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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/326: Iran-Report Nr. 8 - August 2014


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 8 - August 2014
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Mit der Wahl Hassan Rohanis zum iranischen Präsidenten und dessen Amtsantritt am 3. August 2013 wurde in der iranischen Politik ein bedeutender Wandel eingeleitet. Besonders augenfällig ist dies im Kurswechsel der Atompolitik. Die Öffnung der iranischen Politik nach außen und die Ankündigung innenpolitischer Reformen werden im Land von den konservativen Kräften heftig bekämpft. Der Widerstand lässt Rohani und seiner Regierung wenig Spielraum.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

INNENPOLITIK

• Hat Chatami Reise- und Redeverbot bekommen?
• Dschannati beklagt Häufung von Pamphleten gegen die Regierung
• Vorsitzender des Wächterrats bestätigt
• Dissidenten in Abwesenheit verurteilt
• Mindestheiratsalter für Mädchen wird überprüft
• Minister stimmt für Geschlechtertrennung in Behörden


HAT CHATAMI REISE- UND REDEVERBOT BEKOMMEN?

Einem Bericht der Agentur ISNA vom 6. Juli zufolge haben zehn Parlamentsabgeordnete den Justizminister aufgefordert, dafür zu sorgen, das Urteil gegen den ehemaligen Staatspräsidenten Mohammad Chatami umzusetzen. Demnach soll Chatami untersagt werden, ins Ausland zu reisen und sich öffentlich zu äußern.

Chatami hatte im vergangenen Jahr bekannt gegeben, dass er 2009 im Zusammenhang mit den Unruhen bei der Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad für vier Jahre Reiseverbot erhalten habe. Nach dem Tod von Nelson Mandela äußerte Chatami den Wunsch, an der Trauerfeier für den großen Südafrikaner teilzunehmen zu können, ausreisen durfte er offenbar aber nicht.

Parlamentspräsident Ali Laridschani erklärte, das Reiseverbot habe die Regierung Ahmadinedschad veranlasst. Es "gehörte zu den schlechtesten Maßnahmen der damaligen Regierung", sagte er. Ahmadinedschad dementierte: "Das war eine Angelegenheit der Justiz und hat nichts mit uns zu tun. Ich hätte, wenn ich zu bestimmen hätte, niemals eine solche Maßnahme getroffen."

Die zehn Abgeordneten gehören zu den entschiedensten Gegnern von Präsident Hassan Rohani. Chatami wird in Iran als Gründer der Reformbewegung betrachtet. Er wird daher von den Radikalkonservativen besonders stark angefeindet. Er stand von 1997 bis 2003 als Staatspräsident an der Spitze der Regierung. Bei den Wahlen von 2009 unterstützte er den Gegenkandidat von Ahmadinedschad, Mir Hossein Mussavi, und sympathisierte mit der Protestbewegung gegen die Wahlmanipulationen. Im vergangenen Jahr warb er bei der Wahl für Hassan Rohani.

Einer der zehn Abgeordneten, Karimi Ghoddussi, sagte in einem Interview mit der Tageszeitung Schargh am 7. Juli, das Rede- und Reiseverbot für Chatami sei genauso wie der Hausarrest für die Präsidentschaftskandidaten Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi "verordnet" worden. Das ausführende Organ der Verordnung sei der Oberste Nationale Sicherheitsrat gewesen.

Das Reiseverbot für Chatami war seit langem bekannt, nicht jedoch das Redeverbot. Zumal Chatami öffentliche Reden hält und Interviews gibt. Aber weit gewichtiger ist die Aussage Ghoddussis, dass das Reise- und Redeverbot für Chatami nicht von der Justiz, sondern von einer anderen Instanz verordnet worden sei. Diese Instanz, die sich gestattet, dem Obersten Nationalen Sicherheitsrat Verordnungen zu erteilen, kann einzig und allein der Revolutionsführer sein. Die Äußerung Ghoddussis ist bislang von keiner Seite dementiert worden.

Einem Bericht der Agentur ISNA vom 12. Juli zufolge nahm Chatami am Rande einer Trauerfeier zu den Äußerungen Ghoddussis Stellung. Auf die Frage eines Journalisten zum angeblichen Rede- und Reiseverbot sagte Chatami, ihm sei ein Urteil über ein Redeverbot nicht bekannt. Zunächst sagte er scherzend, habe er Redeverbot und könne daher die Frage nicht beantworten!


DSCHANNATI BEKLAGT HÄUFUNG VON PAMPHLETEN GEGEN DIE REGIERUNG

Kulturminister Ali Dschannati übte scharfe Kritik gegen die "starke Verbreitung" von Broschüren und Pamphleten gegen die Regierung. In einem Interview mit der Tageszeitung Schargh von 6. Juli sagte der Minister, die Initiatoren gehörten zu Gruppen, die sich selbst "als moralisch makellos" betrachten. Das Erstaunliche dabei sei, dass ein Großteil dieser Broschüren von der Staatskasse finanziert werde.

Auch Präsident Hassan Rohani kritisierte vor kurzem Gruppen, die mit Hilfe von Staatgeldern Propaganda gegen die Regierung verbreiten. Er forderte die Gegner auf, nicht anonym, sondern mit "eigenem Personalausweis" aufzutreten.

Die Broschüren und Pamphlete seien "von Anfang bis Ende voller Lügen, Entstellungen und Denunzierungen", sagte Dschannati. Damit werde versucht, Ministerien und insbesondere das Kulturministerium zu denunzieren. Es gäbe auch einige neu gegründete Agenturen und Internetdienste, die sich dieser Propagandakampagne gegen die Regierung angeschlossen hätten.

Dschannati nannte keine Namen, aber seine Kabinettskollegen haben in den letzten Monaten die Aktivitäten von Gruppen und Institutionen kritisiert, die den Revolutionsgarden (Pasdaran) und der Milizenorganisation Basidsch nahe stehen. Informationsminister Mahmud Alawi erklärte im vergangenen Monate, die Verbreitung von Lügen gegen die Regierung habe ein so hohes Ausmaß erreicht, dass der Revolutionsführer sich genötigt gesehen habe, dagegen einzuschreiten und die Initiatoren zu ermahnen. Auch General Hassan Firuzabadi, Oberkommandierender der iranischen Streitkräfte, kritisierte den Umgang "mancher den Streitkräften nahe stehender Medien" mit der Regierung.


VORSITZENDER DES WÄCHTERRATS BESTÄTIGT

Die Mitglieder des Wächterrats haben am 24. Juli den 87-jährigen Ahmad Dschannati abermals zum Ratsvorsitzenden gewählt. Dschannati war seit der Gründung des Wächterrats Ratsmitglied, seit 21 Jahren ist er Ratsvorsitzender. Er ist als radikalkonservativer Geistlicher bekannt.

Der Wächterrat gehört zu den wichtigsten und mächtigsten politischen Einrichtungen der Islamischen Republik. Er ist zuständig für Gesetze und Beschlüsse des Parlaments. Kein Gesetz kann ohne Zustimmung des Rats in Kraft treten. Auch Parlamentswahlen und die Wahl des Präsidenten stehen unter der Kontrolle des Wächterrats. Ohne die Zustimmung des Wächterrats kann sich niemand um einen Sitz im Parlament bewerben oder für das Amt des Präsidenten kandidieren. "Ich werde niemals zulassen, dass ein Ungeeigneter in der Islamischen Republik ein hohes Amt übernimmt", hatte Dschannati einmal gesagt. Welche Kriterien er bei seiner Entscheidung anlegte, sagte er nicht.

Der Rat hat zwölf Mitglieder, sechs von ihnen werden vom Revolutionsführer ernannt, die sechs weiteren sind Juristen und werden vom Justizchef, der ebenfalls vom Revolutionsführer ernannt wird, dem Parlament vorgeschlagen.

Der Rat hat bislang viele Kandidaten für das Präsidentenamt sowie für das Parlament abgelehnt. Selbst langjährige Minister oder Abgeordnete wurden als "ungeeignet" eingestuft. Auch der einflussreiche Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, der acht Jahre lang an der Spitze der Regierung stand und weitere hohe Posten innehatte, wurde bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2013 zurückgewiesen.

Ahmad Dschannati ist der Vater des derzeit amtierenden Kulturministers, der sich, anders als sein Vater, für die Liberalisierung und Öffnung des Landes einsetzt.


DISSIDENTEN IN ABWESENHEIT VERURTEILT

Oberstaatsanwalt Gholamhossein Mohseni Ejehi teilte am 14. Juli der Presse mit, dass sieben der im Exil lebenden Dissidenten im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad 2009 in Abwesenheit verurteilt worden seien. Die Urteile, die zwischen drei und elf Jahren Gefängnis liegen, wurden über die Presse bekannt gegeben.

Ejehi nannte keine Namen, sagte jedoch, da die Urteile endgültig seien, würden die Namen bald öffentlich bekannt gegeben. Es gäbe weitere Personen, deren Akten noch nicht abgeschlossen seien, sagte der Staatsanwalt.

Ejehi hatte bereits vor drei Monaten erklärt, einige Personen, die im Zusammenhang mit der "Verschwörung" (Protestbewegung) von 2009 verfolgt wurden, seien ins Ausland geflüchtet. Nun sagte er, "wenn wir die Verurteilten oder ihre Anwälte nicht erreichen, werden wir den Beschuldigten das Urteil auf einem andern Weg mitteilen.

Nach den Unruhen von 2009 sind die Aktivisten der Protestbewegung brutal verfolgt worden, Tausende wurden verhaftet und zum Teil zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Andere, denen dies möglich war, flüchteten ins Ausland.

Informationsminister Mahmud Alawi hatte vor einem Jahr erklärt, die Regierung werde dafür sorgen, dass Personen, die bei den Ereignissen von 2009 keine Straftaten begangen hätten, keine Furcht vor Rückkehr in die Heimat zu haben bräuchten.


