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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/229: Iran-Report Nr. 4 - April 2009


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 4 - April 2009


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 05/2009 Anfang Mai) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im April 2009

I. Innenpolitik
Chatami wirft das Handtuch
Wer ist Mir Hossein Mussavi?
Parlament contra Regierung
Oppositioneller im Gefängnis gestorben
Reporter ohne Grenzen: Iranischer Blogger stirbt in Haft
EU kritisiert Iran wegen Menschenrechtsverstößen
US-Journalistin festgenommen
Kind stirbt bei Angriff auf kurdische Dörfer
Iran bei Hinrichtungen weltweit an 2. Stelle
Revolutionswächter bereiten sich auf "sanfte Revolution" vor
Rafsandschani als Chef der iranischen Expertenversammlung bestätigt
Chomeini-Witwe gestorben

II. Wirtschaft
Atomkraftwerk soll im September Strom liefern
Geheimes Raketenabkommen zwischen Iran und Russland
Erneut Langstreckenrakete getestet
Iran hofft auf Ende der UN-Sanktionen
US-Generalstabschef: Iran hat genügend Material für Atombombe
US-Geheimdienste: Iran verfügt über kein waffenfähiges Uran
USA werfen Teheran Verstöße gegen UN-Sanktionen vor
Ahmadinedschad: Sanktionen sind "kindische Idee und großer Fehler"
70 Milliarden Dollar aus dem Ölexport verdient
Kooperation von OPEC und Nicht-OPEC-Staaten gefordert

III. Außenpolitik
Obamas Botschaft zum iranischen Neujahrsfest und Teherans Reaktion
El Baradei fordert Iran zur Zusammenarbeit auf
Moskau sieht keine Anzeichen für militärisches Atomprogramm in Iran
Haftbefehle gegen israelische Führung bei Interpol beantragt
Israels Präsident Peres richtet Neujahrsbotschaft an Iraner
Zeitung: Iran hat Syriens Nuklearbewaffnung finanziert
Marokko bricht diplomatische Beziehungen zu Iran ab
Palästina-Konferenz in Teheran
Arabische Staaten wollen Irans Einfluss eindämmen
Clinton: Raketenschutzschild ist ein "wichtiges Werkzeug"
Teheran kritisiert Haftbefehl gegen al-Baschir
Israel greift im Sudan Waffentransport für Gazastreifen an
Iranische Delegation im Kanzleramt und bei Schäuble
Pläne für Obamas Hubschrauber im Internet
Türkei will Spannungen zwischen USA und Iran abbauen helfen

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I. Innenpolitik

Chatami wirft das Handtuch

Mohammad Chatami hat am 17. März seine Kandidatur für die Präsidentenwahl am 12. Juni offiziell zurückgezogen. Damit bestätigte er seine Kritiker, die ihn als zögerlich und konfliktscheu bezeichneten und ihm einen Mangel an Standhaftigkeit und eine übertriebene Bereitschaft zum Nachgeben gegenüber konservativen Islamisten vorwarfen. Genau diese Eigenschaften hatten während seiner achtjährigen Amtszeit in den Jahren 1997 bis 2004 seine Anhänger enttäuscht. Dennoch scharten sich die Reformer erneut um ihn, weil sie der Meinung waren, dass er unter den Politikern der einzige sei, der eine zweite Amtszeit des Radikalislamisten Mahmud Ahmadinedschad verhindern könnte.

Tatsächlich zeigt eine am 17. März veröffentlichte Umfrage der konservativen Internetzeitung Tabnak, dass Chatami zur Zeit seines Rückzugs in der Gunst der Wähler mit 51,7 Prozent weit vor Ahmadinedschad (15,1 Prozent) lag. Auch die anderen offiziell angetretenen Bewerber, Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi, lagen der Umfrage zufolge mit 23,8 Prozent bzw. 2,6 Prozent weit hinter Chatami zurück.

Chatami hatte lange gezögert, bis er dem Drängen seiner Anhänger nachgab und offiziell seine Kandidatur anmeldete. Für die Reformgegner war die Kandidatur eine große Herausforderung. So rief der enorme Jubel der Massen bei seinen ersten Auftritten die Radikalislamisten und Konservative, die ihre Macht schwinden sahen, auf den Plan. Nahezu die gesamten Medien, die von den Rechten monopolisiert werden, richteten sich gegen Chatami, denunzierten ihn und gingen dabei soweit, dass sie ihn als Büttel der USA und des Westens bezeichneten, der die Absicht habe, einen "sanften Regimewechsel" herbeizuführen.

In dieser angespannten Lage meldete der ehemalige Ministerpräsident Mir Hossein Mussavi nach zwanzigjähriger Abstinenz endlich seine Kandidatur an. Er war über Wochen sowohl von Konservativen als auch von manchen Reformern, darunter von Chatami selbst, zum Antreten gedrängt worden, hatte sich aber nicht dazu entschließen können. Chatami hatte lange die Entscheidung Mussavis abgewartet, hatte sogar gesagt, "entweder kommt Mussavi oder ich".

Die Kandidatur Mussavis kam für alle Beobachter im Iran überraschend. Man fragt sich, ob er einem Wink von ganz oben gefolgt sei. Soll er ein Comeback der Reformer verhindern und als Kompromisskandidat der moderaten Konservativen und gemäßigten Reformern versuchen, nach der katastrophalen Regierung Ahmadinedschad zu retten, was noch zu retten ist?

Chatami hat das Handtuch geworfen. Er habe sich zu diesem Schritt entschieden, "um eine Spaltung der Wählerschaft" zu vermeiden, schreib er in einer am 17. März veröffentlichten Erklärung. Er sei davon überzeugt, dass die heutigen Probleme, die die Existenz der Islamischen Republik bedrohten, nur durch Wandel und Reformen zu bewältigen seien. Mussavi sei durchaus in der Lage, diese Aufgabe zu erfüllen. Mit seinem Rückzug wolle er Mussavis Wahlchancen erhöhen. "Bei Wahlen geht es darum, zu gewinnen, und ich glaube wirklich, dass Mussavi die Unterstützung der Wähler gewinnen kann", schrieb Chatami. Er habe sich bei der Wahl zwischen Macht und Moral bzw. Interessen des Landes stets für das letztere entschieden. Die Gesellschaft kämpfender Geistlicher (Jameeh-e roha-niun-e-mobares), der Chatami angehört, erklärte, sie werde über die tatsächlichen Hintergründe des Rückzugs von Chatami vorerst schweigen!


Wer ist Mir Hossein Mussavi?

Wer ist Mir Hossein Mussavi, fragen sich die Unterdreißigjährigen im Iran. Sie bilden immerhin fast sechzig Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes. Auch im Ausland ist der ehemalige Ministerpräsident, der seine Kandidatur zu der Präsidentschaftswahl im Juni anmeldete, nahezu unbekannt.

Der am 28. September 1941 in Kermanschah im Nordwesten Irans geborene Mussavi ist ein Kleintaschenformat des Ayatollah Chomeini, behaftet mit der revolutionären Ideologie der ersten Gründungsjahre der Islamischen Republik. Er studierte Architektur, übernahm nach der Revolution die Chefredaktion der Zeitung der Partei der Islamischen Republik. 1980 wurde er nach der Absetzung des damaligen Staatspräsidenten Abolhassan Banisadr zum Außenminister ernannt. Kurz nach dem Beginn des Iran-Irak-Kriegs (1980-1988) übernahm er als Ministerpräsident die Führung der Regierung und blieb bis August 1989 im Amt. Danach wurde das Amt des Ministerpräsidenten gänzlich abgeschafft und die damit verbundenen Aufgaben wurden auf den Staatspräsidenten übertragen.

Mussavi verschwand von der politischen Bühne und hüllte sich zwanzig Jahre lang in Schweigen, kein öffentlicher Auftritt, kein Interview, nichts. Zwar ist er aktuell Mitglied des Schlichtungsrats, eines Rats, der bei Konflikten zwischen dem Parlament und dem Wächterrat vermitteln soll. Aber da die Sitzungen des Rats nicht öffentlich sind, fiel er auch durch diese Tätigkeit nicht auf. Sein Schweigen war rätselhaft. Nun steht er - für alle Beobachter überraschend - abermals im Rampenlicht. Zu seinen Verdiensten zählt man, dass er während seiner Amtszeit als Präsident die Kriegswirtschaft organisiert hat. Das Land war völlig isoliert, der Westen und die arabische Welt standen hinter dem Angreifer Irak, die USA versuchten zudem das neue Regime in Teheran durch einen Wirtschaftsboykott zu schwächen. Mussavi organisierte die Wirtschaft mit einem strengen Rationalisierungsprogramm und Lebensmittelmarken. Geschätzt wird an ihm auch seine Ehrlichkeit, Treue und Standhaftigkeit und dass er nicht korrupt sein soll, womit er in der Islamischen Republik für einen ranghohen Politiker als rühmliche Ausnahme gilt. Zugleich waren in der Amtszeit Mussavis die Repressionen gegen politische Widersacher so stark wie nie. Zehntausende wurden in Haft genommen, gefoltert und hingerichtet.

Weshalb Mussavi von manchen iranischen Medien als Reformer dargestellt wird, bleibt fraglich. Er selbst sagte, er zähle sich sowohl zu den Reformern als auch zu den Konservativen. Sein Ziel sei die Einheit. Er stütze sich auf die "Barfüßigen und Habenichtse", für die die "Werte der islamischen Revolution eine weitaus größere Bedeutung haben als das täglich Brot". Zum umstrittenen iranischen Atomprogramm sagte er: "Die großen Errungenschaften unserer Wissenschaftler auf dem Gebiet der Nukleartechnologie" seien "unverrückbar". Das Land werde mit Entschlossenheit den begonnenen Weg fortsetzen.


