Schattenblick → INFOPOOL → GESELLSCHAFTEN → STIFTUNGEN


HEINRICH BÖLL STIFTUNG/415: Iran-Report Nr. 7 - Juli 2018


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 7 - Juli 2018
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Chamenei fordert weniger Reisen ins Ausland
• Harte Kritik einer Studentin an Chamenei
• Laridschani zum 11. Mal zum Parlaments-Präsidenten gewählt
• Rohani fordert Zulassung von Frauen zu Sportstadien
• Gesetz zum Schutz von Frauen vor Gewalt
• Peitschenschläge wirksamer als Gefängnis
• Umweltaktivisten unter Spionageverdacht
• 27 "Terroristen" festgenommen
• Zweifel an Rafsandschanis natürlichem Tod
• Sotoudeh erneut festgenommen


CHAMENEI FORDERT WENIGER REISEN INS AUSLAND

Am 15. Juni hat Revolutionsführer Ali Chamenei, aus Anlass des zu Ende gegangenen Fastenmonats, die Freitagspredigt in Teheran gehalten. Zunächst lobte er das iranische Volk, das in Bezug auf die Moral und auf die Nähe zu Gott "Jahr für Jahr" große Fortschritte gemacht habe. Die Teilnahme an den landesweiten Kundgebungen zum Al-Kuds-Tag sei in diesem Jahr größer gewesen als je zuvor. "Dieses Volk ist wach und zu Taten bereit. Es ist nicht müde." Jene, die das Gegenteil behaupteten, seien selbst müde, ohne Elan und Freude, sagte der Revolutionsführer.

Er habe auch aus anderen Ländern die Informationen bekommen, dass die Teilnahme am Al-Kuds-Tag in diesem Jahr besonders beeindruckend gewesen sei. Dies bedeute, dass sich, trotz massiver Propaganda gegen die Islamische Republik, andere Völker dem iranischen Volk näher fühlten als je zuvor.

Chamenei sagte weiter, dass die USA in der Nahostregion eine Niederlage erlitten hätten. Er warnte vor Verschwörungen gegen Iran. "Das iranische Volk muss die Verschwörungen erkennen." Ziel der Feinde sei es, wirtschaftlichen Druck auszuüben, um in der Bevölkerung Resignation zu verbreiten. Er forderte das Volk und die Regierung auf, sich gemeinsam um die Bewältigung wirtschaftlicher Probleme zu bemühen. Er appellierte an die Bevölkerung jeden Überfluss an Konsum zu vermeiden. Wer Kapital besitze, solle es in produktive Projekte investieren. "Leute, die sich angewöhnt haben, ins Ausland zu reisen, sollen diese Gewohnheit unterlassen." Er meine allerdings nicht die Pilgerfahrten. Diese seien auch nicht so teuer. Aber Auslandreisen zum Vergnügen, sollte man besser unterlassen. Kaufleute sollten keine Waren importieren, wenn ähnliche Waren im eigenen Land produziert würden.

In einem anderen Teil seiner Predigt rief Chamenei die Bevölkerung zur nationalen Einheit auf. Mit Blick auf die Machtkämpfe zwischen den Fraktionen sagte er, die inneren Auseinandersetzungen sollten auf später vertagt werden. "Heute, wo die Feinde gegen uns eine Front gebildet haben, müssen wir zusammenhalten. Ich bitte auch Zeitungen, falsche Behauptungen der Feinde der Islamischen Republik, die einen psychologischen Krieg gegen uns führen, um das Volk zu schwächen, nicht zu publizieren."

Im zweiten Teil seiner Predigt stellte Chamenei eine "bessere Zukunft" in Aussicht. "Mit Gottes Segen und mit diesem vitalen, froh gestimmten, frommen und unabhängigen Volk erwartet uns eine bessere Zukunft."


HARTE KRITIK EINER STUDENTIN AN CHAMENEI

Bei einem Treffen des Revolutionsführers Ali Chamenei mit einer Gruppe von Studierenden am 29. Mai hat eine Studentin scharfe Kritik gegen den Islamischen Staat geübt. Sie machte auch Chamenei für die unerträgliche Lage des Landes verantwortlich.

Sahar Mahrabi forderte - statt der herrschenden Willkür - die Herrschaft des Rechts, mehr Demokratie und die Möglichkeit eines Machtwechsels. "Die wachsende Kluft zwischen den Gesellschaftsklassen, das fehlende Vertrauen in den Staat, der Zerfall moralischer Werte, die katastrophale Lage der Umwelt, die Zunahme der Slumbewohner, die Ausgrenzung von Minderheiten und die schlimme Lage auf dem Arbeitsmarkt haben die nationale Einheit zerstört", sagte sie. "Es gibt keine Möglichkeit, die Aktivitäten einiger Institutionen, die, wie die Revolutionsgarden, die Justiz, Rundfunk und Fernsehen und die Stiftung für Hilfsbedürftige, unter Ihrer Führung stehen, zu untersuchen und die Verantwortlichen zu zwingen, Rechenschaft abzulegen."

Die "willkürliche Ablehnung" der Bewerbungen um Mandate im Parlament und die "illegale Einmischung" der Justiz in Angelegenheiten anderer Institutionen hätten die Herrschaft des Volkes stark geschwächt, sagte Mahrabi weiter. Die wiederholte Aussetzung der Versammlungsfreiheit sowie die zunehmenden Einschränkungen des Rechts auf Zugang zu Informationen, durch illegale Filterung sozialer Netzwerke und die Zensur der Presse, hätten eine Atmosphäre geschaffen, in der jede Kritik zu einem Risiko geworden sei.

Mahrabi kritisierte auch die Korruption und die ungleiche Behandlung der Bürger. Berechtigte Proteste der Bürger, vor allem der Werktätigen und Lehrer, würden mit gerichtlicher Verfolgung beantwortet - "einer Methode, die zwar das Problem vorübergehend verwischt, es aber nicht löst", sagte sie.

"Nun ist die Frage, was der Staatspräsident, der die Exekutive leitet, der Justizchef, der die Pflicht hat, Rechte und Gesetzte zu verteidigen und durchzusetzen, oder auch der Revolutionsführer, der laut Artikel 110 der Verfassung über so viel Macht verfügt, zu diesen Vorwürfen zu sagen haben?", fuhr Mahrabi fort. Stereotype Antworten seien wenig hilfreich. Die richtige Reaktion auf die Kritik sei die Rückkehr zu der Verfassung, sagte sie. Sie forderte das Recht der Bürger auf Selbstbestimmung und eine "gesunde und unabhängige Justiz".

Obwohl die Studentin wegen der Einmischungen der Geheim- und Sicherheitsdienste von einer "Atemnot an den Universitäten" sprach, erklärte Chamenei, ihre Worte zeugten von "Fröhlichkeit und Lebendigkeit". Die Lösung liege im "revolutionären Handeln", sagte er. "Die Wünsche, die seitens der lebensfrohen Jugendlichen so leicht vorgetragen werden, sind angesichts bestehender Realitäten nicht so leicht umzusetzen. Sie bedürfen viel Arbeit und Engagement und der Schaffung bestimmter Voraussetzungen."

Es sei nicht zulässig, die "demokratischen Verhältnisse in der Islamischen Republik" als "Diktatur" zu bezeichnen, sagte Chamenei. Richtig sei, dass der Revolutionsführer für die Führung der Streitkräfte und anderer staatlicher Organe zuständig sei, aber weder die Justiz noch Fernsehen oder Rundfunk würden von ihm geführt, obwohl deren Chefs von ihm ernannt würden. "Zum Beispiel habe ich sowohl früher als auch jetzt die Sender kritisch betrachtet und war oft mit deren Arbeit nicht zufrieden", betonte Chamenei. "Wenn man die Probleme richtig lösen und die Fehler beseitigen will, muss man junge, gläubige und motivierte Kräfte engagieren. Das habe ich immer wieder betont." Weiter sagte Chamenei: "Ich werde über verschiedene Kanäle über die Lage im Land informiert. Ich denke, dass die Islamische Republik, trotz einiger Probleme, in den vergangenen 40 Jahren in allen Bereichen Fortschritte erzielt hat. (...) Manche Kritiker behaupten, ich würde die Schuld für alle Probleme den Amerikanern und Engländern in die Schuhe schieben. Das ist falsch. Ich bin der Meinung, dass die Ursachen der meisten Probleme im Innern des Landes erzeugt werden. Allerdings werden sie von äußeren Feinden ausgenutzt."


LARIDSCHANI ZUM 11. MAL ZUM PARLAMENTS-PRÄSIDENTEN GEWÄHLT

Ali Laridschani wurde am 30. Mai zum 11. Mal zum Präsidenten des Parlaments gewählt. Allerdings gewann er die Wahl erst nach dem zweiten Wahlgang. Beim ersten Wahlgang bekam keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit. Der Mitbewerber Laridschanis, der Reformer Mohammad Resa Aref, Vorsitzender der Fraktion Omid (Hoffnung), bekam beim ersten Wahlgang die meisten Stimmen. Doch beim zweiten Wahlgang trat der dritte Bewerber, Hamid Resa Hadschbabai, zugunsten Laridschanis zurück. Hierdurch konnte Laridschani mit 147 Stimmen gegen Aref mit 123 Stimmen die Wahl mit relativer Mehrheit gewinnen. Einige Abgeordnete kritisierten, mit Hinweis auf die Parlamentssatzung, die "Schenkung" der Stimmen an Laridschani. Doch Laridschani, der die Sitzung leitete, lehnt die Kritik ab und erklärte die Wahl als legitim.


ROHANI FORDERT ZULASSUNG VON FRAUEN ZU SPORTSTADIEN

"Im Islam gibt es zwischen Frauen und Männern keinen Unterschied ... daher sollte es Frauen auch erlaubt werden, an sportlichen Wettbewerben teilzunehmen", zitierte dpa Präsident Hassan Rohani. Rohani sagte dies bei einem Empfang von einer Gruppe von Sportlern im Präsidialamt am 23. Mai. Die Aufhebung des Zutrittsverbots, das seit der Gründung der Islamischen Republik vor vierzig Jahren besteht, wäre nach Ansicht des Präsidenten weltweit eine gute Werbung für die Rolle der Frauen im Islam. Rohani widersprach den Argumenten der konservativen Geistlichen, die meinen, dass Frauen von den männlichen Fans wegen ihrer vulgären Ausdrücke in den Stadien fernbleiben sollten. "Die Frauen können nicht bestraft werden, wenn Männer in den Stadien vulgäre Dinge schreien", sagte er.


GESETZ ZUM SCHUTZ VON FRAUEN VOR GEWALT

Eine von der Regierung seit langem vorbereitete Gesetzesvorlage zum Schutz von Frauen vor Gewalt liege immer noch zur Begutachtung bei der Justiz, sagte die Parlamentsabgeordnete Tayebeh Siawaschi am 22. Mai. Offenbar gebe es dort Gegner dieses Gesetzes.

Die Vorlage sieht Strafmaßnahmen gegen Personen vor, die Frauen gegenüber Gewalt ausüben. Neu dabei ist, dass es nicht nur um physische Gewalt geht, sondern auch um psychische, emotionale, verbale und wirtschaftliche Gewalt. Einige Abgeordnete forderten eine rasche Entscheidung über das Gesetz. Siawaschi sagte, alle Instanzen, die um eine Stellungnahme gebeten wurden, hätten sich inzwischen zu der Vorlage geäußert. Es fehle allein die Stellungnahme des Justizchefs Sadegh Laridschani.


PEITSCHENSCHLÄGE WIRKSAMER ALS GEFÄNGNIS

Hadi Sadeghi, Stellvertreter des Justizchefs, meint, Peitschenschläge seien weit wirksamer als Gefängnisstrafen. Sadeghi bezeichnete Schläge mit der Peitsche als eine islamische Strafmaßnahme. Demgegenüber sei die Gefängnisstrafe eine Maßnahme, die aus Frankreich importiert worden sei. "Gefängnisse sind sehr schädlich. Sie gehören nicht zum islamischen Glauben", sagte der Geistliche Sadeghi.

In der islamischen Gesetzgebung sind Peitschenschläge als Strafmaßnahme vorgesehen. Ein Verurteilter kann demnach mit bis zu 100 Peitschenschlägen bestraft werden. Menschenrechtsorganisationen halten Peitschenschläge für inhuman. Sie sollten nicht einmal gegen Tiere eingesetzt werden, erklärten diese.

