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BERICHT/006: Didaktik der deutschen Sprache und Literatur (spektrum - Uni Bayreuth)


spektrum 2/08 - Universität Bayreuth

Didaktik der deutschen Sprache und Literatur

Von Prof. Dr. Gabriela Paule


Das Fach Deutschdidaktik ist in Bayern von besonderem Zuschnitt: Während viele andere Bundesländer das Fach in die beiden Teilbereiche Sprachdidaktik und Literaturdidaktik trennen und diese an die Sprach- bzw. Literaturwissenschaft koppeln, ist die Deutschdidaktik in Bayern ausdrücklich für beide Teilbereiche, Sprache und Literatur, zuständig. Das bringt Vorteile wie Nachteile mit sich, bedingt aber in jedem Fall das Selbstverständnis der jeweiligen Fachvertreter. So sieht sich Prof. Paule nicht nur in der Lehre, sondern auch in der Forschung beiden Teilbereichen des Fachs verpflichtet. Einer ihrer vorrangigen literaturdidaktischen Forschungsschwerpunkte ist die Neukonzeption einer Theaterdidaktik im Kontext schulischer Dramenlektüre. Im Zentrum steht dabei die Rezeption professioneller Inszenierungen/Aufführungen als Gegenstand des Unterrichts. Prof. Paule legitimiert dies zum einen aus den gattungstheoretischen und medienspezifischen Bedingungen dramatischer Texte heraus und zum anderen aus einer prospektiv verstandenen Literaturdidaktik, die danach fragt, welche Bedeutung das Theater und eine darauf bezogene Rezeptionskompetenz für die gelingende kulturelle Sozialisation von Kindern und Jugendlichen haben kann. Beide Perspektiven werden auf dem Hintergrund einer theatertheoretischen und theaterpädagogischen Grundlegung entfaltet und verfolgen damit ein längst überfälliges interdisziplinäres Anliegen. In der Lehre von Prof. Paule schlägt sich dieses Forschungsfeld nicht nur in entsprechenden Lehrveranstaltungen nieder, sondern sie verfolgt langfristig eine gezielte Intensivierung der theaterdidaktischen - theoretischen wie praktischen - Ausbildung gerade der Lehramtsstudierenden. Ein erstes Projekt dazu wurde bereits als fakultatives Angebot mit Erfolg durchgeführt.

Einen weiteren Forschungsschwerpunkt bildet die Didaktik des fächerübergreifenden Unterrichts. Ausgehend von ihrer Fächerkombination Deutsch-Mathematik fragte Prof. Paule nach Berührungspunkten zwischen diesen beiden Fächern und vor allem nach dem mathematik- wie deutschdidaktischen Gewinn einer solchen Perspektive. Sprachdidaktisch steht dabei die Frage nach der Funktion des Deutschunterrichts für die Textproduktion auch in anderen Fächern im Mittelpunkt. Dies führt mitten hinein in grundsätzliche Aspekte der Text- und Schreibdidaktik, die sich sowohl mit der Vermittlung von Textwissen (Textualität, Textsortenkompetenz etc.) beschäftigt als auch mit der Vermittlung von Kompetenzen, die den Schreibprozess selbst betreffen. Dieses Forschungsfeld wiederum ist nicht auf schulische Lernprozesse begrenzt, sondern hat bspw. auch für universitäre Karrieren entscheidende Bedeutung. Wissenschaftliche Schreibkompetenz ist eine grundlegende Anforderung, die an Studierende gestellt, an der Universität aber selten gelehrt wird. Prof. Paule plant derzeit ein entsprechendes Lehrangebot und wird gerade die sensible Nahtstelle zwischen Schule und Universität zum Gegenstand ihrer schreibdidaktischen Forschungen machen.

Im Bereich der Hochschuldidaktik ist Gabriela Paule seit mehreren Jahren als Beauftragte des Präsidenten für das "Fortbildungszentrum Hochschullehre" tätig. Dieses Zentrum verfolgt das Ziel, allen Lehrenden der Universität Angebote zur persönlichen Weiterbildung im Bereich Hochschuldidaktik und -methodik zu machen. Zunächst handelte es sich dabei um ein an der Universität Bayreuth ins Leben gerufenes Projekt, inzwischen hat es sich zum Regionalverbund der Universitäten Bayreuth, Bamberg, Erlangen-Nürnberg und Würzburg entwickelt und ermöglicht insbesondere den Erwerb eines hochschuldidaktischen Zertifikats für Nachwuchswissenschaftler. Nähere Informationen dazu sind erhältlich unter www.hochschullehre.info.