Parlament contra Regierung

Weniger als drei Monate vor der Präsidentenwahl sind Regierung und Parlament in Teheran heftig aneinander gerate. Mitte März lehnte das Parlament den Haushaltsantrag der Regierung ab, künftig Subventionen zu reduzieren und stattdessen die Bedürftigen direkt finanziell zu unterstützen. Gerade vor den Wahlen hätte ein solcher Schritt der Regierungsfraktion und dem möglichen Kandidaten Ahmadinedschad enorm viele Stimmen gebracht. Immerhin handelte es sich um eine Summe von 34 Milliarden Dollar, die die Regierung für diesen Zweck vorgesehen hatte. Das Parlament lehnte den Antrag zwar zunächst nicht gänzlich ab, reduzierte jedoch die Summe auf achteinhalb Milliarden Dollar. Daraufhin drohte Regierungschef Ahmadinedschad in einem Schreiben an Parlamentspräsident Ali Laridschani, sollte der Antrag nicht wie vorgelegt bewilligt werden, würde die Regierung ihn zurückziehen.

Niemand hätte gedacht, dass das Parlament der Regierung zuvorkommen und von sich aus den gesamten Antrag ablehnen würde. Damit machte die Mehrheit der Abgeordneten die gesamte Wahlstrategie der Regierung zunichte. Damit nicht genug. Sie nahm auch im Haushaltsplan Änderungen zuungunsten der Regierung vor.

Ahmadinedschad reagierte auf diese unerwartete Provokation mit dem Vorwurf, das Parlament habe seine Kompetenzen überschritten und mit seiner Entscheidung gegen die Verfassung verstoßen. Zuständig für den Haushaltsplan sei die Regierung. Doch was nun vorliege, sei ein Haushaltsplan, der aus der Feder des Parlaments stamme, schrieb Ahmadinedschad an Laridschani.

Die Antwort des Parlamentspräsidenten fiel nicht weniger hart aus. Der Vorwurf habe "absolut keine juristische Relevanz", schrieb er zurück. Das Parlament habe selbstverständlich das Recht, Änderungen im Haushaltsentwurf der Regierung vorzunehmen. Den Vorwurf, die Entscheidung bringe den ganzen Haushalt durcheinander, wies Laridschani mit der Bemerkung zurück: "Das Durcheinander entsteht, wenn die Regierung willkürlich Ämter auflöst und Sachverständige entlässt, die Beschlüsse des Parlaments missachtet und eigensinnig ihren eigenen Weg beschreitet." "Teile Ihres Schreibens haben eher den Charakter eines Witzes", bemerkte Laridschani am Ende seiner Antwort.


Oppositioneller im Gefängnis gestorben

Ein seit Jahren inhaftierter Oppositioneller ist im Gefängnis an den Folgen einer Herzschwäche gestorben. Wie sein Anwalt am 7. März in Teheran mitteilte, starb Amir Hossein Heschmat-Saran am Vortag an Herzversagen. Seit Monaten hatten ihm die iranischen Behörden eine medizinische Behandlung verwehrt. Heschmat-Saran war der Begründer der Nationaldemokratischen Front, die sich eine Absetzung der Machthaber in Teheran mit friedlichen Mitteln zum Ziel gesetzt hat. Er war 2004 verhaftet und dann zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Sein Anwalt Mohammad Saleh Nikbacht, Sprecher einer Organisation zur Verteidigung der Rechte von Gefängnisinsassen, sagte, vor anderthalb Jahren hätten die Herzprobleme bei Heschmat-Saran eingesetzt. Trotz mehrfacher Bitten seiner Familie hätten ihm die iranischen Behörden untersagt, das Gefängnis für eine medizinische Behandlung zu verlassen.


Reporter ohne Grenzen: Iranischer Blogger stirbt in Haft

Ein wegen Beleidigung der geistlichen Führung verurteilter iranischer Blogger ist nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen im Gefängnis in Teheran gestorben. Der 29-jährige Omid Mirsajafi sei nicht angemessen medizinisch versorgt worden, erklärten Reporter ohne Grenzen und die Internationale Kampagne für Menschenrechte in Iran am 19. März. Mirsajafi war im Februar zu 30 Monaten Haft verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, in seinem Blog den herrschenden Klerus beleidigt zu haben. Die meisten Einträge hätten jedoch traditionelle persische Musik und Kultur zum Inhalt gehabt, erklärte Reporter ohne Grenzen. "Wir machen die iranischen Behörden voll verantwortlich", hieß es in einer Pressemitteilung. "Er wurde zu Unrecht verhaftet, und sie haben ihm nicht die notwendige medizinische Behandlung zukommen lassen."

Der Anwalt Mirsajafis, Mohammad Ali Dadchah, sagte der Nachrichtenagentur AFP am 19. März, die Gefängnisleitung behaupte, der Bolgger habe Selbstmord begangen. Er forderte genaue Ermittlungen zur Todesursache und eine Autopsie.

Dadchah betonte, ein zusammen mit seinem Mandanten inhaftierter Arzt habe kürzlich gewarnt, der junge Blogger leide unter Herz-Rhythmus-Störungen. Daraufhin sei der Mann auf die Krankenstation des Gefängnisses verlegt worden, wo ihn die Ärzte aber als Simulanten hingestellt hätten.


EU kritisiert Iran wegen Menschenrechtsverstößen

Die Europäische Union hat Iran wegen zunehmender Menschenrechtsverstöße scharf kritisiert. Die EU sei "besorgt" über die Verletzungen des "Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte", den Teheran unterzeichnet habe. In einer Erklärung der EU vom 18. März in Brüssel heißt es, mit willkürlichen Verhaftungen, Schikanen und anderen Maßnahmen werde beispielsweise gegen Frauen vorgegangen, die gegen Diskriminierungen kämpften.

33 Jahre nach der Unterzeichnung des Pakts beobachte die EU einen "beunruhigenden Trend zunehmender Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit iranischer Bürger". Menschenrechtsaktivisten, Journalisten, Studenten, Gewerkschafter und andere würden oft unter fadenscheinigen Vorwänden wegen der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verfolgt.

Die EU forderte die Freilassung einer Reihe von Verhafteten, darunter auch Personen, die sich in Internet-Blogs über die Zustände in ihrer Heimat äußerten. Iran müsse seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen, die er mit der Unterzeichnung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte übernommen habe.


US-Journalistin festgenommen

Eine US-Journalistin wurde nach Angaben ihrer Familie in Iran nach dem Kauf einer Flasche Wein festgenommen. Seine Tochter habe ihn am 10. Februar angerufen und von ihrer Festnahme zehn Tage zuvor berichtet, sagte Reza Saberi am 1. März der Nachrichtenagentur AP. Seither habe er nichts mehr von ihr gehört. Die 31-jährige Roxana Saberi, die seit sechs Jahren in Iran lebt, arbeitet als freie Journalistin für verschiedene amerikanische Medien. Sie habe nach der Vollendung eines Buchs über Iran in diesem Jahr in die USA zurückkehren wollen, sagte ihr in Iran geborener Vater. Er lebt heute mit seiner Familie in Fargo im US-Staat North Dakota.

Der Stellvertreter des Teheraner Staatsanwalts, Hassan Haddad, erklärte am 6. März, die Untersuchungen im Fall Roxana Saberi seien abgeschlossen, sie werde bald freigelassen. Auch Außenamtssprecher Hassan Ghaschghawi äußerte sich zu dem Fall. Saberis Aktivitäten seien seit 2006 illegal gewesen. In jenem Jahr sei ihre Pressekarte nicht verlängert worden, damit sei ihr nicht erlaubt gewesen, weiterhin Informationen und Material zu sammeln. Dem amerikanischen, persischsprachigen Sender "Radio Farda" zufolge teilte Roxana am 24. März in einem Telefongespräch aus der Haft ihrem Vater mit, dass sie im Falle der Fortsetzung ihrer Haft in einen Hungerstreik treten werde. "Ich bin sehr besorgt, ich spüre, dass sie mit dem Gedanken spielt, Selbstmord zu begehen", sagte der Vater der Nachrichtenagentur Reuters. Er habe versucht, sie zu beruhigen und ihr versichert, dass alles Denkbare versucht werde, um ihre Freilassung zu erreichen. Sie solle etwas Geduld haben. Zugleich habe er den Eindruck, dass die iranische Justiz gewillt sei, sie noch einige Monate, gar bis zu zwei Jahren in Haft zu behalten.

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Politiker bemühen sich um die Freilassung von Sabri, darunter auch US-Außenministerin Hillary Clinton. Sie sagte in einem ABS-Interview, sie werde alle Hebel in Bewegung setzen, um sie frei zu bekommen.


Kind stirbt bei Angriff auf kurdische Dörfer

Im Nordirak ist ein Kind durch einen Artillerieangriff der iranischen Armee ums Leben gekommen. Die Nachrichtenagentur Aswat al-Irak meldete am 11. März unter Berufung auf einen Gemeindevorsteher der Ortschaft Zarawa (Provinz Suleimanieh), die Soldaten hätten am Dienstagabend (10. März) zwei Stunden lang kurdische Dörfer im Grenzgebiet attackiert. Seinen Angaben zufolge erlitten die Mutter und der Vater des zwei Jahre alten Kindes bei dem Angriff in der Nacht Verletzungen. Die iranische Armee greift im irakischen Autonomiegebiet der Kurden immer wieder Stellungen der Partei für ein Freies Leben in Kurdistan (PJAK) an. PJAK ist eine aus Iran stammende kurdische Rebellenorganisation, die mit der in der Türkei verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK verbündet ist. Anders als die türkische Armee, die der PKK zuletzt im Februar 2008 mit einer Bodenoffensive im Norden des Iraks zu Leibe gerückt war, beschränkt sich das iranische Militär auf Artillerieangriffe an der Grenze.


