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PROJEKT/196: Angola - Kampf um die Kultur ihrer Ahnen - Die San fordern Landrechte


die zeitung - terre des hommes, 1. Quartal 2009

Kampf um die Kultur ihrer Ahnen
Angola: Die San fordern Landrechte

Von Anne Wolf


Dass man Land und Erde, Pflanzen und Tiere sein persönliches Eigentum nennen kann, ist für die San in Angola ein relativ neuer Gedanke. Jahrtausendelang lebten die Angehörigen dieser Volksgruppe, die als erste Bewohner des südlichen Afrikas gelten, als halbnomadische Jäger und Sammler. "Deshalb wissen sie genau, wo sie zu welcher Jahreszeit welche Tiere oder wilden Früchte finden können", erklärt Felix Mulhanga, terre des hommes-Koordinator für das südliche Afrika.

Mit ihrer Lebensweise ginge aber auch einher, dass die San bis vor kurzem kaum Landrechte für sich beansprucht haben. "In ihrer traditionellen Vorstellung gehört das Land niemandem, jeder nimmt sich aus der Natur nur das, was er braucht. Privateigentum gibt es nicht", erläutert Mulhanga.

Die fehlenden Landrechte sind heute jedoch eines der größten Probleme der rund 8.000 San, die in Angola leben: Viele wurden bereits aus ihren angestammten Gebieten vertrieben. Häufig sind es die Bantu, eine andere Ethnie, die das Land in Besitz nehmen. Die Bantu sind sesshaft und betreiben Ackerbau. Dafür bekommen sie von der Regierung die Nutzungsrechte. "Die San hingegen haben diese Möglichkeit in der Regel nicht, weil die meisten von ihnen nicht als Staatsbürger registriert sind, scheitern sie schon an den rechtlichen Voraussetzungen", berichtet Mulhanga.

Die Konsequenz ist, dass viele San in unwirtliche Gebiete verdrängt werden. Dort gibt es kaum Wasser, die Menschen hungern. Viele sehen sich gezwungen, ihre traditionelle Lebensweise aufzugeben. Damit sind jedoch etliche Probleme verbunden. Die San sind sehr schlecht in die Gesellschaft Angolas integriert. Sie werden diskriminiert, nur ein Bruchteil der Kinder geht zur Schule, die medizinische Versorgung ist mangelhaft. Mit dem Wandel der Lebensweise gehen Traditionen verloren, Alkoholismus und Gewalt sind weit verbreitet.


Fernsehen berichtet

Hier setzt die Organisation OCADEC an: Der Projektpartner von terre des hommes engagiert sich dafür, die Lebensbedingungen der Volksgruppe zu verbessern. Zu diesem Zweck hat OCADEC im Jahr 2007 die erste San-Konferenz in Angola organisiert. Dies war das erste offizielle Treffen, bei dem Vertreter der San und der Regierung über die Ansprüche der San und die Zukunft der Landnutzung sprachen. "Diese Konferenz war ein Durchbruch. Sogar das Fernsehen hat berichtet und auf politischer Ebene zeigen sich konkrete Fortschritte", berichtet Benedito Quessongo, einer der beiden Gründer von OCADEC. "In einigen Provinzen werden die San nun registriert. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass sie ihre Rechte geltend machen können."

Doch OCADEC unterstützt die San auch bei ganz praktischen Fragen. "Es hat sich gezeigt, dass Behördengänge, Schulanmeldungen oder Klinikbesuche häufig an fehlenden Transportmitteln scheitern", erzählt Quessongo. Deshalb wurden einige Gemeinden mit Fahrrädern ausgestattet. Außerdem werden die San darin geschult, wie sie sich gegenüber den lokalen Behörden verhalten müssen, um etwas zu erreichen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung der San-Traditionen. Denn die Kenntnisse über Natur und Tiere sollen nicht in Vergessenheit geraten. Deshalb hat OCADEC in einigen Dörfern kleine Kulturzentren, sogenannte "Jangos", eingerichtet. Hier geben die Erwachsenen ihr Wissen über Pflanzen und Heilkunde an die Jüngeren weiter. San-Kinder lernen traditionelle Tänze. Und die überlieferten Lieder erzählen von der Zeit, als die San noch frei durch das weite Land ziehen konnten.

terre des hommes unterstützt das Projekt OCADEC mit 12.265 Euro.


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Quelle:
die zeitung, 1. Quartal 2009, S. 7
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
E-Mail: info@tdh.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2009