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PROJEKT/173: Vietnam - Dorfentwicklung und Wasserversorgung


die zeitung - terre des hommes, 1. Quartal 2007

Lange Leitung für Hung Vu
Vietnam: Dorfentwicklung und Wasserversorgung

Von Michael Heuer


"Ja, die Region ist eng mit unserer vietnamesischen Geschichte verbunden; das stimmt", sagt Frau Nong. In Bac Son, so erklärt sie weiter, habe 1940 der Aufstand gegen die französische Kolonialmacht begonnen. Frau Nong ist aber nicht wegen der Geschichte hier. Sie ist Vorsitzende der Frauenunion der Provinz Lang Son, in der der Distrikt Bac Son liegt. Ihre Organisation unterstützt verschiedene Hilfsprojekte in der nordöstlich von Hanoi gelegenen Region. Die meisten Familien leben hier von der Landwirtschaft. Da die Felder nicht künstlich bewässert werden, ist nur eine Ernte pro Jahr möglich. Etwa die Hälfte der Menschen, so eine offizielle Statistik, gilt als arm, etwa 15 Prozent werden als "Hunger leidend" eingestuft. Ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren sind unterernährt. Nicht nur die geringen Ernteerträge sind ein Problem. Die klimatischen Bedingungen - im Winter fallen die Temperaturen oft unter den Gefrierpunkt, in der Trockenzeit herrscht Wassermangel - prägen den Überlebenskampf der Menschen.


Krank durch Wasser

Unterstützt von terre des hommes begann die Frauenunion vor einigen Jahren mit einem Dorfentwicklungsprogramm. Im Mittelpunkt steht die kleine Gemeinde Hung Vu, die zu einer der ärmsten in der Region gehört. Die knapp 900 hier lebenden Familien gehören zur ethnischen Minderheit der Tay und Nung. Der größte Teil der Landschaft besteht aus Bergen oder Ödland. Sauberes Trinkwasser gibt es nur an weit entlegenen Quellen. Die Kinder schleppen das Wasser oft von weit her. In der Regenzeit sind die Wasserstellen häufig verschmutzt. Der Gebrauch verursacht Durchfall, Hautausschläge oder Trachom, eine Erkrankung, die Blindheit verursachen kann. Auch Tuberkulose ist sehr verbreitet.

Seit 2005 hat sich dank der Arbeit der Frauenunion aber viel geändert. Mit Unterstützung der Dorfbewohner wurde an einer Quelle in den Bergen ein Tank errichtet. Dort wird das Wasser gefiltert und über Pumpen ins Dorf geleitet. Im Februar 2006 konnten endlich vier Leitungen mit einer Gesamtlänge von zehn Kilometern in Betrieb genommen werden. Sie versorgen bereits 240 Familien mit sauberem Wasser. Bald sollen alle Bewohner ans Netz angeschlossen werden. Durch die neue Leitung ist die Zahl der Erkrankungen bereits deutlich zurückgegangen. Und auch die Felder können nun regelmäßig bewässert werden.


Die kleine Revolution

Um die Ernährungslage zu verbessern, erhielt jede Familie 50 Bambussetzlinge. In Nordvietnam sind die Spitzen des Tre Nau genannten Gewächses als Nahrungsmittel sehr beliebt. Ein Teil der Ernte können die Familien weiterverkaufen, um so ihr Einkommen zu verbessern. Die Bambuspflanzen dienen auch als Schutz vor Bodenerosionen.

Im vergangenen Jahr wurden in Eigenarbeit der Dorfbewohner die Klassenräume einer Vorschule eingerichtet. Jetzt können 70 Kinder betreut und unterrichtet werden.

Mitarbeiter der Frauenunion veranstalten regelmäßig Kurse für die Gemeindemitglieder. In einigen Veranstaltungen geht es um die schonende Nutzung des Wassers; in anderen Veranstaltungen geht es um die Bedeutung der Umwelt und die Gefahren der Brandrodung. Spezielle Workshops widmen sich dem Problem der häuslichen Gewalt, unter der besonders die Frauen zu leiden haben.

Viel hat sich seit dem Bau der Wasserleitung im Dorf verändert. Von der kleinen Revolution in Hung Vu profitieren vor allem die Kinder. Sie brauchen nicht mehr die schweren Wasserkanister zu schleppen und haben nun mehr Zeit zum Spielen.


terre des hommes unterstützt das Programm der Frauenunion mit insgesamt 74.000 Euro.


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Quelle:
die zeitung, 1. Quartal 2007, S. 6
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
E-Mail: info@tdh.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. September 2007