Iran bei Hinrichtungen weltweit an 2. Stelle

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty Internation (ai) hat am 23. März ihren Jahresbericht 2008 bezüglich von Todesstrafen und Hinrichtungen veröffentlicht. Demnach fallen 93 Prozent der weltweit gefällten bzw. vollstreckten Todesurteile der Reihe nach auf die Länder China, Iran, Saudi-Arabien, USA und Pakistan. In Iran seien 2008 mindestens 346 Personen hingerichtet worden. Damit habe das Land international den zweiten Rang besetzt. Unter den in Iran Hingerichteten befinden sich dem Bericht zufolge mindestens acht Personen, die zur Tatzeit das achtzehnte Lebensjahr noch nicht erreicht hatten. Zudem wirf ai Iran brutale Hinrichtungsmethoden wie Erhängen durch den Strang und Steinigung vor. Zwar habe der iranische Justizchef die Vollstreckung der Todesstrafe durch Steinigung untersagt, jedoch würden in verschiedenen Teilen des Landes immer noch Verurteilte gesteinigt.


Revolutionswächter bereiten sich auf "sanfte Revolution" vor

Zwei führende Offiziere der Revolutionswächter (Sepah-e Pasdaran), der Organisation, die das militärische Rückgrad Irans bildet, haben erklärt, dass die Pasdaran dabei seien, alle Vorbereitung zu treffen, um eine "sanfte Revolution" zu verhindern.

Der Oberkommandierende der Pasdaran, Mohammad Ali Djafari, der vor Kommandanten der Basidji-Milizen sprach, sagte Anfang März, Kriege würden heutzutage auf kultureller Ebene geführt. Daher bestehe "die wichtigste Aufgabe der Basidjis zurzeit in der Mobilisierung gegen sanfte Drohungen und kulturelle Angriffe der Feinde, die still und heimlich auf unsere Jugend gerichtet sind". Dies sei der Grund für ein groß angelegtes Projekt gegen Gefahren, die den islamischen Staat bedrohen.

Weiter sagte Djafari: "Unsere Feinde haben alle Mittel und Möglichkeiten eingesetzt, um bei unserer Jugend Misstrauen zu erwecken und ihren Glauben zu erschüttern." Und gewendet an die Kommandanten fuhr er fort: "Welche Vernunft schreibt uns vor, uns nicht gegen diese Drohungen entsprechend zu rüsten, diese Aufgabe zu vernachlässigen und sie nicht als wichtigstes Ziel zu betrachten?" Djafari hatte bereits zuvor bekannt gegeben, dass der Revolutionsführer seine Organisation mit der Führung des Kampfes gegen die "sanfte Revolution" beauftragt habe. Deshalb habe er, Djafari, bereits bei den Revolutionswächtern und den Basidjis strukturelle Veränderungen, insbesondere bei den Bodenstreitkräften und den Widerstandsgruppen der Basijis eingeleitet.

Weder er noch die Führung der Islamischen Republik seien zurzeit wegen einer möglichen militärischen Intervention von außen besorgt. Die eigentliche Gefahr komme aus dem Innern des Landes, sagte Djafari. "Im vierten Jahrzehnt der Islamischen Republik werden wir nicht mit harten militärischen Angriffen von außen zu tun haben, sondern mit sanften wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Angriffen." Selbst Ayatollah Chomeini habe damals gesagt, "was wir zu fürchten haben, ist nicht ein militärischer Angriff von außen, es sind Gefahren, die von innen drohen."

Auch Ali Saidi, der Beauftragte des Revolutionsführers bei den Pasdaran, sprach fast zur selben Zeit wie Djafari von einer ernst zu nehmenden Drohung durch eine "sanfte Revolution". "Unsere Feinde benutzen neben einer harten militärischen Rüstung andere Waffen wie eine sanfte Revolution und psychologische Kriegsführung, um unsere Republik zu unterhöhlen. Daher dürfen wir uns nicht allein mit der Modernisierung unserer militärischen Rüstung begnügen."

Der Ruf nach Widerstand gegen die vermeintliche Gefahr einer "sanften Revolution" hat sich in den letzten Wochen weit verbreitet und verstärkt. Radikalislamisten und Konservative haben offensichtlich eine Kampagne gestartet, die auch von der rechtsgerichteten Presse begleitet wird. Politische Beobachter vermuten, dass dies zu einer Strategie des Wahlkampfes der rechten Kräfte gehört. Nicht selten werden Reformer, selbst Ex-Staatspräsident Chatami, als Handlanger des Westens dargestellt, die angeblich beauftragt seien, einen "sanften Regimewechsel" herbeizuführen. Im vergangenen Monat hatte der Oberkommandierende der Sondereinheit der Pasdaran für die Hauptstadt Teheran, Abdollah Araghi, die Mitglieder der Pasdaran und Basidjis unverblümt aufgefordert, Ahmadinedschad zu wählen. Eine Wiederholung der Situation, in der die Reformer an die Macht gekommen seien, müsse auf jeden Fall verhindert werden.

Am 19. März gaben die Pasdaran bekannt, dass die "Informationsabteilung" der Organisation "eine Reihe von organisierten und vernetzten Internetdienste" entdeckt habe, die "antireligiös" seien und gegen die nationale Sicherheit, Kultur und Moral verstoßen hätten. Die Hauptverantwortlichen seien festgenommen worden.

Normalerweise sind für die Kontrolle des Internets die Justiz bzw. das Informationsministerium (der Geheimdienst) zuständig. Doch diese Bekanntgabe erfolgte durch eine Abteilung der Organisation der Revolutionswächter, die sich "Zentrum zur Erforschung von organisierten Straftaten im Internet" nennt.

Die Initiatoren und Verantwortlichen dieser Internetseiten seien von ausländischen Geheimdiensten unterstützt worden, heißt es in der Erklärung. Konkrete Angaben zu den Geheimdiensten und Internetbetreibern wurden nicht gemacht. Mit Hilfe einer "komplizierten Vernetzung" hätten die Internetseiten versucht, das "Projekt eines sanften Umsturzes" zu realisieren, heißt es weiter. Die Initiatoren hätten zu aktiven Internetdiensten Verbindung aufgenommen, sie technisch und finanziell unterstützt und sie für ihre Ziele instrumentalisiert.

Konkret wird den Verhafteten vorgeworfen, religiöse Heiligtümer beleidigt, den Koran und die Imame verunglimpft, die individuelle und familiäre Moral stark verletzt, junge Mädchen zum Verkauf ihres Körpers ermuntert, sexuelle Akte heimlich gefilmt und Feindseligkeiten gegen die Religion verbreitet zu haben. Einige Initiatoren seien im Ausland wohnhaft. Genauere Informationen will die Organisation demnächst veröffentlichen. Laut der Nachrichtenagentur ISNA sind die Unterlagen über die Verhafteten dem Teheraner Staatsanwalt übergeben worden. Ein Prozess werde demnächst stattfinden.


Rafsandschani als Chef der iranischen Expertenversammlung bestätigt

Der iranische Ex-Präsident Akbar Hashemi Rafsandschani ist als Vorsitzender der Expertenversammlung wieder gewählt worden. Der Versammlung, in der nur Geistliche vertreten sind, obliegt die Wahl, Abwahl und Kontrolle des Revolutionsführers. Bei der Abstimmung am 10. März erhielt der als pragmatisch geltende Konservative die Stimmen von 51 der 79 anwesenden Ratsmitglieder. Gegen den amtierenden Vorsitzenden war einzig der ultra-konservative Ayatollah Mohammad Zaydi angetreten, der als ideologischer Ziehvater von Präsident Ahmadinedschad gilt. Er erhielt lediglich 26 Stimmen. Zwei Ratsmitglieder enthielten sich der Stimme.

Das Amt des Revolutionsführers hat Ayatollah Ali Chamenei inne, der 1989 die Nachfolge des Gründers der Islamischen Republik Ayatollah Ruhollah Chomeini angetreten war. Rafsandschani hatte den Vorsitz der Expertenversammlung vor zwei Jahren übernommen. Er ist außerdem Vorsitzender des Schlichtungsrats, der bei Konflikten zwischen dem Wächterrat und dem Parlament entscheidet.


Chomeini-Witwe gestorben

Die Witwe des iranischen Revolutionsführers Ayatollah Ruhollah Chomeini ist im Alter von 93 Jahren gestorben. Chadidjeh Saghafi erlag laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens am 21. März in Teheran den Folgen einer langen Krankheit. Saghafi wurde von Chomeini-Anhängern als "Mutter der iranischen Revolution" bezeichnet. Sie wurde am 22. März am Grabmal ihres 1989 verstorbenen Ehemanns beigesetzt. An ihrer Beerdigung nahmen tausende Menschen teil, darunter auch der amtierende Revolutionsführer Ali Chamenei.


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II. Wirtschaft

Atomkraftwerk soll im September Strom liefern

Das kürzlich getestete erste Atomkraftwerk in Iran soll im September 2009 ans Netz gehen. Nach der angelaufenen Testphase des Meilers in Bushehr könnten zum Ende des Sommers etwa 500 Megawatt Strom produziert werden, teilte der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki laut der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA am 5. März mit. Bis spätestens März 2010 soll das Kraftwerk seine volle Kapazität von 1000 Megawatt erreicht haben. Am 25. Februar hatte Iran nach jahrzehntelanger Bauzeit die Fertigstellung des international umstrittenen Meilers verkündet. Der nukleare Brennstoff dafür stammt aus Russland. Die gebrauchten Brennstäbe muss Iran zurückgeben.

Nicht zuletzt der Streit um das iranische Atomprogramm hatte zu Verzögerungen bei den Bauarbeiten geführt.


Geheimes Raketenabkommen zwischen Iran und Russland

Russland hat Medienberichten zufolge mit Iran in einem bisher geheim gehaltenen Abkommen die Lieferung von Flugabwehrraketen vereinbart. Drei russische Nachrichtenagenturen meldeten am 18. März unter Berufung auf ein ranghohes Regierungsmitglied, der entsprechende Vertrag sei bereits vor zwei Jahren unterzeichnet worden. Iran habe aber bisher keine dieser Raketen erhalten.

