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GUTE-NACHT/3029: Amanda, die Zitterspinne (SB)


Gute Nacht Geschichten


Oben an der Decke im Kinderzimmer sitzt Amanda, die Zitterspinne. Längst ist sie wieder aus ihrem Versteck, in das sie am gestrigen Abend geflüchtet ist, hervorgekrochen und beobachtet die Lage da unten bei ihren Untermietern. Die Drillinge sollen ins Bett. Aber zuvor dürfen sie noch eines nach dem anderen auf Mamas Rücken durch das Zimmer reiten.

Amanda schaut dem Treiben zu. Sie erinnert sich an ihren Gedanken, die Menschen seien den Spinnen doch sehr ähnlich. Denn sie kümmern sich um ihre Kleinen, wie auch die Spinnen sich um ihre Kinder kümmern. "Zwar trage ich gleich alle meine Kinder in ihren Eiern auf meinem Rücken und nicht nur eines nach dem anderen. Aber vielleicht liegt das daran, daß die Menschen nicht so stark sind wie sie aussehen."

Diese Gedanken bringen Amanda dazu, das Bündel mit den zwanzig hellrosa gefärbten Eiern daraufhin zu untersuchen, ob die von ihr gewebten Fäden die Eier auch noch immer fest genug zusammenhalten. Sie stellt fest, an ihrem Webwerk ist nichts auszusetzen. Amanda macht ihrem Spinnennamen jetzt alle Ehre und beginnt zu zittern. Sie will überprüfen, ob die Eier auch noch bei Gefahr fest genug verschnürt sind. Dann nämlich setzt Amanda ihr unregelmäßig gewebtes Netz durch Zittern ihres Körpers in Bewegung. Dadurch entzieht sie sich dem Auge des Betrachters oder des Gegners. Es scheint als würde sie unsichtbar.

Gerade rechtzeitig setzt Amanda diese Zittertaktik ein, denn in diesem Moment erinnert sich eines der Kinder an die Spinne von gestern Abend und blickt ängstlich zur Decke. Mama folgt dem Blick der Kleinen und stellt nüchtern fest: "Die Spinne ist noch nicht wieder aufgetaucht. Ihr könnt beruhigt zu Bett gehen."

Amanda, sich ihrer Taktik voll bewußt, freut sich über ihr gelungenes Täuschungsmanöver, streicht mit einem ihrer acht Beine vorsichtig über das Bündel auf ihrem Rücken und wünscht den noch nicht geschlüpften Kleinen eine "Gute Nacht!"

15. September 2009

Gute Nacht