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GUTE-NACHT/2297: Maria und das klappernde Ei (SB)


Der Tag nach Ostern

Die freien Tage sind vorüber, Papa geht wieder zur Arbeit und auch Oma ist nach Hause zurückgekehrt. Maria ist wieder mit Mama allein. Heute sieht es draußen nicht so grau wie gestern aus. Deshalb spielt Maria im Garten und schaut auch gleich noch einmal nach, ob sie gestern beim Ostereiersuchen nicht einige Schätze übersehen hat. Und wirklich, Maria findet noch mehrere kleine Plastikeier, die sie öffnen kann. Süßigkeiten sind in den gelben Hüllen versteckt. Sogar ein echtes buntes Osterei findet Maria noch im Blumenbeet. Es steckt in einem Eierbecher, der wie der untere Teil eines Hühnchens aussieht. Nur die Farbe stimmt nicht. Denn wer hat schon einmal ein lilanes Hühnchen gesehen?

Bald findet Maria aber kein einziges Ei und auch sonst keine versteckten Dinge mehr. Jetzt merkt Maria, daß es doch noch ganz schön kalt hier draußen ist. Schnell läuft sie ins Haus und zeigt Mama die gefundenen Sachen. "Ostern nimmt wohl gar kein Ende!" sagt Mama. Maria hat von der frischen Luft Hunger bekommen und möchte Eier mit scharfer Soße essen, so wie gestern. Die Soße ist schnell aus Essig und Öl, einem Spritzer Zitronensaft, Salz und Pfeffer und etwas Senf zubereitet. Manchmal nimmt Mama das gekochte Eigelb aus den Eiern heraus und vermischt es mit der Soße, um das Ergebnis dann wieder in die Eierhälften zu häufen. Maria aber mag es, wenn sie die leckere saure Soße direkt in die ausgehöhlten weißen Eierhälften träufeln darf, diese gleich in den Mund steckt und das Eigelb einfach hinterher schiebt. Dann hat sie den Mund so voll, daß sie keinen einzigen Piep mehr sagen kann. Mit ihren vollen Backen fühlt sie sich wie ein Hamster.

Nachdem Maria drei Eier auf diese Weise verschlungen hat, sind auch die letzten Ostereier aufgegessen, denn alle anderen, die am Morgen noch auf dem Teller lagen, hat Mama mit in die Grüne Soße geschnippelt. Schließlich dürfen gekochte Eier nicht zu lange aufbewahrt werden. Nur eines der gekochten Eier, das eine merkwürdig rundliche Form und eine besonders schöne Muschelfärbung hat, darf in die Vitrine zu den anderen Ostereiern wandern, um dort bis in alle Ewigkeit, aber zumindest bis zum nächsten Jahr zu verweilen. Bisher gab es noch kein Ei in der Vitrine, das irgendwelchen Ärger bereitet hätte.

Maria möchte gern die aufgehobenen Eier aus den vergangenen Jahren noch einmal in die Hand nehmen. "Die fühlen sich ganz leicht an!" wundert sie sich. "Das kommt daher", erklärt Mama, daß das Innere der Eier eintrocknet." Mama reicht Maria ein ganz winziges Ei. Dieses weist in der Schale kleine Löcher auf und daraus rieselt etwas Weißes heraus, das ausschaut und sich fast so anfühlt wie Porzellanstückchen. "Kannst du dich noch daran erinnern, wie du diese winzigen Löcher in das kleine Ei gebohrt hast, nur um zu sehen, was da im Inneren so rappelt?" Maria weiß es noch. Mama war ganz schön sauer, daß Maria das kleine Ei kaputt gemacht hat. Doch dadurch können die beiden jetzt sehen, wie sich das Innere des Eies im Laufe der Zeit verändert. "Wird das Ei aus diesem Jahr auch mal klappern?" fragt Maria. "Nicht unbedingt", antwortet Mama, "manchmal trocknet das Innere des Eies so auf, daß es an einer Stelle an der Innenwand des Eies festklebt und sich auch nicht durch Rütteln des Eies löst. Dann wird das Ei zwar auch leichter im Laufe der Zeit, aber nichts beginnt zu klappern." Das findet Maria schade. Mama überlegt, ob es vielleicht einen Trick gibt, das Ei doch zum Klappern zu überreden. "Vielleicht hilft es, wenn wir das Ei ab und zu in die Hand nehmen und schütteln, jede Woche einmal. Könnte sein, daß das klappt." Maria will mit aufpassen, daß Mama daran denkt. Vorsorglich schüttelt sie das Ei schon einmal, bevor es wieder in der Vitrine verschwindet. Dort macht sich das etwas sehr rundliche Ei neben all dem anderen Schnick-Schnack doch prächtig.

10. April 2007

Gute Nacht