In Iran werden Peitschenschläge seit der Gründung der Islamischen Republik als Strafmaßnahme verordnet, nicht allein gegen Kriminelle, sondern auch politisch Verurteilte bleiben davon nicht verschont.

Sadeghi bezeichnete Gefängnisse als "Universitäten des Verderbens. Sie sollten abgeschafft und durch Peitschenschläge ersetzt werden", forderte er.


UMWELTAKTIVISTEN UNTER SPIONAGEVERDACHT

Der Sprecher der Justiz, Gholamhossein Ejahi, hat die seit Februar in Haft befindlichen Umweltaktivisten erneut als Spione bezeichnet. Damit widersprach er dem Leiter des Amtes für Umweltschutz, Isa Kalantari. Dieser hatte erklärt, dass die von Präsident Rohani eingesetzte Untersuchungsgruppe zu dem Ergebnis gekommen sei, die verhafteten Umweltaktivisten seien keine Spione. "Die vierköpfige Gruppe fordert die Freilassung der Aktivisten. Sie hat keinerlei Beweise gefunden, die den Vorwurf der Spionage bestätigen könnten", sagte Kalantari. Teilnehmer der Gruppe waren der Justizminister, der Innenminister, der Informationsminister und der für juristische Frage zuständige Stellvertreter des Präsidenten.

Ejehi sagte, die Stellungnahme der Gruppe sei ohne Einsicht in die Akten erfolgt. Auch der Teheraner Staatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi stellte die Stellungnahme der vierköpfigen Gruppe in Frage. Sie habe keinen Zugang zu den Akten gehabt, bestätigte dieser. Daher hätten weder sie noch der Leiter des Amtes für Umweltschutz das Recht, sich in diese Angelegenheit einzumischen.

Auch im Parlament wurde über die Umweltaktivisten debattiert. Vier Abgeordnete verlangten die Anwesenheit des Informationsministers. Er solle Auskunft über Kaweh Madani, den Stellvertreter des Amtes für Umweltschutz, erteilen. Madani hatte, nachdem Sicherheitsorgane ihm Probleme machten, am 18. April das Land verlassen und sich ins Ausland begeben. Dazu sagte Staatsanwalt Dolatabadi: "Madani war schuldig. Aus Furcht vor unseren Ermittlungen hat er das Land verlassen. ... Wenn wir hier und dort auf Internetseiten lesen, dass der und der ins Ausland gegangen ist, sollten wir wissen, dass dies mit den Ermittlungen zu tun hat. Aber wer das Land verlässt, wird irgendwann zurückkehren."

Indes veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur Irna, nach der eindeutigen Stellungnahme der Regierung zugunsten der Umweltaktivisten, einen ausführlichen Bericht über den Fall. Dieser wurde vom zweiten Programm des staatlichen Fernsehens gesendet. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die Umweltaktivisten für ausländische Geheimdienste spioniert hätten.

Besondere Brisanz hat der Fall, da einer der inhaftierten Aktivisten, Kawus Emami, ein bekannter Umweltforscher und Professor an der Emam Sadegh Universität in Teheran, eine Woche nach seiner Festnahme im Februar diesen Jahres im Gefängnis angeblich Selbstmord beging (ausführlich siehe IR 03/18). Später erklärte Dolatabadi, zwar habe der "Hauptbeschuldigte" Selbstmord begangen, aber die anderen Inhaftierten hätten "interessante Aussagen gemacht". Ihre Aufgabe sei es gewesen, geheime Informationen ins Ausland zu schicken. Einer der Beschuldigten habe gestanden, im Ausland für solche Aufgaben ausgebildet worden zu sein. Ein anderer habe zugegeben, monatlich ein Honorar für seine Spionagetätigkeit bekommen zu haben. Er habe einen sicheren Computer gehabt, monatlich Berichte an den britischen Geheimdienst und Geheimdienste anderer Länder geschickt und mit ihnen Informationen ausgetauscht.

Die Inhaftierung der Umweltaktivisten, der mysteriöse Tod von Kawus Emami und der Absturz einer Maschine mit Umweltaktivisten an Bord werfen zahlreiche Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft hat sich bisher auf Beschuldigungen beschränkt und keinerlei glaubhafte Beweise vorgelegt. Interessant ist auch, dass sich hier wieder einmal Justiz und Regierung gegenüberstehen. Es gibt Gerüchte, die besagen, die Umweltaktivisten hätten in der Wüste von Lut Atommüll aus Russland entdeckt, welcher erhebliche Umweltschäden verursacht habe.


27 "TERRORISTEN" FESTGENOMMEN

Einem bericht der AFP vom 12. Juni zufolge wurden 27 Personen festgenommen. In der Begründung hieß es, sie hätten während des Fastenmonats Terroranschläge geplant. Das "Terrornetzwerk" habe geplant, in der Hauptstadt Teheran und in anderen Städten "Terroroperationen" durchzuführen. Diese hätten am Kadir-Fest und Al-Kuds-Tag stattfinden sollen, so ein vom Informationsministerium veröffentlichter Bericht.

Bei der Festnahme seien große Mengen an Waffen und Munition sichergestellt worden, hieß es. Auch die Revolutionsgarden hatten am 10. Juni die Tötung mehrerer "Terroristen" gemeldet. Sie sollen, über die irakisch-iranischen Grenze kommend, versucht haben, das Land zu infiltrieren.


ZWEIFEL AN RAFSANDSCHANIS NATÜRLICHEM TOD

Gholam Ali Redschai, Berater des ehemaligen Präsidenten Haschemi Rafsandschani, sagte in einem Interview mit der Seite Ensaf News am 9. Juni über den überraschenden Tod Rafsandschanis: "Es war kein Schlaganfall, es war kein natürlicher Tod. (...) Ich bin kein Geheimdienstler und kann auch nicht Einzelheiten des Geschehens analysieren. Aber ich weiß, dass irgendetwas passiert ist." Rafsandschani war im Januar 2017, ohne krank zu sein, plötzlich gestorben. Sein Tod gab viele Rätsel auf. Politische Beobachter bezweifelten damals, dass die offizielle Version über einen Schlaganfall, stimmen kann. Gerüchte über einen Mord an dem einflussreichen Politiker setzten sich in Umlauf.

Der Sohn Rafsandschanis, Yasser Haschemi, hatte schon zuvor bekannt gegeben, dass der Nationale Sicherheitsrat dabei sei, die Umstände des Todes von Rafsandschani zu prüfen. Die bereits geschlossene Akte des Verstorbenen sei durch Präsident Rohani zu Überprüfung an den Nationalen Sicherheitsrat weitergeleitet worden.

Redschai sagte ohne Kommentar, die Frau Rafsandschanis habe gesagt, ihr Mann hätte zehn Tage vor seinem Tod die Namen von zehn Personen genannt und gesagt: "Diese Leute werden mich eines Tages umbringen". Auch die Tochter Rafsandschanis habe erzählt, dass sie einige Tage vor dem Tod ihres Vaters ein Motorradfahrer mit folgenden Worten angesprochen hätte: "Sagen Sie ihrem Vater, sein Tod werde geplant."

Seit dem Tod Rafsandschanis bemüht sich seine Familie um Aufklärung. Faeseh, die jüngste Tochter Rafsandschanis, erklärte, in dem Bericht des Nationalen Sicherheitsrats werde erwähnt, dass im Körper Rafsandschanis zehnmal mehr radioaktive Strahlen als normal festgestellt worden seien.

Auch der Bruder Rafsandschanis, Mohammad Haschemi, meldete Zweifel an der offiziellen Todesursache. Die Ärzte hätten angegeben, Rafsandschani sei an einem Herzstillstand gestorben, sagte er. Doch niemand habe erklärt, wie es dazu gekommen sei. Auch er erwähnte die radioaktiven Strahlen und sagte: "Auch dafür gibt es bislang keine Erklärung."


SOTOUDEH ERNEUT FESTGENOMMEN

Die iranische Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh befindet sich seit dem 13. Juni erneut in Haft. Ihr Mann Resa Chandan teilte am 14. Juni per Facebook mit, dass die 55-järige von Sicherheitsbeamten aus ihrer Wohnung verschleppt und ins berüchtigte Teheraner Evin-Gefängnis gebracht worden sei. Zu den Gründen der Festnahme machte er keine Angaben. Er warf dem iranischen Staat vor, statt seine Pflichten zu erfüllen und seine Befugnisse zum Wohle der Bevölkerung einzusetzen, vergnüge er sich mit Festnahmen von Kritikern.

Die 1963 geborene Sotoudeh schloss 1995 ihr Jurastudium ab. Sie musste acht Jahre lang auf ihre Anwaltszulassung warten. Während dieser Wartezeit arbeitete sie als Journalistin. Sie schrieb zumeist für Frauenzeitschriften, vorwiegend über Frauen- und Kinderrechte.

Auch als Anwältin engagierte sie sich weiter für die Rechte der Frauen. Sie gehört zu den wenigen iranischen Anwälten und Anwältinnen, die den Mut aufbringen, Menschenrechtaktivisten und Dissidenten vor Gericht zu verteidigen. Nicht selten werden in der Islamischen Republik Anwälte von Dissidenten selbst gerichtlich verfolgt. Zuletzt leistete Sotoudeh den jungen Frauen Rechtsbeistand, die aus Protest gegen Kleidungszwang, in der Öffentlichkeit demonstrativ ihr Kopftuch abnahmen. Laut Angaben der Polizei vom Februar dieses Jahres wurden bei diesen Protesten 29 Frauen festgenommen.

Sotoudeh ist Mitglied des Vereins zur Verteidigung der Menschenrechte und des Vereins zur Verteidigung der Rechte von Kindern. Zudem war sie an der "Kampagne einer Million Unterschriften zur Änderung der ungleichen Rechte der Geschlechter" aktiv beteiligt.

Die engagierte Anwältin wurde in den vergangenen Jahren mehrmals in Haft genommen. 2011 wurde sie wegen "Verstoß gegen die nationale Sicherheit und Propaganda gegen die Islamische Republik" zu sechs Jahren Haft und einem zehnjährigen Arbeitsverbot verurteilt. Zweimal trat sie im Gefängnis aus Protest gegen die schlechten Haftbedingungen in Hungerstreik. Sie war vollkommen isoliert und durfte nicht einmal ihre Tochter und ihren Sohn sehen. Der tatsächliche Grund ihrer Verhaftung war die Verteidigung von jenen Gefangenen, die 2009 im Zuge der Proteste gegen die umstrittene Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad festgenommen worden waren.

Gegen dieses harte Urteil legte das Europaparlament scharfen Protest ein und forderte die Islamische Republik Iran auf, Sotoudeh und alle anderen Gefangenen aus Gewissensgründen sofort und ohne Bedingung freizulassen. 2013, kurz nach der Wahl von Präsident Hassan Rohani, wurde Sotoudeh aus der Haft entlassen. 2014 wurde das Arbeitsverbot aufgehoben.

2012 erhielt Sotoudeh, gemeinsam mit dem iranischen Filmemacher Dschafar Panahi, den Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments für Menschenrechte. Bereits 2008 war sie von einer italienischen Menschenrechtsgruppe mit dem International Human Rights Award ausgezeichnet worden. 2011 erhielt sie, für ihren Kampf gegen die rechtliche Diskriminierung von Frauen, ihre Verteidigung von zum Tode verurteilten jugendlichen Straftätern und ihren Kampf für die Gleichberechtigung der Geschlechter in Iran, vom florentinischen Stadtrat den Menschenrechtspreis der Stadt Florenz.

Amnesty International verurteilte die Festnahme Sotudehs und sprach von einem empörenden Angriff auf eine mutige und produktive Verteidigerin von Menschenrechten.

Am 22. Juni teilte Chandan mit, seine Frau hätte freikommen können, wenn sie eine Kaution in Höhe von umgerechnet 130.000 Euro gezahlt hätte. Sie sei aber weder in der Lage noch gewillt gewesen, diese völlig unangemessene Summe zu bezahlen. Diese Forderung der Justiz sei "genauso absurd wie die Vorwürfe gegen sie", sagte der Ehemann. Die konkreten Vorwürfe sind nach wie vor nicht bekannt. Allgemein wird Sotoudeh beschuldigt, gegen die Staatsordnung der Islamischen Republik Propaganda betrieben zu haben.

