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GUTE-NACHT/3402: Der kleine Nachtwächter besingt den Fuchs (SB)


Gute Nacht Geschichten vom kleinen Nachtwächter


Mit der Taschenlampe in der einen, der Laterne in der anderen Hand und einem Lied auf den Lippen zieht der kleine Nachtwächter los. Rebell, sein Hund, folgt in größerem Abstand. Die Quertöne seines Herrchens schmerzen ihm wohl in den Ohren.

"Den Fuchs, den plagte der Hunger   s e h r ...", trällert der kleine Nachtwächter und stellt sich dabei vor, wie sich das hungrige Tier mit leerem Magen auf die Suche nach etwas Freßbarem begibt. Schon geht der Gesang weiter: "... da macht er sich auf, ein Huhn oder eine Gans muß her ..."

"Nun, wenn der Fuchs sich auf den Weg begibt, Beute zu jagen, wird er sicher sehr vorsichtig sein", geht es dem kleinen Nachtwächter durch den Kopf, und er fährt zu singen fort: "... er schleicht durch den Wald und bittet den Mond, daß der ihn mit seinem Licht verschont ... damm da damm da dumm ..."

Der kleine Nachtwächter liebt das Lied von 'Augenweide'. Die folgende Strophe pfeift er vor sich hin. Diese handelt davon, daß der Fuchs zum nächsten Bauern läuft und dort in den Stall des Federviehs eindringt. Das lassen sich die Hühner, Gänse und Enten natürlich nicht gefallen und schnattern und gackern um ihr Leben.

"Vom Lärm erwacht die ...", Großmama will der kleine Nachtwächter gerade singen, da hört er selber Gegacker ganz aus der Nähe. "Zu dieser Stunde schlafen die Hühner, Enten und Gänse doch schon alle. Was ist da bloß los?" Kaum überlegt, ist der kleine Nachtwächter auch schon losgestürmt, auf das Gebüsch zu, aus dem das Geräusch kommt.

Über den Zaun und durch das Gestrüpp klettert der kleine Nachtwächter nicht. Aber es gibt eine Tür im Zaun, die nicht abgeschlossen ist. Durch diese betritt der kleine Nachtwächter den Garten. Rebell läßt er vorsichtshalber vor dem Zaun zurück. Das Federvolk würde sich sonst nur noch mehr aufregen.

Nun leuchtet er mit seiner Taschenlampe und erkennt den Hühnerstall, an dem ein Außengehege angeschlossen ist. Anscheinend läßt das umherschweifende Licht die Tiere verstummen, denn das Gegacker und Geschnatter wird weniger.

Wieder das Geräusch im Gebüsch. "Merkwürdigt", denkt der kleine Nachtwächter, "die Flattermänner im Stall sagen gar nichts dazu. Wahrscheinlich ist der Eindringling schon im Hühnerhaus gewesen. Denn warum sollte das Federvieh jetzt sonst ruhig sein?" Der kleine Nachtwächter tritt näher an das Gebüsch heran. Er stellt sich vor, daß darin ein Fuchs mit seiner Beute lauert, und er das arme, gefangene Tier vielleicht noch retten kann.

Vorsichtig und auch ängstlich nähert er sich weiter dem Gebüsch. Auf der anderen Seite des Gartenzauns läuft Rebell auf und ab und hört nicht auf zu schnüffeln. Endlich faßt sich der kleine Nachtwächter ein Herz, stellt seine Laterne ab und nimmt schnell einen Stock vom Boden auf. Dann leuchtet er mit seiner Taschenlampe in das Gebüsch hinein. Er entdeckt einen kleinen Hohlraum darin und noch etwas anderes, etwas Lebendiges.

"Ah! Oh!", entfährt es dem kleinen Nachtwächter.

"Ein Fuchs mit einem Huhn oder einer Gans im Maul sehe ich hier nicht", atmet er auf, "aber ein süßes Kerlchen finde ich hier vor. Na, den Hühnern wirst du nicht gefährlich werden, aber mach dich dennoch aus dem Staub und stör sie nicht weiter in ihrer Nachtruhe. Dort hinten gibt es einen kleinen Teich. Sicher kennst du ihn schon und lebst dort. Denn da kannst du baden und dein Gemüse waschen. Das ist es doch, was du und deinesgleichen immer erst erledigt, bevor ihr euch Futter in das Maul stopft. Also laß dich nicht weiter stören. Ich gehe derweil mit meinem Hund Rebell zurück zum Marktplatz. Er soll dich schließlich nicht aufstöbern oder hinter dir herjagen."

Noch einmal blickt der kleine Nachtwächter auf das Tier im Gebüsch. Dann tritt er den Rückzug an. Die Tür zum Garten schließt er fest hinter sich. "Tschüß ihr Hühner, schlaft schön!" Dann ruft er Rebell, der es sichtlich vorzieht, weiter am Zaun entlang zu schnüffeln. Als der kleine Nachtwächter ihn dann abermals ruft, kommt er doch. Denn man weiß ja nie, ob das Herrchen nicht vielleicht etwas Leckeres aus der Tasche zieht.

Erst ein ganzes Stückchen weiter hält der kleine Nachtwächter an und teilt sich sein Abendbrot mit Rebell. Anschließend sagt er: "Da kommst du nie drauf, wer sich da im Garten versteckt hatte."



Weißt du es vielleicht?

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9. Juni 2011