MINDESTHEIRATSALTER FÜR MÄDCHEN WIRD ÜBERPRÜFT

Die für Frauen und Familie zuständige Vizepräsidentin Schahindocht Molawerdi erklärte der Agentur IRNA vom 24. Juli zufolge, dass das bestehende Gesetz Mädchen unter 15 Jahren unter bestimmten Umständen erlaube, zu heiraten. Manche Mädchen würden sogar schon mit neun Jahren verheiratet, was nach dem bisherigen Gesetz nicht illegal sei.

Die neuesten Statistiken zeigen, dass in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres fünf Prozent der Frauen, die geheiratet haben, jünger als 15 Jahre waren. Insgesamt waren es 31.000 Mädchen.

Dem 2001 verabschiedeten Gesetz nach liegt das Mindestalter für Männer bei 15 und das für Frauen bei 13 Jahren. Dennoch dürfen unter drei Bedingungen Frauen auch mit einem Alter von unter dreizehn Jahren heiraten: Zustimmung des Vaters, besondere Umstände und Urteil eines ordentlichen Gerichts.


MINISTER STIMMT FÜR GESCHLECHTERTRENNUNG IN BEHÖRDEN

Justizminister Mostafa Purmohammadi sagte der Presse am 23. Juli, Geschlechtertrennung am Arbeitsplatz könne zu größerer Effektivität der Arbeit führen und sei daher zu begrüßen.

Einige Tage zuvor hatte das Teheraner Rathaus ein Rundschreiben veröffentlicht, in dem alle Abteilungsleiter verpflichtet werden, Stellen wie Bürovorsteher, Sekretäre und Telefondienste "ausschließlich mit Männern zu besetzen". Ferner sollen "zum Wohl der Mitarbeiter" die Arbeitsplätze der Männer soweit wie möglich von denen der Frauen getrennt werden.

Purmohammadi sagte den Journalisten, "über Details des Rundschreibens können Sie den Bürgermeister fragen". Grundsätzlich werde in der Regierung jedoch nicht über Geschlechtertrennung gesprochen. Es gehe lediglich um die Effektivität der Arbeit.

Bürgermeister Mohammad Ghalibaf erläuterte: "Was wir im Rathaus gesagt haben, betraf Fälle, in denen zum Beispiel drei oder vier Frauen mit drei oder vier Männern gemeinsam in einem Raum arbeiten. (...) Man kann es doch in solchen Fällen organisieren, dass vier Frauen in einem und vier Männer in einem anderen Raum arbeiten." Er betonte: "Wir haben eine islamische Staatsordnung und haben ein religiöses Ehrgefühl."

Einige Abgeordnete im Parlament, darunter auch viele Frauen, erklärten in einem Schreiben an den Bürgermeister ihre Unterstützung für seine Initiative. "Diese kulturelle und wertvolle Maßnahme ist eine große Hilfe für das Wohl von Frauen. Außerdem wird diese islamische Maßnahme ein Exempel statuieren, das in die Geschichte eingehen wird", hieß es in der Erklärung.

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KULTUR

• Taghawi: "Wo in der Welt werden Worte verurteilt?"
• Dschannati: "Wir haben andere Sorgen als Kleidungsvorschriften"
• Zwei Jahre Haft für Journalistin
• Korrespondent von Washington Post festgenommen
• Insgesamt 127 Jahre Haft für acht Facebook-Nutzer
• Künstler treffen Rohani


TAGHAWI: "WO IN DER WELT WERDEN WORTE VERURTEILT?"

Der populäre Schriftsteller und Filmemacher Nasser Taghawi sagte auf einer Versammlung, die ihm zu Ehren Ende Juni in Teheran im Haus der Künstler veranstaltet worden war: "Die Zensur benutzt die Moral als Vorwand". Sollte die derzeit herrschende Zensur fortgesetzt werden, werde die Literatur ein "schlimmeres Schicksal" erleben als der iranische Film.

Eine Zeitlang seien Bücher wegen ihres Inhalts zensiert worden, sagte Taghawi. "Doch inzwischen werden auch Worte und Begriffe zensiert." Dichter und Schriftsteller sollen bestimmte Worte und Begriffe aus ihrem Vokabular streichen, zum Beispiel das Wort "Mey" (Wein). "Wie soll das Gehen? Was wollt ihr mit den Gedichten von Hafis machen? Wo in Welt werden Worte verboten?", fragte Taghawi.

"Ich habe viel Geschrieben, weiß aber nicht, wo ich die Texte veröffentlichen könnte", sagte der Autor. "Mit der Zensur der Worte und Begriffe vernichten wir die persische Sprache."

Kulturminister Ali Dschannati sagte kürzlich: "Wir lehnen Zensur ab, wir halten uns an die Gesetze, Gesetze, die vom Obersten Rat der Kulturrevolution verabschiedet worden sind und im Bereich des Verlagswesens angewendet werden. Es sind bestimmte Punkte, die berücksichtigt oder korrigiert werden müssen. Die Einschränkungen beziehen sich auf Textpassagen, die gegen die nationale Sicherheit und gesellschaftliche Moral gerichtet sind."

Taghawi kritisierte, dass die Moral zum Vorwand genommen werde, um jeden unerwünschten Text zu kastrieren. "Solange die Zensur herrscht, kann ich nicht arbeiten", sagte er. Er habe viele Texte in der Schublade, die er nicht veröffentlichen könne. "Sie sollen liegen bleiben und alt werden." "Ich habe zwar kein Arbeitsverbot, doch die herrschende Kulturatmosphäre hindert mich an der Arbeit."


DSCHANNATI: "WIR HABEN ANDERE SORGEN ALS KLEIDUNGSVORSCHRIFTEN"

Kulturminister Ali Dschannati nahm laut Medienberichten zu den sich in den letzten Wochen häufenden Protesten gegen Frauen, die die Kleidungsvorschriften missachten, Stellung. Wenige Tage zuvor hatten sich einige Abgeordnete im Parlament über den "moralischen Verfall" besorgt gezeigt und die Regierung aufgefordert, strengere Kontrollen durchzuführen.

"Auch wir sind besorgt", sagte Dschannati. "Aber unsere Sorgen liegen woanders. (...) Wir sind zutiefst besorgt über die wirtschaftliche Lage und über die hohe Arbeitslosigkeit der Jugendlichen, die verderbliche Folgen haben. Wenn die Armut zunimmt, sinkt das Alter der Prostitution." Hier liege die eigentliche Ursache des moralischen V erfalls.

Dschannati, der auf einer Versammlung der Partei "Mardomsalari" sprach, sagte weiter: "Wir sind auch darüber besorgt, dass nach nun 35 Jahren islamischer Herrschaft Lügen in der Gesellschaft weit verbreitet ist, obwohl wir über 50 landesweite und regionale Sender verfügen und Zeitungen und Zeitschriften haben, die den Anspruch haben, islamische Moral zu verbreiten. Das sind unsere Sorgen."

Man solle die Kritiker fragen, was sie in diesen 35 Jahren gegen diesen moralischen Verfall getan haben, sagte Dschannati. Eines der Probleme, mit denen die Regierung konfrontiert sei, bestehe darin, dass immer wieder versucht werde, Nebensächlichkeiten aufzubauschen, um die Regierung an wichtigen Aktivitäten zu hindern. Als Beispiel erwähnte Dschannati den Fall von Leila Hatami. Die populäre Schauspielerin, Hauptdarstellerin bei dem 2012 mit dem Oscar ausgezeichneten Film "Nader und Simin - Eine Trennung", war bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes Jury-Mitglied. Sie bekam am Rande der Eröffnung von dem Präsidenten der Festspiele einen Wangenkuss, was in Iran bei den Radikalkonservativen einen Aufschrei auslöste.

"Leila Hatami trat mit dezenter Kleidung im Ausland auf und wurde unerwartet von einem 86-jährigen Mann auf der Wange geküsst", sagte Dschannat. "Dafür werde ich zur Verantwortung gezogen, obwohl ich Hatami nicht ins Ausland geschickt habe und obwohl sie nicht Angestellte der Regierung ist. "Anstatt stolz zu sein, dass eine iranische Schauspielerin bei einem internationalen Filmfest als Jury-Mitglied wirken durfte, wird ein kleiner Fehler aufgebauscht, um von wichtigen Dingen abzulenken."

Die Regierung habe ein offenes Ohr für Kritik, fuhr Dschannati fort. In den vergangenen acht Jahren der Regierung Ahmadinedschad sei die Atmosphäre so "angespannt" gewesen, dass Künstler und Intellektuelle die Hoffnung, ihre Meinung äußern zu können, aufgegeben hätten. Sie hätten dem Kulturministerium den Rücken gekehrt. Kaum jemand habe sich in den acht Jahren im Ministerium blicken lassen. In diesem Jahr hingegen seien bei der Teheraner Buchausstellung, von zwei Ausnahmen abgesehen, sämtliche Verlage präsent gewesen, im vergangenen Jahr hätten 50 Verlage nicht teilnehmen können. Man habe unter unsinnigen Vorwänden Bücher verboten. Aber jetzt sei man bemüht, Experten einzusetzen, um willkürliche Entscheidungen zu vermeiden.

Was der Minister hier berichtet, entspricht nicht der Realität. Zahlreiche Autoren und Verlage haben erklärt, dass die Lage sich kaum geändert habe und die Zensur nach wie vor in Kraft sei.

Es gebe Leute, die sich zu jedem Schritt, den die Regierung unternehme, besorgt zeigen. Es seien dieselben Leute, die unter Ahmadinedschad acht Jahre lang geschwiegen haben, sagte Dschannati. "Sie kritisieren Filme, die heute gezeigt werden, Filme, die vor Jahren mit Zustimmung der Zensurbehörde produziert worden seien. Auch das Erscheinen von Büchern, die früher freigegeben worden waren, wird heute kritisiert." Als Beispiel erwähnt der Minister zwölf Bücher des Gründers der modernen persischen Literatur, Sadegh Hedayat. Diese hätten unter Ahmadinedschad die Erlaubnis zur Neuauflage erhalten, aber bereits bevor sie erschienen sind, gebe es ein "lautes Geschrei".