*


KULTUR

• Panahi für bestes Drehbuch in Cannes ausgezeichnet
• Zibakalam mit "Freedom of Speech Award" ausgezeichnet
• Clayderman veranstaltet Konzerte in Iran


PANAHI FÜR BESTES DREHBUCH IN CANNES AUSGEZEICHNET

Der iranische Filmemacher Dschafar Panahi wurde beim diesjährigen Filmfestival in der südfranzösische Stadt Cannes für das beste Drehbuch "Three faces" (Drei Gesichter) ausgezeichnet. Allerdings konnte er, da er Ausreiseverbot hat, den Preis nicht persönlich entgegennehmen. Er wurde 2010 zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufs- und Ausreiseverbot verurteilt. Grund war, dasser einen Film über die Proteste von 2009 gegen die umstrittene Wiederwahl des damaligen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad geplant hatte.

Stellvertretend für Panahi hat seine Tochter, die Schauspielerin Solmaz Panahi, den Preis entgegengenommen. Panahi bekam den Preis nachträglich von seiner Hauptdarstellerin Behnaz Jafari in Teheran ausgehändigt.


ZIBAKALAM MIT "FREEDOM OF SPEECH AWARD" AUSGEZEICHNET

Die Deutsche Welle hat in diesem Jahr den iranischen Politologen Sadegh Zibakalam mit dem "Freedom of Speech Award" ausgezeichnet. Er nahm den Preis beim "Global Forum" in Bonn in Empfang. Die Preisverleihung löste in Kreisen der iranischen Opposition Proteste aus. Zibakalam gehöre zum System des Islamischen Staates, daher sei es falsch, wenn die Deutsche Welle ihn mit einem Preis auszeichne, der für Personen bestimmt sei, die sich in herausragender Weise in den Medien für Menschenrechte engagierten, so der Vorwurf.

Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, erklärte zu der Preisverleihung: "Wir können die Menschen nicht aus dem Gefängnis holen, aber wir können etwas tun - in dem wir als Medium eine breite Öffentlichkeit schaffen." Der Freedom of Speech Award stelle eine Plattform zur Verfügung, die seit der Preisverleihung 2015 immer mehr an Relevanz gewonnen habe.

Zibakalam betonte, es gebe in Iran andere Personen, die die Auszeichnung weit mehr als er verdienten. Als Beispiel nannte er Narges Mohammadi, Nassrin Sotoudeh, Abdolfattah Soltani und andere. In einem Interview mit der Deutschen Welle äußerte er Verständnis für die Proteste gegen seine Auszeichnung. vor allem, weil er kürzlich in einem Interview gesagt habe, wenn es um die Existenz der Islamischen Republik ginge, sei er bereit sich zu bewaffnen. Doch zugleich betonte er, wenn die Islamische Republik, die er tausendfach kritisieren könnte, stürzen würde, werde es keinen Fortschritt geben, sondern eher einen Rückfall. Er befürchte, dass ein möglicher Sturz des Regimes zu chaotischen Zuständen, ähnlich wie in Syrien, führen würde.

In seiner Dankesrede erwähnte Zibakalam die Unterdrückung Oppositioneller, Schriftsteller, Journalisten und von Menschrechtaktivisten, betonte aber zugleich, dass es im Laufe der vergangenen vierzig Jahren auch "kleine, aber spürbare" Fortschritte gegeben habe. Als Beispiel erwähnte er die, seiner Meinung nach, unabhängige Presse. "Heute gibt es in Iran ein halbes Dutzend Zeitungen, die als unabhängig bezeichnet werden können", sagte er. Er erwähnte auch die sozialen Netzwerke, die trotz Unterdrückung durch den Staat, ein "mächtiges Instrument" bildeten, um den Prozess der politischen Öffnung und Demokratisierung voranzubringen. Er sei fest davon überzeugt, dass die Islamische Republik zur Demokratisierung fähig sei, sagte er weiter. "Vielleicht wäre es keine Übertreibung zu dem Schluss zu kommen, dass die Islamische Republik Iran nicht so düster und dunkel ist, wie es von außen scheint."

In einem Interview mit der Deutschen Pressagentur äußerte Zibakalam Zweifel an Möglichkeiten zur Rettung des Atomabkommens. "Es gibt keine realistische Chance für ein Überleben des Abkommens", sagte er. "Angela Merkel mag sauer sein auf Trump, aber letztendlich sind es deutsche Unternehmen, die entscheiden, ob sie weiter mit Teheran wirtschaftlich verbunden sein wollen oder nicht. Und wir wissen alle, dass die europäischen Unternehmen große wirtschaftliche Interessen in den USA haben. Man kann von ihnen einfach nicht erwarten, dass sie sich aus moralischen und demokratischen Erwägungen auf die Seite Irans schlagen." Die Folgen seien für die Iraner "schlichtweg schrecklich".


CLAYDERMAN VERANSTALTET KONZERTE IN IRAN

Der französische Pianist Richard Clayderman plant einem Bericht der dpa zufolge sechs Konzerte in Teheran. "Ich fühle mich geehrt, in Iran zu sein und zum ersten Mal vor den gastfreundlichen Persern spielen zu können", sagte er bei seiner Ankunft in der iranischen Hauptstadt am 22. Juni. Er habe einige Überraschungen mitgebracht. Vor seinem Auftritt in der Grand Music Hall seien jedoch einige bürokratische Formalitäten zu erledigen. Zudem müssten die Veranstaltungen mit dem Außen- und Kulturministerium koordiniert werden.

Der Pianist, der seit Jahrzehnten Iran besucht, ist in Iran sehr beliebt. Obwohl Musikaufführungen in Iran streng überwacht und oft verboten werden, scheinen die Zensoren der Islamischen Republik gegen die leichte Musik von Clayderman nichts einzuwenden zu haben.

*


WIRTSCHAFT

• Kaum noch Hoffnung auf Rettung des Atomabkommens
• Bemühungen der EU, Atomabkommen zu retten, zeigen wenig Erfolg
• Boeing steigt aus Vertrag mit Iran aus
• PSA beendet Geschäfte mit Iran
• OPEC-Länder beschließen Erhöhung der Ölproduktion
• Einfuhrverbot für mehr als 1.400 Artikel
• Kein Plan für Beseitigung von Plastikmüll
• Höchster Stand des Öl-Exports


KAUM NOCH HOFFNUNG AUF RETTUNG DES ATOMABKOMMENS

Seit dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen haben die anderen Unterzeichner des Abkommens immer wieder erklärt, dass sie, auch ohne die USA, die Vereinbarung mit Iran fortsetzen wollten. Ob dies gelingen kann, scheint mehr als fraglich. Iran hat erklärt, dass es nur an dem Abkommen festhalten werde, wenn seine Vorteile und Interessen gewahrt blieben. Dafür verlangt das Land von den europäischen Mitunterzeichnern, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Garantien, die die EU-Staaten trotz guten Willens nicht geben können.

Am 3. Juni schickte Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif ein Schreiben an die Außenminister der Unterzeichnerstaaten. Darin schrieb er: "Sollte das Atomabkommen beibehalten werden, müssten die übrig gebliebenen Staaten und die Wirtschaftspartner uns garantieren, dass die Schäden, die unserem Land durch den Austritt der USA entstanden sind, ersetzt werden. Sollte dies nicht gelingen, behält Iran sich das Recht vor, auf den illegalen Austritt der USA und die Wiederaufnahme der Sanktionen gegen Iran entsprechend zu reagieren."

Am 4. Juni erklärte Irans Revolutionsführer Ali Chamenei, die Europäer sollten nicht glauben, dass Iran sein Atomprogramm weiterhin zurückfahren werde, während die USA die Sanktionen gegen Iran wiederaufnehmen würden. "Das ist ein Traum, der sich niemals verwirklichen wird .(...)Die iranische Regierung und das iranische Volk werden niemals zulassen, sowohl unter Sanktionen als auch unter Einschränkungen im atomaren Bereich zu leiden. (...) Unsere Feinde sollten wissen, dass sie für einen Schlag gegen uns, zehn Schläge zurückbekommen werden." Mit Blick auf die Staaten der EU sagte Chamenei: "Wir können keinem Land trauen und müssen uns schon jetzt auf ein Scheitern des Abkommens vorbereiten."

Chamenei wies die iranische Atombehörde an, ab sofort alle Vorbereitungen zu treffen, um die Kapazität der Urananreicherung auf 190.000 SWU zu erhöhen (SWU - Separative Work Unit) zeigt die Menge des angereicherten Urans innerhalb eines Jahres an. 190 SWU bedeutet die vierprozentige Anreicherung vom 30 Tonnen natürlichen Uran.). Chamenei erteilte auch dem Wunsch der EU nach weiteren Verhandlungen über das Raketenprogramm und die Rolle Irans in der Region eine Absage. "Einige Europäer sprechen über eine Begrenzung unseres Raketenprogramms. Ich sage den Europäern: Unsere Raketenarbeit ist nicht zu begrenzen." Davon könnten sie nur träumen. "Das werden wir niemals zulassen." Auch Verhandlungen über die iranische Außenpolitik kämen nicht in Frage, sagte Chamenei.

Wenige Stunden danach erklärte der Sprecher der Atombehörde, Behrus Kamalwandi, er werde die internationale Atombehörde über die Erhöhung der Kapazität der Anreicherung in Kenntnis setzen. Die Erhöhung der Kapazität der Urananreicherung sei im Rahmen des Abkommens erlaubt. Auf die Frage, warum die Kapazität trotz beschränkter Zahl der Zentrifugen erhöht werde, sagte Kamalwandi, "die Produktion von Nuklearwaffen widerspricht den Prinzipien unseres Glaubens. Aber wir haben der Einschränkung der Zentrifugen zugestimmt unter der Voraussetzung, dass die anderen Vertragspartner ihre Verpflichtungen einhalten."

Am 4. Juni forderte die Internationale Atombehörde (IAEA) Iran auf, trotz des Ausstiegs der USA, die Einhaltung seiner Verpflichtungen fortzusetzen. Der Chef der Behörde, Ykiya Amano, forderte zu Beginn der Sitzung des Gouverneurrats der UN-Organisation eine "zeitgerechte und proaktive Kooperation" beim Zugang zu Atomanlagen. Dies würde die Arbeit der Inspektoren wesentlich erleichtern. Die IAEA hatte seit dem Abkommen Iran bisher 12 Mal die Einhaltung aller seiner Verpflichtungen bescheinigt.

Am 5. Juni gab der Chef der iranischen Atombehörde, Ali Akbar Salehi, bekannt, dass bereits alle Vorbereitungen zur Erhöhung der Anreichungskapazität um mehrere hunderttausend SWU getroffen seien. Er betonte, dass Iran nach wie vor zu seinen Verpflichtungen stehe, merkte aber zugleich an, dass "die Erfüllung der Verpflichtungen bei gleichzeitiger Wiederaufnahme der Sanktionen nicht möglich" sei. Ziel der Islamischen Republik sei nicht der Bau von Nuklearwaffen, sagte Salehi. Iran habe, gemäß den Anweisungen des Revolutionsführers, der immer wieder betont habe, dass man der Gegenseite nicht trauen könne, darauf geachtet, die Möglichkeit zur Erhöhung seiner Kapazität zu höherer Anreicherung nicht zu verlieren. "Wenn wir normal voranschreiten würden, hätte es sechs oder sieben Jahre gedauert, aber jetzt wird es in den kommenden Wochen und Monaten geschehen."

"Wir hoffen, dass ein Scheitern des Deals nicht eintreffen wird, aber technisch bereiten wir uns trotzdem darauf vor", sagte Salehi. Die USA erklärten zu der Bekanntgabe, man werde die Entwicklung genau beobachten. "Wir werden es Iran nicht erlauben, eine Atomwaffen zu entwickeln", twitterte US-Außenminister Mike Pompeo am 7. Juni. Das sei Iran bewusst. "Das ist ein weiteres Beispiel, wie Iran seine Ressourcen töricht verschwendet."

