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GUTE-NACHT/3388: Der kleine Nachtwächter in fremden Gefilden (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Der kleine Nachtwächter kennt die großen Plätze und die breiten Straßen der Stadt schon recht genau. Auch die Umgebung um die Stadt mit ihren Feldern und den Bauernhöfen sowie den Schrebergärten besucht er häufig. Doch den kleinen Seitengassen der Stadt ist er bisher meist fern geblieben. Heute will er in diesen Gefilden Ausschau halten.

Rebell hat mal wieder die Nase vorn und läuft voraus. Der kleine Nachtwächter zündet seine Laterne an und folgt ihm. Er schaut an den Häusern hoch und besieht sich alles so gut es in dunkler Nacht, die nur die schmale Mondsichel erhellt, geht.

Die Häuser scheinen etwas verfallen zu sein und sind auch nicht so schön angestrichen wie die Fassaden in den Hauptstraße. Ein Fenster steht offen und der kleine Nachtwächter hört einen Mann husten. Etwas weiter folgt ein kleineres Haus. Es steht ein wenig weiter hinten im Hof und ist von großen Bäumen umringt. In einem Fenster brennt noch Licht, aber nicht sehr hell. "Vielleicht ist es ein Nachtlicht für die Kinder", überlegt der kleine Nachtwächter. Denn auf der Wiese steht eine Schaukel.

Der kleine Nachtwächter geht die Gasse weiter und kommt zu einer Brücke. Sie führt über einen Bach. Hier gibt es keine Straßenlampen mehr. So erhellt nur die Laterne des kleinen Nachtwächters den Weg und das Licht des Mondes trägt seinen Teil mit dazu bei. Bald aber scheint auch der Mond müde geworden zu sein und versteckt sich hinter den Wolken. "Es sieht nach Regen aus", denkt der kleine Nachtwächter.

Plötzlich ein Schrei. Der kleine Nachtwächter erschrickt, aber schnell erkennt er, daß es wohl eine Katze gewesen sein mag. Er blickt sich um: "Wo steckt eigentlich Rebell!" Der kleine Nachtwächter pfeift, aber kein Hund erscheint. Auch auf seine Rufe reagiert Rebell nicht. "Wo steckst du bloß wieder? In dieser fremden Umgebung, so ganz allein ist mir schon ein bißchen ängstlich zumute", denkt der kleine Nachtwächter und ruft weiter nach Rebell. Diesmal ein bißchen lauter und bald ganz laut.

Da geht ein Fenster auf. "Das ist ja Ruhestörung!", schimpft ein Mann. Der kleine Nachtwächter geht weiter. Hier stehen die Häuser noch vereinzelter. "Dafür gibt es viele Büsche, in denen sich so allerhand verkriechen und verstecken kann", geht es dem kleinen Nachtwächter durch den Kopf. Er stellt fest, daß es in manchen Gegenden in der Nacht doch recht unheimlich sein kann. Noch vor Wochen hat ihn das kaum berührt. Dort in der alten Stadt mit der großen Mauer außen herum, deren Tore in der Nacht stets abgesperrt waren, hatte er sich zuhause gefühlt und selten Angst verspürt. Dann begegnete er seinem Hund Rebell und schloß ihn gleich in sein Herz. Da war er nicht mehr allein in der Nacht. Daran gewöhnte er sich sehr schnell. Deshalb ist er jetzt ohne Rebell auch ein bißchen ängstlich.

"Wo steckt der freche Rüde bloß? Ihm ist doch hoffentlich nichts passiert?", fragt sich der kleine Nachtwächter. Plötzlich huscht etwas an ihm vorbei und streift sogar sein Bein. Der kleine Nachtwächter macht einen Satz zurück und hätte fast die Laterne fallen lassen. "Was war das? Eine Katze oder ein Fuchs? Vielleicht war es auch bloß eine Ratte?", überlegt der kleine Nachtwächter. Schnell zieht er noch die Taschenlampe aus der Jackentasche und knipst sie an. Doch das Tier ist bereits verschwunden.

Da folgt ein weiteres Tier. Dieses erkennt der kleine Nachtwächter sofort: "Endlich Rebell, wo hast du nur gesteckt? Ich habe mich schon um dich gesorgt." Der kleine Nachtwächter bückt sich herunter und streichelt den Hund, der sich an seinen Beinen reibt. "Für heute haben wir diese Gasse genug ausgekundschaftet. Laß uns wieder zum Marktplatz zurückkehren. Und diesmal bleibst du schön bei Fuß!"

Damit kehren Rebell und der kleine Nachtwächter in die Stadtmitte zurück, die Laterne in der einen Hand und die Taschenlampe in der anderen.

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12. Mai 2011