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PREIS/106: Literaturpreis für grotesken Humor an Herbert Achternbusch (Stadt Kassel)


Pressemitteilung von Mittwoch, 28. Oktober 2009

Herbert Achternbusch erhält den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor


Der "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor" des Jahres 2010, vergeben von der Stiftung Brückner-Kühner und der Stadt Kassel, ist dem Schriftsteller, Filmregisseur, Schauspieler und bildenden Künstler Herbert Achternbusch zugesprochen worden. Dies gab Kassels Oberbürgermeister Bertram Hilgen jetzt bekannt.

Der mit 10.000 Euro dotierte Kasseler Literaturpreis wird seit 1985 jährlich vergeben und zeichnet Autoren aus, deren Werk auf hohem künstlerischen Niveau von Komik und Groteske geprägt ist. Ausgezeichnet wurden u.a. Loriot, Irmtraud Morgner, Robert Gernhardt, Ror Wolf, Gerhard Polt und zuletzt Peter Rühmkorf.

Wer diesmal den zugehörigen "Förderpreis Komische Literatur" erhält, der von der Kasseler Sparkasse unterstützt wird, wird demnächst bekannt gegeben. Die Preisverleihung, in deren Umfeld auch Ausstellungen im Kasseler Rathaus und im Kunsttempel geplant sind, findet am 27. Februar statt.



Begründung des Stiftungsrates

"Herbert Achternbusch hat ein einzigartiges künstlerisches Werk geschaffen und dabei dem Komischen unverbrauchte poetische Kräfte und Formen verliehen. Sein offener Lebensroman in Texten, Filmen und Bildern unternimmt eine radikale und kompromisslose Selbsterforschung. So feinsinnig wie derb, lustvoll wie verstörend, so witzig wie wütend, pathetisch wie selbstironisch setzt er individuelle Subjektivität gegenüber Zumutungen ins Recht, die das Leben zur "Saudummheit" verkommen lassen. Vernunftzwängen begegnet Herbert Achternbusch mit Phantasie, offiziöser Verordnung mit Provokation, kulturellem Anpassungsdruck mit Ohrfeigen für den herrschenden Geschmack. Über das Lustige hinaus wird bei ihm das Komische, auch wo es absurd, verzweifelt oder gegen sich selbst gerichtet scheint, zu einem Refugium von Einbildungskraft, Bewusstheit und Menschlichkeit."



Über Herbert Achternbusch

"Du hast keine Chance, aber nutze sie!"

Herbert Achternbusch, 1938 in München geboren und im Bayerischen Wald aufgewachsen, studierte an der Kunstakademie in Nürnberg und arbeitete zehn Jahre als Maler. In den späten 1960er Jahren begann seine schriftstellerische Arbeit zu dominieren. Nachdem 1969 sein erster Prosaband "Hülle" erschienen war, wurde sein Buch "Die Alexanderschlacht" (1971) als bahnbrechend für die junge deutschsprachige Literatur gefeiert. Seither hat er weit über 50 selbständige Schriften veröffentlicht, zuletzt "Annamirl. Erzählung" (2006) und "schön wär's, wenn's schöner wär" (2007). Auch als Autor zahlreicher Theaterstücke ist Achternbusch hoch geschätzt und wurde dafür und für sein übriges Werk vielfach ausgezeichnet. Spektakulär war der Eklat bei der Verleihung des Petrarcapreises 1977, in deren Verlauf Achternbusch den Scheck mit dem Preisgeld verbrannte. Mitte der 1970er Jahre drängte Achternbuschs Filmarbeit in den Vordergrund. Seit seinem Langfilmdebüt "Das Andechser Gefühl" (1974) gilt er als radikalster Vertreter des Autorenfilms. Die mittlerweile etwa 30 Filme sind mit minimalen Budjets, sowohl mit Laiendarstellern als auch mit professionellen Schauspielern entstanden. Und sie haben heftige Diskussionen provoziert: Der bekannteste Fall wurde der mancherorts verbotene Christus-Film "Das Gespenst", zu dem es auch jahrelange Gerichtsverhandlungen gab, die Achternbusch für sich entschied.

