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GUTE-NACHT/2711: Das Nest (SB)


Frau Amsel sucht einen Nistplatz

Warum ist es nur immer so schwer, den geeigneten Platz für die Aufzucht der lieben Kleinen zu finden? Es sollte viel mehr schöne Fleckchen geben, wo so ein kleines Nest gut aufgehoben ist.

Wichtig für den Nistplatz ist, daß ein Blätterdach das Nest verdeckt. Der Grund ist nicht etwa, damit es nicht in das Nest hineinregnet, denn wenn es regnet, sitze ich sowieso auf dem Nest und schütze die Eier oder später die geschlüpften Piepmätze vor dem Regen, sondern damit die Feinde unser Nest nicht von oben sogleich erspähen und auch die Katze uns nicht entdeckt.

Im letzten Sommer hatte ich wirklich Pech. Zuerst waren bereits alle Nester aus der vorherigen Brutzeit besetzt. Ich mußte mir also ein eigenes Nest erst ganz neu anlegen. Das tat ich auch. In einem Holunderbusch fand ich einen schönen Platz. Doch dann kam der erste Sturm und knickte den Holunderbusch einfach um. Gut, daß ich noch nicht ganz mit dem Nest fertig gewesen war, sonst hätte ich auch schon die Eier hinein gelegt. Den Sturz des Baumes hätten sie sicher nicht überlebt. Danach ging mein Pech noch weiter. Zwar fand ich bald einen Platz in einem anderen Holunderbusch hinter dem Haus, um erneut ein Nest zu bauen. Doch hier kam, als ich endlich mit dem Nest und dem Eierlegen fertig war, einer dieser Menschen und sägte unmittelbar die Krone des Holunderbusches ab. Jetzt war mein Nest völlig schutzlos. So war es nicht verwunderlich, daß bald nachdem ich einmal ausgeflogen war, um mich zu stärken, nach meiner Rückkehr keine Eier mehr im Nest lagen. Wer sie geholt hat, konnte ich nicht aufklären. Aber ich habe da so meinen Verdacht.

Heute nun bin ich froh, in dem selben Holunderbusch Reste meines alten Nestes noch vorzufinden. Auch eine Krone ist dem Busch wieder gewachsen, was sicher nicht nur mich, sondern auch den Holunderbusch erfreut.

Für heute habe ich nun genug am Nest getan. Es wird auch schon dunkel. Ich ruhe mich nun lieber aus, damit ich ganz in der Frühe, wenn der Tag noch schläfrig erwacht, mit meiner Arbeit wieder beginnen kann. Darum sage ich jetzt: "Tschiep, Tschiep, Tschiep!"

17. August 2008

Gute Nacht