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GUTE-NACHT/3244: Der kleine Nachtwächter rutscht aus (SB)


Gute Nacht Geschichten

Früh am Abend geht der kleine Nachtwächter los. Er braucht die Kerze in seiner Laterne noch nicht anzuzünden oder seine Taschenlampe einzuschalten, so hell ist es noch. Vergnügt zieht er durch die Straßen der Stadt und sieht wie hier und da einige Bewohner vor ihren Türen sitzen und den Abend genießen.

"Schönes Wetter heute, kleiner Nachtwächter", grüßen ihn die Leute. "Ja", nickt ihnen der kleine Nachtwächter zu. Sein Weg führt ihn weiter zum Marktplatz. Dort rutscht der kleine Nachtwächter plötzlich auf etwas aus. Beinahe wäre er sogar hingefallen und hätte sich auf den Hosenboden gesetzt. Ein paar Schritte geht er weiter, da fällt er fast schon wieder hin.

"Pardauz", schimpft jetzt der kleine Nachtwächter, "was liegt da bloß auf der Straße?" Der kleine Nachtwächter kniet sich nieder und sucht den Boden ab. Was er findet sind kleine Kugeln, auf denen er ausgerutscht ist. "Das ist ja übermäßig gefährlich!", empört sich der kleine Nachtwächter.

Damit nicht auch einer der Bürger ausrutscht, sucht der kleine Nachtwächter die Straße nach weiteren Kullern ab. Er wird bald fündig. Alle paar Zentimeter findet er weitere Kugeln und so geht es den ganzen Weg entlang. Der kleine Nachtwächter blickt nur noch vor sich auf die Straße, bückt sich ab und zu, um die verlorenen Kugeln aufzulesen und steckt sie in seine Tasche.

Noch immer gebückt, stößt der kleine Nachtwächter plötzlich gegen etwas. "Autsch", entfährt es ihm und er richtet sich auf. Da steht ein Mann mit einer weißen Mütze vor ihm, die Händen in die Hüften gestützt. "Aber kleiner Nachtwächter, solltest du nicht oben auf der Stadtmauer deine Runden drehen, statt hier auf den Boden zu starren?", fragt ihn der Mann.

"Oh, na klar", beginnt der kleine Nachtwächter, "aber ich kann meine Bewohner doch nicht dieser Gefahr aussetzen." - "Welcher Gefahr?", fragt der Mann mit der weißen Mütze, "ich sehe keine." Da greift der kleine Nachtwächter in seine Jackentasche und reicht dem Mann eine Hand von den gefundenen Kullern. Der Mann beginnt zu lachen. "Was ist daran so komisch?", empört sich der kleine Nachtwächter, "ich habe mich beinahe auf meinen Hosenboden gesetzt, nur weil ich auf diese Kullern getreten bin."

"Hast du noch mehr davon?", fragt der Mann. "Ja, ich habe alle aufgelesen. Die letzten Schritte habe ich keine mehr gefunden. Ich glaube, ich habe sie jetzt alle aufgesammelt", antwortet der kleine Nachtwächter. "Das ist gut", freut sich der Mann, "denn wie du an meiner Mütze sehen kannst, bin ich Koch, und das, was du in deiner Hand hälst, sind die frechen Erbsen, die sich einfach aus dem Staub gemacht haben, um nicht zu einer Erbsensuppe mit Speck verkocht zu werden." Jetzt lacht der kleine Nachtwächter: "Na, aus dem Staub haben sie sich nicht gerade gemacht, denn daraus habe ich sie ja gerade befreit."

Der Koch nimmt seine Mütze ab und der kleine Nachtwächter schüttet alle Erbsen aus seinen Taschen in die Mütze hinein. "Jetzt werden sie gewaschen und doch noch zu Erbsensuppe verrührt", verkündet der Koch. "Ich werde dann mal hinauf auf die Stadtmauer gehen und Wache halten", verabschiedet sich der kleine Nachtwächter. "Aber nachher kommst du noch einmal vorbei und holst dir ein feines Süppchen ab!", gibt der Koch dem kleinen Nachtwächter mit auf den Weg. Der bedankt sich und verspricht, auf jeden Fall noch einmal vorbei zu kommen.


19. August 2010

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