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MARKT/117: Europäische Milcherzeuger aus mehr als 10 Ländern fordern freiwilligen Lieferverzicht (EMB)


European Milk Board - Pressemitteilung vom 14. Oktober 2015

Europäische Milcherzeuger aus mehr als 10 Ländern fordern freiwilligen Lieferverzicht


(Montichiari, 14.10.2015) Es wird einfach nicht ruhig in Europa. Seit Monaten gehen die Milcherzeuger mit starken Aktionen in vielen EU-Staaten für das gleiche Ziel auf die Straße. Länderübergreifend fordern sie ein Ende der EU-Politik, die aktuell für das Auslöschen der Milchproduktion in ganzen Regionen verantwortlich ist. Gestern und heute haben sich nun Milchbäuerinnen und Milchbauern aus über 10 europäischen Ländern in Montichiari, Italien getroffen, um über das gemeinsame Vorgehen gegen diese Politik zu beraten. Auf der Mitgliederversammlung des European Milk Board (EMB) wurde deutlich, dass die Proteste weitergehen werden. Denn solange die Politik weiter auf Produktionsausweitung setzt, obwohl die weltweite Nachfrage damit nicht mithalten kann, werden die Milchpreise stark unter dem Existenzminimum liegen. "Sicher würden viele Politiker es begrüßen, wenn wir einfach nur stumm zusähen, wie hunderttausende Milchhöfe innerhalb weniger Jahre sang- und klanglos zusammenbrechen", erläutert der Vorsitzende des EMB, Romuald Schaber, die Hintergründe. "Aber diese Höfe produzieren gesunde Nahrungsmittel, sie garantieren Arbeitsplätze, sie beleben ländliche Regionen und verhindern deren Ausbluten. Damit leisten sie einen enormen Beitrag für die Gesellschaft. Und sie sind nicht zuletzt unser Leben."

Um EU-weit das Problem der Überproduktion in den Griff zu bekommen, fordern die europäischen Milcherzeuger daher mit einer Stimme, dass die Produktionsmenge nicht noch gepusht, sondern in Krisenzeiten - gemäß einer geringeren Nachfrage - leicht zurückgenommen werden kann. Dies kann beispielsweise über einen freiwilligen Lieferverzicht geschehen, wie ihn auch das Marktverantwortungsprogramm (MVP) des EMB enthält. Vielerorts wird bestätigt, dass dieses MVP aktuell das einzig seriöse Konzept für den Milchmarkt ist.


Vorstellung der aktuellen Milcherzeugungskosten in Italien

Anhand von Daten aus dem Milchsektor lässt sich leicht nachvollziehen, wie problematisch die Situation ist. Im Rahmen der Mitgliederversammlung des EMB wurde dazu heute eine aktuelle Studie des Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft zu den Produktionskosten in Italien veröffentlicht. Für 2014 weist diese Studie, die gemeinsam mit der italienischen Erzeugerorganisation Associazione Produttori Latte della Pianura Padana (APL) in Auftrag gegeben wurde und die auf der Basis öffentlicher EU-Daten arbeitet, Kosten von durchschnittlich 42,61 Cent/ Kilogramm Milch aus. Zieht man davon die EU-Beihilfen ab, ergibt sich ein Betrag von 38,92 Cent. Dem stand zwar im Preisrekordjahr 2014 noch ein Milchpreis von 39,64 Cent gegenüber - seit Monaten aber sinkt der Preis kontinuierlich und befindet sich aktuell bei 34,49 Cent. Damit arbeiten die italienischen Betriebe, ähnlich wie ihre Kollegen aus anderen Ländern, unterhalb der Kostendeckung mit allen negativen Konsequenzen für eine Weiterführung der Produktion.

Den Verlauf der Kostenentwicklung zeigt ein sogenannter Milk Marker Index (MMI), bei dem die Kosten im Basisjahr 2010 auf 100 gesetzt sind. Für das Jahr 2014 weist der MMI einen Wert von 125 - d.h. einen Anstieg der Kosten um 25 Prozent seit dem Jahr 2010 aus.

Nach Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Dänemark ist mit Italien nun ein weiteres Land in den Fokus der Kostenstudien-Serie gerückt. Diese bezieht in ihren Kalkulationen ein Einkommen für Betriebsleiter und Familienarbeitskräfte ein, das sich an gängigen tariflichen Regelungen orientiert. Damit arbeitet sie ganz im Sinn von Artikel 39 AEUV. Denn dieser Artikel sieht in der Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung für die landwirtschaftliche Bevölkerung ein wichtiges Ziel der gemeinsamen EU-Agrarpolitik.


Hintergrund:

Die gemeinsam von European Milk Board (EMB) und Associazione Produttori Latte della Pianura Padana (APL) beim Büro für Agrarsoziologie & Landwirtschaft (BAL) in Auftrag gegebene Kostenstudie berechnet die Erzeugungskosten der Milch für ganz Italien. Sie basiert zum einen auf Daten des InformationsNetzes Landwirtschaftlicher Buchführungen der Europäischen Kommission (INLB), nutzt zu deren Aktualisierung zudem Preisindizes für landwirtschaftliche Betriebsmittel wie Futter, Dünger, Saatgut und Energie von Eurostat und greift auf einen Einkommensansatz zurück, der die Arbeitsleistung der Betriebsleiter und Familienangehörigen kalkuliert.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 14. Oktober 2015
EMB asbl - European Milk Board
Rue du Commerce 124, bte 4, 1000 Brussels
Telefon: +32 (0)2 808 1935, Fax: +32 (0)2 808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Internet: www.europeanmilkboard.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2015

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