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GUTE-NACHT/2432: Von der Drei, die ein ganzes Jahr warten sollte (SB)


Drei

Die aus Kummer wie eine Zwei gebogene Lakritzstange war inzwischen auf dem Weg zu einer Geburtstagsfeier. Hier sollte sie die Krönung der Torte abgeben. Auch wenn das Geburtstagskind noch nichts von Zahlen und ihren verschiedenen Bedeutungen verstand, würde das Fest doch gebührend gefeiert werden mit Kuchen und Kerzen und allem drum und dran.

Die Torte war bereits mit Zuckerguß bestrichen und mit Schlagsahne verziert. Nun fehlte lediglich der Hinweis, wie alt das Töchterchen heute wurde. Die Mutter wartete bereits eine geraume Zeit, als endlich der Vater mit der schwarzen Lakritzzwei heimkam. Eine schöne bunte Zwei wäre der Mutter lieber gewesen. "Wir feiern hier doch keinen traurigen Anlaß, zu dem die schwarze Verzierung gut gepaßt hätte", dachte die Mutter bei sich. Da fiel ihr ein, daß sie ja noch rote und grüne Weingummischnecken hatte. Diese konnte sie auseinanderrollen und um die schwarze Zwei herumwickeln. Gedacht, getan, schon sah die schwarze Zwei nicht mehr so traurig aus. Sie schien sich in der Zwischenzeit sogar ein wenig in Pose geworfen zu haben.

"Bekommt unsere Kleine auch Kerzen, wie es sich gehört?" fragte da der Papa über Mamas Schulter hinweg. "Aber sicher!" war die Antwort und schon holte die Mutter eine Schachtel aus dem Schrank, in dem sie alle ihre Backutensilien aufbewahrte. Sie klappte den Deckel hoch. Da lagen ein großer und ein mittlerer roter Ring und ein ganz kleiner Kreis ineinander. Es waren Kerzenhalter. Auf diesen lag eine Tüte, in der mit Glücksschweinen und Schornsteinfegern verzierte Kerzen steckten. Außerdem waren auch noch einzelne Kerzenstecker in der Schachtel. Die Mutter nahm zwei dieser Kerzenstecker heraus und gleich die passenden, winzigen Kerzen dazu. "Diese beiden kommen auf die Torte", sagte die Mutter. "Und was ist mit diesen Ringen?" fragte der Vater. "Die werden erst gebraucht, wenn unsere Kleine älter wird. Nächstes Jahr werden drei Kerzen auf ihrer Torte erstrahlen. Dann werde ich den kleineren der beiden Ringe mitten auf den Tisch zur Dekoration stellen. Die drei Kerzen als Lebenslichter können dann etwas länger brennen." - "Und was ist mit den Kerzen auf der Torte?" fragte der Vater. "Auch auf die Torte kommen Lichter, ebenso wie eine Zahl. Schau mal, was ich letzte Woche in einem der Krimskramsläden ergattert habe." Aus einer undurchsichtigen Tüte holte die Mutter eine weihnachtsbaumkerzengroße Drei hervor. "Was ist das? Unsere neue Hausnummer?" fragte der Vater. "Es ist eine Kerze. Siehst du hier oben auf der Drei denn nicht den Docht herausschauen?" fragte die Mutter. "Ulkig", kommentiert der Vater, "da bin ich aber mal gespannt, wie so eine Kerze abbrennt." - "Tja, da wirst du noch ein ganzes Jahr warten müssen, um dies zu erfahren", sagt die Mutter. "Können wir die Kerze nicht schon einmal vorher anzünden?" fragt der Vater. "Nein, auf keinen Fall. Das bringt Unglück", entgegnet die Mutter, "komm, jetzt ist keine Zeit für lange Erklärungen, die Gäste kommen schon bald!" Während Vater und Mutter noch weitere Festvorbereitungen treffen, hält das Geburtstagskind seinen Mittagsschlaf.

19. September 2007

Gute Nacht