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ATTAC/702: Attac legt Aktionsplan zur Schließung von Steueroasen vor


Attac Deutschland - Pressemitteilung vom 22. Februar 2008

* Attac legt Aktionsplan zur Schließung von Steueroasen vor

* Heiner Geißler, Björn Böhning und Sven Giegold fordern konsequenteres Vorgehen gegen Steuerflucht


Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat einen "Aktionsplan zur Schließung von Steueroasen" vorgelegt und die Bundesregierung sowie die anderen EU-Staaten aufgefordert, endlich finanz- und außenpolitisch wirksam gegen Steuerflucht aktiv zu werden. "Steuerflucht zu bekämpfen, ist möglich. Es ist eine Frage des politischen Willens", betonte der Attac-Steuerexperte Sven Giegold, der den Aktionsplan am Freitag gemeinsam mit den beiden prominenten Attac-Mitgliedern Heiner Geißler (ehemaliger CDU-Generalsekretär) und Björn Böhning (Sprecher der SPD-Linken) in Berlin vorstellte. Weder die rot-grüne Bundesregierung noch die große Koalition hätten diesen Willen bisher gezeigt. "Die Bundesregierung muss endlich den Konflikt mit den Steueroasen inner- und außerhalb der EU angehen", forderte Sven Giegold.

Diese Auseinandersetzung habe die Bundesregierung bisher gescheut, kritisierte Heiner Geißler. Stattdessen seien in Deutschland in den vergangenen Jahren die Steuern auf Zinsen, Dividenden und Unternehmensgewinne stetig gesenkt worden, während die Abgaben und Steuern für Arbeitnehmer und Konsumenten stiegen. Die Folge sei wachsende soziale Ungleichheit. "Attac setzt sich bereits seit langem gegen Steueroasen und den ruinösen Steuersenkungswettlauf zwischen Staaten ein. Der jetzige Skandal zeigt, wie berechtigt diese Forderungen sind", sagte Geißler. Die durch Steuerflucht geschädigten Länder müssten sich endlich mit anderen betroffenen Staaten auf Sanktionen gegen die Steueroasen einigen und die Steuerfahndung personell verstärken. Innerhalb der EU seien gemeinsame Mindeststeuersätze und Steuerbemessungsgrundlagen notwendig.

"Die Verhinderung von Steuerhinterziehung ist keine Frage von Managermoral, sondern eine Aufgabe für Politik und Justiz. Wir brauchen konsequente Schritte zur Bekämpfung von Steueroasen", ergänzte Björn Böhning. Dazu gehöre in Deutschland die Einschränkung des Bankgeheimnisses ebenso wie eine Bundessteuerverwaltung. Auf europäischer Ebene müsse Deutschland alles tun, damit Kapitaltransfers effektiv kontrolliert werden. Björn Böhning: "Denn es scheint leider so, dass in einigen Bereichen der deutschen Geldelite jegliches Schuldbewusstsein verloren gegangen ist."

Der Aktionsplan im Internet:
www.attac.de/steueroasenschliessungsplan/


* Kurzfassung "Attac-Aktionsplan zur Schließung von Steueroasen"

Außenpolitische Maßnahmen gegenüber Nicht-EU-Steueroasen:

Attac fordert Attac die Bundesregierung auf, sofort mit möglichst vielen Ländern bi- und multilateral einen automatischen steuerlichen Informationsaustausch über Ländergrenzen hinweg zu vereinbaren. Länder, die sich dem verweigern, sollen mit Sanktionen belegt werden: Geschäfte mit ihnen müssen gemeldet werden, handelspolitische Vorteile werden aufgehoben und der Kapitalverkehr eingeschränkt. "Für die Steueroasen wären die Folgen gravierend. Freier Kapitalverkehr ist der Lebensnerv jeder Steueroase. Wenn man ihn beschränkt, ist der Steueroasenspuk schnell vorbei", sagte der Attac-Steuerexperte Sven Giegold. "Wenn normale Banküberweisungen in Steueroasen nicht mehr möglich sind, werden diese Länder, was kein Finanzplatz sein will: anrüchig." Ein solches Vorgehen gegenüber Nicht-EU-Steueroasen wie Liechtenstein, Singapur, den Kanal- und den Kaiman-Inseln sei lediglich eine Frage des politischen Willens."

Außenpolitische Maßnahmen gegen Steueroasen in der EU:

Attac erwartet, dass sich die Bundesregierung innerhalb der EU für gemeinsame Mindeststeuersätze und Steuerbemessungsgrundlagen einsetzt und diese zu einem zentralen Punkt in künftigen EU-Verhandlungen macht. Bei den nächsten Budgetverhandlungen der EU müsse Deutschland klar machen, dass es als größter Nettozahler nicht mehr zur Verfügung steht, so lange die steuerliche Harmonisierung und die Schließung der Steueroasen in der EU nicht vorankommen. "Wir erwarten einen konsequenten Einsatz für die steuerlichen Grundlagen des Sozialstaates und eine gerechte Verteilung - ähnlich dem Engagement, das Regierungen in der EU für die Interessen von Bauern und Autokonzernen zeigen", sagte Sven Giegold. Ein sozialer Ausgleich zwischen Globalisierungsgewinnern und -verlierern sei nur über Steuern möglich. Daher müsse es ein zentrales Ziel der Außenpolitik werden, transnationale Unternehmen und Vermögende auch in Zeiten der Globalisierung für die Finanzierung staatlicher Aufgaben in die Pflicht zu nehmen.

Maßnahmen im Inland:

Für das Inland sieht der Aktionsplan eine Lockerung des steuerlichen Bankgeheimnisses vor, so dass Kapitaltransfers ins Ausland systematisch überprüft werden können, ohne dass erst ein Anfangsverdacht vorliegen muss. International verflochtene Unternehmen sollen verpflichtet werden, ihre Firmenstruktur samt Tochterfirmen mit ausgewiesenen Gewinnen und gezahlten Steuern öffentlich zu machen. Deutschland könnte auch von Australien lernen: Dort werden die Daten von Kreditkarten aus Steueroasen genutzt, um Steuerflüchtlingen auf die Schliche zu kommen. Die Steuerbehörden sollen laut dem Aktionsplan personell verstärkt werden. Steuerhinterziehung in Millionenhöhe soll immer zu einer Gefängnisstrafe führen und - abgesehen von Bagatellfällen - die strafbefreiende Selbstanzeige abgeschafft werden. Um die Verschiebung von Unternehmensgewinnen in Niedrigsteuergebiete unattraktiver zu machen, fordert Attac zudem, die ertragsunabhängigen Komponenten der Gewerbesteuer zu stärken.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 22.02.2008
Pressesprecherin Attac Deutschland
Frauke Distelrath
Post: Münchener Str. 48, 60329 Frankfurt/M
Tel.: 069/900 281-42; Fax: 069/900 281-99
E-Mail: presse@attac.de
Internet: www.attac.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2008