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ITALIEN/356: Geheime faschistische Gruppe in Italien aufgedeckt (Gerhard Feldbauer)


Geheime faschistische Gruppe in Italien aufgedeckt

Anschläge nach Beispiel des Massakers von Utøya geplant

von Gerhard Feldbauer, 5. Juli 2021


In der lombardischen Hauptstadt Mailand und in Triest hat die Divisione Investigazioni Generali e Operazioni Speciali (DIGOS) der italienischen Politischen Polizei in der vergangenen Woche "eine geheime Nazi-faschistische Organisation" aufgedeckt und aufgelöst, berichtete die staatliche Nachrichtgenagentur ANSA. In Anlehnung an die faschistische Spannungsstrategie der 70/80er Jahre tarnte sie sich pseudorevolutionär als geheime Organisation - "Avantgarde Revolutionary" - "AR". Sie bestand aus jungen Leuten im Alter von etwa 20 Jahren, die "aus guten Familien" kommen, und verfolgte ihre Ziele, wie die Ermittlungen der DIGOS ergaben, mit "einer Nazi-faschistischen Matrix und stachelte zu Diskriminierung und rassistischer, ethnischer und nationalistischer Gewalt" auf. Zur Errichtung "einer neuen Weltordnung" wollte die Organisation das "absolute Chaos" schaffen, um die Ankunft eines "Diktators" zu begünstigen. Dazu waren, so ANSA, "gewalttätige Einschüchterungsaktionen" in sozialen Zentren, Schlägereien gegen Personen ausländischer Herkunft und muslimischer Religion geplant.

Bei ihren Ermittlungen stießen die Mitarbeiter der DIGOS laut ANSA darauf, dass sich die italienische Organisation bei ihren geplanten Operationen zur Errichtung einer "neuen Weltordnung" an dem norwegischen Faschisten und Massenmörder Anders Behring Breivik orientierte. Breivik hatte am 22. Juli 2011 die Terroranschläge in Oslo und auf der Insel Utøya begangen, bei denen er 77 Menschen ermordete, von denen 69 Teilnehmer eines Zeltlagers der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei waren.

Breivik, Vorbild der italienischen "AR"-Faschisten, der seinen Geburtsnamen in Fjotolf Hansen abgeändert hatte, war der Polizei wegen krimineller Aktivitäten (Gründung von Briefkastenfirmen, Urkundenfälschung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe) bekannt. Er gehörte der neofaschistischen Fremskrittspartiet an, war in dem rechtsextremen Zentrum nordisk.nu, einem norwegischen islamfeindlichen Forum, aktiv und Mitglied des norwegischen Ablegers der islamfeindlichen English Defence League. Sein Vater gehörte als Ministerialrat zur norwegischen OECD-Delegation in Paris.

Wie die DIGOS ermittelte, versuchte die "Avantgarde Revolutionary" ihr Aktionsspektrum durch direkte Beziehungen zu anderen ausländischen rechtsextremen Organisationen wie dem Schweizer Verein "Junge Tat", den eines ihrer Mitglieder deshalb besucht hatte, zu erweitern.

Dass die DIGOS auch auf US-amerikanische extremistische Einflüsse, will heißen, die unter Trump geförderten rassistisch-faschistischen Erscheinungen, stieß, erinnert an die Casa Pound, die sich mit ihrem Namen auf den amerikanischen Schriftsteller Ezra Pound, einen Bewunderer Mussolinis, bezieht oder auch daran, dass die Veneto Fronte Skinheads, die sich ausdrücklich zur "Verteidigung der weißen Rasse" bekennt, neben ihrer Bewunderung für das "Dritte Reich" Beziehungen zum Ku Klux Klan unterhielt.

Organisationen wie die jetzt entdeckte "Avantgarde Revolutionary" sind wie die Casa Pound oder die Forza Nuova die Sturmtrupps faschistischer Parteien wie der Lega Matteo Salvinis und agieren offen terroristisch, was es diesen ermöglicht, sich als "harmloses" rechtes Zentrum zu tarnen. Den Chef der Forza Italia, Berlusconi, an den gerade in diesen Tagen wegen der in seiner Regierungszeit vor 20 Jahren in einer "chilenischen Nacht" während des G8-Gipfels in Genua blutig niedergeknüppelten Demonstranten erinnert wird, animierte das dazu, zusammen mit der Lega eine neue, einheitliche faschistische Partei zu bilden und auf den Namen der deutschen CDU zu taufen.

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Quelle:
© 2021 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 3. August 2021

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