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AUSSEN/164: EU-Hilfe für die afrikanische Region der Großen Seen möglicherweise zu teuer (Europäischer Rechnungshof)


Europäischer Rechnungshof - Pressemitteilung vom 4. Juli 2016

EU-Hilfe für die afrikanische Region der Großen Seen erreicht ihre Empfänger, ist aber möglicherweise zu teuer, so die Prüfer


Die humanitäre Hilfe der EU für Menschen, die vor Konflikten in der afrikanischen Region der Großen Seen geflohen sind, wird den bestehenden Herausforderungen gerecht, ihre Bereitstellung ist aber möglicherweise mit zu hohen Kosten verbunden, wie einem neuen Bericht des Europäischen Rechnungshofs zu entnehmen ist. Trotz des schwierigen Arbeitsumfelds wurde mit der EU-Hilfe ein wertvoller Beitrag zur Bewältigung der Probleme geleistet, doch bestehen einige Schwachstellen hinsichtlich der Verwaltung der Hilfe, so die Prüfer. Es sind mehr Informationen von den Vereinten Nationen (UN) und ihren Partnerorganisationen darüber erforderlich, wie die Mittel verausgabt werden.

Die Prüfer untersuchten die humanitäre Hilfe der Europäischen Kommission in Höhe von rund 300 Millionen Euro, die im Zeitraum 2011-2015 für die Demokratische Republik Kongo, Uganda, Ruanda, Burundi und Tansania geleistet wurde. Sie gelangten zu der Schlussfolgerung, dass die Hilfe im Allgemeinen wirksam verwaltet wurde. Da der Bedarf an humanitärer Hilfe jedoch steigt und die Mittel begrenzt sind, ist Effizienz von immer größerer Bedeutung. Die geprüften Budgetangaben waren nicht genau genug, und es wurde nicht bewertet, ob die veranschlagten Kosten angemessen waren. Rund die Hälfte der EU-Hilfe wurde durch UN-Organisationen verausgabt, und in den Fällen, in denen die UN ihre Aufträge weitervergab, wurden keine Daten darüber vorgelegt, welche Beträge tatsächlich an die Begünstigten ausgezahlt wurden.

"Ich bin beunruhigt darüber, dass der Kommission nicht die Zahlen vorliegen, die sie braucht, um zu prüfen, ob die Hilfe so wirtschaftlich und sparsam wie möglich erbracht wird", so Karel Pinxten, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Je mehr Glieder es in der Kette zwischen dem Steuerzahler in der EU und den Bedürftigen gibt, desto schwieriger wird es. Die Kommission sollte die UNOrganisationen, z. B. UNHCR und das Welternährungsprogramm, sowie die NRO dringlich um mehr Informationen darüber ersuchen, wie die Mittel der EU verausgabt werden. Andernfalls besteht das Risiko, dass die Hilfe zu teuer ist."

Die Prüfer stellten fest, dass es an Belegunterlagen in Bezug auf die Festlegung geografischer Prioritäten und die Bewertung von Projektvorschlägen mangelte. Folglich konnte nicht festgestellt werden, ob die ausgewählten Projekte den relevanten Kriterien entsprachen und ob die am besten geeigneten Projekte ausgewählt wurden.

In Anbetracht des schwierigen Arbeitsumfelds war der Überwachungsrahmen angemessen. Die Partner übermittelten ihre Berichte jedoch häufig verspätet, was den Nutzen der Berichte einschränkte. Die Fachkenntnisse der Kommissionsbediensteten vor Ort waren für die geförderten Partner hilfreich, allerdings war die Berichterstattung im Anschluss an die Vor-Ort-Kontrollen nicht umfassend genug. Da die Weiterverfolgung auftretender Probleme unzureichend dokumentiert wurde, konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob diese Probleme zufriedenstellend gelöst wurden. Allgemein gibt es keine Berichterstattung über den Durchführungsplan für humanitäre Hilfe, die einen Überblick über die Ergebnisse und gewonnenen Erkenntnisse verleihen könnte.

