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AUSSENHANDEL/234: Chancen im Handel mit den USA nutzen - Standards schützen (DBV)


Deutscher Bauernverband - Pressemitteilung vom 10. April 2014

Chancen im Handel nutzen - Standards schützen

Erklärung zum Handelsabkommen zwischen der EU und den USA



Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika haben im Juli 2013 Verhandlungen über ein Transatlantisches Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) aufgenommen. Zuvor war der Europäischen Kommission vom Rat der Europäischen Union und vom Europäischen Parlament ein Mandat für die Verhandlungen erteilt worden, nach dem hohe europäische Standards unbedingt erhalten bleiben müssen (z. B. Verbot von Hormoneinsatz in der Tiermast, keine Chlordesinfektion von Schlachtkörpern). Rat und Parlament müssen einem Abkommen zustimmen, damit es in Kraft treten kann. Wichtiges Ziel der Handelsgespräche ist es, nicht nur die Zölle zu senken, sondern auch technische Normen, Produktionsstandards und Wettbewerbsregeln anzugleichen.

Der Deutsche Bauernverband bewertet die Handelsgespräche EU-USA wie folgt:

- Grundsätzlich gewährleisten multilaterale Handelsabkommen (WTO) einen besseren Ausgleich der Interessen unterschiedlich entwickelter Länder, einschließlich der landwirtschaftlichen Anliegen. Es ist jedoch festzustellen, dass die WTO-Verhandlungen seit Jahren stocken. Das hat eine neue Hinwendung zu bilateralen Handelsgesprächen ausgelöst. Dem sollte auch die EU folgen, um ihre politische und wirtschaftliche Position auf der Welt zu wahren.

- Triebkraft für eine engere europäisch-amerikanische Zusammenarbeit ist der Erhalt der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der beiden Regionen gegenüber aufstrebenden Schwellenländern. Ferner kämpfen die EU und die USA mit den Folgen der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Mit dem Handelsabkommen würde ein Wirtschaftsraum entstehen, der mehr als die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsproduktes sowie fast ein Drittel der Welthandelsströme umfasst. Durch eine engere Zusammenarbeit zwischen EU und USA werden daher auch Wachstumsimpulse erwartet.

- Schon heute verbinden die EU und die USA ausgeprägte Handelsbeziehungen. In 2013 umfassten die Exporte EU-USA 288 Milliarden Euro, die Importe 196 Milliarden Euro. Dabei ist Deutschland der wichtigste Handelspartner. Der Handel mit Agrarprodukten und Nahrungsmitteln spielt mit Exporten im Wert von ca. 15 Milliarden Euro in die USA und Importen aus den USA im Wert von ca. 8 Milliarden Euro bisher eine relativ geringe Rolle. Damit hat die EU einen Überschuss in der Agrarhandelsbilanz von knapp 7 Milliarden Euro. Die Europäische Union und auch Deutschland haben ihre Stärken im Export vor allem bei hochwertigen, verarbeiteten landwirtschaftlichen Produkten. Hier eröffnen sich weitere Chancen für den Export von Nahrungsmitteln in Richtung des amerikanischen Marktes.

Der Deutsche Bauernverband fordert:

- Die EU-Kommission muss ihr Verhandlungsmandat uneingeschränkt befolgen, insbesondere mit Blick auf die Einhaltung der hohen europäischen Standards im Verbraucher- und Umweltschutz. Obwohl die Sensibilität für Nahrungsmittelsicherheit auch in den USA hoch ist, dürfen die europäischen Produktionsstandards bei den Verhandlungen nicht unterlaufen werden. Dies würde dem Verbraucherschutz schaden und die Wettbewerbsposition europäischer Erzeuger untergraben.

- Grundlegende Gesetze der EU dürfen durch ein Handelsabkommen nicht umgangen werden. Die europäischen Regeln zum Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) stehen deshalb nicht zur Disposition. Die Entscheidung über Anbau und Verkauf von GVO sollte in der Entscheidung der Union bzw. ihrer Mitgliedstaaten bleiben.

- Viele verarbeitete Produkte, wie Wein, Milcherzeugnisse, Wurstwaren und Spirituosen erfreuen sich in den USA hoher Beliebtheit, einschließlich der Öko-Produkte. Hier gilt es für die Verhandlungsführer der EU, bestehende Einfuhrbeschränkungen der USA abzubauen. Vor allem sind die Prozeduren für Einfuhrkontrollen und die Zertifikate zu vereinfachen und miteinander abzustimmen (SPS usw.).

- Ein ausgewogenes Abkommen muss auch die defensiven Interessen der europäischen Landwirte berücksichtigen. Insbesondere sind Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch sowie Zucker als sensible Produkte zu definieren und damit der zollfreie Marktzugang zu begrenzen. Die EU fordert von den Landwirten die Einhaltung hoher gesellschaftlich und politisch erwünschter, aber letztlich auch kostspieliger Auflagen, während Importprodukte nicht den gleichen Anforderungen unterliegen. Europäische Landwirte dürfen nicht durch einen unkontrollierten Marktzugang für amerikanische Erzeugnisse vom Markt verdrängt werden. Hintergrund: Jüngste Studien haben vor allem in der Tierhaltung Kostenvorteile der USA aufgezeigt. Dort befindet sich eine umfassende Tierschutzgesetzgebung, die mit den hohen Anforderungen der EU vergleichbar ist, erst im Entstehen. Auch Umweltauflagen, wie zur Ausbringung von Gülle und Mist als Dünger und zur Kontrolle und Verringerung des Ammoniakausstoßes, sind dort weniger streng. Ferner haben Landwirte in den USA die Möglichkeit, hormonelle und antibiotische Wachstumsförderer bei der Aufzucht ihrer Tiere einzusetzen. Verbunden mit günstigeren Arbeitskräften und niedrigeren Kosten für andere Produktionsfaktoren ergeben sich damit in den Sektoren Geflügel-, Rind- und Schweinefleisch Produktionskosten, die bei nur 70 bis 80 Prozent der Kosten europäischer Erzeuger liegen. Selbst unter Berücksichtigung der Transportaufwendungen verbleibt für die zu niedrigeren Standards erzeugten Produkte ein Kostenvorteil.

- Der europäische Zuckersektor ist bereits durch vergangene GAP-Reformen einem zunehmenden Wettbewerb ausgesetzt. Der Druck im Markt und der Strukturwandel dürfen durch ein Handelsabkommen nicht zusätzlich beschleunigt werden.

- Die gegenseitige Anerkennung und der Schutz von geographischen Ursprungsbezeichnungen muss Bestandteil eines ausgewogenen Abkommens sein.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 10. April 2014
Deutscher Bauernverband, Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 11. April 2014