In einer Stellungnahme auf die Ankündigung Irans, erklärte die EU, die Erhöhung der Anreicherungskapazität sei zwar kein Verstoß gegen das Abkommen, aber sie schwäche das gegenseitige Vertrauen. Das werde in dieser kritischen Lage Iran nicht weiterhelfen, sagte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. "Die EU, die an dem Abkommen festhält, hofft, die USA dazu bewegen zu können, Ausnahmegenehmigungen für Firmen zu akzeptieren, die mit Iran Geschäfte machen. Es gibt natürlich auch das Thema der Ausnahmen von amerikanischer Seite, das beispielsweise bei den G7-Finanzministergesprächen eine Rolle gespielt hat", zitiert Reuters am 5. Juni aus Kreisen der Bundesregierung. Die EU wolle zwar an dem Abkommen festhalten und auch die Unternehmen schützen. Aber es sei klar, "dass die US-Sanktionen natürlich auch Wirkung entfalten werden beziehungsweise sich ihre Wirkung nicht völlig neutralisieren lassen."

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte davor, die Lage weiter eskalieren zu lassen. Es gebe auf beiden Seiten eine Erhöhung von Spannungen. "Ich lade alle ein, die Situation zu stabilisieren und dieser Eskalation nicht nachzugeben, denn sie wird nur zu einer Sache führen: dem Konflikt", sagte der Präsident nach einem Treffen mit dem israelischen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in Paris am 5. Juni. Auch Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian warnte am 6. Juni im Sender "Europe 1 Iran" vor der Wiederaufnahme seines ursprünglichen Atomprogramms. Sollte Iran seine Ankündigungen wahrmachen, würde es sich nahe der "roten Linie" bewegen. "Es ist immer gefährlich, mit der roten Linie zu flirten", sagte der Minister.

Am 6. Juni gab Iran die Eröffnung einer neuen Fabrik für die Herstellung von Zentrifugen bekannt. Sie wurde von Salehi in der Stadt Natans eingeweiht. "Wir hatten vor der Unterzeichnung des Atomabkommens (2015) mit dem Bau der Fabrik begonnen", sagte er im staatlichen Fernsehen. Er hoffe, bereits in einem Monat mit der Produktion der Zentrifugen beginnen zu können.

Am selben Tag veröffentlichten die Minister der drei EU-Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens, Bundesaußenminister Olaf Scholz, sein französischer Kollege Bruno Le Marie und der britische Außenminister Boris Johnson ein Schreiben an die US-Regierung, in dem sie Ausnahmeregelungen bei Geschäften mit Iran forderten. Sie äußerten erneut ihr Bedauern über den Rückzug der USA aus dem Abkommen. Als enge Verbündete erwarteten sie, dass die von den USA vorgesehenen Sekundärsanktionen auf europäische Unternehmen und Personen, die mit Iran Geschäfte machen, ohne Wirkung blieben, hieß es in dem Schreiben. Sie hofften, dass Washington ihre politischen Entscheidungen respektieren werde.

Abgesehen von der Hoffnung, eine Ausnahmeregelung durchzusetzen, die allerdings kaum Chancen haben wird, beschloss die EU-Kommission am 6. Juni, das neu überarbeitete Abwehrgesetz, das es EU-Unternehmen ermöglichen soll, US-Sanktionen zu ignorieren. Das Gesetz ermöglicht es sogar, Firmen, die sich an die US-Sanktionen halten, zu bestrafen. Doch niemand konnte genau sagen, ob sich das Gesetz in der Realität tatsächlich anwenden lässt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Mai am Rand eines EU-Gipfels in Sofia erklärt, eine umfassende Entschädigung europäischer Unternehmen halte sie nicht für machbar.

Dennoch erklärte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am 12. Juni vor dem Europäischem Parlament: "Wir sind entschlossen, den Deal zu retten." Die EU-Staaten und andere Partner hätten durchaus die "Macht und die Instrumente", um ein Scheitern des Abkommens zu verhindern. "Wenn das in die Luft geht, wäre es eine Katastrophe." Niemand habe ein Interesse daran, die Kanäle nach Iran zu schließen und die Gefahr einer nuklearen Bewaffnung Irans zu erhöhen.

Nach mehreren Verhandlungen und Treffen erklärte Teheran, die Vorschläge der EU zum Erhalt des Abkommens seien nicht ausreichend. Bei einem Treffen mit dem UN-Generalsekretär Antonio Guterres sprach Salehi, der auch Vizepräsident ist, von der zerstörerischen Politik der Regierung Trump und bezeichnete die EU-Vorschläge erneut als ungenügend. Die Vorteile Irans aus dem Abkommen im Bereich der Wirtschaft, Banken und Investitionen seien viel geringer als erwartet, sagte er. "Wenn das so weitergeht, werden alle verlieren."

Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna sagte Außenminister Mohammad Dschawad Sarif vor Mitgliedern der iranischen Handelskammer in ungewöhnlicher Offenheit, Iran werde mit aller Kraft an dem Abkommen festhalten. Denn "ein Scheitern des Abkommens wäre sehr gefährlich für uns".


BEMÜHUNGEN DER EU, ATOMABKOMMEN ZU RETTEN, ZEIGEN WENIG ERFOLG

Ein Versuch der EU, die Unternehmen bei Geschäften mit Iran zu unterstützen, stößt auf Schwierigkeiten. Die Europäische Investitionsbank (EIB) erklärte auf eine Anfrage der Agentur Reuters am 6. Juni, die Bank könne die von den USA angekündigte Sanktionen gegen Iran nicht ignorieren. Wie die Agentur berichtete, wollte die EU, dass die Förderbank sich stärker in Iran engagiere und Investitionen in dem Land fördere. Dazu sollte die Bank Änderungen an ihren Geschäftsregeln vornehmen. Doch ein Sprecher der Bank erklärte dazu: "Eine Voraussetzung für ihr Geschäftsmodell ist, dass die Bank eine solide und glaubwürdige Institution auf den internationalen Kapitalmärkten bleibt. Dies wäre nicht vereinbar damit, mögliche Sanktionen gegen Iran zu ignorieren. (...) Die EIB ist eine Institution, die auf dem Kapitalmarkt beruht. Und wie alle anderen Körperschaften kann die Bank nicht die Lösung für dieses Problem sein."

Auch europäische Ölkonzerne ziehen sich wegen der drohenden US-Sanktionen aus Geschäften mit Iran zurück. "Wir können uns nicht gegen die USA stellen", zitierte Reuters eine ranghohe Quelle beim italienischen Energieunternehmen Saras. Das Unternehmen prüft zurzeit, wie der Kauf von Öl innerhalb der 180-tägigen Frist, die die USA gesetzt haben, eingestellt werden kann. "Es ist noch nicht klar, was die US-Regierung tun kann, aber wir könnten in Schwierigkeiten geraten", hieß es. Ähnliche Überlegungen werden laut Reuters bei anderen europäischen Energiekonzernen wie der französischen Total, der italienischen Eni, der Repsol und Cepsa aus Spanien und der griechischen Hellenic Petroleum angestellt.


BOEING STEIGT AUS VERTRAG MIT IRAN AUS

Der amerikanische Flugzeughersteller Boeing erklärte am 6. Juni mit Blick auf bevorstehenden Sanktionen gegen Iran, seine Vereinbarungen mit Iran nicht fortsetzen zu können. Mit der Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, aus dem Atomabkommen mit Iran auszusteigen, verliere das Unternehmen die Erlaubnis, Geschäfte mit Iran zu machen, sagte ein Sprecher des Unternehmens.

US-Finanzminister Steven Mnuchin hatte am 8. Mai erklärt, dass die an Boeing und Airbus erteilte Erlaubnis, Verträge mit Iran zu schließen, zurückgezogen würde. Boeing hatte nach Abschluss des Atomabkommens mit Iran, die Lieferung von 80 Passagiermaschinen an die Islamische Republik vereinbart. Auch Airbus vereinbarte 2016 die Lieferung von 100 Maschinen. Während Boeing bisher noch keine Maschine an Iran geliefert hat, hat Airbus im vergangenen Jahr drei Passagiermaschinen an Iran verkauft.


PSA BEENDET GESCHÄFTE MIT IRAN

Der französische Autohersteller PSA (ehemals Peugeot und Citroen) will, um der Gefahr von Sanktionen durch die USA zu entgehen, seine Aktivitäten in Iran erst einmal einstellen.

Laut einer Mitteilung des Unternehmens vom 4. Juni will die Firma, unterstützt von der französischen Regierung, versuchen, bei den US-Behörden eine Ausnahmeregelung für eigene Geschäfte mit Iran zu erlangen. Im Falle eines Erfolgs würde sie ihre Aktivitäten mit Iran wiederaufnehmen.

PSA hatte, als das Abkommen geschlossen wurde, neue Vereinbarungen mit Iran getroffen, die wesentlich umfangreicher waren als die Verträge aus der Zeit vor Inkrafttreten der Sanktionen gegen Iran. Dennoch seien, den Angaben der Firma zufolge, die Verluste durch den Wegfall der Iran-Geschäfte kaum nennenswert. Sie machten "weniger als ein Prozent" des Gesamtumsatzes aus.

Einige Tage zuvor hatte Frankreichs Präsident Emanuel Macron erklärt, die Entscheidung über Geschäfte mit Iran sei eine Angelegenheit der Unternehmen und nicht der Regierung. "Ich kann (das Mineralölunternehmen) Total nicht bitten, sich aus dem amerikanischen Markt zurückzuziehen" (um mit Iran Geschäfte machen zu können) ", sagte Macron beim Internationalen Wirtschaftsforum in San Petersburg am 26. Mai.

Total hatte erklärt, die Firma werde ohne Ausnahmeregelung keine Geschäfte mit Iran machen können. Der Geschäftsführer des Unternehmens zeigte sich skeptisch. Er sagte: "Glauben Sie wirklich, dass (US-Außenminister) Mike Pompeo herumgehen und Ausnahmeregelungen verschenken wird?" Iran hatte Total ultimativ aufgefordert, sich innerhalb von 60 Tagen die Ausnahmegenehmigung zu holen. Andernfalls werde das Milliarden-Erdgas-Großprojekt gekündigt. Total ist der einzige westliche Energiekonzern, der nach Abschluss des Atomabkommens in Iran investiert hat.


OPEC-LÄNDER BESCHLIEßEN ERHÖHUNG DER ÖLPRODUKTION

Die Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) einigten sich nach langen kontroversen Debatten am 22. Juni darauf, die Ölproduktion um rund eine Million Barrel pro Tag zu erhöhen, sagte der saudi-arabische Energieminister Chaled al-Faleh in Wien. Mit der Erhöhung, die ab 1. Juli erfolgen soll, werde die gestiegene Nachfrage gestillt.

Um den drastischen Verfall der Ölpreise zu stoppen, hatte die OPEC 2016 eine Drosselung der Ölproduktion beschlossen. Danach erlebte der Ölpreis auf dem Weltmarkt einen Anstieg von 30 auf mehr als 70 Dollar pro Barrel. Die kontroverse Debatte wurde vor allem zwischen Iran und Saudi-Arabien geführt. Russland stimmte der saudischen Position zu.

Irans Ölminister Bijan Sangeneh erklärte, Schuld an der Preiserhöhung sei der amerikanische Präsident Donald Trump, der durch Sanktionen gegen Iran und Venezuela die Märkte verunsichert habe.


EINFUHRVERBOT FÜR MEHR ALS 1.400 ARTIKEL

Einem Bericht der Agentur ISNA zufolge hat das iranische Ministerium für Handwerk, Bergbau und Handel den Import von mehr als 1.400 Artikel verboten. Demnach hat der Minister Mohammad Schariatmadari in einem Schreiben an die Organisation für die Entwicklung des Handels die Liste der Artikel mitgeteilt, deren Einfuhr untersagt werden soll.

Der Minister betonte, dass das Verbot dieser Waren von dem "Gremium für Widerstandswirtschaft" getroffen worden sei. Bei den Produkten handle es sich um solche, die genauso oder ähnlich auch im Inland hergestellt würden.

Das Gremium wurde vor drei Jahren auf Anordnung des Revolutionsführers Ali Chamenei gegründet. Es sollte Richtlinien für eine unabhängige Wirtschaft festlegen, die es dem Land ermöglichen, Sanktionen widerstehen zu können. Der Vorsitzende des Gremiums ist der erste Vizepräsident, Eshagh Dschahangiri. Zu den Mitgliedern gehören auch einige Mitglieder des Kabinetts.

