Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/2524: Eulenfutter (SB)


Mutter Maus im Sandmannhaus

Aufgeregt läuft Mutter Maus zu dem zugestopften Loch in der Wand, das sie heute am Nachmittag mit Stöcken, Lumpen und allem möglichen verstopft hat. Nervös reißt sie alles wieder heraus, was sie in Kleinarbeit so mühsam hineingesteckt hat. Die verkanteten Stöckchen sind wie Widerhaken in der Wand und wollen nicht weichen.

Mutter Maus hält kurz inne, um zu Atem zu kommen. Dann geht es weiter. Jetzt wird ein kleines Loch frei. Soll Mutter Maus schnell ihre Kinder rufen oder schweigen weil sie sonst die große Eule aufweckt? Ist die Eule gar schon wach? Was dann geschehen sein könnte, will Mutter Maus sich lieber nicht ausmalen.

Flink arbeitet Mutter Maus weiter. Jetzt beginnen die Stöckchen sich zu lockern und bald ist der Zugang frei. Da es Nacht ist, kann Mutter Maus nicht erkennen, was sich in den Ecken unter dem Vorsprung des Daches versteckt hält. Ein wenig Licht wirft der Mond unter das Dach. Mutter Maus erkennt, daß die Eule, die sie am Nachmittag hier hat schlafen sehen, nicht mehr da sitzt. Mutter Maus ruft nach ihren Kindern: "Willi! Mausalinde! Wo steckt ihr?" Doch es kommt keine Antwort. Waren sie vielleicht gar nicht hier? Oder hatte die Eule bereits beide gefressen? Das will sich Mutter Maus gar nicht ausmalen.

Sie läuft vom Loch aus auf dem Balken an der Wand entlang und spät in jede Ecke und jede Wandritze. Jedes erdenkliche Versteck wird untersucht. Doch nirgends entdeckt Mutter Maus ihre Kinder! Betroffen und das Loch in der Wand offen stehen lassend kehrt Mutter Maus zur Großmutter und ihren anderen Kindern zurück. Ihre Hoffnung, die beiden Großen könnten inzwischen bei Großmutter eingetroffen sein, bestätigt sich nicht. Erschöpft läßt sich Mutter Maus niedersinken. Sie ist sicher, daß Mausalinde und Willi von der Eule als Vorspeise für deren Nachtmahl hinuntergeschluckt wurden. Doch sie spricht es nicht aus. Wäre es doch wie bei Rotkäppchen und sie könnte ihre Kinder noch retten.

"Die Kleinen schlafen jetzt", sagt Großmutter Maus, "ich schlage vor, du ruhst dich auch etwas aus und ich werde weitersuchen." Mutter Maus möchte dem nicht zustimmen. Doch Großmutter Maus läßt ihr keine Wahl. Zuerst sucht Großmutter die nähere Umgebung ab. Sie ruft auch nach Willi und Mausalinde und verkündet, daß es kein Spaß mehr sei. Da sich niemand sehen oder hören läßt, kehrt Großmutter zum Lager zurück. "Ich gehe noch einmal los", sagt Mutter Maus fest entschlossen.

Noch einmal geht sie zu dem Loch in der Wand, schlüpft hindurch und blickt zuerst zum First hinauf. Dieses Mal sitzt dort oben ein dunkler Schatten. Es muß die Eule sein. Mutter Maus weiß nicht, ob sie sich weiter vorwagen kann. Womöglich stürzt sich die Eule auch sogleich auf sie. Deshalb bleibt sie im Schutz des Loches in der Wand, sendet aber mäusische Locktöne aus, die ihre Kinder, wenn sie denn hier sind, hören und beantworten könnten, ohne daß die Eule irgendetwas wahrnimmt, das sich bewegt.

Doch leider bleibt die Antwort auf die Locktöne aus. Eine Wolke schiebt sich vor den hereinscheinenden Mond. Das ist die Gelegenheit, den Außenbalken erneut vorsichtig entlang zu laufen. Dieses Mal findet Mutter Maus auch eine erste heiße Spur. Doch leider scheint sie nur zu bestätigen, was Mutter Maus schon ahnt. Die Eule muß ihre Kinder gefressen haben, anders kann es nicht sein. Darauf läßt auch ein kleiner Fetzen Stoff schließen, den Mausalinde die letzten Tage immer bei sich trug und den Mutter Maus genau hier auf dem Balken wiederentdeckt. Traurig kehrt Mutter Maus zum Lager zurück. Tränen rinnen ihr aus den Augen. Warum hatte sie auch auf die beiden Großen nicht besser aufgepaßt? Diese Nacht macht Mutter Maus kein Auge mehr zu. Es ist keine ...

10. Januar 2008

Gute Nacht