Offizielle Stellen in Moskau haben bisher beharrlich Berichte bestritten, die modernen Raketen seien bereits an Iran geliefert worden. Ob ein Vertrag existiert, ließen sie im Unklaren. Sollte Iran die S-300 Raketen aus Russland erhalten, hätte dies erhebliche Auswirkungen auf das militärische Gleichgewicht in der Region. Mit den modernen Raketen könnte Teheran nach US-Angaben seine umstrittenen Atomanlagen sehr wirksam verteidigen.

In den Agenturberichten wurde nicht gesagt, warum die Raketen bisher nicht an Iran geliefert wurden. Der Regierungsbeamte wurde mit den Worten zitiert: "Die Erfüllung des Vertrags wird hauptsächlich von der internationalen Lage und der Entscheidung der Führung des Landes abhängen." Diese Aussage könnte darauf hindeuten, dass Moskau die Absicht hat, den Raketenvertrag als Trumpf in den Gesprächen mit US-Präsident Barack Obama zu spielen. Dafür spricht auch, dass die Medien jetzt über den Geheimvertrag berichten.


Erneut Langstreckenrakete getestet

Ungeachtet diplomatischer Vorstöße des US-Präsidenten Barack Obama hat Iran offenbar erneut eine Langstreckenrakete getestet. Die neue Luft-Boden Rakete habe eine Reichweite von 110 Kilometern gehabt und sei zum Beschuss von Marineflotten entworfen worden, berichtete die halbamtliche Nachrichtenagentur Fars am 8. März. Das US-Verteidigungsministerium lehnte eine Stellungnahme zunächst ab.

Erst eine Woche zuvor hatte ein hochrangiger Militärvertreter der Islamischen Republik erklärt, iranische Raketen können jetzt israelische Atomeinrichtungen treffen. Die Boden-Boden-Rakete Schahab habe eine Reichweite von rund 2000 Kilometern. Bisher hatte Iran keine so konkreten Ziele genannt. Iran testet immer wieder Raketen, um seine Entschlossenheit zum Gegenschlag gegen mögliche Angriffe aus Israel oder den USA zu demonstrieren.

Ein hochrangiger israelischer Militärvertreter warnte am 8. März, Iran sei seiner Meinung nach fähig, eine Atombombe zu bauen. "Iran hat die technologische Schwelle überschritten", sagte General-Major Amos Yadlin nach Angaben eines Sprechers in der Kabinettssitzung. Iran nutze den Dialog mit dem Westen, um sich genügend Zeit zu verschaffen, um eine Atombombe bauen zu können, sagte er weiter.


Iran hofft auf Ende der UN-Sanktionen

Iran hofft nach jüngsten Äußerungen Deutschlands und der ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat auf ein Ende der UN-Sanktionen gegen Teheran. Dies betonte der iranische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Ali Asghar Soltanieh, am 4. März am Rande der IAEA-Gouverneursratssitzung vor Journalisten in Wien. Die fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat und Deutschland hatten am 3. März vor dem Rat erklärt, sie wünschten eine "umfangreiche diplomatische Lösung (des Atomstreits mit Iran) durch direkte Gespräche" mit Teheran.

"Wenn ich zwischen den Zeilen lese, und vielleicht bin ich nicht zu optimistisch, könnte dies ein Weg sein, mit dem sie (die UN-Mitglieder und Deutschland) ihren Fehler korrigieren und das Engagement des Sicherheitsrats in dieser Frage beenden", betonte Soltanieh. Der Diplomat sagte, ein Kompromiss könne möglich werden, falls der UN-Sicherheitsrat sich nicht länger mit dem iranischen Atomprogramm beschäftige.

Allerdings hatten die ständigen Sicherheitsratsmitglieder und Deutschland am 3. März in Wien darauf bestanden, dass Teheran die vor mehr als drei Jahren begonnene Urananreicherung stoppe. Dies würde ein Ende der von der UN verhängten Sanktionen bedeuten und den Weg für bessere wirtschaftliche und politische Beziehungen mit Iran ebnen.

Soltanieh kritisierte Äußerungen von Experten insbesondere aus den USA, wonach die von Iran bisher produzierten rund 1000 Kilogramm schwach angereicherten Urans ausreichen würden, um eine Atombombe herzustellen. (s. nachfolgenden Bericht) "In vielen Ländern produzieren sie Tonnen von diesem Material", sagte der Botschafter. Die gesamte Urananreicherungsanlage in Natans stünde unter der ständigen Überwachung der Wiener Atombehörde, was den Missbrauch für militärische Zwecke verhindere.


US-Generalstabschef: Iran hat genügend Material für Atombombe

US-Generalstabschef Michael Mullen geht davon aus, dass Iran genügend spaltbares Material für eine Atombombe besitzt. Auf eine entsprechende Frage antwortete Mullen am 2. März in einem Interview des Senders CNN mit den Worten: "Wir glauben es ganz offen gesagt, sie haben es," Mullen fügte hinzu, er glaube "seit einer langen Zeit, dass es ein sehr, sehr schlechtes Ergebnis für die Region und für die Welt wäre, wenn Iran eine nukleare Waffe besitzen würde."

US-Verteidigungsminister Robert Gates widersprach unterdessen der Einschätzung des Generalstabschefs. Iran sei zu diesem Zeitpunkt nicht "einer Waffe nahe", sagte Gates dem Sender MSNBC. "Und so haben wir etwas Zeit", fügte er offensichtlich mit Blick auf laufende politische Bemühungen hinzu, Iran vom Atomwaffenbesitz abzuhalten. Angesichts deutlich gesunkener Ölpreise habe die internationale Staatengemeinschaft gute Chancen, im Atomstreit mit Iran auf dem Verhandlungsweg Erfolg zu haben, fügte Gates hinzu. Irans Einnahmen stützen sich wesentlich auf den Verkauf von Erdöl. Wenn dieser weniger einbringt, wirken sich die vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Wirtschaftssanktionen gegen Iran schmerzhaft aus.

Iran hat die Äußerungen Mullens als Propaganda zurückgewiesen. Derartige Äußerungen entbehrten jeglicher Grundlage, sagte der iranische Außenamtssprecher Hassan Kaschkawi am 2. März in Teheran.


US-Geheimdienste: Iran verfügt über kein waffenfähiges Uran

Im Gegensatz zu den Äußerungen General Mullens verfügt Iran nach Einschätzung der US-Geheimdienste noch nicht über hoch angereichertes Uran, das zur Herstellung von Atombomben ausreichen würde. Die Islamische Republik habe ferner auch noch keine Entscheidung getroffen, das Material herzustellen, sagten am 10. März Inlandsgeheimdienstchef Dennis Blair und der Chef des Verteidigungsnachrichtendienstes. Michel Maples. Sie ergänzten, dass die jüngsten iranischen Raketentests nicht direkt mit Irans Atomaktivitäten in Verbindung stünden. Die beiden Programme würden unabhängig voneinander vorangetrieben werden.

"Die grundlegende Situation - und die Geheimdienste stimmen darin überein - ist die, dass Iran noch nicht entschieden hat, ob er weitermachen soll, ... um eine Atombombe auf einer ballistischen Rakete zu haben", sagte Blair einem Militärausschuss des Senats. Nach Einschätzung der Geheimdienste dürfte Iran zwischen 2010 bis 2015 genügend angereichertes Material für eine Atombombe haben, meinte Blair. Generalleutnant Maples sagte, Teheran halte sich die Option offen.

Auf die Bitte um Klarstellung, warum sich die jüngsten Erklärungen zum iranischen Atomprogramm widersprächen, sagte Blair, die neueste Einschätzung werde von den US-Geheimdiensten weitgehend geteilt. Israel interpretiere die Daten dagegen entsprechend dem schlimmsten Fall. Allerdings arbeite Israel mit demselben Material wie die US-Dienste.


USA werfen Teheran Verstöße gegen UN-Sanktionen vor

Die USA haben Iran im Zusammenhang mit seinem Atomprogramm erneut vorgeworfen, sich nicht an die Resolutionen des Weltsicherheitsrats zu halten und noch dazu gegen dessen Sanktionen verstoßen zu haben. Die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice verwies am 10. März in New York auf den jüngsten Bericht der Internationalen Atombehörde.

Er zeige, dass Teheran seiner Verpflichtung, bestimmte nukleare Aktivitäten einzustellen, bisher nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus habe Iran mit seinen Anfang des Jahres durch Zufall aufgedeckten Waffentransporten nach Syrien ganz klar den Sanktionen des Sicherheitsrats zuwidergehandelt.

Angesichts der fortlaufenden Verstöße müsse der Sanktionsausschuss der Vereinten Nationen seinen Druck auf Teheran verdoppeln, forderte die amerikanische Diplomatin in einer Rede im Sicherheitsrat. US-Präsident Barack Obama sei gerade dabei, die Haltung der USA zum Iran zu überprüfen. Dadurch habe Teheran eine neue Chance, seine Bereitschaft zur Entspannung und zur ernsthaften und verantwortungsbewussten Diskussion zu demonstrieren, sagte Rice.