Auch Waren, die bereits bestellt sind, dürfen der neuen Verordnung nach nicht eingeführt werden. Davon ausgenommen sind nur solche Waren, für die die benötigten Devisen bereits von Banken genehmigt wurden oder für deren Import keine Devisen nötig sind.

Das Verbot gehört zu den Maßnahmen, die Iran ergreift, um auf die neuen, von den USA angekündigten Sanktionen vorbereitet zu sein. Dazu gehören Bemühungen, die Ausgaben von Devisen so gering wie möglich zu halten.


KEIN PLAN FÜR BESEITIGUNG VON PLASTIKMÜLL

Weltweit werden jährlich 13 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane geworfen. Mohammad Darwisch, Mitglied eines Forschungsinstituts zur Überwachung der Wälder und Gewässer in Iran, erklärte, Iran sei mit einer Produktion von 500.000 Tonnen Plastik im Jahr der Staat mit dem fünfhöchsten Verbrauch von Plastik weltweit. Dies ist dreimal so viel wie der weltweite Durchschnitt. Dementsprechend hoch ist die Umweltverschmutzung. Dieser Umstand hat vor zwei Jahren die Bevölkerung - und nicht den Staat - dazu bewogen, Aktivitäten gegen den hohen Verbrauch von Plastik aufzunehmen. So entstand in manchen Städten die Kampagne "Nein zu Plastik". Mit dieser wurden die Verbraucher dazu aufgefordert, statt Plastiktüten Stoffbeutel zu benutzen.

Die Aktivitäten der Regierung in diesem Bereich begannen erst, als Kaweh Madani zum Stellvertreter des Amtes für Umweltschutz ernannt wurde. Unter seiner Führung startete die Regierung unter dem Motto "Beginnen wir bei uns selbst" eine Kampagne in Städten und Dörfern. In manchen Städten wie Schiras, Dezful, Rascht und Kermanschah wurden unter der Bevölkerung Stoffbeutel verteilt. In anderen Städten wie Gonaweh und Chalchal wurde die Nutzung von Plastiktüten verboten. Umweltaktivisten zufolge sind solche Projekte jedoch noch nicht landesweit verbreitet. Es müsste mehr aufgeklärt werden.

Masud Tadschrischi, einer der Stellvertreter des Leiters der Organisation für den Schutz der Umwelt, kritisierte den hohen Verbrauch von Plastik und sagte: "Bislang konnte über dieses Thema keine Einigung erzielt werden, um entsprechend neue Gesetze zu beschließen. Wir haben zweimal den Versuch unternommen, aber aufgrund der Meinungsverschiedenheiten unter den Verantwortlichen kam keine Entscheidung zustande." Er betonte, dass es in Iran bislang in den Bereichen Kultur, Justiz und Wirtschaft keine Pläne gebe, um den Verbrauch von Plastik zu reduzieren.

Die niedrigen Kosten zur Herstellung von Plastik in Iran sind ein wichtiger Grund für den hohen Verbrauch. Wann die Verantwortlichen sich endlich zu Maßnahmen entschließen werden, um den durch Plastikmüll entstehenden Schäden Einhalt zu gebieten, oder zumindest um die Schäden zu reduzieren, bleibt ungewiss.


HÖCHSTER STAND DES ÖL-EXPORTS

Trotz des Austritts der USA aus dem Atomabkommen und trotz der Sanktionsdrohungen gegen Iran, hat der iranische Öl-Export, laut einem Bericht der Agentur Reuters vom 3. Juni, den Höchststand seit dem Atomabkommen erreicht. Den Angaben des Ölministeriums zufolge lag der Export im Mai bei 2,7 Millionen Barrel pro Tag. Im April lag er bei 2,6 Millionen Barrel pro Tag. Ob dieser Stand auch nach der 180-tägige Frist, die die USA für das Herunterfahren der Geschäfte mit Iran eingeräumt haben, gehalten werden kann, ist mehr als fraglich.

*


AUSSENPOLITIK

• USA versuchen den Druck auf Iran zu erhöhen
• Netanjahu: Kampf gegen Iran ist längst nicht vorbei
• Iran nur zu Verhandlungen über Jemen bereit
• Saudis erlauben Pilgerfahrt nach Mekka
• Die umstrittene Rolle Irans in Syrien
• Kanadas Parlament lehnt Beziehungen zu Iran ab
• Wahlsieger al-Sadr verbündet sich mit Gruppen, die Iran nahestehen
• Hariri wirft Iran Einmischung in Angelegenheiten Libanons vor
• Iran bestreitet, die Türkei gegen die PKK unterstützt zu haben
• Warnung an Nordkorea
• Russland unterstützt Irans Mitgliedschaft in der SOZ


USA VERSUCHEN DEN DRUCK AUF IRAN ZU ERHÖHEN

Nach dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen sind die USA bestrebt, die Front gegen Iran zu erweitern. Dabei bleibt es ungewiss, welches Ziel sie erreichen wollen. Streben Sie einen Regimewechsel an? Oder soll das Land mit dem wirtschaftlichen Druck in die Knie gezwungen werden, damit es zu weiterreichenden Zugeständnissen als bisher bereit ist?

Am 24. Mai erklärte Außenminister Mike Pompeo auf einer Sitzung des Senats, dass ein Regimewechsel in Iran nicht geplant sei. Die Vorbereitungen zu neuen harten Sanktionen gegen Iran seien inzwischen getroffen, sagte er. Er hoffe, dass die Vereinten Nationen und andere Länder die Sanktionen unterstützen würden. Er kritisierte die EU-Staaten und sagte: "Die Europäer haben uns mitgeteilt, dass sie in Bezug auf das iranische Raketenprogramm tätig werden würden. Doch es sind drei Jahre vergangen und sie haben nichts unternommen." Auch in Bezug auf die Unterstützung, die Iran terroristischen Organisationen gewähre, seien die Europäer untätig gewesen.

Wie die Agentur Reuters aus EU-Kreisen erfahren hat, üben US-Diplomaten auf andere Staaten Druck aus. Die US-Diplomaten seien in Japan, Tschechien, Ungarn, Deutschland, Frankreich und Großbritannien gewesen, berichtete Reuters am 6. Juni. "Die Amerikaner sind auf Tour und fahren überall hin", sagte demnach ein europäischer Diplomat. "Sie sind dogmatisch." Man habe den Amerikanern gesagt: "Wenn ihr zu uns kommt, um uns zu sagen, wie wir hier amerikanisches Recht anwenden sollen, dann seid ihr nicht willkommen."

Einen Tag vor diesem Bericht hatten die drei europäischen Mitunterzeichner des Atomabkommens, Deutschland, Frankreich und Großbritannien, ein Schreiben nach Washington geschickt, in dem sie die USA aufforderten, für europäische Unternehmen, die mit Iran Geschäfte machen, eine Ausnahmeregelung zu genehmigen, die diese Unternehmen von amerikanischen Sanktionen verschont. "Wir als Verbündete erwarten von den Vereinigten Staaten, auf Maßnahmen zu verzichten, die die Sicherheit Europas gefährden", hieß es in dem Schreiben. Dieses Schreiben sei ein erster Schritt, die Unternehmen selbst würden sich direkt an das US-Finanzministerium wenden, was von der EU voll unterstützt werde, hieß es weiter.

Am 7. Juni twitterte Präsident Trump laut dpa an Sonderermittler Robert Mueller, der Versuch seines Vorgängers Barack Obama, Iran Zugang zum US-Finanzsystem zu verschaffen, sei illegal gewesen. "Vielleicht können wir die 13 bösen Demokraten dazu bringen, einiges von ihrer Energie zu dieser Frage umzuleiten", schrieb Trump. Dem dpa-Bericht zufolge verwies Trump dabei auf einen Bericht republikanischer Senatsmitglieder. Darin heißt es, das Finanzministerium unter Obamas Regierung habe im Februar 2016 der Bank Muscat eine Lizenz ausgestellt, die Iran ermöglicht hätte, umgerechnet 5,7 Milliarden Dollar aus der omanischen Währung in Euro umzuwandeln. Das klappte jedoch nicht, weil US-Banken sich weigerten, mitzumachen.

Irans Präsident Hassan Rohani sagte am 8. Juni vor seiner Abreise nach China, was Trump mit seinen Alleingängen treibe, sei ein "gefährliches Spiel". "Die unilaterale Politik der USA", schwäche "das Vertrauen in die international anerkannten Abkommen und in Diplomatie allgemein", zitierte dpa in einer Meldung vom 8. Juni den iranischen Präsidenten. Er forderte die Weltgemeinschaft auf, nicht zuzulassen, dass die Diplomatie, dieses Mittel zur Lösung von Konflikten, ihre Wirkung einbüße. Er kündigte an, dieses Thema auf der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit, zu deren Tagung im ostchinesischen Qingdao er hinreiste, zu erörtern.

Bei dem Treffen in Peking sagte Rohani am 10. Juni: "Die Bemühungen der USA, ihre Politik anderen aufzuzwingen, entwickeln sich zu einer Bedrohung für uns alle." Chinas Präsident Xi Jipping bedauerte den Austritt der USA aus dem Abkommen mit Iran. China wolle gemeinsam mit Russland und den anderen Mitunterzeichnern versuchen, das Abkommen zu retten.

Am 21. Juni reagierte Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif in einem Artikel, der von mehreren iranischen Zeitungen veröffentlicht wurde, auf die Forderungen, die der amerikanische Außenminister Mike Pompeo in einer Rede am 21. Mai an Iran gestellt hatte. Unter dem Titel "Forderungen Irans an die USA" schrieb Sarif, die Rede Pompeos sei beleidigend gewesen. Der US-Außenminister solle Einmischungen in Angelegenheiten Irans unterlassen. Die Islamische Republik sei ein freier Staat, der sich auf dem Willen des Volkes stütze. Pompeo hatte das Regime in Iran als eine "Diktatur" bezeichnet, das die Rechte seiner Bürger missachte.

Sarif stellte fünfzehn Forderungen an die USA. Unter anderem die Forderung, die USA sollten die nationale Souveränität Irans respektieren und auf "Gewaltdrohungen gegen Iran und andere Staaten als Instrument ihrer Außenpolitik" verzichten. Sie sollten die diplomatische Immunität Irans akzeptieren und nicht zulassen, dass die gesperrten iranischen Guthaben zur Entschädigung privater Kläger verwendet würden. In dem Artikel führte Sarif eine Reihe von Aktivitäten der USA gegen das iranische Volk auf. Die USA hätten 1953 den Putsch gegen die legitime Regierung von Mohammad Mossadegh organisiert, hätten den irakischen Diktator Saddam Hussein beim Krieg gegen Iran mit Waffen, auch mit chemischen Waffen, unterstützt, hätten einen Cyber-Krieg gegen iranische Atomanlagen geführt und dergleichen mehr. Sarif forderte die Aufhebung von Sanktionen sowie die Entschädigung Irans wegen der Schäden, die dem Land durch Nichteinhaltung der im Atomabkommen vorgesehenen Verpflichtungen durch die USA entstanden sind. Weiterhin forderte der Minister, die USA sollten die Folgen, die durch den Krieg gegen Irak und Afghanistan entstanden sind, tragen und sich militärisch aus der Golfregion zurückziehen. Sie sollten die Unterstützung Israels unterlassen und das Land (wegen seiner Politik gegen die Palästinenser) verurteilen, sollten ihre Waffenlieferungen an die Länder in der Region beenden, die Abrüstung von Atomwaffen akzeptieren und ihre internationalen Verpflichtungen einhalten. Dass all diese Forderungen nicht erfüllt würden, begründe das Misstrauen des iranischen Volkes gegenüber den USA.

"Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass eine Änderung des Verhaltens der USA unter den gegebenen Umständen nicht zu erwarten ist", schrieb Sarif weiter. Er ließ offen, unter welchen Bedingungen die Islamische Republik zu einer Neuaufnahme der Verhandlungen mit den USA bereit sei.

