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GRENZEN/008: Libyen - EU-Kommission setzt Verhandlungen mit Gaddafi aus (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 23. Februar 2011

Libyen: EU-Kommission setzt Verhandlungen mit Gaddafi aus

- PRO ASYL: Fluchtkorridore öffnen
- Nachbarstaaten unterstützen - Flüchtlingsaufnahme vorbereiten


PRO ASYL begrüßt die Mitteilung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton, die Verhandlungen mit Libyen über ein sogenanntes Rahmenabkommen auszusetzen, das eine noch engere Kooperation bei der Flüchtlingsabwehr umfassen sollte. "Die Einsicht, dass man mit dem Diktator Gaddafi keine schmutzigen Deals machen kann, kommt viel zu spät. Es war bereits ein menschenrechtlicher Tabubruch, dass diese Verhandlungen seit 2008 mit Hochdruck geführt wurden", so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL. Gaddafi wurde von europäischen Staaten wie Italien und der EU - im wahrsten Sinne des Wortes - für die Flüchtlingsbekämpfung aufgerüstet.

PRO ASYL fordert im Vorfeld des EU-Innenministertreffens eine Abkehr von der Politik der Abwehr. Stattdessen muss nun solidarisch im Sinne des Flüchtlingsschutzes und der Menschenrechte gehandelt werden.

PRO ASYL befürchtet, dass im Zuge des Einsatzes der europäischen Grenzschutzagentur auch Frontex-Verbände in Menschenrechtsverletzungen involviert werden. Der Einsatz findet unter der Ägide von Italien statt, einem Land, das um jeden Preis die Ankunft von Flüchtlingen verhindert hat. Die Regierung Berlusconi hat im Zuge ihrer push back-Politik nach Libyen tausendfach gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Die EU muss sicherstellen, dass die Zurückweisung und das Abdrängen von Bootsflüchtlingen aufhören. Die Menschenrechte gelten an der EU-Grenze, vor der Grenze und auch in den Gewässern von Drittstaaten. Bootsflüchtlinge haben das Recht auf eine menschenwürdige Aufnahme in einen sicheren europäischen Hafen und auf ein rechtstaatliches Asylverfahren.

Die EU muss den Nachbarstaaten Ägypten und Tunesien jede erdenkliche Hilfe auch im Zusammenhang mit neuankommenden Flüchtlingen aus Libyen zukommen lassen. Es wird auch zu Fluchtversuchen kommen von Transitflüchtlingen aus Eritrea, Somalia und anderen Verfolgerstaaten, die in Libyen gestrandet sind. Diese waren bereits vor der exzessiven Gewaltanwendung des Regimes gegen die Oppositionsbewegung "Freiwild" in Libyen. Eine umfassende Unterstützung - finanzieller und logistischer Art - der Nachbarstaaten ist eine Voraussetzung, dass Fluchtkorridore geöffnet werden.

Trotz einer verschwindend geringen Zahl von Bootsankünften in Italien müssen die EU-Innenminister bereits jetzt die solidarische und menschenwürdige Aufnahme von Bootsflüchtlingen in Europa vorbereiten. Im Falle einer verstärkten Fluchtbewegung aus Libyen oder anderen nordafrikanischen Staaten sollte eine EU-weite Verteilung der neukommenden Schutzsuchenden nach humanitären Kriterien erfolgen. Europa verfügt über rechtliche Instrumentarien (EU-Richtlinie zum vorübergehenden Schutz), um nach dem Prinzip der "doppelten Freiwilligkeit" (Schutzsuchender und Aufnahmestaat stimmen zu) eine solidarische Aufnahme zu gewährleisten.


Fatale Allianz: Zur Kooperation der Europäischen Union mit Libyen bei der Flucht- und Migrationsverhinderung
http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/q_PUBLIKATIONEN/2010__ab_April_/Broschuere_Libyen.pdf


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 23. Februar 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2011