Herbert Achternbusch ist Vater von sechs Kindern. Er lebt abwechselnd in München und in seinem Haus im österreichischen Waldviertel.

Die beste Kurzversion seines Lebens liefert der Universalkünstler selbst: "Ich musste 1938 auf die Welt kommen, nachdem ich mir meine Eltern schon ausgesucht hatte. Meine Mutter war eine sportliche Schönheit vom Land, die sich nur in der Stadt wohlfühlte. Mein Vater war sehr leger und trank gern, er war ein Spaßvogel. Kaum auf der Welt, suchten mich Schulen, Krankenhäuser und alles Mögliche heim. Ich leistete meine Zeit ab und bestand auf meiner Freizeit. Ich schrieb Bücher, bis mich das Sitzen schmerzte. Dann machte ich Filme, weil ich mich bewegen wollte. Die Kinder, die ich habe, fangen wieder von vorne an. Grüß Gott!"


"Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor" und "Förderpreis Komische Literatur"

Der "Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor" wurde 1984 der Stadt Kassel von der Stiftung Brückner-Kühner zum Geschenk gemacht. Er ist mit 10.000 Euro dotiert und wird Schriftstellern zugesprochen, deren Werk sich auf hohem künstlerischen Niveau durch Humor, Komik und Groteske auszeichnet. Seit 1985 erhielten folgende Personen die Kasseler Auszeichnung: Loriot, Eike Christian Hirsch, Ernst Jandl, Wolfgang Preisendanz, Irmtraud Morgner, Ernst Kretschmer, Robert Gernhardt, Walter Hinck, Christoph Meckel, Volker Klotz, Hanns Dieter Hüsch, Karl Riha, Max Goldt, Franzobel, Ingomar von Kieseritzky, Peter Bichsel, George Tabori, Franz Hohler, Eugen Egner, Ror Wolf, Katja Lange-Müller, Gerhard Polt, F.W. Bernstein und Peter Rühmkorf.

Den gleichzeitig vergebenen "Förderpreis Komische Literatur" in Höhe von 3000 Euro erhielten bislang Frank Schulz, Jochen Schmidt, Tilman Rammstedt, Jess Jochimsen, Philipp Tingler und Michael Stauffer. Die Entscheidung, wer in diesem Jahr ausgezeichnet wird, wird in Kürze bekannt gegeben.



Die Stiftung Brückner-Kühner

wurde von den Schriftstellern Christine Brückner und Otto Heinrich Kühner ins Leben gerufen, die 30 Jahre zusammen in Kassel lebten und dort 1996 kurz nacheinander verstarben. Die Stiftung wirkt heute als Literaturzentrum auf den Gebieten des Komischen und der international avancierten Poesie, und sie unterhält das Dichterhaus Brückner-Kühner als Literaturmuseum, um von hier aus die Erinnerung an das Stifterpaar wach zu halten. Dem Stiftungsrat gehören folgende Personen an: der Literaturprofessor Dr. Walter Pape (Vorsitzender, Köln), die Lektorin Dr. Renate Jakobson (Berlin), der Autor Ingomar von Kieseritzky (Berlin), der Literaturwissenschaftler Christian Maintz (Hamburg), der Übersetzer Harry Rowohlt (Hamburg) sowie Dr. Thomas Wohlfahrt, Leiter der literaturWERKstatt Berlin. Auch der Preisträger des Vorjahres ist jeweils für ein Jahr Mitglied; Peter Rühmkorf verstarb allerdings leider, kurz nachdem ihm der Preis zugesprochen wurde. Geschäftsführender Kurator der Stiftung ist der Literaturwissenschaftler Dr. Friedrich W. Block.

Näheres zum Engagement der Literaturstiftung unter www.brueckner-kuehner.de


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Quelle:
Pressemitteilung von Mittwoch, 28. Oktober 2009
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Pressesprecher Hans-Jürgen Schweinsberg
Pressesprecherin Petra Bohnenkamp


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2009