Schattenblick →INFOPOOL →DIE BRILLE → LYRIK

DICHTERSTREIT/005: Rückstand und Toilettenlyrik (SB)


Rückstand und Toilettenlyrik Geburt eines Kritikers Die Hebamme, sie roch zuerst den Braten. Sie spürte: Diesem Schelm ist nicht zu trauen. Als er dann schlüpfte, packte sie das Grauen. Versteinert auch der Vater und die Paten. Er aber quicklebendig, dessen Pfoten Sogleich die mütterlichen Brüste wogen. "Die linke hängt", befand er ungezogen, "Die rechte, weil zu leicht, gehört verboten." Da schrien alle auf: "Wir sind verloren!" Auf uns kommt Kummer zu, Verdruß und Leiden. Denn heut ward uns ein Kritiker geboren. Wir wollen 'Friede', er besteht auf 'Scheiden'. Wir wollen 'Freude', er beharrt auf 'Schneiden'. Wir wollen 'Eierkuchen', er will 'Rattattattattat'! Robert Gernhardt [vorgetragen im "Büchermarkt", Deutschlandfunk Köln, im August 2002]
Eule
In den Kanal gespült Oh, zwischen pseudolyrischem Gebrabbel und der Vergeblichkeit der Welt zu künden von den großbürgergenerierten Sünden und was sich birgt in endlosem Gesabbel ist das Thema längst schon im Kamin verraucht, da greift er auf dem Niveau vom kleinen Fritz zu dem abgestandenen Toilettenwitz, sagt, wofür man mehr als einen Satz nicht braucht, wenn Dramatik nötig ist und kein Ei das Kücken frißt, dennoch Dichter Sprache hassen, wär' die Mühe mit dem Ton wie ein totes Mikrophon, und man sollt' es lieber lassen. H. Barthel aus dem Hinterstübchen

Erstveröffentlichung am 9. Oktober 2002

12. Dezember 2006