ZWEI JAHRE HAFT FÜR JOURNALISTIN

Die iranische Journalistin Marsieh Rassouli wurde am 7. Juli vom Eviner Gefängnis einbestellt, um ihre Haftstrafe anzutreten. Die Kulturjournalistin, die für die liberalen Zeitungen Schargh und Etmad arbeitete, war in erster Instanz zu zwei Jahren Haft und 50 Peitschenschlägen verurteilt worden. Ihr wurde vorgeworfen, Unruhe gestiftet und gegen die Islamische Republik Propaganda betrieben zu haben. Sie sei, bevor das Revisionsgericht das Urteil bestätigt hätte, vom Gefängnis einbestellt worden, twitterte Rassouli kurz bevor sie ins Gefängnis ging.

Rassouli war im Januar 2012 in ihrer Wohnung verhaftet worden. Kurz danach wurde ihr und anderen Kolleginnen und Kollegen vorgeworfen, mit ausländischen Geheimdiensten zusammengearbeitet zu haben. Rassouli wurde gegen eine hohe Kaution bis zum Gerichtsurteil freigelassen.

Als Kulturjournalistin schrieb Rassouli vorwiegend Buch- und Musikkritiken.


KORRESPONDENT VON WASHINGTON POST FESTGENOMMEN

Wie die W ashington Post am 24. Juli berichtete, verfügt sie über "glaubwürdige Informationen", wonach ihr Korrespondent Jason Rezaian und seine Frau Yeganeh Salehi am 22. Juli in Teheran festgenommen wurden. Nicht bekannt ist, welche Instanz die Verhaftung veranlasst und wer sie ausgeführt habe.

Der Zeitung zufolge befinden sich zwei weitere Fotojournalisten mit amerikanischer Staatsbürgerschaft in Haft. Ihre Namen wurden nicht genannt.

Rezaian ist 38 Jahre alt. Er arbeitet seit 2012 für die Washington Post. Neben der iranischen besitzt er auch die amerikanische Staatsbürgerschaft. Seine Frau ist iranische Staatsbürgerin und arbeitet als Korrespondentin für die in den Vereinigten Arabischen Emiraten publizierte Zeitung "The National".

Das US-Außenministerium bestätigte die Meldung. Eine Sprecherin sagte, dem Ministerium sei die Verhaftung von drei amerikanischen Staatsbürgern bekannt. Detaillierte Informationen erteilte sie nicht. Auch die Familie von Rezaian wollte, wie die Washington Post schrieb, der Zeitung keine Auskunft über die Verhaftung geben. Indes teilte Hamid Babai, Mitarbeiter der iranischen Vertretung bei der UNO, der Zeitung mit, er werde sich um die Klärung des Falls bemühen.

Iran und USA unterhalten seit 1980 keine diplomatischen Beziehungen mehr. Ihre gegenseitigen Angelegenheiten werden durch Drittstaaten geregelt.

Am 25. Juli kam auch eine Bestätig aus Teheran. Laut der Agentur "Mehr" sagte Justizminister Gholamhossein Esmaili, vier Journalisten befänden sich in Haft. "Wir sind am Anfang der Ermittlungen und können daher keine weiteren Details bekannt geben", sagte der Minister.


INSGESAMT 127 JAHRE HAFT FÜR ACHT FACEBOOK-NUTZER

Die Agentur IRNA berichtete am 13. Juli, dass die 28. Abteilung des Revolutionsgerichts unter der Leitung des Richters Maghisseh acht Facebook-Nutzer zu insgesamt 127 Jahren Gefängnis verurteilt habe. Den Verurteilten wurden "Aktivitäten gegen die nationale Sicherheit, Propaganda gegen die Regierung und Beleidigung religiöser Werte sowie der iranischen Führung" vorgeworfen.

Laut IRNA wurden die Personen bereits seit Juli vergangenen Jahres in den Städten Teheran, Schiraz, Kerman, Yazd und Abadan verhaftet. Danach habe die Staatsanwaltschaft im Eviner Gefängnis die weiteren Ermittlungen übernommen.

Die Urteile liegen zwischen 11 und 21 Jahren. Zwei der Angeklagten wurden außer Gefängnis zu einem Bußgeld sowie zu jeweils 50 Peitschenschlägen verurteilt.

Weder die Namen der Verurteilten noch die Inhalte ihrer
Facebook-Nachrichten wurden öffentlich bekannt gegeben.

In Iran gibt es eine Sonderabteilung der Polizei unter der Bezeichnung "Fata", die für Straftaten im Internet zuständig ist. Es gibt aber auch zahlreiche Fälle, bei denen Internet-Nutzer von Revolutionsgarden verfolgt wurden.

Über die Nutzung von sozialen Netzen wie Facebook und Twitter gibt es in Iran seit dem Amtsantritt der Regierung von Hassan Rohani große Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und anderen Instanzen, die von Ultrakonservativen beherrscht werden.


KÜNSTLER TREFFEN ROHANI

"Kulturschaffende, Machthaber und Politiker sind Diener des Volkes. Keiner von ihnen darf sich als Vormund des Volkes betrachten", sagte Präsident Hassan Rohani bei einem Treffen mit Künstlern in Teheran am 26. Juli.

Bei dem Treffen meldeten sich auch einige Künstler als Vertreter verschiedener Kunstrichtungen zu Wort. Die Filmemacherin Tahmineh Milani fordert im Hinblick auf das Fehlen von Kinos in 70 Städten Irans: "Wir brauchen dringend mindestens eintausend neue Kinos."

Schauspieler und Regisseur Farhad Aisch sagte, für die gesamte Theaterbranche gebe es ein Etat von lediglich elf Milliarden Tuman (rund 240.000 Euro), was weniger sei, als die Produktionskosten für einen einzigen Film.

Der Geschäftsführer des "Hauses der Musik", Hamidreza Nurbachsch, erklärte: "Wir Musiker erwarten, dass nach 35 Jahren Islamischer Republik manche Gebote und Verbote aufgehoben werden." Gerichtet an Rohani sagte Nurbachsch: "Sie haben im Wahlkampf den Namen Mohammad Resa Schadscharian erwähnt. Sie und Ihre Regierung sind nun ein Jahr im Amt und wir erwarten, dass die Stimme dieses großen Künstlers wieder im ganzen Land gehört werden kann."

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Warnungen an iranischen Verhandlungsführer
• Fahrzeugpreise um bis zu 20 Prozent angestiegen
• Iranischer Warenimport steigt um über drei Milliarden Dollar an
• US-Firma will 1,175 Milliarden Dollar in Iran investieren
• Beschäftigung von Ausländern soll reduziert werden
• Boeing bereit zu Lieferung von Ersatzteilen
• Widerspruch der iranischen Zentralbank abgelehnt


ATOMKONFLIKT

Zum Auftakt der neuen Atomverhandlungen traf eine 15-köpfige Delegation von Diplomaten und Vertretern des Finanzministeriums aus den USA am 1. Juli in Wien ein. Wie das US-Außenministerium bekannt gab, wurde die Delegation vom Vizeaußenminister William Burns, der Unterstaatssekretärin Wendy Sherman und dem ersten Berater des Vizepräsidenten Joe Biden, Jake Sullivan, geführt.

Die sechste Runde der Atomverhandlungen, die am 2. Juli in Wien begann, hatte das Ziel, nach nun zehnjährigen Auseinandersetzungen bis zum 20. Juli zu einer endgültigen Vereinbarung zu kommen. Einen Tag zuvor hatte sich US-Außenminister John Kerry in einem Artikel in der Washington Post über den Verlauf der Verhandlungen optimistisch geäußert. Auch Irans Außenminister Dschawad Sarif, der ebenfalls nach Wien gekommen war, hatte am selben Tag in der französischen Tageszeitung Le Monde einen Artikel veröffentlicht, in dem die Verhandlungen als eine "einmalige Chance" dargestellt wurden, um Vertrauen aufzubauen und "Maßnahmen zu ergreifen, um zu garantieren", dass Irans Atomprogramm immer friedlich bleiben werde. In einer Videobotschaft sagte Sarif, es gebe jetzt die Gelegenheit "Geschichte zu schreiben". Diese Chance dürfe jedoch nicht aufgrund von "Illusionen" der Gegenseite verspielt werden. Bereits 2005 sei ein Abkommen möglich gewesen, was jedoch durch den damalige US-Präsidenten George W. Bush vereitelt worden sei.

Zu Beginn der Verhandlungen sagte Irans Vizeaußenminister und Verhandlungsführer Abbas Araghtschi laut der Agentur ISNA vom 2. Juli, sollte Iran Einschränkungen seines Atomprogramms zustimmen, werde dies nur für eine kurze Zeit sein. "Wir wollen die vor uns liegenden 20 Tage nutzen, um zu einem endgültigen Abschluss zu kommen." Auch das Delegationsmitglied Majid Tachtrawantschi erklärte: "Wir werden bei den Verhandlungen niemals Einschränkungen akzeptieren, die für immer gelten sollen. Auch bei der Genfer Vereinbarung war nie die Rede von dauerhaften Einschränkungen." Es gehe nur um eine befristete Zeit, danach werde Iran einen ganz normalen Status bekommen.

Marie Harf, Sprecherin des US-Außenministeriums, hatte im Auftakt zu den Verhandlungen erklärt, Iran müsse "Entscheidungen treffen, von denen wir denken, dass sie sie treffen müssen". Sarif reagiert auf diese Aufforderung mit den Worten, Iran habe sich noch nie Entscheidungen aufzwingen lassen. Dies werde das Land auch bei dieser Runde nicht tun. Selbst neue Sanktionen würden Iran nicht in die Knie zwingen können.

