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APPELL/131: Keine neuen Trägersysteme für Atomwaffen kaufen! (ICAN)


ICAN-Pressemitteilung vom 15. Dezember 2018
Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen

Keine neuen Trägersysteme für Atomwaffen kaufen!


Drei Partnerorganisation der Internationalen Kampagne für die Abschaffung der Atomwaffen (ICAN), die 2017 den Friedensnobelpreis erhielt, fordern Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf, keine neuen Flugzeuge für den Atomwaffeneinsatz zu beschaffen.

Medienberichten zufolge [1] will die Bundesregierung noch vor Weihnachten darüber entscheiden, welches Kampfflugzeug als Ersatz für den Tornado angeschafft werden soll. Deutschland stellt momentan der NATO Tornado-Flugzeuge sowie deutsche Piloten im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe zur Verfügung, um im Ernstfall Atomwaffen einzusetzen.

"Wir befürchten, dass die Bundesregierung ohne öffentliche Debatte ein neues, teures Flugzeug - wie etwa die F-35 - aus den USA anschafft, um weiterhin Atomwaffen einsetzen zu können. Obwohl die Mehrheit der deutschen Bevölkerung die Stationierung von US-Atomwaffen hierzulande deutlich ablehnt, wird durch einen solchen Beschluss für die vorhersehbare Zukunft 'Nägel mit Köpfen' gemacht", schreiben die Organisationen ICAN Deutschland, IPPNW Deutschland und die Kampagne "Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt".

Sie mahnen, dass dieser Kauf zusammen mit der bereits beschlossenen Stationierung von neuen US-Atombomben ab 2020 die bedeutendste nukleare Aufrüstung seit der Nachrüstung in den 1980er Jahren wäre. Angesichts der Spannung zwischen den USA und Russland wegen des INF-Vertrags und die damit verbundene Drohung einer Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa befeure dieses Modernisierungsvorhaben ein Wettrüsten.

Die ICAN-Partner fordern die Bundesregierung auf, aus der nuklearen Teilhabe der NATO auszusteigen, statt enorme Summen an Steuergeldern für neue Atomwaffensysteme auszugeben.

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Bundesministerin für Verteidigung

Frau Ursula von der Leyen
Bundesministerium der Verteidigung
Stauffenbergstr. 18
10785 Berlin

14. Dezember 2018

Sehr geehrte Frau Ministerin von der Leyen,

den aktuellen Medienberichten entnehmen wir, dass das Ministerium schon in diesem Jahr beschließen möchte, welches Kampfflugzeug als Ersatz für den Tornado von Deutschland angeschafft werden soll. Wenn Deutschland auch weiterhin an der nuklearen Teilhabe festhält, müsste das neue Flugzeug auch künftig Atomwaffen tragen.

Wir befürchten, dass ohne ausreichende öffentliche Debatte ein kostspieliges Nachfolgemodell - wie etwa der F35 - aus den USA angeschafft wird, um weiterhin Atomwaffen mit deutschen Kampfflugzeugen einsetzen zu können. Obwohl die Mehrheit der deutschen Bevölkerung die Stationierung von US-Atomwaffen hierzulande deutlich ablehnt, wird durch einen solchen Beschluss für die vorhersehbare Zukunft "Nägel mit Köpfen" gemacht. Ein solches Vorgehen würde zudem die im Nichtverbreitungsvertrag festgeschriebene Pflicht zu weiterer Abrüstung außer Acht lassen und den Nichtverbreitungsvertrag schwächen.

Zusammen mit der bevorstehenden Stationierung neuer B61-12 US-Atombomben in Deutschland, würde der Kauf eines neuen Atomwaffenträgers die bedeutendste nukleare Aufrüstung in Deutschland seit dem NATO-Doppelbeschluss und der Stationierungen im Zuge der "Nachrüstung" in den 1980er Jahren bedeuten. Damals führten die Raketenstationierungen in Europa zu massiven Protesten.

Gerade jetzt - in einer Zeit, zu der die USA den für die europäische Sicherheit wesentlichen INFVertrag aufkündigen wollen - ist der Kauf eines neuen Atomwaffensystems ein falsches Signal an beide Kontrahenten, die USA und Russland. Es wäre gut, wenn sich Deutschland eine vermittelnde Rolle erhält, anstatt mit einem neuen Modernisierungsvorhaben Öl in das Feuer zu gießen und das Wettrüsten, das bereits in Gange ist, weiter zu befeuern.

Die Beschaffung eines neuen, teuren Trägersystems für die neuen US-Atombomben mag Präsident Donald Trump sicherlich sehr zufrieden stellen - insbesondere dann, wenn das Trägersystem aus amerikanischer Produktion stammen sollte. Allerdings stellt sich die Frage, warum deutsche Steuergelder für ein Rüstungsprojekt verschwendet werden, das auf militärische Fähigkeiten setzt, die niemals eingesetzt werden dürfen und die praktisch keinen militärischen Wert haben?

Wir sind der Meinung, dass Deutschland seine Bündnissolidarität innerhalb der NATO auf anderem Wege deutlich besser demonstrieren kann, als durch die nukleare Teilhabe. Atomwaffen schützen uns nicht vor neuen Bedrohungen wie Cyberattacken, Terrorismus oder dem Klimawandel. Es ist an der Zeit, dass Deutschland sich innerhalb der NATO dafür einsetzt, dass das Bündnis sein Selbstverständnis als "nukleare Allianz" überdenkt.

Deutschland steht es als souveräne Nation frei, in Zukunft kein Trägersystem im Rahmen der nuklearen Teilhabe bereitzustellen. Eine Abkehr von der nuklearen Teilhabe haben in der Vergangenheit auch schon andere NATO-Staaten, wie Kanada und Griechenland, vollzogen und standen dabei weiterhin fest zu ihren Verpflichtungen, die sich aus dem NATO-Vertrag ergeben.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Mikeska, ICAN Deutschland
Xanthe Hall, IPPNW Deutschland
Roland Blach, Büchel ist überall! atomwaffenfrei.jetzt


Den Brief an Ursula von der Leyen gibt es als pdf-Dokument unter:
https://www.icanw.de/wp-content/uploads/2018/12/tornado_brief_final_mitlogos.pdf


Anmerkung:
[1] https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.jagdbomber-der-bundeswehr-deutschland-sucht-neuen-atomwaffen-traeger.813c5b4c-ca9c-419f-a972-0598113366aa.html

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Quelle:
ICAN Deutschland e.V.
Puschkinallee 5, 12435 Berlin
E-Mail: office@ican.berlin
Internet: http://www.icanw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2018

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