Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → TERRE DES FEMMES

MELDUNG/084: Bundesjustizminister will Vergewaltigungsparagraf verschärfen


Terre des Femmes - Pressemitteilung vom 6. November 2014

Terre des Femmes begrüßt überfällige Reform

JustizministerInnen befürworten einstimmig vom Bundesjustizminister geplante Verschärfung des Vergewaltigungsparagrafen



Berlin, 6.11.2014. Auf der heutigen Pressekonferenz im Rahmen der JustizministerInnenkonferenz äußerten sich der Bundesjustizminister Heiko Maas und die JustizministerInnen der Länder zur Reform des Sexualstrafrechts. Heiko Maas bestätigte die Prüfung des § 177 StGB. Er wolle einen Vorschlag erarbeiten, um das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung zu stärken und Schutzlücken für von Vergewaltigung betroffene Frauen zu schließen. Die JustizministerInnen der Länder befürworten dies einstimmig. TERRE DES FEMMES begrüßt die geplante Reform als dringend notwendigen Schritt für den Schutz von Frauen vor sexualisierter Gewalt.

"Die Ausgestaltung der Reform werden wir genau beobachten! Hier muss sehr sorgfältig gearbeitet werden. Die Schutzlücken im deutschen Recht für vergewaltigte Frauen müssen endgültig geschlossen werden. Sexuelle Handlungen, die nicht einverständlich erfolgen, müssen geahndet werden können", mahnt Birte Rohles, Fachreferentin von TERRE DES FEMMES. Seit über einem Jahr weist TERRE DES FEMMES als größte Frauenrechtsorganisation Deutschlands auf die gravierende Gesetzeslücke des Sexualstrafrechts hin und fordert eine Reform des § 177 StGB. Denn im derzeitigen Rechtssinn liegt nur dann eine Vergewaltigung vor, wenn der Täter entweder Gewalt anwendet, der Betroffenen mit Gefahr für Leib und Leben droht oder eine schutzlose Lage vorliegt. Dies führt dazu, dass nur jeder achte angezeigte Täter verurteilt wird.

Laut Maas sollen vor allem diese Konstellationen geprüft werden, damit sie im Rechtssinn zukünftig als Vergewaltigung klassifiziert werden können: Der Täter droht dem Opfer z.B. mit Problemen am Arbeitsplatz, das Opfer leistet keine Gegenwehr z.B. aus Angst vor weiterer Gewalt da der Täter bereits in vorangegangen Situation gewalttätig war, das Opfer wird vom Täter überrascht. Der Bundesjustizminister versprach eine schnellstmögliche Prüfung, was die JustizministerInnen der Länder geschlossen unterstützen. Maas betonte zudem, dass eine Reform des Vergewaltigungsparagrafen sicher geschehen werden - nur die konkrete Ausgestaltung dieser Reform stehe noch nicht fest.

Die drei genannten Konstellationen sind Schutzlücken aus der Praxis, die dem Bundesjustizministers durch Abfrage von seinen Länderkollegen genannt wurden. Nach Einschätzung von TERRE DES FEMMES sind dies die wichtigsten Fallkonstellationen, die in der Praxis häufig aufgetreten und nach geltenden Recht nicht verurteilt werden können.

Die aktuelle Situation für Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung wurden, in Deutschland katastrophal: Kaum ein Verbrechen in Deutschland wird so selten bestraft wie eine Vergewaltigung - obwohl es eine der häufigsten Formen von Gewalt an Frauen ist: Laut Dunkelfeldforschung geschehen in Deutschland etwa 160.000 Vergewaltigungen pro Jahr! Das sind mehr als 438 Vergewaltigungen pro Tag. Dem gegenüber stehen etwa 1.000 Verurteilungen jährlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann für eine Vergewaltigung bestraft wird, ist somit geringer als ein Prozent.


TERRE DES FEMMES ist eine gemeinnützige Menschenrechtsorganisation für Mädchen und Frauen, die durch Aktionen, Öffentlichkeitsarbeit, persönliche Beratung, Förderung von Projekten und internationale Vernetzung von Gewalt betroffene Mädchen und Frauen unterstützt. TERRE DES FEMMES klärt auf, wo Mythen und Traditionen Frauen das Leben schwer machen, protestiert, wenn Rechte beschnitten werden und fordert eine lebenswerte Welt für alle Mädchen und Frauen - gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei! Unsere Schwerpunktthemen sind Häusliche und sexualisierte Gewalt, Zwangsheirat und Ehrverbrechen, weibliche Genitalverstümmelung, Frauenhandel und Zwangsprostitution. Der Verein wurde 1981 gegründet, die Bundesgeschäftsstelle befindet sich in Berlin.

Weitere Informationen unter:
www.frauenrechte.de

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 6. Novmeber 2014
Bundesgeschäftsstelle TERRE DES FEMMES e. V.
Brunnenstr. 128, 13355 Berlin
Telefon: 030 40504699-0, Fax: 030 40504699-99
E-Mail: info@frauenrechte.de
Internet: www.frauenrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2014


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang