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AUSSEN/113: Mahmud Abbas sprach vor dem Europäischen Parlament am 4.2.09 (EP)


Europäisches Parlament - Pressemitteilung vom 04.02.2009

Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, sprach heute zu den Abgeordneten


Der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud ABBAS, hat heute vor dem Europäischen Parlament betont, dass die innerpalästinensische Versöhnung "Priorität" habe. Abbas forderte zudem die Entsendung internationaler Friedenstruppen, "um unser Volk zu schützen". Er kritisierte die israelische Siedlungspolitik und warf Israel vor, Phosphorbomben eingesetzt zu haben. Das Volk Palästinas habe unter der längsten Besatzung der jüngeren Geschichte zu leiden, so Abbas.

"In den beiden vergangenen Jahren wurde zu viel wertvolle Zeit verloren, das Leben zu vieler Unschuldiger geopfert, die Hoffnung zu vieler Kinder auf eine bessere Zukunft zerstört", so der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert PÖTTERING, vor Beginn der Rede von Abbas. Er forderte die "zügige Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen, denn eine militärische Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts kann es nicht geben". Voraussetzung für einen Frieden zwischen Israel und Palästina sei die innerpalästinensische Wiederaussöhnung. Das Europäische Parlament unterstütze vorbehaltlos die laufenden Vermittlungsgespräche, die den Weg für die Bildung einer palästinensischen Regierung des nationalen Konsens ebnen; nur eine solche Regierung sei in der Lage, die erforderliche Einheit des palästinensischen Volkes zu gewährleisten.

"Wir verlangen und erwarten, dass eine solche Regierung die Grundprinzipien des Friedensprozesses achtet, auf Gewalt verzichtet und engagiert Friedensverhandlungen mit Israel führt. Die Europäische Union ist bereit, mit einer solchen Regierung zusammenzuarbeiten", so Pöttering.

Pöttering: "Erfolgreicher Abschluss des Friedensprozesses möglich"

Die Entschlossenheit der Europäischen Union, ihr gesamtes politisches und wirtschaftliches Gewicht in die Waagschale zu werfen, sowie der politische Wille zahlreicher arabischer Partnerländer zeigten, dass eine Wiederbelebung und ein erfolgreicher Abschluss des Friedensprozesses auf der Grundlage der Resolutionen der Vereinten Nationen und der arabischen Friedensinitiative möglich sind, unterstrich Pöttering abschließend.

Abbas: "Die längste Besatzung der jüngeren Geschichte"

"Das Volk Palästinas muss unter der längsten Besatzung der jüngeren Geschichte leiden", so Mahmoud Abbas. Er warf Israel vor, mit der jüngsten Militäroffensive einen "Zerstörungskrieg im Gazastreifen" geführt zu haben. Palästina leide unter den "Wunden der jüngsten Bombardierungen". Häuser, Felder, Fabriken und Schulen seien zerstört. Auch die Versorgungsnetze von Wasser und Strom, die Kanalisation und Krankenhäuser seien nicht verschont geblieben.

Vorrangige Ziele der israelischen Anschläge seien das Leben der Bürger und die Infrastruktur sowie "die Zukunft des Volkes und des palästinensischen Staates" gewesen. "Sie alle waren Zeugen" so Abbas, "sie haben gesehen, wie Kinderkörper zerstückelt und verbrannt wurden und sie haben die Hilferufe der Frauen und Kinder gehört."

"Innerpalästinensische Versöhnung hat Priorität"

Abbas bezeichnete die Versöhnung mit der im Gazastreifen herrschenden radikal-islamischen Hamas und die Errichtung einer palästinensischen Einheitsregierung als "Priorität". "Wir wollen die nationale Aussöhnung, um die Teilung zu überwinden", sagte er. Ohne die Hamas beim Namen zu nennen, sagte Abbas, die palästinensische Autonomiebehörde habe einen Dialog ohne Bedingungen angeboten und akzeptiere das ägyptische Verhandlungsangebot. Wenn die momentane Situation sich weiter so fortsetze, würde dies den Fanatismus und die Aggression fördern, so der Präsident.

Entsendung von internationalen Friedenstruppen

Abbas forderte auch die Entsendung internationaler Friedenstruppen zum Schutz der Palästinenser. "Internationale Friedenstruppen sollten ausgeschickt werden, um unser Volk zu schützen." Er hoffe zudem auf Unterstützung bei zukünftigen Wahlen und bei der "Befreiung der Abgeordneten unseres Parlaments, die in israelischen Gefängnissen sitzen."

Die EU müsse "heute mehr denn je" ihre Position bestätigen und mit den anderen Mitgliedern des Nahost-Quartetts zusammenarbeiten. Die Initiative des neuen US-Präsidenten Obama und die Ernennung George J. Mitchells zum Sonderbeauftragten gäben dem palästinensischen Volk Mut.

Kritik an Israels Siedlungspolitik

Die jüngsten Anschläge würden einhergehen mit den "alltäglichen Aggressionen und Angriffen". Den Siedlungen sei nie Einhalt geboten worden, sie breiteten sich sogar weiter aus. Die Hauptziele des palästinensischen Volkes seien das Ende der Besatzung, Freiheit, Selbstbestimmung und die Errichtung eines unabhängigen Staates mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Dem jedoch stehe die Siedlungspolitik entgegen. Israel dürfe nicht über dem Völkerrecht stehen, verlangte Abbas. "Wir können Israel nicht weiterhin so behandeln, als ob es über dem Völkerrecht stünde, man muss den Politikern ihre Grenzen aufzeigen".

Abbas beschuldigte Israel erneut, Phosphorbomben eingesetzt zu haben: "Der Junge, der sein Augenlicht aufgrund von Phosphorbomben verloren hat, fragt: 'Wann wird mein Volk endlich Freiheit und Frieden finden?'", so der Präsident. Die große Mehrheit der Opfer der israelischen Anschläge seien unschuldige Zivilisten gewesen, darunter viele Kinder, Frauen und Alte. Zudem seien 4.000 Wohnhäuser und etwa 20.000 weitere Häuser vollkommen zerstört worden, insgesamt seien 90.000 Menschen in den betroffenen Gebieten ohne Unterkunft. "Der Krieg hat die Infrastruktur und damit die Frucht unserer Bemühungen zunichte gemacht", so Abbas.


Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Die Rede von Mahmud Abbas am 4. Februar im Plenum kann auf Englisch und im Original auf den EU-Presseseiten aufgerufen werden über:
http://www.europarl.europa.eu/news/expert/infopress_page/ 030-48165-033-02-06-903-20090203IPR48164-02-02-2009-2009-true/default_de.htm

Copyright 2009 European Parliament


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Quelle:
Pressemitteilung vom 04.02.2009 - REF: 20090203IPR48164
Europäisches Parlament
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2009