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ITALIEN/290: Faschistisches Netzwerk wollte an Hitlers NSDAP orientierte "Nationalsozialistische Arbeiterpartei" bilden (Gerhard Feldbauer)


Faschistisches Netzwerk in Italien wollte an Hitlers NSDAP orientierte "Nationalsozialistische Arbeiterpartei Italiens" bilden

Waffen, Bomben, Sprengstoff und Nazi-Dokumente sichergestellt

von Gerhard Feldbauer, 1. Dezember 2019


Italienische Medien meldeten am Wochenende, dass es der italienischen Antiterror-Polizei (Digos) nach umfangreichen Ermittlungen gelang, eine rechtsextreme Organisation, die sich "Nationalsozialistische italienische Arbeiterpartei" (NSIAP) nannte, zu zerschlagen. Im Rahmen der Operation führten die Beamten der Digos laut der staatlichen Nachrichtenagentur "ANSA" in ganz Italien eine Vielzahl von Hausdurchsuchungen durch, wobei umfangreiches rechtsextremes, antisemitisches Propagandamaterial, darunter ein Partei-Programm sowie Waffen, Bomben und Sprengstoff sichergestellt wurden. Unter den Dokumenten habe sich auch ein Flugblatt mit Drohungen gegen einen Politiker der sozialdemokratischen Partei (PD) befunden. Das "umfangreiche Netzwerk rechtsextremer Zellen" sei dabei gewesen, sich "zu einer größeren Organisation zusammenzuschließen und eine neonazistische, fremdenfeindliche und antisemitische Partei, den "Partito Nazionalsocialista Italiano dei Lavoratori" ("Nationalsozialistische italienische Arbeiterpartei") zu gründen, schrieb das Online-Portal der "Südtirol News".

In Vincenza, Verona, Padua und weiteren Städten wurden die Wohnungen von 19 Personen durchsucht, darunter die einer 48jährigen verheirateten Frau und Mutter, die sich im Netz "Hitlers Oberfeldwebel" nannte und sich leidenchaftlich zum "Führer" bekannte, berichtete der Mailänder "Corriere della Sera". Als Mitglied der "Nationalen Leitung" habe sie sich als Frauenleiterin besonders der Gewinnung von Frauen für die NSIAP gewidmet. Eine 26jährige aus Pozzo d'Adda in der Provinz Mailand sei zur "Miss Hitler" gewählt worden. Die Frauenchefin habe in der Region Veneto (regiert von der Lega Salvinis) zahlreiche Werbe-Veranstaltungen durchführen können. Gegen sie werde u. a. "wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung und Verherrlichung des Antisemitismus" ermittelt, teilte der Leiter der Digos von Padua, Giovanni Di Stavola mit. In Lissabon habe es, so der "Corriere" weiter, bereits ein Treffen mit einer "Nazionalsozialistisch" orientierten Bewegung Portugals gegeben, um eine "Alleanza transnazionale" der Nationalsozialisten Portugals, Italiens und Frankreichs zu bilden.

"ANSA" zitiert aus einem Digos-Bericht der Stadt Enna auf Sizilien und des Internalen Antiterrorismus Dienstes, dass zu den Akteuren des Netzwerkes ein führender Vertreter der "'Ndrangheta" (Mafia der süditalienischen Region Calabrien) gehört, die als mächtigste kriminelle Organisation im weltweiten Drogenhandel gilt, der in der "Vergangenheit ein Kollaborateur der Justiz" gewesen sei, und ein "Vertreter der Forza Nuova für den Westen Ligurien".

Die Forza Nuova (Neue Kraft) ist eine 1997 aus früheren neofaschistische Organisationen, darunter den pseudorevolutionär getarnten Nuclei revoluzionari armati (bewaffneten revolutionären Zellen) hervorgegangene Terrorganisation, die als "Sturmtrupp" der Lega Salvinis agiert. Ihr Gründer und Leiter Roberto Fiore war an dem faschistischen Anschlag auf den Hauptbahnhof von Bologna 1980 (85 Tote und über 100 Verletzte) beteiligt. Er floh nach Großbritannien, wurde in Abwesenheit zu neun Jahren Haft verurteilt. London verweigerte seine Auslieferung, weil er angeblich für den britischen Geheimdienst gearbeitet habe. Später kehrte er nach Italien zurück, verbüßte einen Teil der Strafe. Nachdem die ins EU-Parlament gewählte "Duce"-Enkelin Allesandra Mussolini, mit der die FN zur Wahl angetreten war, ihr Mandat als EU-Parlamentarierin niederlegte, nahm Fiore ihren Sitz in Strasbourg ein. Wieder einmal ein Beweis, dass man sich dort nicht daran stört, dass Faschisten und Terroristen auf den Bänken des EU-Parlaments sitzen.

Die Aufdeckung des neuen schwarzen Netzwerkes ordnet sich in eine Anzahl erst kürzlich enthüllter Aktivitäten ein, die in bedrohlicher Weise den am faschistischen Diktator Mussolinis orientierten Kurs der Lega Salvinis widerspiegeln. Dem entsprach im Oktober die Aufdeckung einer neofaschistischen Gruppe, die in der Toskana bei Siena mit der Sprengung einer Gasleitung einen Anschlag auf eine Moschee geplant hatte. Von besagter Forza Nuova rotteten sich am 22. Oktober, dem Jahrestag des "Marsch auf Rom"-Putsches Mussolinis, wie die römische "La Repubblica" berichtete, 5000 Anhänger im Geburts- und Begräbnisortes des "Duce" Predappio, das von einem Bügermeister der Lega regiert wird, zusammen und verherrlichten nach dem zuvor von Salvini gezeigten Beispiel mit "Führer"-Gruß und "Sieg Heil"-Rufen dessen Herrschaft.

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Quelle:
© 2019 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Dezember 2019

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