GUTE-NACHT/2736: Unter dem Holunderbusch (SB)

Pastor Plant ist wieder bei der alten Dame außerhalb des Dorfes zu Besuch. Beide sitzen draußen im Garten. Da es schon etwas kühl ist, ist die alte Dame in eine Decke gehüllt. Die Bank, auf der sie sitzen, steht unter einem Holunderbusch. Seine Dolden mit den schwarzen Früchten sind schon überreif. Viele sind sogar schon eingetrocknet.

Die alte Dame bietet Pastor Plant einen heißen Trunk aus den schwarzen Holunderbeeren an. Ungesüßt schmeckt er nicht gerade besonders angenehm, das weiß Pastor Plant noch aus seiner Kindheit. Da hat er jedesmal bei Grippe Holunderbeersaft zu trinken bekommen. Doch nach dem ersten Schluck wundert sich Pastor Plant, wie gut die heißen Holunderbeeren munden können. "Das ist mein Geheimrezept", lächelt ihn die alte Dame an, "es muß ja nicht immer alles scheußlich schmecken, was gut ist. Oder?"

Jetzt schaut sich Pastor Plant den Holunderbusch über seinem Kopf genauer an. Viele der Beeren hängen vertrocknet am Busch. "Die Vögel brauchen doch auch etwas zu fressen", erklärt die alte Dame. Dann sagt sie: "Ist es nicht verwunderlich, daß diese kleinen Wesen die rohen Früchte fressen können, ohne sich den Magen zu verderben? Hier kommt so manch ein Rotkehlchen vorbei und fliegt mit einem roten Brustlatz wieder fort. Auch sie genießen die Beeren. Für uns sind die rohen Früchte giftig, nur der Saft der erhitzten Beeren schadet uns nicht, sondern stärkt sogar bei Fieber. Denn die Beeren enthalten viel Vitamin C."

Pastor Plant ist neugierig geworden. Vielleicht kann er der alten Dame doch ihr Geheimrezept entlocken. Dann könnte seine Haushälterin ihm ebenfalls leckeren Holundersaft kochen. Doch die alte Dame verrät ihr Rezept nicht. Aber zum Abschied schenkt sie Pastor Plant noch eine Flasche Holundersaft. "Manche nennen die Beeren auch Fliederbeeren. Kommen sie mal wieder vorbei, dann trinken wir erneut ein Gläschen heißen Saft zusammen", schlägt die alte Dame vor.

15. September 2008

Gute Nacht