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MARKT/155: Milchsektor weiter stark im Minus (EMB)


European Milk Board - Pressemitteilung vom 16. Januar 2017

Milchsektor weiter stark im Minus

In den Niederlanden deckt Milchpreis nur 59 Prozent der Produktionskosten - in Deutschland nur 67 Prozent


Wie aktuelle Zahlen belegen, hat sich die Situation für die Milcherzeuger nicht ausreichend gebessert. Das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) weist beispielsweise für die Niederlande im 3. Quartal 2016 einen Kostenwert von 44,96 Cent/ kg Milch aus. Dem steht in den drei Monaten von Juli bis Oktober ein durchschnittlicher Milchpreis von gerade einmal 26,70 Cent gegenüber.

Damit werden nur 59 Prozent der Produktionskosten im Milchsektor abgedeckt. Diese Zahlen entstammen einer fortlaufenden Studie, die die Produktionskosten verschiedener europäischer Länder auf Basis von EU-Daten ermittelt. Laut dieser Studie sieht es in Deutschland ähnlich problematisch aus. Hier zeigen aktuelle Daten zum Oktober 2016 bei Kosten von 44,77 Cent und einem durchschnittlichen Preis von 30,05 Cent/ kg Milch eine Kostendeckung von nur 67 Prozent.

Dramatische Situation wirft Fragen auf

Bei solch einer Situation drängen sich wichtige Fragen auf: Wie konnte es dazu kommen, dass in einen Zeitraum von nunmehr 2 Jahren die Produktionskosten zu rund einem Drittel nicht gedeckt sind? Kann so eine nachhaltige und flächendeckende Milcherzeugung innerhalb der Länder und in Europa erhalten werden? Und wie kann die Lage für die stark strapazierten Milchbetriebe verbessert und eine solche Katastrophe in Zukunft verhindert werden?

Antworten darauf gibt u.a. Romuald Schaber, deutscher Milchbauer und der Vorsitzende der europäischen Milcherzeugerorganisation EMB (European Milk Board): "Wir müssen uns über Folgendes klar sein. Die Milcherzeugung an sich kann zwar kurzfristig irgendwie aufrechterhalten werden. Unter den derzeitigen Bedingungen müssen wir uns aber von einer nachhaltigen und flächendeckenden Produktion verabschieden. Wir haben schon jetzt keine mit anderen Berufsgruppen vergleichbare Einkommenssituation mehr. Viele Milchproduzenten werden aufgeben oder sich stärker verschulden. Ganze Produktionsregionen drohen zu veröden." Die Auswirkungen auf das Tierwohl seien bei dieser Kostenunterdeckung ebenfalls negativ. Vorrangiges Ziel müsse es sein, so Schaber, Angebot und Nachfrage auf dem Milchmarkt zukünftig im Gleichgewicht zu halten, um endlich zu kostendeckenden Erzeugerpreisen zu kommen.

Was kann die Situation nun verbessern?

Sieta van Keimpema, die Vizepräsidentin des EMB und Vorsitzende des niederländischen Verbandes DDB, sieht in der Anwendung des sogenannten Marktverantwortungsprogramms (MVP) die einzige Möglichkeit zur Verbesserung der Situation. "Die Preise sind aufgrund fehlender Kriseninstrumente am Milchmarkt zu niedrig. Mit dem MVP aber kann man Übermengen vermeiden, die die Preise drücken und Krisen auslösen." Der Milchmarkt würde dabei zunächst genau beobachtet und bei sich ankündigenden Krisen mittels eines dreistufigen Programms (zentrales Element: freiwilliger Lieferverzicht) entlastet und in der Balance gehalten.

Ist das MVP also eine Alternative zu den von der EU-Task-Force genannten Vorschlägen wie Terminmärkten oder einem erleichterten Zugang zu Finanzmitteln? "Das MVP ist sogar bei Weitem die bessere Alternative. Denn die Vorschläge der Task-Force haben ein großes Manko: Sie adressieren nicht die Überproduktion, also den Kern des Problems am Milchmarkt", so van Keimpema. Terminmärkte orientierten sich nur am eigentlichen Milchmarkt, dem Kassamarkt. Erreiche man hier keine guten Milchpreise, könne das auch der Terminmarkt nicht kompensieren. Gebe es des Weiteren bei Niedrigpreisen erleichterten Zugang zu Krediten, halte dies nur die Produktion von Übermengen aufrecht. Der Milchpreis selbst würde dadurch eher noch gedrückt. "Das wiederum macht dann auch das Zurückzahlen von Krediten noch schwieriger - Stichwort Schuldenspirale", wirft van Keimpema besorgt ein und ergänzt bestimmt: "Die Kosten der Produktion müssen zu 100 Prozent gedeckt sein. Gehen wir es daher endlich richtig an und setzen das MVP für den Milchmarkt ein!"

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Quelle:
Pressemitteilung vom 16. Januar 2017
EMB asbl - European Milk Board
Rue du Commerce 124, bte 4, 1000 Brussels
Telefon: +32 (0)2 808 1935, Fax: +32 (0)2 808 8265
E-Mail: office@europeanmilkboard.org
Internet: www.europeanmilkboard.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2017

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