Einen Tag nach dem Erscheinen des Artikels von Sarif meldete sich US-Außenminister Pompeo per Twitter zu Wort. Darin sprach er von Tausenden Iranern, die sich in Gefangenschaft befänden und einer Korruption, die im ganzen Land verbreitet sei und die Armut verursacht habe. Er erwähnte die Frauen, die gegen das Kopftuch protestiert hatten, die Derwische, Umweltaktivisten und Angehörige religiöser und ethnischer Minderheiten, die sich in den Gefängnissen befänden. Rund 5.000 Personen seien bei den Protestkundgebungen um die Jahreswende festgenommen worden, so Pompeo. "Das korrupte Regime in Teheran hat den Revolutionsgarden, der libanesischen Hisbollah und der (palästinensischen) Hamas zu Reichtum verholfen, während sich iranische Familien in großer Not befinden". Der Minister veröffentlichte ein Foto des Revolutionsführers Ali Chamenei neben protestierenden Frauen und schrieb darunter: "Die Menschen in Iran verdienen die Akzeptanz ihrer Bürgerrechte".


NETANJAHU: KAMPF GEGEN IRAN IST LÄNGST NICHT VORBEI

Der Kampf gegen Irans Aggression sei "noch nicht vorbei", "wir sind noch mitten drin", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer Kabinettssitzung am 27. Mai. "Wir setzen uns dafür ein, Iran am Bau von Atomwaffen zu hindern", zitierte dpa den Ministerpräsidenten. "Parallel dazu setzen wir uns gegen eine militärische Etablierung Irans gegen uns in Syrien ein, und gegen den Transport tödlicher Waffen aus Syrien in den Libanon oder ihre Herstellung im Libanon."

Israel hatte in den vergangenen Monaten mehrfach syrische und iranische Stützpunkte in Syrien bombardiert. Netanjahu begrüßte den Austritt der USA aus dem Atomabkommen mit Iran. Er habe in einem Telefongespräch mit dem US-Außenminister Mike Pompeo gesagt, dass er die "entschlossene Haltung der US-Regierung gegen das Abkommen mit Iran und gegen die iranische Aggression in unserer Region sehr schätze", sagte der Ministerpräsident. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin sagte Netanjahu am 4. Juni, es gelte nun, nach dem Ende des Atomabkommens, den Geldfluss für die Führung in Iran zu stoppen. Das Abkommen habe Iran finanziell ermöglicht, in Syrien und Jemen militärisch tätig zu werden. Zugleich habe Iran jene Aktivitäten fortgesetzt, die dazu dienten, die Fähigkeit zur Herstellung von Nuklearwaffen zu erlangen. Iran sei bestrebt, die unter seinem Befehl stehenden schiitischen Milizen zu stärken, um seinen Einfluss über die ganze Region auszubreiten. Die Zahl der Milizen solle von 18.000 auf 80.000 erhöht werden. Das werde zu einem Religionskampf führen, mit der Folge, dass sich ein viel größerer Strom von Flüchtlingen in Bewegung setzen werde, "sie wissen ganz genau, wo die hingehen", sagte Netanjahu an Merkel gewandt.

Merkel verteidigte das Abkommen, zwar müsse man auf Iran Druck ausüben, damit das Land seine Aktivitäten in Syrien beende; auch müsse man mit Teheran harte Verhandlungen über sein Raketenprogramm führen. All dies sei aber eher möglich, wenn man an dem Atomabkommen festhalte.

Netanjahu sagte, das Atomabkommen werde ohne die USA zusammenbrechen. Ein Journalist zitierte eine, bei Twitter erschiene, angebliche Äußerung des iranischen Revolutionsführers Ali Chamenei. Dieser soll gesagt haben, Israel sei ein "Krebsgeschwür, das ausgemerzt werden muss. Das ist möglich. Das wird geschehen." Merkel verurteilte die Äußerung auf das Schärfste. Netanjahu bezeichnete sie als "höchst bemerkenswert". Allerdings dementierte Chamenei das Zitat. "Dieser Oberkriminelle (Netanjahu) hat den Europäern vorgelogen, dass Iran Millionen von Juden vernichten will," sagte Chamenei am 11. Juni. Iran sei nicht antisemitisch eingestellt, so Chamenei weiter. "Aber wir werden jeden Angriff Israels vehement zurückschlagen."

Die Ankündigung Irans, Vorbereitung zur Wiederaufnahme seines Atomprogramms zu treffen und seine nuklearen Kapazitäten zu erhöhen, löste in Israel scharfe Reaktionen aus. Über die Ankündigung sei er nicht überrascht, sagte Netanjahu am 5. Juni in einer über Twitter verbreiteten Videobotschaft. "Vor zwei Tagen hat Irans Führer Ajatollah Chamenei seine Absicht erklärt, den Staat Israel zu vernichten. Gestern hat er gesagt, wie er das machen will: durch unbeschränkte Anreicherung, um ein Arsenal von Atomwaffen zu produzieren. Wir sind nicht überrascht. Wir werden Iran nicht erlauben, Atomwaffen zu bekommen."

Nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am 5. Juni in Paris sagte Netanjahu auf einer Pressekonferenz, er habe Frankreich nie dazu aufgefordert, aus dem Atomabkommen auszusteigen: "Ich bin davon überzeugt, dass die wirtschaftlichen Engpässe ohnehin zur Vernichtung des Abkommens führen werden". Netanjahu setzte seine Europatour mit einem Besuch bei der britischen Premierministerin Theresa May fort. Sein Ziel sei es, eine nukleare Bewaffnung Irans zu verhindern und Irans Außenpolitik zu ändern, so Netanjahu. "Ich denke, wir werden Wege finden, um diese Ziele gemeinsam zu erreichen." May bekräftigte den Willen der EU-Staaten, an dem Atomabkommen festzuhalten. Zugleich bestätigte sie, dass die Politik Irans in der Region problematisch sei.

Netanjahu drohte auch dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad mit militärischen Angriffen, falls er die iranische Präsenz auf syrischem Territorium weiterhin dulde. "Er ist nicht länger sicher, sein Regime ist nicht länger sicher. Wenn er auf uns schießt, werden wir seine Streitkräfte zerstören." Assad müsse begreifen, dass "Israel nicht tolerieren wird, dass sich das iranische Militär in Syrien gegen Israel festsetzt. Die Konsequenzen gelten nicht allein den iranischen Streitkräften dort, sondern auch dem Assad-Regime." Am 10. Juni gab Netanjahu in einer Videobotschaft bekannt, dass Israel eine Seite in persischer Sprache eingerichtet habe, die für die Bewältigung des Wassermangels in Iran nützlich sein könne. "Heute habe ich eine ungewöhnliche Botschaft für das iranische Volk", sagte er. Die Menschen in Iran seien Opfer eines brutalen und diktatorischen Regimes, das nicht einmal in der Lage sei, die Bewohner seines Landes mit Wasser zu versorgen. "Israel unterstützt die Iraner. Deshalb möchte ich den Iranern helfen." Den offiziellen Statistiken zufolge litten 96 Prozent Iraner Regionen unter Wassermangel. Auch Israel habe Wasserprobleme. Aber mit Hilfe moderner Technik habe man das Problem in den Griff bekommen. Israel sei in der Lage, Irans Wasserproblem zu lösen. "Ich möchte dem iranischen Volk unser Wissen zur Verfügung stellen." Mit der nun eingerichteten Seite, könnten iranische Landwirte ihre Produkte sichern und für das Wohl ihrer Familie sorgen.

Die Reaktionen aus Teheran auf die Äußerungen Netanjahus ließen nicht lange auf sich warten. Vizepräsident und Leiter des Amtes für Umweltfragen, Isa Kalantari, sagte am 11. Juni: "Der israelische Ministerpräsident kann tun, was er will. Zuvor sollte er aber den Schmutz beseitigen, den er verursacht hat. Was geht ihn das Umweltproblem in Iran an? Er soll sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern."

Auch Außenamtssprecher Bahram Ghassemi nahm zu der Initiative Netanjahus Stellung. "Er (Netanjahu) soll sich um das iranische Volk keine Sorgen machen und lieber aufhören, unschuldige Palästinenser zu töten."

Am 14. Juni räumte Israel ein, Verbündete Irans in Syrien aus der Luft angegriffen zu haben. Die Aktion begründete er damit, dass Iran 80.000 pakistanische und afghanische Kämpfer nach Syrien geschickt habe, mit dem Ziel, Syrien zu "kolonisieren" und Israel anzugreifen.

Nach Angaben des israelischen Inlandsgeheimdienstes, Shin Bet, ist der frühere israelische Energieminister, Gonen Segev, wegen Spionage für Iran festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft in Jerusalem habe Segev am 15. Juni wegen der Zusammenarbeit mit den Feinden Israels, der Spionage gegen Israel und der Weitergabe von Informationen an Israels Feinden angeklagt, hieß es in einer Erklärung von Shin Bet vom 18. Juni. Der frühere Minister sei im Dienste iranischer Sicherheitsdienste gestanden und habe als deren Agent gearbeitet.

Segev ist Arzt. Anfang der 90er Jahre war er Abgeordneter des Kneset, danach war er drei Jahre lang Energieminister im Kabinett von Ministerpräsident Izchak Rabin. 2004 wurde er festgenommen, weil er angeblich versucht haben soll, 32.000 Ecstasy-Tabletten aus den Niederlanden nach Israel zu bringen. 2007 wurde er freigelassen. Danach ging er nach Nigeria. Den Angaben von Shin Bet zufolge, nahm er 2012 Kontakt zur iranischen Botschaft in Nigeria auf. Er habe sich zweimal mit iranischen Sicherheitsbeamten in Iran getroffen.


IRAN NUR ZU VERHANDLUNGEN ÜBER JEMEN BEREIT

Während die europäischen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens, Frankreich, Deutschland und Großbritannien, versuchen, einen Mittelweg zwischen den Positionen der USA und Iran zu finden, indem sie neue Verhandlungen über das iranische Raketenprogramm und die Rolle Irans in der Region vorschlagen, lehnt Iran solche Verhandlungen grundsätzlich ab. Nur über Jemen sei man zu Verhandlungen bereit, hieß es hierzu aus Teheran. Die Unterstützung der Huthi-Rebellen in Jemen durch Iran gehört zu den 12 Punkten, die der amerikanische Außenminister Mike Pompeo als Gegenstand der möglichen Verhandlungen mit Iran vorgeschlagen hatte.

Der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghtschi, der auch die iranische Delegation bei den Verhandlungen über das Atomabkommen geführt hatte, sagte in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehen: "Wir haben beschlossen, einzig über Jemen mit den Europäern zu verhandeln. Das tun wir mit Blick auf das schwere Leid, das die Menschen in Jemen ertragen."

Das iranische Raketenprogramm sei die rote Linie Irans, die nicht überschritten werden dürfe, sagte Araghtschi weiter. "Es kann sein, dass (der französische Präsident Emmanuel) Macron und andere über unser Raketenprogramm und andere Themen verhandeln wollen. Aber für Verhandlungen sind zwei Seiten nötig. Solange Iran es nicht möchte, wird es auch keine Verhandlungen geben. Wir haben wiederholt erklärt, dass das Atomabkommen mit anderen Themen nichts zu tun hat. Wir werden weder über das Raketenprogramm noch über andere Themen, mit Ausnahme von Jemen, verhandeln."

Anfang Mai hatte Macron erklärt, er sei bereit, gemeinsam mit anderen Partnern, im Rahmen eines erweiterten Themenkomplexes über das iranische Atomprogramm nach 2025 zu verhandeln. Die Themen umfassen ballistische Raketen sowie die Lage in der Region, insbesondere in Syrien, Irak und Jemen.

Araghtschi äußerte Zweifel an der Fähigkeit der europäischen Staaten, Irans Bedingungen zum Verbleib im Atomabkommen zu erfüllen. Iran gehe davon aus, dass nach dem Austritt der USA aus dem Abkommen, seine Interessen nicht mehr garantiert werden könnten. Araghtschi begrüßte zwar den durch Austritt der USA entstandenen Konflikt zwischen der EU und den Vereinigten Staaten. Europa habe in diesem Punkt gegen die USA klar Stellung bezogen. "Doch letztendlich sind die USA und die EU Verbündete", sagte er. "Wir können jederzeit aus dem Abkommen aussteigen. Möglicherweise werden wir schon nach diesen Gesprächsrunden mit der EU, sollte sie nicht zu einem positiven Ergebnis führen, aus dem Abkommen aussteigen." In diesem Fall, werde Iran sein Atomprogramm wiederaufnehmen. "Wir können unsere Aktivitäten fortsetzen und Europa kann die Sanktionen gegen uns wieder aufnehmen", sagte Araghtschi. Selbstverständlich werde Iran, sollte das Abkommen gekündigt werden, einige Nachteile einstecken müssen. Aber das Abkommen sei nicht in erster Linie wirtschaftlicher Natur. Die Auflösung werde das System der Nichtverbreitung von Nuklearwaffe schwächen und für die Region negative Folgen haben.

