich der DBwV um die "Wertschätzung und Anerkennung" der Soldaten in der Gesellschaft. Eine weitere Militarisierung der Gesellschaft soll dem entgegenwirken. So sollen in Zukunft "dauerhaft in den Medien, im Straßenbild, im Internet und durch Material für alle Ausbildungseinrichtungen" die "Einsätze von heute und morgen" allen nahe gebracht werden. In einer "ständigen Kampagne" soll die "Bundeswehr einfach erklärt" werden. Durch einen "Staatsvertrag" sollen "die Soldatinnen und Soldaten im Öffentlichen Leben präsent" und "in der Mitte der Gesellschaft" gehalten werden.

Utopischer Militärhaushalt

Am Ende des Papiers bei der Frage der Finanzierung der Forderungen geht der DBwV noch einmal richtig "in die Vollen": "All dem wird der Verteidigungshaushalt nicht gerecht." Obwohl bei den die Bundeswehr betreffenden Fragen im Gegensatz zu allen anderen gesellschaftlich diskutierten Dingen die finanziellen Mittel ohne Weiteres immer vorhanden zu sein scheinen, weist der DBwV darauf hin, dass "ein Plus an Attraktivität seinen Preis" hat.

Nicht gerade vorsichtig wird nicht nur auf die Unterfinanzierung durch den aktuellen Bundeshaushalt mit einer Gesamthöhe von ca. 35 Milliarden Euro verwiesen, sondern auch für den "Hinterkopf" angemerkt, dass nach "einer internen Vorgabe der Nato der Verteidigungshaushalt eines jeden Mitgliedsstaates zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprechen" soll.

Verschämt wird zwar behauptet: "Sogar der Deutsche BundeswehrVerband weiß, dass diese Zahl" - ein Militärhaushalt von 54,7 Milliarden Euro - "wenn nicht utopisch, dann doch höchstens auf einer sehr, sehr langen Zeitachse zu erreichen ist." Doch er bleibt dabei: "Und dennoch sollte dies die finanzielle Benchmark für die Freiwilligenarmee Bundeswehr im 21. Jahrhundert sein."


Monty Schädel ist Politischer Geschäftsführer der DFG-VK. Weitere Informationen und das Papier auf der DFG-VK-Homepage unter www.dbwv.dfg-vk.de

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 2 - Juni/Juli 2014, S. 19
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
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Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2014