Ahmadinedschad: Sanktionen sind "kindische Idee und großer Fehler"

Die Regierung in Teheran zeigte sich unbeeindruckt von internationalen Sanktionen gegen Iran. Es sei eine "kindische Idee und ein großer Fehler", die Entwicklung des Landes mit solchen Schritten bremsen zu wollen, sagte Präsident Mahmud Ahmadinedschad am 13. März laut iranischen Agenturberichten, als er den offiziellen Startschuss für ein groß angelegtes Gasförderprojekt im Golf gab. Am Vortag hatte US-Präsident Barack Obama die Wirtschaftssanktionen gegen die Islamische Republik mit der Begründung um ein Jahr verlängert, Iran stelle weiterhin eine außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA dar. "Handlungen und Politik der iranischen Regierung widersprechen den Interessen der Vereinigten Staaten in der Region und stellen eine anhaltende außerordentliche Bedrohung der nationalen Sicherheit sowie der US-Außenpolitik

Die US-Sanktionen gegen Iran - darunter Handels- und Investitionsverbote - sind seit der dramatischen Geiselnahme 1979 in Kraft, als iranische Studenten über Monate zahlreiche US-Diplomaten in ihrer Gewalt hatten. Die Sanktionen werden regelmäßig verlängert, so wie Iran regelmäßig ihre Wirkung leugnet. Doch Experten zufolge steht das Land nach dem Preisverfall beim Rohöl und infolge der katastrophalen Wirtschaftspolitik Ahmadinedschads vor immer größeren Wirtschaftsproblemen.


70 Milliarden Dollar aus dem Ölexport verdient

Iran hat in den letzten zwölf Monaten fast 70 Milliarden Dollar mit Rohöl erwirtschaftet. Der stellvertretende Ölminister Akbar Torkan sagt am 2. März im staatlichen Rundfunk, er erwarte für das am 20. März endende iranische Kalenderjahr zwei Milliarden Dollar mehr Einnahmen als im Vorjahr. Durchschnittlich kostete ein Barrel iranisches Öl im vergangenen Kalenderjahr 80 Dollar. Von 150 Dollar pro Barrel im Juli 2008 ist der Preis zeitweise auf 40 Dollar abgesackt. Iran ist mit 4,2 Millionen Barrel pro Tag der zweitgrößte Ölproduzent in der OPEC, 80 Prozent des Staatshaushalts stammen aus dem Ölgeschäft.


Kooperation von OPEC und Nicht-OPEC-Staaten gefordert

Angesichts des weltweiten Wirtschaftsabschwungs forderte Iran eine Zusammenarbeit aller Ölförderländer. Eine Kooperation von Mitgliedern der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) und Nicht-OPEC-Staaten sei unumschränkt notwendig, sagte Irans Ölminister Ghlamhossein Nosari am 9. März laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Er ging dabei nicht auf einzelne Staaten ein. Das größte Ölförderland außerhalb OPECs ist Russland.

Wegen der Wirtschaftskrise und rückläufiger Nachfrage ist der Ölpreis seit Juli um über 100 Dollar pro Barrel gefallen. Die OPEC, der zwölf Mitglieder angehören, hat die Fördermenge seit September um 4,2 Milliarden Barrel pro Tag gekürzt. Ob die OPEC die Fördermenge bei ihrer nächsten Sitzung ein weiteres Mal drosselt, ließ Nosari offen. OPEC-Mitglied Venezuela hatte eine weitere Kürzung vorgeschlagen.


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III. Außenpolitik

Obamas Botschaft zum iranischen Neujahrsfest

US-Präsident Barack Obama hat Iran nachdrücklich angeboten, die seit drei Jahrzehnten eisigen Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen. In einer Botschaft zum iranischen Neujahrsfest sprach Obama von einem "neuen Tag" im beiderseitigen Verhältnis. Dabei liege es an den Iranern zu entscheiden, ob sie "ihren rechtmäßigen Platz in der internationalen Gemeinschaft" einnehmen wollten, sagte Obama in der am 20. März vom US-Auslandssender Voice of America verbreiteten Videobotschaft. "Dieser Platz kann nicht durch Terror oder Waffen erreicht werden, sondern vielmehr durch friedliche Maßnahmen, die die wirkliche Größe des iranischen Volkes und seiner Kultur aufzeigen", erklärte Obama. "Seit beinahe drei Jahrzehnten sind die Beziehungen zwischen unseren Nationen gespannt". Jetzt gehe es um "eine Zukunft mit erneuertem Austausch zwischen unseren Völkern und stärkeren Gelegenheiten für Partnerschaft und Handel."

Bereits vor seiner Wahl hatte Obama mehrfach direkte Verhandlungen mit Iran angekündigt. Dennoch verlängerte er eine Woche vor seiner Botschaft die seit dreißig Jahren geltenden Sanktionen gegen Iran für mindestens ein Jahr. Diese "Doppelstrategie" geht sogar soweit, dass der neue Präsident die von seinem Vorgänger George W. Bush in Betracht gezogene Option einer militärischen Intervention in Iran ebenfalls bisher nicht ausgeschlossen hat.

Obama erklärte in seiner Videobotschaft, ein Ausgleich erfordere Anstrengungen beider Seiten. Die USA fühlten sich in ihren diplomatischen Bemühungen dem Dialog, nicht Drohungen verpflichtet. Obama verwies auf eine "Zukunft, in der alte Gräben überwunden sein werden und in der Sie und Ihre Nachbarn und die weitere Region in Sicherheit und mehr Frieden leben können." Er wisse, dass dies nicht leicht zu erreichen sei. "Da gibt es auch die, die darauf beharren werden, dass wir gegen unsere Gegensätze bestimmt werden".

Der EU-Außenbeauftragte Javier Solana äußerte die Hoffnung, dass nun "ein neues Kapitel" in den beiderseitigen Beziehungen aufgeschlagen werden könne. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die iranische Führung auf, Obamas Gesprächsangebot, das auch die Europäer "immer gewollt" hätten, anzunehmen. Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier wertete die Erklärung als Signal, dass die USA nicht nur an der Lösung des Atomkonflikts, sondern auch an der Wiederherstellung diplomatischer Beziehungen interessiert seien.

Laut New York Times vom 21. März hat Obama-Sprecher Robert Gibbs bestätigt, dass die USA eine ganze Bandbreite von weiteren Initiativen planen, von der Möglichkeit eines Austauschs zwischen Diplomaten bis hin zu einem direkten Gespräch zwischen Obama und Chamenei. Konkret zu den einzelnen Plänen wolle er sich nicht äußern, sagte Gibbs.

Zu einer ersten Spitzenbegegnung wird es schon bei der Afghanistan-Konferenz am 31. März in Den Hag kommen. Dort werden US-Außenministerin Hillary Clinton sowie eine hochrangige Delegation aus Teheran erwartet. Politische Beobachter gehen davon aus, dass bei diesem Treffen Themen zur Sprache kommen werden, die sowohl Irans als auch die Interessen der USA tangieren. Auch Iran gehört zu den Gegnern der Taliban und ist an der politischen Stabilität Afghanistans interessiert.

Indes hat Iran am 26. März seine grundsätzliche Bereitschaft zur Teilnahme an der internationalen Afghanistan-Konferenz erklärt. Am 30. März wurde aus diplomatischen Kreisen der Niederlande bekannt, dass der stellvertretende Außenminister Mehdi Achundzadeh Iran bei der Konferenz vertreten wird.

Wenige Woche zuvor hatte Iran abermals den USA in Afghanistan Versagen vorgeworfen. Außenminister Manuchehr Mottaki hatte am 9. März im staatlichen Fernsehen gesagt, die US-Regierung sei mit drei Zielen in dem Nachbarland eingerückt: Den Extremismus zu besiegen, die Sicherheit wiederherzustellen und die Drogenkriminalität zu bekämpfen. "Alle Indikatoren zu diesen drei Bereichen zeigen, dass die Bedingungen sich deutlich verschlechtert haben", sagte Mottaki. Die USA hätten zwar angekündigt, nun einen neuen Ansatz verfolgen zu wollen. Es sei für Iran jedoch nicht zu erkennen, wie sich die amerikanische Politik ändern werde.


Teherans Reaktion auf Obamas Neujahrsbotschaft

Während die iranische Bevölkerung zumeist die Neujahrsbotschaft des US-Präsidenten Barack Obama mit großer Freude aufnahm, fiel die Reaktion der Führung in Teheran recht verhalten aus. Revolutionsführer Ali Chamenei sagte in einer am 21. März im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede: "Wir haben keine Erfahrung mit der neuen amerikanischen Regierung und dem neuen amerikanischen Präsidenten. Wir werden sie beobachten und urteilen. Wenn sie ihre Haltung ändern, werden wir unsere Haltung ändern."

Bisher sei in der amerikanischen Iran-Politik keine Änderung festzustellen, sagte Chamenei. Gerichtet an die USA fragte er: "Haben Sie die Sanktionen aufgehoben? Die eingefrorenen Guthaben Irans freigegeben? Haben Sie aufgehört, das zionistische Regime zu unterstützen? Sagen Sie uns, was Sie geändert haben. Ein Wandel nur in Worten ist nicht genug."

Die Offerte aus Washington hat die Führung der Islamischen Republik in eine Zwickmühle gebracht. Seit dreißig Jahren wird das Feindbild USA ausgeschmückt. Es vergeht keine Freitagspredigt, bei der der Ruf der Versammelten: "Tod den USA" nicht ertönt. Zwar lässt sich die antiamerikanische Haltung in der iranischen Bevölkerung wohl begründen. Die USA haben in den fünfziger Jahren den demokratischen Ministerpräsidenten Mossadegh gestürzt und danach 25 Jahre lang die Schah-Diktatur massiv unterstützt. Sie saßen mit zehntausend Beratern an den Schaltstellen der Macht und trafen die wichtigsten Entscheidungen. Auch im Iran-Irak-Krieg haben sie durch massive Unterstützung von Saddam Hussein dem Iran acht Jahre Krieg beschert.