Indes präsentierten die Vertreter der Koalition, die unter saudischer Führung in Jemen Krieg führt, Waffen, die beweisen sollen, dass Iran in Jemen militärisch aktiv ist. Laut dpa vom 19. Juni gehören zu den in Abu Dhabi und später in einer militärischen Anlage der Vereinigten Arabischen Emirate präsentierten Waffen. "Drohnen, ein Scharfschützengewehr, als Steine getarnte Sprengsätze und ein Drohnen-Boot, das mit Sprengstoff gefüllt war", berichtete die Agentur. Iran bestreitet, die Rebellen in Jemen mit Waffen versorgt zu haben.

Zum iranischen Raketenprogramm lies Teheran verlauten, eine Erhöhung der Reichweite der Raketen sei nicht geplant. "Wir haben die wissenschaftlichen Fähigkeiten unserer Raketenreichweiten zu erhöhen, aber das ist derzeit nicht unsere Politik", sagte General Mohammad Dschafari, Oberbefehlshaber der Revolutionsgarden. Die bisher entwickelten Raketen haben höchstens eine Reichweite von 2.000 Kilometern. "In diesem Umkreis befinden sich die meisten unserer Feinde", sagte der General. "Genau wegen diesen Raketen wagen unsere Feinde nicht, nach Iran zu schielen."


SAUDIS ERLAUBEN PILGERFAHRT NACH MEKKA

Trotz zunehmender Feindschaft zwischen Iran und Saudi-Arabien hat Riad den Iranern erlaubt, auch in diesem Jahr an der muslimischen Pilgerfahrt Hadsch nach Mekka teilzunehmen. "Wir haben diesbezüglich mit den Saudis gute Verhandlungen geführt und bereits auch Vereinbarungen getroffen", zitierte die Agentur dpa am 3. Juni den iranischen Kulturminister Abbas Salehi. Schätzungsweise werden 85.000 Iraner und Iranerinnen an der Reise teilnehmen. Der Hadsch beginnt am 7. oder 8. Juli.

Zu den Pflichten, die den Muslimen auferlegt sind, gehört auch die Pilgerfahrt nach Mekka. Demnach soll jeder, der es sich finanziell und gesundheitlich leisten kann, einmal im Leben an der Wallfahrt teilnehmen. Das gilt sowohl für die Sunniten als auch für die Schiiten, die in Iran die Mehrheit der Bevölkerung bilden.

Die seit Jahren bestehenden Konflikte zwischen Iran und Saudi-Arabien, wo die Sunniten die Mehrheit der Bevölkerung bilden, haben dazu geführt, dass iranische Pilger 2016 nicht an der Pilgerfahrt nach Mekka teilnehmen konnten. Doch im vergangenen Jahr konnten sich Teheran und Riad über die Modalitäten der Reise einigen.

Indes hat Saudi-Arabien vier Menschen verurteilt, weil sie nach Angaben des Gerichts im Auftrag Irans Anschläge auf bestimmte Personen geplant hätten. Das staatliche Fernsehen Al-Achbarija" meldete, "vier Terroristen" seien zum Tode verurteilt worden, weil sie "eine Zelle für Iran" gebildet hätten. Sie seien in iranischen Lagern für terroristische Aktionen ausgebildet worden.


DIE UMSTRITTENE ROLLE IRANS IN SYRIEN

Über die Rolle Irans in Syrien, sein Engagement und seine strategischen Ziele wird heftig gestritten. Während Israel, die USA, einige arabische Staaten und auch die EU vor dem zunehmenden Einfluss der Islamischen Republik in Israels Nachbarstaat warnen und entschlossen zu sein scheinen, die Aktivitäten iranischer Kräfte in Syrien, im Irak und in der Region insgesamt zurückzudrängen, behauptet Teheran in dem Land nur beratend tätig zu sein. Auch die syrische Regierung erklärte am 2. Juni, es gebe in dem Land keine aktiven Kampfeinheiten oder feste militärische Basen Irans. Außenminister Walid al-Moallem betonte, es gebe lediglich militärische Berater aus Iran.

"Als die Verschwörung gegen Syrien 2011 begann, haben unsere Brüder in der Islamischen Republik Iran Syrien im Kampf gegen den Terrorismus geholfen", sagte der Minister laut dpa. Dafür sei das syrische Volk den Iranern dankbar. Für Syrien sei jeder, der an dem Kampf gegen den Terrorismus teilnehme, willkommen. Israels Behauptung, Iran sei militärisch in Syrien präsent, sei eine Lüge.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte behauptet, Iran habe mehrere Stützpunkte in Syrien erreichtet, mit dem Ziel, Israel zu vernichten. Er räumte am 14. Juni sogar ein, Verbündete Irans in Syrien bombardiert zu haben. Iran habe 80.000 schiitische Milizkämpfer aus Afghanistan und Pakistan nach Syrien gebracht, mit dem Ziel das Land zu "kolonialisieren". Irans Strategie sei es, Israel anzugreifen.

Demgegenüber erklärte der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats Irans, Ali Schamchani, in einem Interview mit der Tageszeitung Schargh, Iran habe keinerlei militärische Kräfte im Süden Syriens stationiert. Überhaupt sei Irans Präsenz in Syrien "geringfügig" und die Kräfte seien nur beratend tätig.

Nicht ganz durchschaubar ist die Rolle Russlands. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte bei einem überraschenden Treffen mit dem syrischen Präsidenten Bashar al-Assad am 21. Mai in Sotschi erklärt, alle ausländischen Militärkräfte sollten nach den Erfolgen gegen den Terrorismus und mit Beginn des politischen Prozesses Syrien verlassen. Und der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte am 30. Mai bei einem Treffen mit dem israelischen Verteidigungsminister Avigdor Lieberman, alle ausländischen Kräfte müssen sich aus dem Süden Syriens zurückziehen.

Diese Äußerungen lösten in Teheran Irritationen aus. Iran und Russland haben bislang gemeinsam Assad unterstützt und eng miteinander kooperiert. Beide Seiten betonten, dass die Freundschaft zwischen Teheran und Moskau strategisch sei. In Teheran fragte man sich, ob sich Russland nun auf die Seite Israels schlagen und Iran in den Rücken fallen würde. Außenamtssprecher Bharam Ghassemi erklärte am 21. Mai: "Solange die syrische Regierung unsere Hilfe braucht, bleiben wir auch in dem Land." Kein Land werde Iran zwingen können, Syrien zu verlassen. "Iran ist ein souveränes Land mit einer unabhängigen Außenpolitik und seinen eigenen Interessen. Uns kann man nichts vorschreiben."

Am 10. Juni erklärte Assad in einem Interview mit der italienischen Zeitung Mail on Sunday, die Entscheidungen in Syrien würden nicht von Russland und Iran getroffen. Sie seien auf Wunsch der syrischen Regierung im Land, im Gegensatz zu den Kräften der USA und Großbritanniens, die sich als "Aggressoren" illegal in dem Land aufhielten.

"Wir haben seit sechs oder fast sieben Jahrzehnten gute Beziehungen zu Russland. Die Russen haben selbst, wenn wir unterschiedliche Ansichten hatten, niemals versucht, uns etwas aufzuzwingen", sagte Assad. "Es ist durchaus möglich, dass es zwischen Russland, Syrien oder Iran, oder zwischen Russland und Iran unterschiedliche Meinungen gibt. Das ist normal. Aber am Ende werden die Entscheidungen in Syrien getroffen." Russland habe niemals mit den Gegnern Syriens kooperiert, weder politisch, noch militärisch. "Das wäre ein Widerspruch. Wie kann es sein, dass die Russen uns militärisch unterstützen und gleichzeitig Kräfte unterstützen, die unsere Militärs bekämpfen?"

In einem Interview mit dem iranischen Fernsehsender Al-Alam sagte Assad, er werde nicht über die Anwesenheit iranischer Militärs in Syrien verhandeln. Zwar könne es Vereinbarungen über die Präsenz der Kräfte geben, die nahe der syrisch-israelischen Grenze von Iran unterstützt würden. Doch die Beziehungen zwischen Damaskus und Teheran könnten nicht Teil von möglichen Vereinbarungen sein, die zwischen Russland, den USA und Israel getroffen werden könnten.

Doch Irans Präsident Hassan Rohani ließ es bei einem Telefongespräch mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am 12. Juni offen, wie Iran sich nach Einstellung der Kämpfe in Syrien verhalten werde. Er hoffe, dass der Terrorismus in Syrien bald vollständig ausgetrocknet werde. In diesem Fall "besteht in der Tat keine Notwendigkeit mehr für die Präsenz ausländischer Truppen in Syrien", sagte er. Iran sei auf Wunsch der syrischen Regierung in dem Land, mit dem Ziel den Terrorismus zu bekämpfen.

Das bestätigte auch der syrische Vize-Außenminister Faisal al-Mikdad in einem Interview mit der staatlichen russischen Nachrichtenseite Sputnik. Die Frage nach einem Abzug der iranischen Truppen oder den Milizen der libanesischen Hisbollah stehe nicht zur Debatte, sagte er. Die Entscheidung darüber liege allein bei Syrien. Damaskus werde "niemandem erlauben" sich einzumischen.


KANADAS PARLAMENT LEHNT BEZIEHUNGEN ZU IRAN AB

Das Parlament in Kanada hat einem Antrag der Opposition zugestimmt, die Beziehungen zu Iran nicht wiederaufzunehmen. Damit wurde den Bemühungen der liberalen Regierung von Justin Trudeau, die Beziehungen zu Teheran schrittweise zu bessern, ein Ende gesetzt. Erstaunlich war, dass auch die Fraktion der Liberalen dem Antrag der Konservativen Opposition zustimmte. Ein ähnlicher Antrag war eine Woche zuvor von der Regierungsfraktion abgelehnt worden. Bemerkenswert war auch, dass die iranischen Revolutionsgarden in dem nun beschlossenen Antrag als eine terroristische Organisation eingestuft wurden.

Kanada hatte 2012 unter Trudeaus Vorgänger Stephen Harper die diplomatischen Beziehungen zu Teheran abgebrochen und die iranischen Diplomaten als unerwünschte Personen ausgewiesen. Erst nachdem in Iran Hassan Rohani und in Kanada Trudeau die Regierung übernahmen, bemühten sich die beiden Staaten um die Wiederaufnahme von Kontakten. In den vergangenen fünf Jahren gab es mehrere Treffen von Delegierten aus Teheran und Ottawa. Doch eine Wiederaufnahme der Beziehungen kam nicht zustande.

"Die heutige Abstimmung, die das Regime (in Teheran) verurteilt und die Revolutionsgarden als Terrorgruppe einstuft, war historisch", sagte der konservative Abgeordnete Erin O'Toole laut dpa vom 13. Juni.

Der Sprecher des Teheraner Außenministeriums Bahram Ghassemi verurteilte den Beschluss des kanadischen Parlaments. "Zwar handelt es sich erst um einen Antrag, der noch einige Hürden überwinden muss, um als Gesetz verabschiedet zu werden. Aber sollte es tatsächlich soweit kommen, wäre es ein strategischer Fehler, der zerstörerische Folge haben wird." Auch Außenminister Mohammad Dschawad Sarif kritisierte den Beschluss des Parlaments. "In Kanada gibt es eine falsche Einschätzung über Iran, die leider von den Hardlinern in dem Land unterstützt wird", sagte er laut dpa vom 14. Juni. Kanada sollte eine unabhängige Politik verfolgen und sich nicht von der Anti-Iran-Propaganda verleiten lassen.


