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AUSSEN/121: Europol-Teamwork mit Israel vor Hindernissen - Große Legalitätsprobleme (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Juli 2010

Europol-Teamwork mit Israel vor Hindernissen - Große Legalitätsprobleme

Von David Cronin


Brüssel, 2. Juli (IPS) - Das Europäische Polizeiamt Europol ist seit 2005 mit der Umsetzung eines Plans zur formalen Zusammenarbeit mit der israelischen Polizei befasst. Nennenswerte Fortschritte wurden bislang nicht erreicht. Im Weg stehen dem Vorhaben einige brisante rechtliche und menschenrechtliche Probleme.

Eines dieser Probleme betrifft die Tatsache, dass sich das Hauptquartier der israelischen Polizei in Ostjerusalem befindet und damit auf israelisch besetztem palästinensischen Boden. Käme das Abkommen zustande, müsste Europol dort einen Repräsentanten stationieren. Das aber verstieße gegen die Weigerung der EU, die Besetzung Ostjerusalems anzuerkennen und wäre als De-facto-Einverständnis zu interpretieren.

Erst in einem Bericht vom März letzten Jahres hatten EU-Diplomaten in einem Bericht die Besetzung des jerusalemischen Ostens und den sukzessive beschleunigten Bau israelischer Siedlungen dort kritisiert.


EU als Komplize

Gruppen wie der Palästinensische BDS-Nationalausschuss - Teil einer internationalen Bewegung, die im Namen Palästinas für Israel Boykott, Divestment und Sanktionen (BDS) fordert - sieht weitere große Hindernisse für die Zusammenarbeit der Polizeidienste. Er warnt prinzipiell vor einem Verstoß gegen die vierte Genfer Konvention von 1949 zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten und einem Ausbau der schon 'gefährlich' engen Beziehungen zwischen Israel und der EU.

"Wird es unterzeichnet, zieht dieses Kooperationsabkommen die EU in eine noch stärkere Komplizenrolle", sagt Michael Deas, der EU-Koordinator der Gruppe. Bereits jetzt profitierten israelische Waffenschmieden und Produzenten von Überwachungstechnologie vom Milliarden Euro schweren EU-Rahmenprogramm für wissenschaftliche Forschung.


Foltervorwürfe gegen Israel

Hinzu kommt, dass die Europol-Konvention von 1995 die Nutzung von Informationen verbietet, die unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen erworben wurden. Kritikern zufolge bezieht Israel viele polizeilich relevante Kenntnisse aber gerade so. Der israelischen Menschenrechtsorganisation PCATI liegen für die Jahre 2001 bis 2009 über 600 Beschwerden von mutmaßlichen Folteropfern vor. Kein einziger Fall führte zu einer Untersuchung, wie PCATI in einem Bericht vom Ende letzten Jahres beklagt.

Auch Amnesty International (AI) erhebt Foltervorwürfe gegen Israel. Im letzten AI-Jahresbericht ist die Rede von Häftlingen, die durch Schläge, körperliche Stresspositionen und Schlafentzug zum Reden gebracht wurden. Folter, so das Fazit, werde in Israel angewandt, wann immer dies "notwendig" erscheine.

Ein weiteres Hindernis für die geplante Zusammenarbeit liegt in israelischen Datenschutzbestimmungen, die bei weitem nicht dem EU-Standard entsprechen und mit der Europol-Konvention nicht zu vereinbaren sind. In der EU dürfen Daten weder exzessiv erhoben noch auf unbestimmte Zeit gespeichert werden. (Ende/IPS/hn/2010)



Links:
http://bdsmovement.net/?q=node/126
http://www.stoptorture.org.il
http://www.amnesty.de/amnesty-international-report-2010
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=51999

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 2. Juli 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juli 2010