Diese Verletzungen und Demütigungen haben tiefe Narben hinterlassen. Aber die Führung der Islamischen Republik hat den Antiamerikanismus zu einer Ideologie verwandelt. Er gehört zu den wichtigsten Säulen des Gottesstaates. Wie sollte die Führung nun dem Volk einen grundsätzlichen Wandel plausibel machen? Zudem haben die Islamisten eine geradezu pathologische Angst davor, die Wiederaufnahme der Beziehungen könnte den Einfluss der USA enorm steigern und schließlich zu einem "sanften Regimewechsel" führen. Auf der anderen Seite, weiß man auch in Teheran, dass ein Zurückschlagen der ausgestreckten Hand aus Washington weitreichende Folgen haben könnte und harte Sanktionen bis hin zu einer militärischen Intervention legitimieren würden. Daher wird Teheran vorerst versuchen zu lavieren und von den USA weitgehende praktische Zugeständnisse verlangen.

Die Amerikaner behaupteten, Iran die Freundschaftshand ausgestreckt zu haben, sagte Chamenei. "Und wir sagen, wenn unter diesem Samthandschuh eine eiserne Faust versteckt ist, hat diese Geste keinen Wert." Selbst dieser Neujahrsgruß lasse die Fortsetzung der alten Politik vermuten. "Der neue US-Präsident hat uns einen Neujahrsgruß gesendet, uns aber gleich wieder bezichtigt, den Terrorismus zu unterstützen und hinter Atomwaffen her zu sein. Ist das eine Grußbotschaft oder die Fortsetzung der Unterstellungen?" Chamenei warf den USA vor, dass sie nicht aufgehört hätten, oppositionelle Iraner gegen die Islamische Republik sowie Terroristen und Gruppen, die das Land spalten wollten, zu unterstützen. Gemeint sind vermutlich die Volksmodjahedin und die Terroristengruppe Djondollah an der Grenze zu Pakistan und Afghanistan.

"Wir werden kein Verhandlungsangebot akzeptieren, das mit Druck zu tun hat", sagte Chamenei. Was an der amerikanischen Politik geändert werden müsse, seien die Ziele, nicht allein die Taktik.

"Lest genau nach, was ich gesagt habe", empfahl Chamenei der Regierung in Washington. "Aber lasst meine Rede nicht von Zionisten übersetzen, sondern von integren Beratern."

Ähnlich wie Chamenei äußerten sich auch die Mitglieder der iranischen Regierung. Präsidentensprecher Ali Akbar Javanfekr begrüßte die Offerte, forderte aber die USA auf, sich für vergangene Fehler zu entschuldigen. Auch Außenminister Manuchehr Mottaki nahm eine abwartende Haltung ein.


El Baradei fordert Iran zur Zusammenarbeit auf

Nach dem Kurswechsel in Washington hat IAEA-Chef Mohammad El Baradei Iran im Atomstreit zu Zugeständnissen aufgefordert. Beim IAEA-Gouverneurstreffen in Wien sagte El Baradei am 2. März, Iran solle alles tun, um Vertrauen aufzubauen. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte allerdings, sie bezweifle, dass Iran auf das Gesprächsangebot von US-Präsident Barack Obama eingehen werde.

Der Chef der Internationalen Atombehörde (IAEA) betonte, Iran müsse so schnell wie möglich für Vertrauen sorgen und zeigen, dass sein Atomprogramm ausschließlich friedlicher Natur sei. "Ich bin zuversichtlich, dass die frische Herangehensweise der internationalen Gemeinschaft an einen Dialog mit Iran einen neuen Impuls für die Bemühungen zur Lösung dieses seit langem bestehenden Problems geben wird", sagte El Baradei. Damit bezog er sich auf die Ankündigung Obamas, mit Iran direkte Gespräche aufnehmen zu wollen. Clinton sagte im ägyptischen Scham el Scheich, sie sei nicht naiv und mache sich "keine Illusionen", was Iran angehe.

Obwohl die IAEA seit Jahren Nachforschungen über das iranische Atomprogramm anstellt, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden, ob Iran die Atomenergie ausschließlich friedlich nutzt. Im jüngsten Bericht der Behörde hieß es, Iran sperre sich trotz mehrfach verhängter Sanktionen gegen Verhandlungen und weigere sich, die Anreicherung von Uran zu beenden. Das Material kann nicht nur in Atomkraftwerken, sondern auch für den Bau einer Atombombe verwendet werden. Indes hat El Baradei die arabischen Länder aufgefordert, zur Lösung des Atomstreits mit Iran beizutragen. In einer Rede vor dem österreichischen Nationalrat sagte der im Herbst aus dem Amt scheidende Generalsekretär am 9. März, "bisher haben die Nachbarn (Teherans) bei dem Streit Irans mit der internationalen Gemeinschaft nur zugeschaut". El Baradei verlangte gleichzeitig von Teheran mehr Transparenz im Zusammenhang mit seinen Atomplänen.


Moskau sieht keine Anzeichen für militärisches Atomprogramm in Iran

Die russische Regierung sieht keine Anzeichen für ein militärisches Atomprogramm in Iran. Moskau habe keine Hinweise darauf, dass Iran sein Atomprogramm zu militärischen Zwecken verändere, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Riabkow am 20. März vor Journalisten. Diese Ansicht stimme mit den Ergebnissen des letzten Berichts der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) überein. (s. auch Berichte im Wirtschaftsteil) Riabkow begrüßte zugleich die jüngste Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, einen "Neubeginn" der Beziehungen zwischen Washington und Teheran anzustreben.


Haftbefehle gegen israelische Führung bei Interpol beantragt

Wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen hat Iran bei Interpol Haftbefehle gegen 34 führende Politiker und 114 Offiziere Israels beantragt. An der Spitze der am 1. März von der Agentur Fars veröffentlichten Liste stehen der scheidende Regierungschef Ehud Olmert, Außenministerin Zipi Livni sowie Verteidigungsminister Ehud Barak. Diese Initiative Teherans galt als Unterstützung für die palästinensische Organisation Hamas im Vorfeld einer Palästina-Konferenz, die 3. März in der iranischen Hauptstadt tagte.

Interpol bestritt, auf iranischen Wunsch hin die Verhaftung von Politikern aus Israel wegen Kriegsverbrechen im Gazastreifen zu betreiben. Interpol sei weder von Iran noch von irgendeinem anderen seiner 187 Mitgliedsstaaten wegen einer solchen Fahndung angesprochen worden, teilte die internationale Polizeiorganisation am 2. März in Lyon mit. Interpol sei jedes Handeln auf politischer, militärischer, religiöser oder rassistischer Basis untersagt. Normalerweise kommentiert Interpol keine Falschmeldungen über seine Tätigkeit. Die Organisation bezeichnete ihre Mitteilung daher selbst als "ungewöhnlichen Schritt". Welche Medien die Falschmeldung verbreiteten, wurde nicht mitgeteilt.


Israels Präsident Peres richtet Neujahrsbotschaft an Iraner

Der israelische Präsident Schimon Peres hat in einer Botschaft an die Iraner zum iranischen Neujahrsfest scharfe Kritik an der Führung in Teheran geäußert. Diese würde alles tun, um dem Staat Israel und seinen Menschen zu schaden, heißt es in der am 20. März verbreiteten Audio-Botschaft. Er frage sich, warum ein Land, das eine so reiche Kultur hat, ein paar wenigen Fanatikern gestatte, "den schlimmsten Weg unter den Auges Gottes und der Menschheit" einzuschlagen. Er habe die Hoffnung, dass die Iraner eines Tages ihre Führung stürzen würden. Peres sprach Teile seiner Audio-Botschaft, die von Radio Israel ausgestrahlt wurde, in der Landessprache Farsi.

Peres forderte die Führung in Teheran außerdem auf, Geld besser für die Armutsbekämpfung als für das Atomprogramm auszugeben: "Kinder können kein angereichertes Uran zum Frühstück essen. Sie brauchen ein richtiges Frühstück", sagte der Präsident.


Zeitung: Iran hat Syriens Nuklearbewaffnung finanziert

Wie die Neue Zürcher Zeitung in ihrer Ausgabe vom 19. März berichtete, soll Iran ein geheimes Nuklearprojekt mit Syrien und Nordkorea finanziert haben. Die Quelle für diese höchst brisante Information, von der weder die USA noch Israel Ahnung hätten, sei der Sicherheitsberater des iranischen Ex-Präsidenten Chatami und langjähriger stellvertretender Verteidigungsminister General Ali Reza Askari gewesen, der im Februar 2007 die Seiten gewechselt und sich der CIA zur Verfügung gestellt hatte. Er habe detaillierte Informationen über das iranische Nuklearprogramm preisgegeben, aber noch wichtiger seien die Angaben über die Beziehungen Irans zu Syrien gewesen. Nach langen Verhandlungen zwischen Syrien, Nordkorea und Iran, die schon 2000 aufgenommen wurden, sei man schließlich in Juli 2002 übereingekommen, dass "Iran das Geld, Syrien das Territorium und Nordkorea die nukleare Hardware zur Verfügung stellen sollten", berichtet die Zeitung. Danach begannen die ersten Lieferungen. Das Projekt sei unter strengster Geheimhaltung durchgeführt und "ausschließlich über Boten geleitet worden - mittelalterlich, aber wirksam." Nach israelischen Angaben lag die Summe, die Iran zur Finanzierung des Projekts bereitstellte, bei ein bis zwei Milliarden Dollar.

Die Enthüllung durch General Askari habe die Amerikaner und Israelis völlig überrascht. Erst hätten die Geheimdienste Zweifel an der Auskunft geäußert, weil sie diesen "beruflichen Supergau nicht wahrhaben wollten". Doch die Recherchen bestätigten die Äußerungen des Generals. Israel fühlte sich zum sofortigen Handeln veranlasst. Am 6. September 2007 flogen israelische F-15-Jagdbomber nach Syrien und bombardierten dort den Reaktor al-Kibar.

Syrien habe versucht, den Vorfall herunterzuspielen. Die Israelis hätten etwas abgeworfen und seien von der syrischen Abwehr davon gejagt worden, hieß es in einer offiziellen Stellungnahme. Auch die USA hüllten sich in Schweigen, um die laufenden Verhandlungen mit Nordkorea nicht zu gefährden. Erst im April 2008 bestätigte Washington, dass es sich bei dem zerstörten Objekt um einen Gas-Grafit-Reaktor nordkoreanischer Bauart gehandelt habe, der im September 2007 betriebsbereit gewesen wäre.