Der britische Außenminister William Hague meinte, es sei "keineswegs sicher", dass die Verhandlungen bis zum 20. Juli zum Erfolg führen würden.

Am 7. Juli erklärte Irans Revolutionsführer Ali Chamenei bei einem Treffen mit Spitzenpolitikern, er werde "seine ganze Kraft einsetzen" um der Regierung zu helfen. "Die Atomverhandlungsdelegation genießt unser volles Vertrauen und wir haben die Gewissheit, dass sie keinen Verstoß gegen die Rechte Irans akzeptieren wird", sagte Chamenei. Er äußerte sich auch zu den Details der Verhandlungen und sagte, die Gegenseite verfolge das Ziel, Iran mit 10.000 SWUs (Separativ Work Units) zufrieden zu stellen. Zunächst seien es 500 gewesen, dann 1.000 und "jetzt sind sie bei 10.000 angelangt". "10.000 SWUs ist das Produkt von 10.000 Zentrifugen älteren Typs, die wir eingesetzt haben und noch einsetzen. Dabei brauchen wir nach Meinung der Experten unbedingt 190.000 SWUs", sagte Chamenei.

Die Äußerung Chameneis machte in der westlichen Presse Schlagzeilen. Auch die Delegierten in Wien zeigten sich erstaunt über eine solche Forderung, die die Verhandlungen schwer belasten würde.

Diese Äußerung des Revolutionsführers sei in den westlichen Medien völlig entstellt wiedergegeben worden, erklärte der Chef der iranischen Atombehörde Ali Akbar Salehi am 19. Juli der Agentur Fars. Diese hätten die Zahl der Zentrifugen mit der der SWUs gleichgesetzt, obwohl die Zahl der SWUs von der Art der jeweiligen Zentrifugen abhänge. Die in Iran verwendeten Zentrifugen der ersten Generation hätten jeweils eine Kapazität von weniger als 2 SWUs, während man bei Zentrifugen der vierten Generation 24 SWUs erreichen könne. Dieser Rechnung zufolge bräuchte Iran weniger als 10.000 Zentrifugen.

Die Zahl der im Iran verwendeten Zentrifugen gehört zu den wichtigsten Punkten, die bei den Verhandlungen noch offen sind. Weiterhin geht es unter anderem um den Schwerwasserreaktor in Arak, um die Untergrundanlage in Fordo und um die Zeitspanne, für die der Vertrag gültig sein soll. Auch über die Aufhebung der Sanktionen muss diskutiert werden. Hier stellt sich die Frage, ob alle Sanktionen gegen Iran aufgehoben werden oder lediglich die, die wegen des Atomprogramms verhängt wurden.

Über die Anlage in Fordo sagte Chamenei, der Westen verlange die Schließung von Fordo weil sie "für Außenstehende nicht erreichbar ist und nicht bombardiert werden kann".

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius berichtete dem Ausschuss für Außenpolitik im französischen Parlament am 8. Juli von "Kontroversen" zwischen Russland und den anderen Mitgliedern der 5+1 Gruppe (USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China plus Deutschland). Keines der Hauptprobleme sei bislang gelöst, sagte er. "Während die 5+1 bisher eine sehr homogene Haltung hatten, haben die Verhandlungsführer in den vergangenen Tagen von gewissen Unterschieden in der Herangehensweise zwischen einem Teil der 5+1 und unseren russischen Partnern berichtet", sagte der Außenminister. Ein russischer Diplomat erwiderte in einem Interview mit der Agentur Intar-Tass, sein Land fordere, dass Iran dem strengen Kontroll-Schema der Internationalen Atombehörde unterliege, aber kein Präzedenzfall für noch strengere Inspektionen geschaffen werde. "Iran sollte nicht wie ein Aussätziger behandelt werden."

Die Nachrichtenagentur IRNA berichtete am 9. Juli über einen neuen Kompromissvorschlag Salehis. Demnach könnte die Anreicherungsanlage in Fordo in Zukunft als Forschungs- und Entwicklungszentrum benutzt werden. Es sei auch die Einrichtung eines physikalischen Labors denkbar, das für andere Staaten Dienstleistungen erbringen könnte, sagte Salehi.

Da die Verhandlungen ins Stocken gerieten und es sich allmählich abzeichnete, dass die festgesetzte Frist bis zum 20. Juli nicht eingehalten werden konnte, wurde eine mögliche Verlängerung erwogen. "Wir hoffen weiterhin, dass wir bis zum 20. Juli zu einer Einigung kommen, aber nicht um jeden Preis", sagte die iranische Außenamtssprecherin Afkham am 9. Juli.

Am 10. Juli lud die Außenbeauftragte der EU Catherine Ashton die Außenminister der Teilnehmerstaaten für den 13. Juli zur Teilnahme an der Endphase der Verhandlungen nach Wien ein. Die Außenminister der USA und der EU-Staaten folgten der Einladung. Doch mit Ausnahme von Kerry und Sarif reisten sie am selben Tag wieder ab. Russlands und Chinas Außenminister waren von vornherein nicht zu dem Treffen erschienen.

Sarif sagte am 13. Juli in Wien nach einem Treffen mit Kerry, der US-Außenminister werde weiter in Wien bleiben, "daher können wir die bilateralen Gespräche mit ihm fortsetzen". Das Treffen der Außenminister habe zwar keine konkreten Fortschritte gebracht, es zeige jedoch, dass das Interesse an einer Lösung groß sei. "Jetzt sollten wir anstatt rote Linien zu ziehen, gemeinsam mit neuen Ideen nach Lösungen suchen."

Auch der britische Außenminister William Hague und sein deutscher Kollege Frank-Walter Steinmeier bestätigten, dass es bei den Verhandlungen noch keinen Durchbruch gegeben habe. "Es gibt hier eine große Kluft", sagte Hague am 13. Juli in Wien. Nun sei Iran am Zug. Teheran müsse zwischen Kooperation und Isolation wählen.

Am 15. Juli setzen Kerry und Sarif nach zweimaligem Treffen ihre Gespräche im Beisein von Ashton fort. "Wir arbeiten hart", sagte Kerry. Sarif sagte, es gebe genug Fortschritte, um eine Verlängerung der Verhandlungen zu rechtfertigen. "Dies ist mein Vorschlag, ich bin sicher, dass Herr Kerry den gleichen Vorschlag machen wird." Kerry erklärte vor seiner Rückreise nach Washington, wo er sich mit Präsident Obama beraten wollte, laut AFP, er wolle mit dem Präsidenten sowie der Kongress-Führung "über Chancen sprechen, um zu einer globalen Einigung zu gelangen, und über die nächsten Etappen, wenn wir dies nicht bis 20. Juli schaffen". Er habe unmissverständlich klar gemacht, dass er die 19.000 Zentrifugen, die zurzeit in Iran in Betrieb seien, nicht akzeptieren könne.

Am 17. Juli sagte Obama in Washington vor der Presse, bei den Verhandlungen mit Iran seien in den letzten Monaten "echte Fortschritte in mehreren Bereichen" erzielt worden. Die USA würden in Absprache mit ihren Partnern entscheiden, ob mehr Zeit benötigt werde. Teheran habe alle Forderungen des Interimsabkommens von vergangenem November erfüllt. Ein "glaubwürdiger Weg" zu einem endgültigen Vertrag zeichne sich ab. Doch zwischen Iran und der 5+1 Gruppe existiere noch eine "bedeutende Kluft", die in den noch verbliebenen Tagen kaum noch zu überbrücken wäre. Daher werde eine Verlängerung erwogen.

Indes forderten einige US-Senatoren Obama in einem Schreiben auf, darauf zu bestehen, dass jede Vereinbarung mit Iran mindestens zwanzig Jahre Gültigkeit habe. Während dieser Zeit solle das iranische Atomprogramm unter scharfer Kontrolle stehen. Zudem sollten die Sanktionen gegen Iran schrittweise und nicht auf einmal aufgehoben werden.

Demgegenüber berichteten iranische Medien, "dass nahezu alle" Abgeordneten des Parlaments eine Erklärung unterzeichnet hätten, in der sie die Regierung aufforderten, auf die vom Revolutionsführer vorgegebenen 190.000 SUW sowie die Aufhebung der Sanktionen zu bestehen.

Am 17. Juli berichteten die Agenturen, dass die Verhandlungspartner in Wien darin übereingekommen seien, die Verhandlungen auch nach dem 20. Juli um weitere vier Monate, und zwar bis zum 24. November, zu verlängern.

Es sei zwar nicht gelungen mit Iran fristgerecht zu einer endgültigen Vereinbarung zu kommen, sagte Außenminister Steinmeier. "Trotzdem sind wir uns mit den (...) Partnern einig, dass es falsch wäre, jetzt aufzugeben und die Verhandlungen zu beenden. (...) Diese wenigen Monate bis November könnten für lange Zeit die letzte und beste Chance sein, den Nuklearstreit friedlich zu beenden."

Kerry sagte laut Reuters vom 20. Juli, es sei vereinbart worden, dass Iran während der nächsten Monate sein Atomprogramm nicht weiter ausbaut. Dafür werde Teheran zu weiteren 2,8 Milliarden Dollar seines Guthabens in den USA Zugang erhalten. Irans Guthaben, das auf eingefrorenen Konten im Ausland lagert, beträgt rund 100 Milliarden Dollar. Die anderen gegen das Land verhängten Sanktionen sollen weiterhin in Kraft bleiben, sagte Kerry.

Am 22. Juli erklärte der Sprecher des iranischen Parlamentspräsidiums Behruz Nemati, der Bericht des Außenministers im Parlament über die Verhandlungen in Wien sei "überzeugend" gewesen. Sarif sagte der Agentur ISNA, Iran werde weiterhin nach einer Einigung im Atomstreit streben, aber auf keinen Fall Abstriche an seinen legitimen Rechten dulden.

