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ITALIEN/336: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 5.6.2020 (SB)



Vor dem für Sonnabend zu dem Zweck, die italienische Hauptstadt nach ukrainischem Vorbild in eine "Piazza Maidan" zu verwandeln, angekündigten faschistischen Aufmarsch hat die Staatsanwaltschaft von Rom am Donnerstag die Zentrale der Casa Pound, einer mit der Lega liierten Stoßtruppe, die zu den Initiatoren der rechten Kundgebung gehört, beschlagnahmt. Wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA am Freitag berichtet, handelt es sich um ein Haus in der Via Napoleone III, das die Faschisten seit Jahren besetzt halten und in dem sie ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben. Gegen die Organisation laufe ein Ermittlungsverfahren wegen Rassenhaß, hieß es.

Die Bürgermeisterin Roms Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die 2016 mit den Stimmen der Lega gewählt und danach der Komplizenschaft mit der faschistischen Alleanza Nazionale (AN) bezichtigt worden war, begrüßte dieses Vorgehen als "einen historischen Moment, einen Sieg für die Stadt". Sie erinnerte daran, daß "wir heute" (am 4. Juni) "den 76. Jahrestag der Befreiung Roms von der nationalsozialistischen Besatzung feiern" und dankte der Staatsanwaltschaft für die Ansetzung eines Prozesses gegen Casa Pound. Auch Emilio Ricci, Vizepräsident des Partisanenverbandes ANPI, der ein Vorgehen der Staatsanwaltschaft gefordert hatte, zeigte sich laut ANSA "zutiefst zufrieden mit der Entscheidung, die der Staatsanwalt aufgrund unserer Beschwerde getroffen hat".

Casa Pound ist eine nach ihrem Gründer, dem Schriftsteller Ezra Pound, einem Mussolini-Faschisten, benannte Bewegung, die sich "Faschisten des dritten Millenniums" nennt, ihr national-soziales Image hervorhebt und in Rom mehrere Tausend Mitglieder zählt. In der Vergangenheit trat sie immer wieder gemeinsam mit der Forza Nuova (Neuen Kraft), der 1997 von dem verurteilten Terroristen Roberto Fiore gegründeten faschistischen Partei, in Rom bei Ausschreitungen der Faschisten auf. So waren Casa Pound und Forza Nuova u. a. im April 2019 im Stadtteil Torre Maura an der Vertreibung von Sinti und Roma aus ihren Unterkünften beteiligt. Dabei zeigten sie den "Führergruß", warfen Brandflaschen und zündeten Benzinkanister, Autos sowie Müllcontainer an und skandierten "Wir werden euch töten!" und "Verbrennt sie lebendig!".

Daß die Forza Nuova auf eine gewisse Zustimmung unter den Wählerinnen und Wählern stößt, zeigte sich 2018, als sie mit der aus der Mussolini-Nachfolgepartei MSI hervorgegangenen Fiamma Tricolore auf einer Liste "Italia agli Italiani" (Italien den Italienern) zu den Parlamentswahlen antrat und 0,4 Prozent der Stimmen (126.207 Wähler) erhielt.

5. Juni 2020


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