Marokko bricht diplomatische Beziehungen zu Iran ab

Marokko hat die diplomatischen Beziehungen zu Iran abgebrochen. Das Außenministerium in Rabat wies am 5. März zur Begründung auf einen Streit um die Souveränität des Königreichs Bahrain am Persischen Golf und um religiöse Angelegenheiten hin. (s. dazu S. 16) Konkret zeigte sich das marokkanische Außenministerium darüber verärgert, dass Iran im Streit um Bahrain "unangemessene Worte" verwendet habe. Außenminister Taieb Fassi Fihri wies auf eine offizielle Erklärung Irans am 20. Februar hin.

Marokko bescheinigte dem Königreich Bahrain, dass es Mitglied der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga sei. Die Regierung warf Iran vor, die "religiösen Fundamente" Marokkos in Frage zu stellen. König Mohammad VI. ist zugleich der höchste Repräsentant der sunnitischen Ausprägung des Islam, die in Marokko vorherrscht, während in Iran die Schiiten das Sagen haben. Die Entscheidung Marokkos, die diplomatischen Beziehungen zu Iran abzubrechen, muss vor allem im Zusammenhang mit den neuen Versuchen arabischer Staaten zur Eindämmung des iranischen Einflusses in der Region betrachtet werden.


Palästina-Konferenz in Teheran

Der jüngste Versuch der Islamischen Republik, sich als Regionalmacht zu behaupten und als Sprachrohr der Entrechteten und Unterdrückten aufzutreten, war eine zweitägige Konferenz, die sich mit der Lage Palästinas beschäftigte. Sie endete am 5. März mit einer Resolution, in der die internationale Gemeinschaft aufgerufen wird, sich für ein Ende der israelischen Blockade des Gazastreifens einzusetzen. Darin erklärten die Teilnehmer außerdem, dass es ein "natürliches Recht der palästinensischen Nation" sei, "der zionistischen Besatzung Widerstand" zu leisten. Den USA wurde vorgeworfen, mit ihrer Unterstützung Israels "einen organisierten staatlichen Terrorismus zu verteidigen".

Zum Auftakt der Konferenz hatte Revolutionsführer Ali Chamenei am 4. März die Muslime in aller Welt zum "Widerstand" gegen Israel aufgefordert. Auf Einladung Teherans hatten Vertreter aus arabischen, aber auch afrikanischen Staaten an der Konferenz teilgenommen. Das Treffen war eine Gegenveranstaltung zu der internationalen Geberkonferenz am 3. März im ägyptischen Scham el Scheich, auf der den Palästinensern Hilfe in einem Umfang von umgerechnet 3,6 Milliarden Euro zugesagt wurde. Allerdings wurde die im Gazastreifen regierende Hamas als Empfänger ausgeschlossen. Sie soll in die Isolation getrieben werden, während dem moderaten Palästinapräsidenten Mahmud Abbas der Rücken gestärkt werden soll. Abbas hatte Iran aufgerufen, sich nicht länger in innere palästinensische Angelegenheiten einzumischen, da Iran nur die Spaltung der Palästinenser vertiefen wolle.


Arabische Staaten wollen Irans Einfluss eindämmen

Saudi-Arabien, Ägypten, Kuwait und überraschend auch Syrien haben am 13. März in der saudischen Hauptstadt Riad beschlossen, künftig "gemeinsam im Dienste der arabischen Interessen zu handeln". Die Initiative zu dem Treffen der vier Staatsoberhäupter war vom saudischen König Abdullah ausgegangen. Dass es dem König gelungen war, nicht nur Husni Mubarak aus Ägypten und den kuwaitischen Emir, Scheich Sabah al Ahmad Al Sabah einzuladen, sondern auch den Iran bislang sehr nahe stehenden Baschir Assad aus Syrien, ist für Teheran geradezu eine Provokation. Offensichtlich zeigt der Plan der früheren US-Regierung, die arabischen Staaten bis hin zu den Sunniten im Irak zu einer gemeinsamen Front gegen die Islamische Republik zu bewegen, konkrete Erfolge. Man spricht auch von einer sunnitischen Front gegen den "schiitischen Gürtel" im Nahen und Mittleren Osten. Der Erfolg dieses Plans zeigte sich auch bei den Kommunalwahlen im Irak am 31. Januar, bei denen pro-iranische schiitische Parteien eine schmerzliche Niederlage erlitten. Auch bei dem Konflikt zwischen Iran und dem kleinen Golfstaat Bahrain, der durch einen Ausrutscher des ehemaligen Parlamentspräsidenten Nategh Nuri ausgelöst wurde, musste Iran zurückstecken. Nuri hatte bei den Feiern zum Jahrestag der Revolution in seiner Rede auch über Bahrain gesprochen und behauptet, Bahrain sei früher ein Teil des iranischen Territoriums gewesen, die vierzehnte Provinz des Landes, die auch durch Abgeordnete im Parlament vertreten gewesen sei. Iran hat die Äußerung kurze Zeit danach offiziell zurückgenommen und sich dafür entschuldigt. Dennoch haben sich die meisten arabischen Staaten demonstrativ hinter Bahrain gestellt. Marokko hat sogar unter anderem deswegen seine diplomatischen Beziehungen zu Teheran abgebrochen (s. Bericht 15), und Ägypten bot Bahrain militärischen Schutz an.

Wichtig bei dieser Frontbildung ist, dass es gelingt, Syrien aus der Abhängigkeit von Iran zu lösen und nach Jahrzehnte langer Isolierung wieder in die Gemeinschaft arabischer Staaten zurückzuführen. Auch hier sind einige Fortschritte zu verzeichnen. Ohne Zweifel hat seit geraumer Zeit eine Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Syrien stattgefunden. Riad versucht durch Investitionen in Syrien und Zugeständnisse in Libanon einen Frontwechsel für Syrien attraktiv zu machen. Auch Syrien ist daran interessiert, aus der Isolation herauszukommen. Sicherlich wird sich Damaskus nicht ganz von Teheran lösen, aber je attraktiver die Gegenseite wird, desto lockerer wird die Freundschaft zu der Islamischen Republik.

Neben der Lösung der Probleme mit Syrien bleiben die mit Palästina und dem Irak und dem Libanon. Gelingt es, eine Versöhnung zwischen der Hamas und PLO herbeizuführen, um die sich zurzeit insbesondere Ägypten bemüht, und erreicht man, dass die Schiiten im Irak und die Hisbollah im Libanon sich langsam Iran gegenüber neutraler verhalten, dann wäre die Front komplett. Um diese Ziele zu erreichen, gibt es zurzeit rege Aktivitäten. Der saudische Außenminister Saud al Faisal forderte Anfang März, kein nichtarabischer Staat solle sich im Irak, im Libanon und Palästina einmischen. Die Zeitung "Arab News" berichtete am 16. März, König Abdollah habe den iranischen Außenminister Mottaki bei einem geheim gehaltenen Treffen in Riad aufgefordert, die Bemühungen arabischer Staaten zur Beilegung des Nahost-Konflikts nicht zu gefährden. Und Außenminister al Faisal sagte in Anspielung auf die Unterstützung Irans für Hamas und Hisbollah: "So sehr wir auch die iranische Unterstützung für arabische Anliegen schätzen, so sehr würden wir uns auch wünschen, dass diese Unterstützung durch die legalen arabischen Kanäle fließen würde."

Die arabischen Staaten befürchten zum einen, Iran könnte die schiitischen Minderheiten in den Golfstaaten ebenso wie die radikalen Kräfte gegen die Herrschenden aufwiegeln und zum anderen zu einer Atommacht werden, die ihren Einfluss als regionale Großmacht steigert und früher oder später auch hegemoniale Ansprüche stellt. Hinzu kommt die Befürchtung, es könnte zwischen der neuen US-Regierung und Teheran Zugeständnisse und eine Annäherung geben, die sich zuungunsten arabischer Staaten auswirkten, obwohl US-Außenministerin Hillary Clinton ihnen gegenüber versichert hat, dass Vereinbarungen mit Teheran in Absprache mit ihnen erfolgen werde. Sollte es aber tatsächlich zu einem Kurwechsel in Teheran und einer Versöhnung mit Washington kommen, wäre dieser Aspekt sicherlich nicht von der Hand zu weisen. In diesem Fall müssten die Karten ohnehin neu gemischt werden.


Clinton: Raketenschutzschild ist ein "wichtiges Werkzeug"

US-Außenministerin Hillary Clinton hat den umstrittenen amerikanischen Raketenschutzschild als "sehr wichtiges Werkzeug in unserem Verteidigungsarsenal" bezeichnet. Ein Verzicht auf einen solchen Schutzschild sei denkbar, wenn die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen an autoritäre Regime und Terrorgruppen verhindert werden könne, machte Clinton am 5. März zum Abschluss des NATO-Außenministertreffens in Brüssel deutlich.

US-Präsident Barack Obama hatte der russischen Regierung indirekt angeboten, auf die Stationierung von US-Raketenabwehrraketen in Osteuropa zu verzichten, wenn Moskau die Entwicklung iranischer Langstreckenraketen stoppen helfe. Clinton sprach diese Botschaft bei dem Treffen noch deutlicher aus. Der geplante US-Raketenschutzschild richte sich "in erster Linie gegen ein Land wie Iran und gegen Terrornetzwerke, die in Besitz atomarer, biologischer und chemischer Waffen sowie von Raketen gelangen könnten", sagte die US-Außenministerin.

