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GUTE-NACHT/3320: Der einsame Pantoffel ist verschwunden (SB)


Gute Nacht Geschichten vom einsamen Pantoffel


"Nur noch fünf mal schlafen, dann ist Weihnachten! Was hältst du davon, Bello?", fragt Oma Erna ihren Mops. Bello freut sich. Der Ton in Omas Stimme läßt Erfreuliches erwarten. "Erstmal aber gehen wir zum Briefkasten. Ich möchte die letzten Weihnachtskarten einwerfen, damit sie noch rechtzeitig ankommen." Oma Erna zieht sich warm an. "Tschüß", ruft sie noch in die leere Stube hinein, so als bliebe noch einer zurück.

Auf der Straße liegt Schneematsch. In der Nacht hatte es mächtig geschneit. Doch der Schnee taut schon wieder. Nur auf den Bäumen und Häusern liegt er länger und kündet von der Art Weihnachten, die sich die Leute hierzulande wünschen.

Nachdem die Weihnachtskarten eingeworfen sind, schlendern Oma und Mops noch ein bißchen durch die Stadt. Zwei Häuser neben der Post hat ein neuer Krimskramladen aufgemacht. Oma Erna schaut in die Auslage. Sie entdeckt einen kleinen Kerzenständer aus Holz mit geschnitzten Rehen. Glaswürfel mit Bildern drin ziehen ebenfalls ihre Aufmerksamkeit auf sich. Dann entdeckt sie den Eiffelturm aus Paris, auch aus Glas.

Oma Erna denkt an ihren Wunsch, daß sie irgendwann einmal mit Opa nach Paris fahren wollte, um vom Eiffelturm aus, über die ganze Stadt zu schauen. Nun, daraus kann jetzt ja nichts mehr werden, denn Opa ist nicht mehr da. Den Eiffelturm aber, den wird sie noch vor dem Fest besorgen. "Den schenken wir dann Opa!", sagt sie leise zu Bello und schluckt.

Bello und Oma Erna schlendern noch weiter durch die Stadt. In der Eisdiele, die das ganze Jahr geöffnet hat, trinkt Oma Erna einen heißen Tee. Dann geht es ab nach Hause. Auf dem Heimweg aber kommen die beiden noch an einem ganz besonderen Laden vorbei. Eigentlich wollte Oma Erna mindestens bis zum Weihnachtsfest hier nicht mehr vorbeischauen. Doch die Neugierde treibt sie hierher.

Sie betrachtet erstaunt das Fenster und hält nach etwas Ausschau, das nicht mehr zu entdecken ist. Selbst Bello springt am Fenster hoch, scheint etwas zu suchen. Einmal bellt er sogar. Im Schaufenster ist eine neue Dekoration aufgebaut. In der Mitte steht ein Brett mit Rollen, auf dem verschiedene Sportschuhe liegen. Daneben sind weitere Sport- und Winterschuhe aufgebaut.

Oma Erna überlegt: "Wo ist bloß der rote Pantoffel hingeraten, der noch vor kurzem als Krippe hier im Fenster stand? Den hätte ich gern."

Zuhause angekommen, ruht sich Oma Erna erst einmal in ihrem Lieblingssessel vor dem Fenster aus. Bello dagegen darf nicht auf den Sessel gegenüber. Er muß sich zuerst sauberputzen, so naß und schmutzig wie er von dem Schneematsch geworden ist.

"Das hatte ich mir schon gedacht", beginnt Oma Erna zu berichten und schaut auf den leeren Sessel gegenüber. "Deinen zweiten roten Pantoffel sehen wir wohl nie mehr wieder. Aber was soll es. Bello gibt den linken roten Pantoffel ja sowieso nicht mehr her. Er ist zu seinem Lieblingsspielzeug geworden."

Noch einiges erzählt Oma Erna, was sie beide in der Stadt erlebt haben. Nur von einem erzählt sie nichts, von dem Eiffelturm aus Glas. Das hebt sich Oma Erna für den Heiligen Abend auf.

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Advent 2010