Nach einer Mitteilung des iranischen Außenministeriums vom 23. Juli werde die nächste Verhandlungsrunde im September stattfinden. Über den Ort müsse man sich aber noch einigen, sagte Sprecherin Marsieh Afkham. Möglicherweise wird es New York sein, denn dort findet auch die UN-Vollversammlung statt, an der sowohl Präsident Rohani als auch Sarif teilnehmen werden. Gerüchte besagen, dass ein Treffen von Obama und Rohani am Rande der Vollversammlung geplant sei.

Sarif sagte in einem Interview mit dem iranischen Fernsehen am 23. Juli zu dem Treffen mit Kerry: "Wir hatten mit den Europäern ebenso wie mit den Russen und Chinesen täglich Kontakt. Wahr ist aber, dass der stärkste Druck auf Iran von den USA ausgeht, daher ist es notwendig, dass wir mit den Amerikanern öfter Gespräche führen." Sarif sagte mit Bedauern, "für die amerikanische Regierung ist Iran völlig fremd. Ihre Meinung über unser Land basiert auf Lügen, die ihnen vermittelt werden. Die anderen sind in Iran präsent, die Amerikaner nicht. Wir kennen die USA weit besser als sie uns, denn wir haben eine Vertretung in der UNO und sind damit in Amerika anwesend. Daher müssen wir mit den Amerikanern mehr Gespräche führen."


WARNUNGEN AN IRANISCHEN VERHANDLUNGSFÜHRER

Während die Atomverhandlungen zwischen Iran und der 5+1-Gruppe in eine sensible Phase getreten sind, zeigt sich eine Gruppe von Politikern und Militärs über den Ausgang besorgt. Said Ghassemi, einer der Kommandeure im iranisch-irakischen Krieg (1980-1988), der zu den Hauptrednern der Veranstaltung einer Gruppe gehört, die sich "die rote Linie" nennt, sagte am 17. Juli, er und seine Weggefährten seien zu Recht über den Ausgang der Verhandlungen besorgt. "Es gibt kein Win-win-Ergebnis. Das sind schmutzige Begriffe, mit denen man uns abspeisen will. Bei jedem Spiel gibt es einen Verlierer und einen Gewinner..."

Ghassemi kritisierte das iranische Verhandlungsteam. "Ihr habt nicht nur ein Tabu gebrochen (direkte Verhandlungen mit den USA). Auch mit jedem Lächeln, das ihr bei den Verhandlungen zeigt, vernichtet ihr die Ehre und Würde unserer Märtyrer."

Die Rede Ghassemis wurde immer wieder durch Parolen wie "Tod den Opportunisten", die die versammelten skandierten, unterbrochen.


FAHRZEUGPREISE UM BIS ZU 20 PROZENT ANGESTIEGEN

"Der Rat und das Zentrum für nationale Konkurrenz" hat am 6. Juli neue Preise für Fahrzeuge angekündigt, die im Vergleich zu den bisherigen Preisen teilweise um bis zu 20 Prozent angestiegen sind.

Der Rat hatte drei Wochen zuvor die Fahrzeugpreise für das laufende Jahr festgelegt. Diese lagen um rund sechs Prozent höher als die Preise vom Vorjahr. Doch die Festlegung stieß auf Proteste der Produzenten. Die Preiserhöhung liege weit unter der Inflationsrate und dem Anstieg der Produktionskosten, meinten die Kritiker.

Der Rat lehnte zunächst die Kritik ab und weigerte sich die Preise weiter zu erhöhen. Doch am 5. Juli erklärte der Ratsvorsitzende Resa Schiwa, der Rat habe mit den Produzenten verhandelt und habe mit ihnen eine Einigung über die neuen Preise erzielt. Die höheren Preisen begründete er mit dem Einbau von Air Bags und Zusatzteilen zur Schonung der Umwelt.


IRANISCHER WARENIMPORT STEIGT UM ÜBER DREI MILLIARDEN DOLLAR AN

Einem Bericht des iranischen Zollamts vom 25. Juli zufolge ist der Wert der importierten Waren in den drei Frühlingsmonaten um 35 Prozent, das heißt von 9,133 Milliarden Dollar auf 12,386 Milliarden Dollar angestiegen.

An der Spitze der eingeführten Waren stehen Weizen mit einem Wert von 751 Millionen Dollar, gefolgt von Fahrzeugen im Wert von 433 Millionen Dollar, Reis im Wert von 371 Millionen Dollar, Mais im Wert von 354 Millionen Dollar und Sojabohnen im Wert von 299 Millionen Dollar.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hat sich der Import von Weizen fast verdoppelt, der Import von Reis ist dagegen um 28 Prozent gesunken. Auch der Import von Sojabohnen hat um 35 Prozent abgenommen.

In dem erwähnten Zeitraum hat Iran 23.242 Fahrzeuge im Wert von 483,223 Millionen Dollar eingeführt. Das ist dreimal so viel wie im Vorjahr.

Mit 3,367 Milliarden Dollar stehen die Arabischen Emirate an der Spitze der Lieferländer, gefolgt von China mit 2,749 Milliarden Dollar, Indien mit einer Milliarde Dollar, die Türkei mit 850 Millionen Dollar und Korea mit 808 Millionen Dollar.

Aus dem Bericht des Zollamts geht hervor, dass der Import aus den Arabischen Emiraten sowie aus China, der infolge von internationalen Sanktionen gegen Iran zurückgegangen war, im diesem Frühjahr auffallend angestiegen ist. Im Frühjahr vergangenen Jahres betrug der Wert der eingeführten Waren aus den Arabischen Emiraten 1,730 Milliarden Dollar und der Wert der Waren aus China 1,609 Milliarden Dollar.

Auch der iranische Export - Erdöl ausgenommen - hat in den drei Frühlingsmonaten um rund 20 Prozent zugenommen. Hier stehen petrochemische Produkte an der Spitze der Exportgüter. Nach langen Jahren der Stagnation gehören nun auch Pistazien zu den Hauptexportgütern Irans. In den drei Monaten des Frühjahrs lag der Wert der exportierten Pistazien bei 169 Millionen Dollar. Im vergangenen Jahr lag er bei 87 Millionen Dollar.

Unter den Käufern iranischer Exportgüter steht China mit 2,137 Milliarden an der Spitze, gefolgt vom Irak mit 1,442 Milliarden Dollar, den Arabischen Emiraten mit 944 Millionen Dollar, Afghanistan mit 552 Millionen Dollar und der Türkei mit 517 Millionen Dollar.

Der Vergleich mit dem Frühjahr vergangenen Jahres zeigt, dass China und die Türkei ihre Importe aus Iran um 426 Millionen Dollar bzw. um 138 Millionen Dollar erhöht haben. Dagegen hat der Export nach Afghanistan um 20 Prozent, von 695 Millionen Dollar auf 552 Millionen Dollar, abgenommen.


US-FIRMA WILL 1,175 MILLIARDEN DOLLAR IN IRAN INVESTIEREN

Die Filiale einer chinesischen Firma in Kalifornien, World Eco Energy, hat einen vorläufigen Vertrag mit Iran unterzeichnet, in dem sie ankündigt, eine Summe von 1,175 Milliarden US-Dollar in ein Projekt zur Energiegewinnung aus Müll investieren zu wollen. Iran werde sich mit der gleichen Summe an dem Projekt beteiligen, sagte ein Firmensprecher der BBC am 5. Juli. Die Firma stamme aus der Volksrepublik China. Sie verfüge über ein Verfahren zur Energiegewinnung aus Müll, das bereits seit Jahren in verschiedenen Ländern erfolgreich angewendet werde. "Sobald die Sanktionen aufgehoben sind, werden wir wie viele andere ausländische Firmen in Iran investieren", sagte der Sprecher. Das Projekt solle in der Provinz Bachtiari durchgeführt werden. Für das Projekt würden 600 bis 700 Mitarbeiter benötigt, von denen der größte Teil aus der Provinz engagiert werde.

Einem Bericht der AFP zufolge werde mit dem Projekt zukünftig die Produktion von 250 Megawatt Strom pro Tag erzielt. Die Tageszeitung "Tehran Times" meldete, dass der vorläufige Vertrag von einem Vertreter von World Eco Energy und dem Vizeprovinzgouverneur Mohammad Ghorbanpur unterzeichnet worden sei. Ghorbanpur sagte der Zeitung, die Firma habe sich bereit erklärt, die erforderlichen Maschinen und Geräte sowie das technologische Wissen für das Projekt zur Verfügung zu stellen. Das Projekt soll bereits Ende dieses Sommers in Angriff genommen werden.

Ob dieser Zeitpunkt realistisch ist, darf bezweifelt werden. Denn die Firma macht ihre Mitarbeit von der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran abhängig. Nach nun erfolgter Verlängerung der Atomverhandlungen bis Ende November kann die Aufhebung der Sanktionen kaum vor Jahresende stattfinden.


BESCHÄFTIGUNG VON AUSLÄNDERN SOLL REDUZIERT WERDEN

Einer Verordnung der Regierung vom 21. Juli zufolge, soll die Zahl der ausländischen Beschäftigten in Iran erheblich reduziert werden. Vizepräsident Eshagh Dschahangiri betonte laut IRNA, dass die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, von Ausnahmefällen abgesehen, grundsätzlich verboten sei. Die Verordnung sei an sämtlichen staatlichen Behörden sowie an staatliche und private Unternehmen verschickt worden, sagte Dschahangiri. Diese seien verpflichtet worden, ihren Bedarf an Arbeitskräften durch Einstellung von Einheimischen zu decken.