Moskau müsse sich einer "ehrlichen Debatte über die Absichten" der iranischen Regierung stellen, die Washington der Entwicklung von Atomwaffen verdächtigt. "Wir werden mit Russland auch über ihre andauernden Gespräche über den Verkauf von Langstreckenraketen an Iran sprechen", betonte Clinton.

Die von der früheren US-Regierung in die Wege geleitete Stationierung von Teilen des Raketenschutzschilds in Tschechien und Polen richte sich nicht gegen Russland. Moskau müsse aber begreifen, dass "Europa ein Recht hat, sich gegen die neuen Bedrohungen des 21. Jahrhunderts zu verteidigen", sagte Clinton. "Tschechien und Polen waren sehr vorausschauend darin zu bedenken, worauf wir vorbereitet sein müssen, wenn wir bei der Verhinderung der Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen nicht erfolgreich sind."


Teheran kritisiert Haftbefehl gegen al-Baschir

Die Führung in Teheran hat den internationalen Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir kritisiert. "Der Haftbefehl ist unfair", sagte der iranische Außenamtssprecher Hassan Ghaschghawi nach Angaben der Nachrichtenagentur ISNA am 5. März. Er spiegle das politische Ressentiment der "imperialistischen Weltmächte wider". Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag hatte gegen al-Baschir am 3. März wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der westsudanesischen Krisenregion Dafur Haftbefehl erlassen.

"Zu einer Zeit, in der der IStGH die unmenschlichen Kriegsverbrechen in Afghanistan, im Libanon und in Palästina ignoriert, ist ein solcher Haftbefehl eine klare Diskriminierung bei der Umsetzung des Rechts und daher (...) inakzeptabel", erklärte der Sprecher. Das Problem Dafur sei eine innere Angelegenheit des Sudan und sollte mit Umsicht sowie friedlich beigelegt werden.

Am 6. März machte sich Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani mit einer Delegation auf den Weg nach Sudan. Er wurde vom dem sudanesischen Parlamentspräsidenten Ibrahim al-Saher begleitet, der sich zu einer Palästinakonferenz in Teheran aufhielt. Bei seinem eintägigen Besuch traf er unter anderem al-Baschir. Vor seiner Abreise bezeichnete Laridschani den Haftbefehl als "eine ungewöhnliche Maßnahme". "Ein solcher Haftbefehl zu der gegenwärtigen Zeit hat eine politische Botschaft", sagte er. Deshalb habe die Palästina-Konferenz in Teheran sich in der Schlussresolution auch mit diesem Thema befasst und beschlossen, eine Delegation nach Khartum zu entsenden. Laridschani warf den Großmächten vor, internationale Organisationen für ihre Ziele zu missbrauchen. Ziel der Maßnahme, die die Rechte Sudans missachte, sei die Durchsetzung der Interessen dieser Mächte in Sudan.

Zuvor hatte Laridschani auf der Palästina-Konferenz gesagt: "Die Konferenz verurteilt das neuerliche Abenteuer der USA und anderer Großmächte gegen unseren Bruderstaat Sudan. Die Maßnahme ist eine Verschwörung zur Isolierung Sudans. Wir werden Sudan auf allen Ebenen unterstützen."

Außenminister Manuchehr Mottaki bezeichnete bei einem Treffen mit al-Saher den Haftbefehl als "Auftakt zur Teilung Sudans". Er kritisierte den Internationalen Gerichtshof, der den Haftbefehl erlassen habe, um von der notwendigen Verfolgung der israelischen Staatsführung abzulenken.


Israel greift im Sudan Waffentransport für Gazastreifen an

Die israelische Armee hat laut einem Pressebericht iranische Waffentransporte für den Gazastreifen auf deren Weg durch Sudan angegriffen. Die israelische Armee habe Ende Januar und Anfang Februar in einer Wüste im Nordosten des Sudans zwei Waffen-Konvois mit Drohnen beschossen, berichtete die britische Sonntagszeitung "Sunday Times" vom 28. März unter Berufung auf Militärkreise und westliche Diplomaten. Dabei seien mindestens 50 Schmuggler und iranische Begleiter getötet und alle Raketen zerstört worden. Die Laster hätten Geschosse aus Iran transportiert, die mit einer Reichweite von gut 60 Kilometern von Gazastreifen aus die israelische Metropole Tel Aviv hätten treffen können.

Die Raketen vom Typ Fadschr-3 wurden dem Bericht zufolge in Einzelteilen transportiert, um sie von Ägypten aus in Schmugglertunneln in den Gazastreifen bringen zu können. Dort sollten sie von in Syrien und Iran ausgebildeten Rüstungsexperten zusammengebaut werden. Die Zeitung zitiert einen Sprecher des sudanesischen Außenministeriums, dass die Regierung in Khartum erst nach dem zweiten Drohnenangriff von den Vorfällen erfahren habe. Die US-Regierung habe auf Nachfrage eine Verwicklung in die Einsätze zurückgewiesen, für Israels Verantwortung gebe es bislang keine Beweise.

Der sudanesische Verkehrsminister Mabruk Mubarak Salim hatte am 26. März gesagt, Mitte Januar sei nah der sudanesisch-ägyptischen Grenze ein illegaler Waffentransport für den Gazastreifen bombardiert worden. Der US-Sender CBS berichtete, die israelische Luftwaffe habe den Waffenkonvoi angegriffen und dabei 39 Menschen getötet. Die israelische Armee hatte ihre Militäroffensive im Gazastreifen, die sich insbesondere gegen den Schmuggel von Waffen in das Palästinensergebiet richtete, am 18. Januar beendet.


Iranische Delegation im Kanzleramt und bei Schäuble

Eine hochrangige iranische Parlamentarier-Delegation traf am 4. März zu Gesprächen in Berlin ein. Auf dem Programm standen nach Informationen der Deutschen Presseagentur Treffen mit Innenminister Wolfgang Schäuble und dem Leiter der Abteilung für den Bundesnachrichtendienst (BND) und die Koordinierung der Nachrichtendienste im Bundeskanzleramt, Klaus-Dieter Fritsche. Über die Themen und den Inhalt der Gespräche wurde nichts bekannt. Geleitet wurde die Abordnung mit sechs Mitgliedern vom einflussreichen konservativen iranischen Politiker Alaeddin Boroujerdi, der Vorsitzender des Ausschusses für Nationale Sicherheit und Außenpolitik im iranischen Parlament ist. Er folgte einer Einladung des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU). Die Delegation aus Teheran wollte noch mit weiteren Bundestagsabgeordneten zusammenkommen.


Pläne für Obamas Hubschrauber im Internet bekannt geworden

Ein Internetnutzer in Iran hat sich nach US-Angaben Einsicht in Pläne für einen Hubschrauber von Präsident Barack Obama verschafft. Bereits eine Woche zuvor sei bekannt geworden, dass jemand unerlaubt Einblick in entsprechende Unterlagen genommen habe, erklärte das Sicherheitsunternehmen Tiversa. Sprecher Scott Harrer sagte am 3. März, die Daten seien über einen Auftragnehmer im Internet bekannt geworden.

Um welches Unternehmen es sich handelt, wurde nicht bekannt. Harrer sagte lediglich, Lockheed Martin, das an einer neuen Hubschrauberflotte für den US-Präsidenten arbeitet, sei nicht für den Zwischenfall verantwortlich. Pentagon-Sprecher Geoff Morrell betonte, bei den Informationen handele es sich nicht um geheime Daten. Obama fliege nicht mit dem betreffenden Hubschrauber.


Abgeschossene Drohne ohne Kommentar

Im Irak sorgt ein Bericht des Militärs für politischen Zündstoff, wonach US-Kampfflugzeuge am 25. Februar nordöstlich von Bagdad ein unbemanntes Spionageflugzeug aus Iran abgeschossen haben sollen. Der Parlamentarier Wael Abdellatif forderte das irakische Außenministerium am 17. März auf, in Teheran "gegen diese Verletzung unserer staatlichen Souveränität" zu protestieren. Sunnitische und nationalistische Politiker werteten den Zwischenfall als neuerlichen Beweis für die "ständige Einmischung Irans in die irakische Politik".

Die Schiiten-Allianz von Ministerpräsident Nuri al-Maleki, die gute Beziehungen zu Teheran unterhält, bemühte sich unterdessen, den Vorfall herunterzuspielen. "Iran gehört zu den Staaten, die sich für Sicherheit und Stabilität im Irak einsetzen, und die Beziehungen zwischen den beiden Staaten sind momentan positiv", sagte der schiitische Abgeordnete Taha Derea. Außerdem sei Iran nicht das einzige Land, das Flugzeuge in den irakischen Raum schicke, "dies tun auch andere, besonders die Türkei".

Ein US-Militärsprecher hatte am 24. Februar erklärt, die iranische Drohne von Typ "Ababi3" sei mehr als eine Stunde durch irakischen Luftraum geflogen, bevor sie von US-Kampfjets abgeschossen worden sei. Der unbemannte Flugkörper sei also offensichtlich nicht versehentlich vom iranischen Militär dorthin geschickt worden.

Teheran wollte den Bericht der US-Armee nicht kommentieren. Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, er wisse nichts von einer iranischen Drohne, die im irakischen Luftraum abgeschossen worden sein soll. Er dementierte den Vorfall aber nicht.


Türkei will Spannungen zwischen USA und Iran schmälern

Die Türkei will sich für ein besseres Verhältnis zwischen den USA und Iran einsetzen. Sein Land wolle nicht als Vermittler agieren, aber die Verständigung zwischen den beiden Ländern fördern, sagte der türkische Außenminister Ali Babacan nach einem Treffen mit seiner US-Amtskollegin Hillary Clinton und kurz vor seiner Abreise nach Iran am 8. März. Dort nahm er an einem Treffen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit unter dem Vorsitz des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad teil. Eine Botschaft der USA an Iran habe er jedoch nicht zu übermitteln, sagte Babacan.


Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
www.boell.de

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
8. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 4/2009 - April / 8. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. April 2009