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ITALIEN/372: Bankenfusionspläne gestoppt - Rettung der "Monte dei Paschi" in der Schwebe (Gerhard Feldbauer)


Fusionspläne gestoppt

Rettung der "Monte dei Paschi" bleibt in der Schwebe

von Gerhard Feldbauer, 25. Oktober 2021


Die Rettung der ältesten Bank Italiens, der 1472 gegründeten "Monte dei Paschi di Siena" (MPS), wurde bereits für "tutti paletti", alles in Ordnung, gehalten. Ministerpräsident Mario Draghi hatte einer Fusion durch Verkauf an die UniCredit, einen der großen Haie unter den Finanzimperien, zugestimmt. Der überlegene Konkurrent, mit 170.000 Mitarbeitern und 40 Millionen Kunden nach Marktkapitalisierung an 14. Stelle in Europa stehend, wäre weiter gewachsen. Der italienische Staat, der an der MPS mit 64 Prozent beteiligt ist und die von Insolvenz bedrohte Bank seit 2016 mit insgesamt 20 Milliarden Euro gestützt hatte, wäre jedoch unter die 50-Prozent-Marke gesunken. Dabei war noch nicht geklärt, ob er die Anteile überhaupt würde halten können. Nun seien die Verhandlungen, wie die staatliche Nachrichtenagentur ANSA berichtete, abgebrochen worden und würden laut dem Wirtschaftsministerium auch nicht wieder aufgenommen.

Über einen vorgesehenen Rekapitalisierungsplan über 7 Milliarden Euro sei keine Einigung erzielt worden. UniCredit habe gefordert, dass der Staat weitere 6,3 Milliarden Euro in die Monte dei Paschi stecken müsse. Das Finanzministerium habe diese "Anpassungen" in weiten Teilen für ungerechtfertigt gehalten. Weiter wurde zurückgewiesen, dass UnCcredit für den Kauf der MPS-Teile nur 1,3 Milliarden Euro zahlen wollte, während das Finanzministerium von einer Bewertung von 3,6 bis 4,8 Milliarden Euro ausgehe. "Unter den Bedingungen von UniCredit ist derzeit kein Deal möglich", hieß es.

Nach dem Stopp der Verhandlungen kollabierten die Nachranganleihen der MPS an der Mailänder Börse um 4,2 Prozent, aber auch die von UniCredit um 1,6 Prozent, meldete ANSA am Montag.

Noch ist offen, wie sich die EU dazu verhalten wird. Draghi hatte Brüssel informiert, die Fusion bis Mitte 2022 über die Bühne zu bringen. Wenn jetzt mehr Geld in die Krisenbank gepumpt werden solle, müsste dazu eine Genehmigung aus Brüssel eingeholt werden. Die EU hatte verlangt, bis Jahresende einen Plan für die Reprivatisierung vorzulegen.

Nun werde über ein neues Szenario, einen "Plan B", nachgedacht. Der Vertreter der Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) habe sich laut ANSA für eine "Normalisierung der Verhandlungen" ausgesprochen, um "die bestmögliche Lösung für Monte dei Paschi zu finden". Im Gespräch sei ein "Stand-Alone-Plan", der mögliche Vorteile einer Eigenständigkeit der MPS prüfe, bei der Teile der Maßnahmen, die auch UniCredit angeboten wurden, einschließlich einer Kapitalerhöhung von mehreren Milliarden Euro, umgesetzt werden sollen. Das Management der MPS soll umgebaut und die faulen Kredite an die staatliche Auffanggesellschaft AMCO übertragen werden.

Nicht zuletzt sind die Rettungspläne Gegenstand des Gerangels der Parteien in Draghis zerstrittener Koalition, die sich dabei im Interesse ihrer Unternehmersponsoren zu profilieren suchen. Während die Führung des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) in der Draghi-Regierung dem Plan zustimmte, hatte der Chef der faschistischen Lega, Matteo Salvini, den Verkauf "eine Schande" genannt. Er wollte im Interesse seiner Klientel einige kleine Banken wie die Banca Carige von Genua (4.200 Mitarbeiter, 529 Filialen) zu einem "italienischen Bankenzentrum" fusionieren und sich so stärkeren Rückhalt unter diesen Wirtschaftskreisen sichern.

Inzwischen hat sich laut ANSA kein Geringerer als der Präsident des Verbandes der Großindustriellen Confindustria, Carlo Bonomi, dazu zu Wort gemeldet und "einen dritten Bankenplatz" ins Spiel gebracht. Pressegerüchten zufolge gehe es um den französischen Versicherer Covea, der 2020 durch die erfolgreiche Übernahme der PartnerRe mit 9 Milliarden US-Dollar bekannt wurde. Das Unternehmen auf den Bermudas befand sich bis dahin - was auch über Hintergründe nachdenken lässt - im Besitz der italienischen FIAT-Eigner, der Agnelli-Familie.

Die Entscheidung über das Schicksal der Monte dei Paschi wird letztendlich die Generaldirektion der Europäischen Kommission (DG-COMP) fällen. Diese hatte den Verkauf der Krisenbank bis Ende Dezember gefordert. Eine Verlängerung der Frist ist zwar denkbar. Dass die Generaldirektion die Forderung nach einem Verkauf aufgibt, ist höchst unwahrscheinlich.

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Quelle:
© 2021 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick zum 26. Oktober 2021

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