Sollte in bestimmten Fällen die Einstellung von ausländischen Arbeitskräften erforderlich sein, müssen die betreffenden Personen eine Arbeitserlaubnis des Arbeitsministeriums vorweisen, heißt es in der Verordnung. Die Einstellung von Arbeitskräften ohne Arbeitserlaubnis sei strickt verboten. Ziel der Verordnung sei es, einheimische Arbeitskräfte vor Arbeitslosigkeit zu schützen und die Zahl der Beschäftigten zu steigern. Zudem solle auch das Problem der Arbeitslosigkeit unter Ausländern gelöst werden.

Die Agentur "Mehr" zitierte den Staatssekretär im Arbeitsministerium Hassan Taii, der erklärte, zurzeit beherrschten rund zwei Millionen afghanische Staatsbürger in Iran zehn Prozent des Arbeitsmarktes. Diese Beschäftigung von ausländischen Bürgern ohne Arbeitserlaubnis sei zu einem "großen Problem" des Arbeitsmarkts geworden. Taii sagte weiter, Iran sei dem internationalen Recht zufolge verpflichtet, ausländischen Bürgern Arbeitserlaubnis zu erteilen. Doch laut Beschluss des Obersten Nationalen Sicherheitsrats dürften ausländische Bürger nur in bestimmten Bereichen arbeiten, in denen das Arbeitsministerium ihre Beschäftigung als notwendig erachtet.

Taii betonte die Notwendigkeit der Regulierung des Arbeitsmarkts für ausländische Bürger. "Wir müssen zunächst genau festlegen, wo bestimmte Arbeiten, aus welchen Gründen auch immer, von einheimischen nicht geleistet werden können und genau dort ausländische Kräfte engagieren."

Auf die Frage, warum der Anteil afghanischer Arbeitskräfte in der Bauindustrie so hoch sei, sagte Taii, der Grund sei der niedrige Lohn, der weit unter dem liege, was ein Einheimischer verlangen würde. Der Staatssekretär bezeichnete die afghanischen und koreanischen Arbeitskräfte als " zuverlässigste Arbeiter in der ganzen Welt".


BOEING BEREIT ZU LIEFERUNG VON ERSATZTEILEN

Der US-Flugzeughersteller Boeing teilte am 24. Juli seine Bereitschaft mit, Ersatzteile an die Fluggesellschaft Iran Air zu liefern. Dem Konzern war infolge des US-Embargos gegen Iran seit 1979 untersagt, mit Iran Geschäfte zu machen. Die USA hatten damals wegen

der Geiselnahme amerikanischer Botschaftsangehöriger in Teheran Sanktionen gegen Iran verhängt. Dazu gehörte auch das Verbot Ersatzteile für Flugzeuge zu liefern. Diese Strafmaßnahme hat Iran besonders empfindlich getroffen. Denn die meisten Flugzeuge, Militär- und Passagiermaschinen, die Iran besaß, stammten aus den USA. Die Folge des Embargos waren häufige Flugzeugabstürze in den letzten Jahren.

Washington hatte nun nach einer Annäherung zwischen Iran und den USA und dem Abschluss eines Interimsabkommen im Atomkonflikt dem Konzern im April erlaubt, Ersatzteile nach Iran zu liefern. Allerdings bleibt die Lieferung ganzer Flugzeuge nach wie vor untersagt. Nach einer Mitteilung von Boeing sollen Ersatzteile geliefert werden, die für die Sicherheit der Maschinen relevant sind. Der Konzern ist auch mit anderen iranischen Fluggesellschaften im Gespräch.


WIDERSPRUCH DER IRANISCHEN ZENTRALBANK ABGELEHNT

Ein Revisionsgericht in New York hat am 10. Juli einen Widerspruch der iranischen Zentralbank gegen einen Gerichtsbeschluss abgelehnt und angeordnet, dass 1,75 Milliarden Dollar iranischen Guthabens auf Familien verteilt wird, deren Angehörige bei dem Terroranschlag in Beirut 1983 ums Leben gekommen waren.

Das Urteil des Gerichts in Manhattan, das von einem dreiköpfigen Richtergremium gefällt wurde, betrifft insgesamt 1.300 Fälle. Die Anwälte der Kläger meinten, sollte das Urteil rechtskräftig werden, bekäme jede Familie rund 18 Millionen Dollar. "Das ist ein guter Tag für unsere Mandanten, die seit Jahrzehnte auf Entschädigung für den iranischen Terroranschlag warten", sagte einer der Anwälte. Neben den Bankguthaben wurde auch ein 36-stöckiges Hochhaus der iranischen Alawi-Stiftung in der 5th Avenue in Manhattan konfisziert. Die Stiftung wurde wegen Missachtung der Sanktionen gegen Iran mit der Beschlagnahmung ihres Guthabens in den USA bestraft.

Das Urteil vom 10. Juli ist die Fortsetzung einer Reihe von Gerichtsurteilen, die im Zusammenhang mit Terroranschlägen von US-Gerichten gegen Iran gefällt wurden.

Der Prozess hatte erst 2010 begonnen, nachdem die Verwandten der Opfer des Beiruter Terroranschlags festgestellt hatten, dass iranische Guthaben bei der New Yorker City Bank deponiert waren. Im September 2013 hatte eine Richterin in New York das Urteil gegen Iran gefällt. Die iranische Zentralbank legte im selben Jahr Widerspruch ein mit der Begründung, dass Urteil widerspreche einem Abkommen von 1955 zwischen Iran und den USA. Nach der Ablehnung des Widerspruchs bleibt der iranischen Zentralbank nur noch der Gang zum Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten.

Der Terroranschlag in Beirut von Oktober1983 ereignete sich in der Zeit des libanesischen Bürgerkriegs. Er richtete sich gegen Gebäude, in denen US-Soldaten und französische Fallschirmjäger untergebracht waren. Dabei kamen 299 Soldaten und 6 Zivilisten, darunter 241 US-Soldaten, ums Leben. Iran bestreitet nach wie vor, an dem Anschlag beteiligt gewesen zu sein.

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AUSSENPOLITIK

• Chamenei ruft Palästinenser zum bewaffneten Widerstand auf
• Iran will Teilung Iraks nicht dulden
• Iranischer Pilot im Irak getötet
• Sanktionen gegen Chamenei und Rohani gefordert
• Sadeghi zum neuen Botschafter in Saudi-Arabien ernannt
• Parlament begrüßt Aufwertung der Beziehungen zu Großbritannien
• Neuer Botschafter in Berlin
• Ernennung des neuen Sondergesandten für Syrien wird begrüßt


CHAMENEI RUFT PALÄSTINENSER ZUM BEWAFFNETEN WIDERSTAND AUF

Revolutionsführer Ali Chamenei rief am 23. Juli vor einer Versammlung von Studenten die Palästinenser zum gemeinsamen bewaffneten Widerstand gegen Israel auf. Genauso wie die Palästinenser im Gazastreifen, sollten auch die Palästinenser im Westjordanland bewaffnet gegen Israel Widerstand leisten, so Chamenei. Mit Blick auf die jüngsten Angriffe israelischer Streitkräfte gegen Palästinenser im Gazastreifen bezeichnete Chamenei "das Regime" in Israel als "barbarisch". Eine Änderung der Lage setze die Beseitigung dieses Regimes voraus, sagte der Revolutionsführer. Dies könne durch eine Volksbefragung in den Gebieten Israels und Palästinas erfolgen.

Seit Beginn der israelischen Offensive werden nicht nur die Proteste der Regierenden, sondern auch von Menschenrechtsaktivisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens immer lauter. Auch zahlreiche politische Gefangene haben aus dem Gefängnis heraus die Angriffe verurteilt.

Die Beseitigung des "zionistischen Regimes" bedeute keineswegs die Vernichtung der Juden in der Region, sagte Chamenei. Die Menschen in Palästina und Israel sollten selbst bestimmen, welches Regime sie haben wollen. "Das ist eine logische Forderung, die die ganze Welt versteht."

Auch der ehemalige Präsident Mohammad Chatami hatte bereits bei einem Gipfeltreffen islamischer Staaten im Jahr 2000 in Katar zur Lösung des Israel-Palästina-Konflikts eine Volksbefragung gefordert.

Iran hat in den vergangenen Jahren die radikalen Kräfte unter den Palästinensern unterstützt und die PLO kritisiert. Chamenei bezeichnete deren langjährigen Führer Jassir Arafat als "dummen Verräter".

Chamenei kritisierte auch die USA. Die "unverschämte Unterstützung", die die USA Israel gewähren, müsse von Iranern bei der Einschätzung der US-Politik genau bedacht werden, sagte der Revolutionsführer. Die antiamerikanische und antiwestliche Sicht, die in Iran herrsche, sei eine logische Sichtweise, die auf konkreten Erfahrungen basiere.

Einer Meldung der AFP vom 24. Juli zufolge hat die iranische Führung zum ersten Mal bestätigt, die palästinensische Organisation Hamas aufgerüstet zu haben. "Sie brauchen die Technologie, die wir Ihnen bereitgestellt haben, für die Waffenproduktion", sagte Parlamentspräsidnet Ali Laridschani dem arabischsprachigen Sender Al Alam. Inzwischen seien die Kämpfer in Gaza in der Lage, sich selbst zu verteidigen.

Während Iran über lange Jahre eine enge Beziehung zu Hamas pflegte und die Organisation großzügig finanziell unterstütze, änderte sich das Verhältnis mit dem Beginn des sogenannten arabischen Frühlings. Hamas versuchte sich mehr den arabischen Staaten zu nähern, was durch die Ereignisse in Ägypten, Syrien und im Irak recht kompliziert wurde.

Am 25. Juli gab es in Iran wie jedes Jahr am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan am sogenannten Al-Kuds-Tag landesweite Demonstrationen und Kundgebungen. Wegen der jüngsten Gaza-Offensive der israelischen Luft- und Bodenstreitkräfte war die Zahl der Teilnehmer in diesem Jahr besonders hoch. Das staatliche Fernsehen berichtete von Millionen, die sich in mehr als siebzig Städten nach dem Freitagsgebet den Protestmärschen und den Kundgebungen anschlossen.

