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TREFFPUNKT TEL AVIV/037: Scharmützel und Nachlese... (SB)


15. Juli 2011

Scharmützel und Nachlese...


Aus den zurückliegenden Tagen weiß die Initiative "Welcome to Palestine" zu Folgen und Begleiterscheinungen der Kampagne noch zu berichten:

Nach der Entscheidung eines israelischen Gerichts, daß die beiden 69jährigen aus Australien angereisten "Willkommen in Palästina"-Teilnehmerinnen Sylvia Hale und Vivienne Porzsolt unverzüglich freizulassen seien, weil das Innenministerium nicht befugt sei, Internationalen die Einreise nach Palästina zu verweigern, befinden sich diese nun nach einigen Verzögerungen auf freiem Fuß. Frau Hale berichtete in einem Interview eingehend über die näheren Umstände ihrer Verhaftung und dieses für sie und ihrer beider Anwälte unerwarteten Richterspruchs. Insbesondere legte sie die mit diesem verknüpften Bedingungen dar, die ihre Einschätzung, es handele sich insgesamt um einen Erfolg, in einem etwas anderen Licht erscheinen lassen:
- die jeweilige Hinterlegung einer Kaution von 2.500 Schekel (entspricht etwa 513 Euro)
- binnen 24 Stunden wird beim Militär die Genehmigung zur Einreise in die Westbank beantragt
- Ausreise aus Israel erfolgt binnen 24 Stunden sollte die Einreise nach Palästina verweigert werden

Anzumerken wäre noch, daß die "Willkommen in Palästina-Aktionswoche" eigentlich am 16. Juli endet. Gegen den Bescheid des Militärs, den Frau Hale nicht vor Montag oder Dienstag erwartet, können Rechtsmittel eingelegt werden. Frau Porzsolts Einschätzung hingegen geht dahin, daß sie hofft, schon am Sonnabend ihre Reise nach Palästina fortsetzen zu können. Als Jüdin meinte sie, fühle sie sich verpflichtet, gegen das Stellung zu nehmen, was Israel in ihrem Namen den Palästinensern antue: "Ich glaube an die Menschenrechte und an internationales Recht und daran, daß Menschen in Harmonie und Respekt miteinander leben können."

Auch wenn sie beide, wie Frau Hale anmerkt, für das "Verbrechen" gesagt zu haben "Wir wollen nach Palästina" 36 Stunden in relativ unerfreulicher und frustrierender Haft verbracht hätten, ihnen mit Abschiebung gedroht worden sei und sie zusammen etwa 4000 Dollar an Rechtskosten tragen müßten, meinte sie abschließend, sie sei froh, diese Herausforderung angenommen zu haben. Im weiteren Sinne hätten sie einen Präzedenzfall geschaffen, jeder können nun nach Israel reisen, um dann die Einreise in die Westbank zu verlangen. Gleichzeitig sei deutlich geworden, daß die israelische Blockade nicht nur Gaza, sondern auch die Westbank betreffe.

Am gestrigen Vormittag erging zudem der Richterspruch über die Eingabe von Angela Seyfried aus Deutschland, die sich seit dem 8. Juli im Gefängnis Givon in Ramleh in Haft befunden hatte. Nachdem man anscheinend nach der am Tag zuvor ergangenen positiven Entscheidung einen ähnlichen Beschluß erwartet hatte, erfolgte dennoch die Bestätigung des Abschiebungsbescheides, dessen Vollzug noch für denselben Tag erwartet wurde. Frau Seyfried hatte neben der Angabe, nach Palästina reisen zu wollen, zudem die Absicht geäußert, auch Israel zu besuchen, weil einige der "Willkommen in Palästina"-Veranstaltungen in der Negev-Wüste zur Unterstützung eines von israelischem Militär zerstörten Beduinendorfs stattfinden. Die Anwaltsseite kritisierte die Verfahrensweise des Innenministeriums, auf dessen Veranlassung hin seiner Mandantin die Einreise verweigert wurde, ihre Verhaftung erfolgte und ihre Abschiebung beschlossen wurde, ohne sie zu informieren oder die ihr zustehenden Rechte zu beachten, als willkürlich und diskriminierend. Als pro-israelisch eingeschätzte Touristen dürften im Gegensatz dazu frei nach Israel einreisen und bräuchten nicht einmal eine Genehmigung für die Fahrt in die Westbank.

Die Menschenrechtsorganisation Al Damir, die den "Willkommem in Palästina" Gefangenen in Israel mit Rechtshilfe beiseitesteht, berichtet unterdessen, sie hätte mittlerweile über 80 ausländische Gefangene in Ramleh und in Beersheva besucht, die am 8. Juli in Tel Aviv verhaftet worden waren. Al Damir beklagt im allgemeinen deren schlechte Behandlung und benennt Beispiele von Schlägen und Mißhandlungen, gewaltsamen Abschiebeversuchen, Verweigerung von Essen und Trinken trotz Hitze über Stunden. Entgegen israelischem Recht habe man den Anwälten von Al Damir zunächst beschieden, die Ausländer hätten keinen Rechtsanspruch auf einen Anwaltsbesuch. Abgesehen davon, daß man den Inhaftierten den Grund für die Einreiseverweigerung nicht genannt habe, sei ihnen auch verwehrt worden, Kontakt mit ihren Familien aufzunehmen, was einen Hungerstreit der Gefangenen nach sich gezogen habe. Daraufhin sei einigen Gefangenen erlaubt worden, zu telefonieren.

Al Damir fordert in diesem Zusammenhang die internationale Gemeinschaft und insbesondere die Botschaften und konsularischen Vertretungen auf, zu intervenieren und die israelische Handlungsweise zu verurteilen. Israel habe eine Einreisebeschränkung für die Besetzen Palästinensischen Territorien erlassen und das Recht auf freie Äußerung, freie Meinung und Solidarisierung mit dem palästinensischen Anliegen eingeschränkt.

Quelle:
http://welcometopalestinenews.blogspot.com/