Aktuelle Aktivitäten und Projekte

Im laufenden Sommersemester wird Gabriela Paule an der Universität Bayreuth eine Fachtagung zum Thema "Kinder- und Jugendtheater im Deutschunterricht" ausrichten. Es handelt sich dabei um eine Tagung der Arbeitsgruppe Medien, die sich innerhalb des Fachverbandes "Symposion Deutschdidaktik" speziell der fachbezogenen Mediendidaktik annimmt und ihre beiden diesjährigen Tagungen der Kunstform Theater widmet. Dafür ist es gelungen, neben Vertretern aus der Deutschdidaktik auch Theaterkünstler und Theaterpädagogen nach Bayreuth zu holen. Der damit initiierte interdisziplinäre Austausch verspricht gerade beim Thema Kinder- und Jugendtheater interessante Impulse in die Fachdidaktik Deutsch hinein.

Zudem wird Prof. Paule im September 2008 am Symposion Deutschdidaktik teilnehmen, das in diesem Jahr unter dem Titel "Differenz und Entwicklung" steht und damit insbesondere unterschiedliche Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt der Tagung stellt. Prof. Paule wird zusammen mit ihrer Kollegin Prof. Marion Bönnighausen (Münster) die Sektion "Theater und Spiel im Deutschunterricht" leiten. Ein Charakteristikum dieser Sektion ist wiederum der Versuch, Deutschdidaktiker mit Kollegen aus theaternäheren Disziplinen zusammenzubringen - mit dem langfristigen Ziel, den Bereich der Theaterdidaktik in der Fachdidaktik Deutsch fest zu etablieren.

Ebenfalls ab Sommer 2008 wird im Fach Didaktik der deutschen Sprache und Literatur ein neuartiges Angebot für Studierende ins Leben gerufen: die Bayreuther Schreibberatung. Sie setzt sich zum Ziel, Studierende individuell bei der Abfassung von wissenschaftlichen Texten (Hausarbeiten, Abschlussarbeiten etc.) fachlich zu beraten und zu fördern. Informationsveranstaltungen dazu werden noch im laufenden Semester stattfinden.


person & werdegang

Prof. Dr. Gabriela Paule

Gabriela Paule (Jahrgang 1961) wuchs in Ravensburg auf und studierte an der Universität Konstanz die Fächer Germanistik und Mathematik. 1987 schloss sie ihr Studium mit der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien ab. Darauf folgte die Promotion im Fachbereich Germanistische Mediävistik, die von der Landesgraduiertenförderung Baden-Württemberg mit einem zweijährigen Stipendium gefördert wurde. Mit ihrer Arbeit zum Thema "Der Tanhûser. Organisationsprinzipien der Werküberlieferung in der Manesseschen Handschrift" erwarb Prof. Paule 1992 den Doktortitel an der Universität Konstanz. Parallel dazu hatte sie 1991 den Vorbereitungsdienst für das gymnasiale Lehramt am Staatlichen Seminar für Schulpädagogik in Rottweil begonnen. 1993 erfolgte dann eine direkte Übernahme in den staatlichen Schuldienst. Fortan unterrichtete Gabriela Paule bis 1998 am Fürstenberg-Gymnasium Donaueschingen ihre beiden Fächer Deutsch und Mathematik und bildete sich berufsbegleitend als Lehrkraft für das Schulfach "Dramatisches Gestalten - Schultheater" weiter. Ihre persönliche Leidenschaft für das Theater gewann so neben eigener schauspielerischer Tätigkeit auch pädagogisches Profil, was mit zahlreichen Schultheaterinszenierungen und der Teilnahme an landesweiten Schultheatertagen einherging. 1998 setzte Prof. Paule ihre pädagogische Arbeit am Richard-Wagner-Gymnasium in Bayreuth fort und suchte nach Jahren der Schulpraxis erneut den Kontakt zur Universität. Zunächst über Lehraufträge, ab 1999 dann als Akademische Rätin/Oberrätin gehörte Prof. Paule dem Fach Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Bayreuth an. 2004 nahm sie die Arbeit an einem Habilitationsprojekt auf, für das sie ein knapp dreijähriges Stipendium aus dem HWP-Programm "Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre" erhielt. Mit ihrer Arbeit zum Thema "Die Kunst des Zuschauens. Theaterdidaktik zwischen Textlektüre und Aufführungsrezeption" wurde Prof. Paule 2007 habilitiert. Etwa zeitgleich erhielt sie einen Ruf an die Pädagogische Hochschule Freiburg und hatte im Wintersemester 2007/08 vertretungsweise den Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Würzburg inne. Seit 1. März 2008 ist Gabriela Paule als Professorin für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur an der Universität Bayreuth tätig.


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Quelle:
spektrum 2/08, Seite 14-15
Herausgeber: Der Präsident der Universität Bayreuth
Redaktion: Pressestelle der Universität Bayreuth, 95440 Bayreuth
Tel.: 0921/55-53 23, -53 24, Fax: 0921/55-53 25
E-Mail: pressestelle@uni-bayreuth.de
Internet: www.uni-bayreuth.de

"spektrum" erscheint dreimal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2008