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MARKT/095: Milchpreise auf Talfahrt (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 382 - November 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Milchpreise auf Talfahrt
Milchbauern müssen sich organisieren, sonst bleiben sie gegenüber Molkereien und Lebensmittelhandel chancenlos

von Marcus Nürnberger



Die Superabgabe fällt zum Ende der Milchquote besonders hoch aus. Warum so viele Betriebe in diesem letzten Quotenjahr gemolken haben, als gäbe es keine Quote, bleibt unklar. Falls es die Hoffnung war, dass die EU auf die Abgabe für ihre Überlieferung verzichten würde, so haben sie sich gründlich getäuscht. Zwar gab es Branchenvertreter, die der Meinung waren ein Einziehen der Abgabe sei nach deren Auslaufen nicht mehr möglich, aber selbst wenn dem so war, bessert die EU aktuell nach. Dies berichtet Eckhard Heuser, Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes. Derzeit wird für Deutschland mit einer Überschreitung der EU-Milchquote um rund 588.000 Tonnen bzw. 1,94 Prozent gerechnet. Damit müssen rund 163 Millionen Euro nach Brüssel abgeführt werden.


Molkereiquote

Unklar ist, wie die Molkereien zukünftig die ihnen angediente Milchmenge kontrollieren wollen. Immer wieder war von einer Molkereiquote zu lesen. Heftig bestritten wurden diesbezüglich Überlegungen von der Branche selbst. Sollten die Molkereien allerdings die im letzten Quotenjahr angediente Milch als Grundlage heranziehen, so könnte eine Überlieferung für den Einzelbetrieb trotz Strafzahlung lohnend sein. In jedem Fall aber auf Kosten der Solidarität unter den Milchbauern.


Preisverfall

Im Sommer dieses Jahres waren die Milchpreise in vielen Ländern Europas gut. Oftmals lagen sie bei 40 Cent oder darüber. Zum Herbst hin aber zeichnet sich ein teilweise dramatischer Preisverfall ab. In Italien fiel der Preis von 41 bis 42 Cent im August auf 37 bis 39 Cent im September. Dramatischer sind die Preisentwicklungen in Frankreich. Innerhalb von drei Monaten fiel der Milchpreis um 10 Cent auf 31-34 Cent. Für Januar wird ein weiterer Preisrutsch auf 28 bis 30 Cent und im Februar auf 25 Cent erwartet. Auch in Deutschland, wo die Produktion fünf Prozent über dem Vorjahr liegt, brechen die Preise ein. Von 40 bis 42 Cent auf aktuell 35 bis 37 Cent. Erste Molkereien haben für November bereits 32 Cent angekündigt. Die Kosten liegen bei ca 45 Cent. In den Niederlanden liegt der Erlös mit derzeit 35 Cent weit unter den Produktionskosten. Auf der grünen Insel werden derzeit 33 Cent gezahlt. Im Sommer erlösten irische Milchbauern noch 39 Cent. Bis Weihnachten könnte der Preis auf unter 30 Cent fallen. Auch die nördlichen Nachbarn in Dänemark kämpfen mit fallenden Milchpreisen, derzeit liegen sie bei 31 bis 32 Cent. Vor dem Hintergrund, dass in den baltischen Staaten derzeit nur um die 18 Cent gezahlt werden, gehen Marktbeobachter von einem weiter anhaltenden Preisverfall aus.


Überlieferung und Preisverfall

In Irland liegt die Überlieferung in diesem Jahr bei 6,9 Prozent. Damit kommen auf irische Milchproduzenten 85 bis 90 Millionen Euro Superabgabe zu. Auch in Deutschland wurde die Quote überliefert. Die schon erfolgten Preissenkungen dürften aufgrund des Überangebots erst der Beginn gewesen sein. Das belegen auch die ersten Kontraktabschlüsse für Trinkmilch, die jetzt abgeschlossen wurden. Nach Berichten der Lebensmittelzeitung kam es zu einem Preisabschlag von gut 8,5 Cent. Der Deutsche Bauernverband appelliert an die Verantwortung der Molkereien und des Lebensmitteleinzelhandels für die deutschen Milchbauern. Vor allem der Lebensmittelhandel trage angesichts der Konzentration von Einkaufsmacht eine besondere Verantwortung, betonte der DBV. Aus Sicht vieler Milchproduzenten muss dies zynisch klingen. Denn es war doch gerade dieser Bauernverband, der schon zu Zeiten des Milchstreiks nicht hinter seinen Bauern auf der Seite des Bundesverbands deutscher Milchviehhalter stand, sondern für die Wettbewerbsfähigkeit der Molkereien warb, damit diese der Einkaufsmacht des Lebensmittelhandels nicht ausgeliefert seien. Für den einzelnen Bauern bleibt am Ende wenig. Er ist von immer größeren Molkereien abhängig. Auch wenn die Stimmung schlecht und der Zusammenhalt unter den Milchbauern schwächer geworden ist, nur durch Solidarität untereinander und ein gemeinsames Vorgehen können sie Macht zurückgewinnen. Das 2012 beschlossene EU-Milchpaket erlaubt Erzeugerorganisationen und deren Vereinigungen bis zu 3,5 Prozent der EU-Milchproduktion zu bündeln. Wohlgemerkt jede Erzeugerorganisation kann 3,5 Prozent oder 5,4 Millionen Tonnen Milch bündeln und vermarkten. Es ist Zeit wieder zusammen zu kommen und das Feld nicht den Ich-kann-aber-noch-mehr-noch-billiger-Betrieben zu überlassen.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 382 - November 2014, S. 7
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2015


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