Hauptredner der Kundgebung in der Hauptstadt Teheran war Präsident Hassan Rohani. Er rief die islamische Welt zum Widerstand gegen Israel auf. "Was die Zionisten in Israel machen, ist unmenschlicher als Völkermord, daher muss die islamische Welt heute einheitlich ihren Hass und Widerstand gegen Israel erklären", sagte der Präsident am 25. Juli laut Medien. Die Diplomatie biete keinen Ausweg mehr, die einzige Möglichkeit sei der Widerstand. "Die Geschichte wird diejenigen, die jetzt schweigen oder gar die Mörder unterstützen, nicht vergessen und ihnen nicht vergeben", sagte Rohani.

"In Palästina wird es keine Ruhe mehr geben", sagte der Vizekommandeur der Revolutionsgarden (Pasdaran) Hossein Salami am Rande der Kundgebung. Nach diesem neuen Gaza-Krieg sei jede Hoffnung auf einen Frieden im Nahen Osten vergeblich. Die islamische Welt werde die Region am Ende "zum Friedhof der Amerikaner und Zionisten umwandeln", erklärte der General.


IRAN WILL TEILUNG IRAKS NICHT DULDEN

Vizeaußenminister Hossein Amir Abdollahian erklärte am 6. Juni in einem Interview mit dem arabischsprachigen Fernsehsender Al Alam, Iran werde eine Teilung des Nachbarstaats Irak "niemals zulassen". Dies habe das Ministerium auch "klar und deutlich" der Regionalregierung des kurdischen Teils des Irak mitgeteilt. Abdollahian nahm auch Bezug auf eine Äußerung des israelischen Ministerpräsidenten, der die Gründung eines kurdischen Staates begrüßt hatte und sagte, Iran werde verhindern, dass "die Träume von Netanjahu" wahr werden.

Benjamin Netanjahu hatte erklärt, sein Land werde das Bestreben der Kurden nach einem selbstständigen Staat unterstützen. Ein solcher Staat könnte die Basis für eine "weitreichende Zusammenarbeit von gemäßigten Kräften in der Region" bilden.

Der Führer des autonomen irakischen Kurdistan Masud Barzani hatte wenige Tage zuvor erklärt, seine Regierung plane für die nächsten Monate ein Referendum über die Loslösung vom Irak und die Gründung eines kurdisches Staates durchzuführen.

Abdollahian betonte die "freundschaftlichen Beziehungen zu den kurdischen Führern" und empfahl ihnen "sich zu beherrschen" und keine "übereilten Entscheidungen" zu treffen. Bezugnehmend auf seine kürzlich erfolgten Reise nach Russland sagte der Vizeaußenminister, "beide Länder (Iran und Russland) werden mit aller Kraft das irakische Volk bei der Erhaltung der Souveränität des irakischen Staates unterstützen.

Abollahian dementierte Berichte der Medien über die Anwesenheit von Ghassem Salmani, Kommandant der iranischen Al Ghods Brigade im Irak. Die Brigade ist eine Abteilung der iranischen Revolutionsgarden, die für Auslandseinsätze zuständig ist. Abdollahian bestritt auch, dass Iran dem Irak Suchoi-25 Jets zur Verfügung gestellt habe. "Wir haben keinerlei Waffen an den Irak geliefert und wir haben nicht die Absicht, unsere Streitkräfte in den Irak zu schicken. Der Irak verfügt über eine mächtige Armee", sagte er, fügte jedoch hinzu: "Wenn die Verantwortlichen im Irak um Waffen zum Kampf gegen den Terrorismus ersuchen, werden wir sicherlich im Rahmen des Völkerrechts und bilateralen Vereinbarungen positiv reagieren."

Im Hinblick auf bestehende Sanktionen gegen Iran, die dem Land unter anderem den Export von Waffen verbieten, sagte Abdollahian: "Von Anbeginn der Krise im Irak haben Vertreter der US-Regierung uns ersucht, auf diplomatischer Ebene Gespräche über eine Koordinierung der Aktivitäten und mögliche Zusammenarbeit zur Bewältigung der Krise im Irak zu führen."

Weiterhin sagte Abdollahian im Interview mit Al Alam, Iran habe keine Militärberater in den Irak geschickt, es gebe jedoch "Verbindungskanäle" um die irakische Regierung und Militärs zu beraten.

Auf die Frage zu einer Zusammenarbeit zwischen Iran und den USA im Irak sagte Abdollahian, das Verhalten der Vereinigten Staaten sei seit dem Einzug von ISIS im Norden von Irak "im besten Falle fraglich und dubios". Er kritisierte die USA, dass sie sich geweigert hätten, "spürbare" und "wirksame" Maßnahmen gegen die ISIS zu treffen. Gefragt ob am Rande der Atomverhandlungen auch bilaterale Gespräche zwischen Iran und den USA über eine mögliche Zusammenarbeit im Irak geführt werden, sagte Abdollahian, es werde "in diesem Rahmen" keine Gespräche zwischen Teheran und Washington geben.

Abdollahian kritisierte auch die Irak-Politik "einiger Staaten" in der Region und sagte: "Länder, die die ISIS unterstützt haben, könnten selbst in nächster Zeit mit ähnlichen Gefahren wie im Irak ernsthaft bedroht werden.". Die Rolle Saudi-Arabiens bezeichnete er als "nicht konstruktiv". Teheran habe sich "mehrmals" zu Gesprächen mit Riad über die Probleme der Region bereiterklärt, doch "bedauerlicherweise sind unsere saudischen Brüder mehr an einem Austausch über die Presse interessiert als an ernsthaften und direkten Gesprächen".


IRANISCHER PILOT IM IRAK GETÖTET

Iranischen Medien vom 5. Juli zufolge wurde ein iranischer Pilot, ein Oberst der Luftwaffe der Revolutionsgarden, im Irak getötet. Oberst Schojaat Murjani wurde in der im Süden von Iran gelegenen Stadt Schiraz beigesetzt. Laut IRNA soll er nördlich von Bagdad umgekommen sein. Die Umstände seines Todes sind unbekannt. Es gibt auch keine Meldungen über einen Abschuss oder Absturz einer iranischen Maschine im Irak.

Das Internationale Institut für strategische Studien in London (IISS) hatte Tage zuvor erklärt, es gebe starke Indizien dafür, dass Iran Suchoi-25 Jets an den Irak geliefert habe. Diese Kampfflieger werden in Iran von den Revolutionsgarden (Pasdaran) benutzt. Zunächst hatten Agenturen gemeldet, dass Russland einige Suchoi-25 Jets an den Irak geliefert habe. Irak bestätigte die Meldung. Das Land habe ein Dutzend Kampfflugzeuge vom Typ Suchoi-25 aus Russland gekauft, hieß es in einer Mitteilung des irakischen Verteidigungsministeriums. Das Londoner Institut behauptete nun, zumindest drei der Maschinen seien aus Iran geliefert worden. Sollte diese Behauptung zutreffen, müsste man davon ausgehen, dass Iran und die USA, die ebenfalls Kampfdrohnen an den Irak geliefert haben, koordiniert im Nordirak ISIS bekämpfen.

Joseph Dempsey, Mitarbeiter des Londoner Instituts, der die von der irakischen Armee veröffentlichten Videos untersucht hat, sagte der BBC, die Suchoi-25 Jets, bekannt als "Froschschenkel", seien im iranischen Besitz. Die Seriennummern der an den Irak gelieferten Maschinen stimmten mit denen der iranischen Maschinen überein.

Suchoi-25 sind zweimotorige Ein-Mann-Jets, die gewöhnlich zum Schutz von Bodentruppen eingesetzt werden. Iran hat nur eine geringe Anzahl dieser Jets zur Verfügung. Sie stammen aus der Zeit des ersten Golfkriegs 1991. Damals waren sieben Piloten mit ihren Suchoi-25 Jets aus dem Irak nach Iran geflüchtet. Iran hat sich auch nach Ende des Krieges geweigert, die Maschinen zurückzugeben.

Nicht klar ist, wer die nun an den Irak gelieferten Maschinen steuert. Zwar waren irakische Piloten dafür ausgebildet worden, doch inzwischen sind elf Jahre vergangen. Die Vermutung liegt nahe, dass entweder iranische oder russische Piloten die Maschinen bedienen. Oberst Murjani könnte einer von ihnen gewesen sein.

Unbestätigten Meldungen zufolge wurden auch iranische Soldaten im Irak getötet. Auch aus Syrien gibt es Meldungen über iranische Soldaten und Offiziere, die im dortigen Bürgerkrieg ums Leben gekommen sein sollen. Am 3. Juli wurden drei Militärs, die den Gerüchten nach in Syrien getötet worden waren, in der im Nordosten Irans gelegene Stadt Maschhad beigesetzt.

Oberst Murjani war der erste Tote, der offiziell als im Irak gefallener Offizier beigesetzt wurde. Iran unterstützt sowohl das Regime in Syrien als auch das im Irak. Die Sunnitenmiliz ISIS, die Teile Syriens und Iraks bereits erobert hat und die Gründung eines Kalifats anstrebt, betrachtet Teheran als Feind. Kürzlich erklärte Präsident Rohani, Iran werde die Zerstörung der heiligen schiitischen Stätte im Irak mit aller Kraft verhindern.


SANKTIONEN GEGEN CHAMENEI UND ROHANI GEFORDERT

Zwei amerikanische Senatoren haben einem Bericht der BBC vom 11. Juli zufolge Sanktionen gegen Revolutionsführer Ali Chamenei und Präsident Hassan Rohani gefordert. Die beiden Republikaner Mark Kirk und Marco Rubio haben eine Vorlage vorgelegt, in der gefordert wird, dass auch Chamenei und Rohani auf die Liste jener Personen gesetzt werden, gegen die Sanktionen beschlossen worden sind. Und zwar nicht aufgrund des Atomkonflikts, sondern wegen Verletzung von Menschenrechten.