WAHLSIEGER AL-SADR VERBÜNDET SICH MIT GRUPPEN, DIE IRAN NAHESTEHEN

Der bei den Wahlen im Irak als Sieger hervorgegangene schiitische Geistliche Muktada al-Sadr gab auf einer gemeinsamen Pressekonferenz überraschend bekannt, in Allianz mit Hadi al-Amiri vom Fattah-Bündnis, die Bildung einer neuen Regierung rascher vorantreiben zu wollen. Andere Parteien sollten sich der Allianz anschließen, forderte er. Das Bündnis Fattah wird von Iran unterstützt.

Sadr gehörte einst zu den wichtigsten irakischen Politikern, die von Iran unterstützt wurden. Diese Unterstützung ging soweit, dass Irans Revolutionsführer Ali Chamenei 2004, in einem Schreiben an den irakischen Schiitenführer Ayatollah Ali Sistani, diesen mit harten Worten aufforderte, das Leben von al-Sadr zu schützen. Sadr hatte unmittelbar nach der Besatzung Iraks durch die USA den "Besatzern" den Kampf angesagt. Damals war er 20 Jahre alt. Als 2004 ein Haftbefehl gegen ihn erlassen wurde, weil er einen Terroranschlag gegen den Schiitenführer Abdolmadschid Choi angeordnet hatte, war es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung in der Stadt Nadschaf gekommen. Iran hatte versucht zu vermitteln. 2006 gewährte Teheran dem rebellischen Geistlichen in der heiligen Stadt Ghom Asyl. Eine Zeitung, die den iranischen Revolutionsgarden nahesteht, hatte damals geschrieben, Sadr befände sich im Wartezustand, denn seine Anhänger im Irak kämpften weiter bewaffnet gegen die Besatzer.

Später verwarf sich Sadr wegen Einmischung in innere Angelegenheiten Iraks mit Iran. Grund seines Unmuts war, dass Iran sich in einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen ihm und seinen Milizen und Ministerpräsident Nuri al-Maleki auf Malekis Seite stellte.

In einem Interview mit dem Sender Al Dschazira hatte er damals gesagt, er hätte bereits vor einem Jahr, bei einem Treffen mit dem iranischen Revolutionsführer, gesagt, dass er mit den politischen und militärischen Zielen Irans in Irak nicht einverstanden sei. Über diese Äußerung war die Führung in Teheran sehr erbost gewesen. Sie hatte den rebellischen Geist vor den Folgen gewarnt. 2011 kehrte al-Sadr schließlich nach Irak zurück. Er war inzwischen älter geworden, seine Haare waren ergraut. Zudem verfügte er nicht mehr über die kampfbereiten Milizen. Er hatte kaum etwas in der Hand, um bei den Machtkämpfen in Bagdad eine wichtige Rolle spielen zu können.

Die Gebietseroberungen des Islamischen Staates bahnte ihm jedoch einen goldenen Weg zur Rückkehr auf die politische Bühne. 2014 trommelte er seine Kämpfer zusammen und behauptete sich damit als mächtiger Mitspieler, der bei dem Sturz von al-Maleki eine wichtige Rolle spielte.

Unter dem Motto "nationale Versöhnung" veröffentlichte al-Sadr im Februar 2017 seinen Vorschlag zur Lösung der politischen Krise in Irak. Darin schlug er unter anderem vor, die schiitischen Volksmobilmachungskräfte al-Haschd asch-Scha'bi aufzulösen, womit er in Iran viel Unmut auslöste. Die Dachorganisation aus vierzig schiitischen Milizen war entstanden, nachdem der IS im Juni 2014 Iraks zweitgrößte Stadt Mossul erobert hatte. Die meisten der vierzig Gruppen wurden von Iran unterstützt. Zudem forderte al-Sadr alle ausländischen Gruppen, die an dem Krieg in Syrien beteiligt waren, auch jene, die mit dem Regime befreundet sind, dazu auf, sich aus dem Land zurückzuziehen. Am 8. April 2017 appellierte er an den syrischen Machthaber Bashar al-Assad, "eine heldenhafte und historische Entscheidung zu treffen" und sein Amt niederzulegen, um damit, "ehe es zu spät ist, Syrien vor Terrorismus und Krieg zu befreien". Beide Vorschläge waren in erster Linie gegen Iran gerichtet. Etwa drei Wochen später mobilisierte er seine Anhänger zu einer Großdemonstration in Bagdad, auf der das Ende des Engagements und des Einflusses Irans in Irak gefordert wurde.

Das Bündnis von Al-Sadr hatte bei der Wahl am 12. Mai 2018 die meisten Stimmen erhalten. Die neue Allianz verfügt aber über 101 Sitze, was jedoch für eine Regierungsbildung nicht ausreicht. Dafür sind mindestens 165 Sitze nötig. Somit ist Sadr auf Koalitionspartner angewiesen. Al-Sadr hatte sich im Wahlkampf als national orientiert und als Gegner des iranischen Einflusses präsentiert.


HARIRI WIRFT IRAN EINMISCHUNG IN ANGELEGENHEITEN LIBANONS VOR

Libanons Ministerpräsident Saad Hariri hat Iran Einmischung in innere Angelegenheiten Libanons vorgeworfen. Anlass seiner Kritik war eine Stellungnahme des Kommandanten der iranischen Al-Kuds-Brigade, einer für Auslandseinsätze zuständigen Abteilung der Revolutionsgarden, General Ghassem Soleimani, zu den jüngsten Parlamentswahlen in Libanon. Bei diesen Wahlen waren die Hisbollah und ihre Verbündeten als Sieger hervorgegangen. Soleimani bezeichnete die Wahl als Referendum, bei dem die Hisbollah sich "von einer Partei des Widerstands in eine Regierung des Widerstands verwandelt" habe.

Hariri sagte, solche Äußerungen seien "höchst bedauerlich". "Solche Einmischungen in innere Angelegenheiten unseres Landes dienen nicht den Interessen Irans, auch nicht denen Libanons und der Region", sagte er.

Die Unterstützung, die die schiitische Hisbollah dem Regime in Syrien gewährt und die Gegnerschaft sunnitischer Gruppen gegen die Machthaber in Syrien haben in den letzten Jahren, in dem ohnehin konfliktreichen Land, zu neuen Auseinandersetzungen geführt. Auch die Konflikte und Rivalitäten zwischen Iran und Saudi-Arabien, die in Libanon über großen Einfluss verfügen, haben diese Auseinandersetzungen potenziert.

Die iranische Staatsführung begrüßte das Ergebnis der Wahlen in Libanon und bezeichnete es als "großen Sieg des Widerstands". Soleimani kritisierte die Rolle Saudi-Arabiens bei den Wahlen. Er warf Riad vor, 200 Millionen Dollar in diese Wahlen investiert zu haben. "Unsere Provinz Kerman ist zehn, fünfzehn Mal größer als Libanon. 200 Millionen Dollar für so ein kleines Gebiet und dies innerhalb kurzer Zeit - sie (die Saudis) haben viel Propaganda gemacht, jeden, der nicht auf ihrer Seite stand, ob Sunnit oder Schiit, bezeichneten sie als Lakai Irans", sagte der General.

Die USA, Saudi-Arabien, Bahrain, Kuwait und die Arabischen Emirate haben kürzlich gegen die Führung der Hisbollah Sanktionen verhängt. Soleimani bezeichnete diesen Schritt als "eine Maßnahme dummer Staaten, in denen Dumme und Ignorante regieren". US-Finanzminister Steven Mnuchin sprach, im Zusammenhang mit den Sanktionen, von Reaktion auf die "beschämenden Aktivitäten der Hisbollah und Irans". Die Regierung von Präsident Donald Trump werde "die terroristischen Zellen der Hisbollah und Irans entlarven und zerstören, vor allem jene, die mit der iranischen Zentralbank in Verbindung stehen."


IRAN BESTREITET, DIE TÜRKEI GEGEN DIE PKK UNTERSTÜTZT ZU HABEN

Der Sprecher der iranischen Streitkräfte, General Abolfasl Scherkatschi, dementierte die Äußerungen des türkischen Verteidigungsministers Nurettin Canikli, die Türkei beim Kampf gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützt zu haben. "Die Islamische Republik unterstützt jede Aktivität gegen den Terrorismus. Zugleich betrachtet sie das militärische Eindringen in ein fremdes Land, ohne dessen Erlaubnis, unter dem Vorwand des Kampfes gegen Terrorismus, als illegal", sagte der General am 14. Juni der Presse in Teheran. "Iran lehnt jeden Verstoß gegen die nationale Souveränität eines Landes strikt ab."

Canikli hatte zwei Tage zuvor erklärt, Iran habe das gemeinsame Vorgehen gegen die PKK begrüßt. "Wir hatten Iran vorgeschlagen, die Operation gemeinsam durchzuführen. Iran hat seine sehr wichtige Bereitschaft zur Unterstützung unseres Kampfes erklärt." Auch Irak habe die Operation begrüßt. Demgegenüber sagte der Sprecher der Regierung in Bagdad, Irak sei gegen jede Aktivität ausländischer Truppen auf seinem Territorium.


WARNUNG AN NORDKOREA

Einen Tag vor dem Treffen von US-Präsident Donald Trump mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un hat Iran Nordkorea gewarnt, bei Verhandlungen mit den USA in Singapur "wachsam" zu sein. Außenamtssprecher Bahram Ghassemi sagte den Journalisten: "Ich bin nicht optimistisch. So wie wir das Verhalten der USA und ihre Beziehungen zu anderen Ländern kennen, insbesondere das Verhalten von Trump, der seit seiner Amtsübernahme sabotierend gehandelt, Verträge und Abmachungen wie das Atomabkommen ignoriert und nicht eingehalten hat, können wir nicht mit Optimismus auf das Geschehen blicken". Die koreanische Regierung sollte wachsam sein, weil der "Charakter der amerikanischen Regierung" nicht vertrauenswürdig sei und man daher nicht optimistisch sein könne.

Die Position Irans sei in dieser Angelegenheit eindeutig und klar, sagte Ghassemi weiter. "Wir sind daran interessiert, dass auf der koreanischen Halbinsel und überall in der Welt Frieden, Stabilität und Sicherheit gibt. Daher begrüßen wir jeden Schritt, der diesen Zielen dient und zur Entwicklung und zum wirtschaftlichen Wohlstand führt.


RUSSLAND UNTERSTÜTZT IRANS MITGLIEDSCHAFT IN DER SOZ

Russlands Präsident Wladimir Putin sagte beim Treffen mit Irans Präsident Hassan Rohani am Rande der diesjährigen SOZ-Versammlung in Peking, Russland unterstütze das Streben Irans nach einer Vollmitgliedschaft in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ). Bisher besitzt Iran nur Beobachterstatus, ebenso wie Afghanistan, die Mongolei und Weißrussland.

Die SOZ kümmert sich um die sicherheitspolitische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie um Wirtschafts- und Handelsfragen und um die regionale Stabilität. Sie wurde 2001 gegründet. Zu den Mitgliedern gehören die Volksrepublik China, Russland, Indien, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan und Pakistan - Staaten, die insgesamt 40 Prozent der Weltbevölkerung beherbergen. Damit ist die SOZ die größte regionale Organisation weltweit. Seit 2004 hat die SOZ Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen.

"Iran hat seit langem Beobachterstatus", sagte Putin zu Rohani. "Uns ist bekannt, dass Iran nach Vollmitgliedschaft strebt. Sie wissen, dass wir dies unterstützen." Bei dem Gespräch der beiden Präsidenten wurde auch über die Krise in Syrien, über den Austritt der USA aus dem Atomabkommen und über den Kampf gegen den internationalen Terrorismus gesprochen.

Putin bezeichnete die Wirtschaftsbeziehungen zu Iran und die Zusammenarbeit beider Staaten zur Stabilität der Regionen Naher und Mittlerer Osten als erfolgreich. Auch Rohani lobte die Zusammenarbeit. Er sagte, Russland spiele bei dem Bemühen, das Atomabkommen auch nach dem Austritt der USA zu erhalten, eine wichtige Rolle.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
https://themen.boell.de.

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Anja Hoffmann
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
17. Jahrgang

*

Quelle:
Iran-Report Nr. 7/2018 - Juli 2018 / 17. Jahrgang
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8, 10117 Berlin
Telefon: 030-285 34 - 0, Fax: 030-285 34 - 109
Email: info@boell.de
Internet: www.boell.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juli 2018

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang