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ITALIEN/199: Niederlage für zerstrittene Mitte Links bei Regionalwahlen auf Sizilien (Gerhard Feldbauer)


Niederlage für zerstrittene Mitte Links bei Regionalwahlen auf Sizilien

Faschistisch-rassistische Allianz knapp vor M5S auf erstem Platz

von Gerhard Feldbauer, 7. November 2017


Bei den Regionalwahlen auf Sizilien haben die zerstrittenen Mitte Links-Parteien eine Niederlage erlitten. Nach den vorläufigen Wahlergebnissen belegt der von der faschistisch-rassistischen Allianz aus Forza Italia (FI), der Lega Nord und der Brüder/Fratelli Italiens (FdI) aufgestellte Nello Musemeci mit 38 Prozent den ersten Platz. Der Bewerber der Fünf Sterne-Bewegung (M5S) Giancarlo Cancelleri, ein mittlerer Unternehmer der Metallbranche, kam hinter ihm mit 36 Prozent auf Platz zwei. Der Kandidat der regierenden Partito Democratico (PD), der von Parteichef Matteo Renzi favorisierte parteilose Rektor der Universität von Palermo, Fabrizio Micari, kam abgeschlagen auf 23 Punkte. Der von den Linken aufgestellte Claudio Fava, Sohn des 1984 von der Mafia ermordeten Giuseppe Fava und selbst bekannter Anti-Mafia-Kämpfer von Sinistra Italia (SI) erreicht nur 5,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 46,76 Prozent noch unter der vor fünf Jahren. Gewählt wurde der Präsident, gleichzeitig Regierungschef der Region und die 70 Mitglieder des Parlaments. Der 2012 gewählte Amtsinhaber Rosario Crocetta, ein noch aus der IKP, später Rifondazione Comunista kommender PD-Politiker, war nicht zur Wiederwahl angetreten. Zu dem Votum waren mit 4,6 Millionen rund zehn Prozent der Wähler Italiens aufgerufen. Es war das letzte vor den im Frühjahr 2018 anstehenden Parlamentswahlen und gilt als ein nationaler Test.

Der 62jährige Musemeci, der seine politische Karriere in der Mussolini-Nachfolgepartei MSI, seit 1995 Alleanza Nazionale (AN) begann, gründete 2005 einen sizilianischen Ableger Alleanza Sicilia. Zu seiner Unterstützung waren am Freitag vor der Wahl die Chefs der drei Großen der rechtsextremen Koalition - Silvio Berlusconi (FI), Matteo Salvini (Lega) und Giorgia Meloni (FdI) mit ihm in Catania zusammengetroffen und hatten betont, seine Wahl werde das Signal für ihren Sieg bei den Parlamentswahlen im Frühjahr 2018 sein. Ihren Streit, ob Salvini oder ein Bewerber der FI als Spitzenkandidat antreten werde, hatten sie geschickt durch das einmütige Auftreten für Musemeci überdeckt. Salvini, dessen Lega als gesamtnational aufgestellte Partei in Sizilien antrat, hatte noch rasch die Streichung "Nord" aus dem Parteisymbol bekanntgegeben.

Der Chef der M5S-Partei Beppe Grillo, der gehofft hatte, in Sizilien ebenfalls ein Signal für die Parlamentswahlen 2018 zu setzen, versuchte, wie La Repubblica am Montag schreibt, nun das Ergebnis herunterzuspielen. Es sei "keine politische Wahl" gewesen. Die großen Medien wie der Mailänder Corriere della Sera sind sich einig, dass es "eine schwere Niederlage" für Renzis PD ist, der es nicht gelang, die Linke für die Wahl ihres Kandidaten zu gewinnen. Maßgeblich dafür dürfte nicht zuletzt gewesen sein, dass dieser von der aus der FI hervorgegangenen Partei des früheren Vize Berlusconis, Angelino Alfani, gebildeten Alleanza Popolare unterstützt wurde.

Zur Niederlage der PD kommt hinzu, dass sie auch bei der gleichzeitig in Ostia, dem 10. Stadtbezirk von Rom, durchgeführten Wahl des Bürgermeisters und des Stadtrates mit 13 Prozent eine schwere Schlappe hinnehmen musste. Dort werden sich in der Stichwahl in zwei Wochen der Kandidat von M5S mit 30,2 Prozent und der von den faschistischen Brüdern Italiens mit 26,7 Prozent gegenüberstehen. Es wird erwartet, dass die FdI von der CasaPound, die von 1,8 auf 7,6 Prozent anwuchs, unterstützt wird. In Ostia wurde auch ein Rekordtief der Resignation der Wähler erreicht. Nur ein Drittel der Wahlberechtigten gingen an die Urnen.

Der krisengeschüttelten Wirtschaft der Insel, will Berlusconi, wenn seine Koalition die Wahlen 2018 gewinnt, mit einem Marschallplan zu Hilfe kommen. Wichtigstes Projekt ist für den Medientycoon, der auch große Bauunternehmen betreibt, wie La Repubblica enthüllte, die Wiederaufnahme des Baus der Brücke über die Meerenge von Messina, der nach seinem Fall 2011 abgebrochen wurde.

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Quelle:
© 2017 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. November 2017

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