Die Ergebnisse, die insgesamt mit den geprüften Projekten erzielt wurden, waren zufriedenstellend. Jedoch gab ein Partner einen Großteil seines Budgets aus und erzielte damit nur einen Bruchteil der vorgesehenen Ergebnisse. In einigen Fällen war die Begründung für Laufzeitverlängerungen und zusätzliche Mittel nicht offensichtlich. Wenngleich die Kommission und andere Geldgeber sich gemeinhin einig sind, dass die Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung wünschenswert ist, gibt es nur sehr wenige Beispiele für eine Anwendung dieses Prinzips in der Praxis. Wird dieses Ziel nicht aktiv genug verfolgt, so besteht die Gefahr, dass die Chance verpasst wird, von der humanitären Hilfe zur Entwicklungshilfe überzugehen, so die Prüfer.


Hinweise für den Herausgeber

In den vergangenen Jahrzehnten war die Region der Großen Seen Schauplatz einiger der schlimmsten Konflikte des afrikanischen Kontinents. Im Osten Kongos verletzen bewaffnete Gruppen weiterhin die Menschenrechte. Es kommt zu Erpressungen und Plünderungen, begleitet von Gewalttaten einschließlich Vergewaltigungen, Entführungen und der Rekrutierung von Kindersoldaten. Die daraus resultierende humanitäre Krise in der Demokratischen Republik Kongo - einem der ärmsten Länder der Welt - zählt zu den komplexesten und langwierigsten Notsituationen weltweit.

Schätzungen zufolge gibt es etwa 1,6 Millionen Binnenvertriebene in der DR Kongo sowie rund 437 000 kongolesische Flüchtlinge in den Nachbarländern, vor allem in Burundi, Ruanda, Uganda und Tansania. Durch die Unruhen in Burundi im Jahr 2015 ist die Zahl der Flüchtlinge insgesamt um rund 236 000 gestiegen. Die Hilfe der EU umfasst provisorische Unterkünfte, Nahrungsmittel sowie eine Gesundheits- und Grundversorgung. Die Kommission arbeitet eng mit NRO, Organisationen der Vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen zusammen.

In diesem Bericht behandeln die Prüfer zahlreiche Punkte, und während sie zu einer positiven allgemeinen Schlussfolgerung gelangen, sind sie doch der Auffassung, dass etliche wichtige Probleme kurzfristig angegangen werden müssen.

Daher unterbreiten sie die folgenden Empfehlungen, um die Kommission dabei zu unterstützen, die Verwaltung der humanitären Hilfe in der afrikanischen Region der Großen Seen und anderen Gebieten zu verbessern:

  • Die Kommission sollte ihr Projektauswahlverfahren transparenter machen.
  • Die Kosten von Projektvorschlägen sollten vor der Annahme besser analysiert werden.
  • Die Kommission sollte klar angeben, inwiefern die ermittelten Probleme, bei denen eine Weiterverfolgung vorgesehen ist, gelöst werden.
  • Eine umfassendere und zeitnähere Berichterstattung der Partner und der Mitarbeiter vor Ort dürfte rasche Maßnahmen ermöglichen.
  • Die Kommission sollte ein allgemeines Berichterstattungssystem für den Durchführungsplan für humanitäre Hilfe einführen.
  • Die Kommission sollte die erzielten Ergebnisse eines Projekts klar mit der Bewertung verknüpfen, die als Grundlage für die Zahlung dient.
  • Laufzeitverlängerungen und zusätzliche Mittel für Projekte sollten klar begründet werden.
  • Die Kommission sollte der Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung eine hohe Bedeutung beimessen.


Der Sonderbericht Nr. 15/2016: "Hat die Kommission die humanitäre Hilfe für Bevölkerungsgruppen, die von Konflikten in der afrikanischen Region der Großen Seen betroffen sind, wirksam verwaltet?" ist in 23 EU-Amtssprachen verfügbar.

Diese Pressemitteilung enthält die Hauptaussagen des vom Europäischen Rechnungshof angenommenen Sonderberichts.

Der vollständige Bericht ist auf der Website des Hofes www.eca.europa.eu abrufbar.

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Quelle:
Europäischer Rechnungshof - Pressemitteilung vom 4. Juli 2016
ECA Press
12, rue Alcide De Gasperi - L-1615 Luxembourg
E-Mail: press@eca.europa.eu
Internet: www.eca.europa.eu


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2016

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