Die USA haben in den vergangenen Jahren auch wegen Verletzung der Menschenrechte gegen eine ganze Reihe von hochrangigen Politikern Sanktionen verhängt, unter anderem gegen den ehemaligen Informationsminister Heydar Moslehi, den Oberkommandierenden der Milizenorganisation Basidsch und den Teheraner Staatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi. Aus iranischer Sicht haben diese Maßnahmen politische Gründe.

US-Präsident Barack Obama hat sich bislang nicht zu der Forderung der Senatoren geäußert. Politische Beobachter gehen jedoch davon aus, dass ein solcher Schritt die Atomverhandlungen schwer belasten und den Versuch einer Annäherung zwischen Washington und Teheran erheblich beeinträchtigen würde.

Die beiden Senatoren planen auch die Gründung eines Koordinationsbüros, das die Lage der Menschenrechte im Iran genauer unter die Lupe nehmen soll. Dafür haben sie ein Budget von 32 Millionen Dollar vorgesehen. Sie werfen der Obama-Regierung vor, seit der Amtsübernahme von Präsident Rohani lediglich gegen eine Person Strafmaßnahmen beschlossen zu haben, was ihrer Meinung nach nicht ausreicht.

Indes haben zahlreiche Kongressmitglieder ein Schreiben an Präsident Obama geschickt, in dem sie die Regierung auffordern, den Kongress bei möglichen Beschlüssen zur Reduzierung der wegen des Atomkonflikts beschlossenen Sanktionen gegen Iran mit einzubeziehen.

Gemäß den Vereinbarungen bei den Atomverhandlungen sollen im Falle eines endgültigen Vertrags zur Beilegung des Konflikts sämtliche Sanktionen gegen Iran aufgehoben werden. Genau hier verlangen die Kongress-Mitglieder Mitspracherecht. Sie erinnern daran, dass ein Großteil der Sanktionen gegen Iran nicht im Rahmen des Atomkonflikts, sondern wegen Verletzung der Menschenrechte, Unterstützung terroristischer Gruppen sowie wegen des Raketenprogramms verhängt wurde. "Es wäre vernünftig, wenn Regierung und Kongress zusammenarbeiten würden, um die Gefahr einer atomaren Bewaffnung Irans, die die Sicherheit der Vereinigten Staaten bedroht, endgültig zu bannen", schrieben die Kongressmitglieder in dem Schreiben an Obama, das von mehr als drei Viertel der Abgeordneten unterzeichnet wurde.

Dem Gesetz nach kann der Präsident einen Großteil der Sanktionen ohne Zustimmung des Kongresses aufheben. Doch der politische Preis eines solchen Schrittes wäre wahrscheinlich zu hoch, vor allem weil die gänzliche Aufhebung der Sanktionen der Zustimmung des Kongresses bedarf.

Im Kongress haben die Republikaner die Mehrheit. Ihre Position Iran gegenüber ist gewöhnlich kritischer als die der Regierung. Dementsprechend betrachten sie die Atomverhandlungen mit Iran mit größerer Skepsis. Der Senat hingegen besteht mehrheitlich aus Demokraten. Er hat in den vergangenen sechs Monaten eine Verschärfung der Sanktionen gegen Iran, die von den Republikanern gefordert wurde, verhindert.


SADEGHI ZUM NEUEN BOTSCHAFTER IN SAUDI-ARABIEN ERNANNT

Wie iranische Medien am 23. Juli meldeten, wurde Hossein Sadeghi zum neuen Botschafter Irans in Saudi-Arabien ernannt.

Denselben Posten hatte Sadeghi bereits während der Regierungszeit Mohammad Chatamis inne. Seine Amtszeit bildete die friedlichste Periode zwischen Teheran und Riad. Die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen lief damals ohne Probleme. Erst in der Regierungszeit von Mahmud Ahmadinedschad begannen die Konflikte. Dies ging soweit, dass Saudi-Arabien versuchte, gemeinsam mit anderen Ländern am Persischen Golf und unterstützt von den USA, eine Front gegen Iran zu bilden. Die iranische Atompolitik, die Rolle Irans in Syrien und im Irak sowie die Beziehungen Irans zu den Schiiten in den Golfstaaten bildeten die wichtigsten Konfliktpunkte zwischen den beiden Staaten.

Mit der Regierungsübernahme von Hassan Rohani änderte sich die Atmosphäre. Teheran war ernsthaft bestrebt, die Probleme aus dem Weg zu räumen und wieder enge Beziehung zu den Staaten am Persischen Golf herzustellen. Dies gelang auch mit einigen Staaten, bislang jedoch nicht mit Saudi-Arabien.

Ex-Staatspräsident Haschemi Rafsandschani, der gegenwärtig dem Obersten Schlichtungsrat vorsitzt, plädiert immer wieder für enge Beziehungen zu Saudi-Arabien. Er hat mehrmals seine Bereitschaft erklärt, zwischen Teheran und Riad zu schlichten. Bei einem Treffen mit dem saudischen Botschafter in Teheran im vergangenen April sagte er: "So lange wir leben, müssen wir uns bemühen, Grundsätze für die Beziehungen zwischen den islamischen Staaten festzulegen." Vor einigen Wochen sagte er bei einem Treffen mit Sadeghi, Iran und Saudi-Arabien müssten eng zusammenarbeiten, um gemeinsam gegen Extremisten in der Region vorgehen zu können. Sadeghi beklagte: "In bestimmten Phasen haben manche Maßnahmen und Missverständnisse die Vertrauensbasis zwischen Teheran und Riad überschattet."


PARLAMENT BEGRÜßT AUFWERTUNG DER BEZIEHUNGEN ZU GROßBRITANNIEN

Nasser Fereiduni, Mitglied der Parlamentariergruppe für Großbritannien, sagte der Agentur IRNA zufolge am 21. Juli, die Regierung Rohani habe sich seit ihrer Amtsübernahme um gute Beziehungen zu anderen Staaten bemüht und "wir im Parlament begrüßen die Aufwertung der Beziehungen zu Großbritannien".

"Zurzeit stimmen weder die Regierung, noch das Parlament und der Revolutionsführer sowie das iranische Volk für einen Abbruch der Beziehungen zu irgendeinem Staat." Erfreulicherweise seien die Stellungnahmen Großbritanniens im Atomkonflikt weitgehend entschärft worden. "Sollte diese neue Haltung Großbritanniens in der Praxis umgesetzt werden, wird sie sicherlich zur Beschleunigung der Wiedereröffnung der Botschaften in Teheran und London einen wichtigen Beitrag leisten."

Zurzeit werden die Beziehungen zwischen London und Teheran durch nicht sesshafte Botschafter geleitet. Die letzten direkten Gespräche auf Außenministerebene fanden am Rande der Atomverhandlungen in Wien statt. Dabei wurde, wie offiziell bekannt gegeben, auch über eine Wiederaufnahme der vollen diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern gesprochen.

Das Parlament in Teheran hatte im Herbst 2011, nachdem Großbritannien einer erheblichen Verschärfung der Sanktionen gegen Iran zugestimmt hatte, beschlossen, die Beziehungen zu London auf die Ebene von Geschäftsführern herabzusetzen. Fast gleichzeitig hatte eine Gruppe von Demonstranten die britische Botschaft in Teheran gestürmt und erheblichen Schaden angerichtet. Das hatte zufolge, dass Großbritannien seinen Botschafter und die Botschaftsmitarbeiter nach London zurückberief und die Ausweisung iranischer Diplomaten aus London anordnete.

In dem Beschluss des iranischen Parlaments hieß es: "Sollte die feindliche Iran-Politik Großbritanniens zurückgenommen werden, kann das Außenministerium die Beziehungen zu London wieder normalisieren."


NEUER BOTSCHAFTER IN BERLIN

Wie die iranischen Medien am 6. Juli meldeten, wurde der 67-jährige Diplomat Ali Madschidi zum neuen Botschafter Irans in Deutschland ernannt. Er hat Iran bereits in mehreren Ländern als Botschafter vertreten, darunter in Brasilien und Japan. Unter Chatami war er Vizeaußenminister. Zuletzt hatte er den Posten des Vizeölministers inne.

Madschidi steht Präsident Hassan Rohani sowie Außenminister Dschawad Sarif nahe. Als Rohani Chefunterhändler im Atomkonflikt war, gehörte er zur iranischen Delegation. Politisch zählt Madschidi zu den gemäßigten Reformern. Der graduierte Ökonom soll sich für die Belebung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zu Deutschland einsetzen.


ERNENNUNG DES NEUEN SONDERGESANDTEN FÜR SYRIEN WIRD BEGRÜßT

"Wir begrüßen die Ernennung von De Mistura (zum UN-Sondergesandten für Syrien) und werden ihn, wie seine Vorgänger auch, in seiner Mission unterstützen", sagte die Sprecherin des Außenministeriums Marsieh Afkhami am 15. Juli der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA zufolge. Iran habe sich stets für Frieden und Stabilität des syrischen Staates eingesetzt und werde dies auch in Zukunft tun.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte am 10. Juli den ehemaligen italienischen Vizeaußenminister Staffan de Mistura zum neuen UN-Sonderbeauftragten ernannt. De Mistura tritt die Nachfolge von Lakhdar Brahimi an, der im Mai dieses Jahres seinen Rücktritt erklärt hatte, weil er nach eigenen Angaben bei seiner Mission gescheitert war und keine Hoffnung mehr auf Erfolg sehe.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
www.boell.de

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
13. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 08/2014 - August 2014 / 13. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2014