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GUTE-NACHT/3559: Eine außergewöhnliche Bande - Teil 34 (SB)


Mittags beim Läuten der Kirchturmglocken kommen Paule und Hugo am Marktplatz der kleinen Stadt an. Die Kirche ist nicht zu verfehlen, und schon begeben sich die beiden zum Eingang. Denn dort wollen sie sich mit Erna und Willi treffen. Doch die zwei anderen sind noch nicht hier. "Wo mögen sie nur stecken?", fragt Hugo. "Bei dieser Hitze hält es doch keiner lange im Freien aus", klagt Paule. Hugo zeigt zur Kirchentür und will damit andeuten, sie sollten in die Kirche hineingehen. "Aber dann verpassen wir die beiden vielleicht", gibt Paule zu bedenken.

Hugo aber hört nicht auf den Rat. Er steigt die Stufen hinauf zur alten Kirchentür und tritt ein. Paule wartet einen Moment, dann stürzt er hinterher. Zuerst kann er im Innern der Kirche gar nichts entdecken, was daran liegt, daß er die letzten Stunden dem grellen Sonnenlicht ausgesetzt war. Nach einer Weile aber gewöhnen sich seine Augen an die Dunkelheit, und er schaut sich in der riesigen Halle um. Ganz vorn beim Altar entdeckt er zwei Gestalten, die ihm sehr vertraut vorkommen. "Sind das nicht Erna und Willi?" Zuerst ist Paule empört. Da hätte er ja lange in der Sonne schmachten können. Aber dann ist er froh, daß sich alle wieder zusammengefunden haben.

"Laßt uns nach draußen gehen", schlägt Paule vor, "hier drin ist so eine christliche Luft." - "Was ist denn das?", lacht Willi auf. In der Nähe sitzen still Leute, die sich jetzt nach ihnen umdrehen und mißbilligende Blicke herüber werfen.

"Laßt uns gehen", fordert Erna ihre Freunde auf, "hier sind wir nicht willkommen." Vor der Kirche auf den Stufen erinnert sich Hugo an den wiedergefundenen Schuh. Er zieht ihn aus seinem Rucksack und reicht ihn Willi. "Habt ihr jetzt meinen Schuh aus dem Müll da vorne wieder herausgefischt?", schimpft Willi.

"Nein", antwortet Paule verwundert, "den haben wir unterwegs gefunden. Er lag im Gras. Wir wissen auch nicht, wie er dahin gekommen ist. Überhaupt, was meinst du mit Müll?" Willi erklärt: "Nachdem gestern Erna ihre goldenen Schuhe gegen diese, die ich gerade trage, eingetauscht hat, wollte ich den einzelnen, der mir noch geblieben war, aufbewahren. Ich steckte ihn ein. Aber heute morgen hielt ich es für völlig unsinnig, nur einen einzelnen Schuh mit mir zu führen. So warf ich ihn in den Mülleimer da vorne. Ich hätte nie gedacht, daß der verlorene Schuh wieder auftaucht." - "Manchmal geschehen eben noch Wunder", meint Erna und schlägt vor, schnell in dem Mülleimer nachzusehen, ob die beiden Schuhe wieder vereint werden können. Die Vier gehen los. Doch leider ist gerade, während sie alle in der Kirche steckten, die Müllabfuhr dagewesen.

"Der Schuh ist weg", stellt Willi beim Blick in den leeren Papierkorb fest, "das ist dumm, gleich zweimal etwas zu verlieren." Erna findet den Ausgang dieses Unternehmens auch nicht gerade erbaulich. Hatte sie doch beim Anblick des einzelnen Schuhes gehofft, die goldenen Damenschuhe wieder zurücktauschen zu können.

"Was machen wir jetzt?", fragt Willi. Paule schlägt vor, daß sie einmal überlegen sollten, wie sie nun zu etwas Geld kommen könnten. Da hört er ein Klimpern und dreht sich um. Auf den Steinstufen vor der Kirche hat sich Hugo niedergesetzt, den einzelnen Schuh hat er vor sich gestellt. Ein vorbeigehendes Mädchen hat ihm da hinein zwei Münzen geworfen. Hugo wehrt ab, doch das Mädchen lächelt und geht weiter.

"Nun, das ist doch schon ein Anfang", sagt Erna. Sie setzt sich neben Hugo und beginnt aus dem Stehgreif ein Lied über einen rechten Schuh zu singen, dessen linkes Gegenstück verloren gegangen ist ...

Noch mehr Münzen wandern in den einzelnen Schuh bis Erna etwas weiter entfernt einen Polizisten entdeckt. Da hört sie lieber auf zu singen und steckt das Geld schnell weg. Denn ohne Erlaubnis ein Liedchen zu singen und sich dafür Geld schenken zu lassen, ist hier bestimmt verboten. Der Polizist könnte ihnen Betteln vorwerfen - was ebenfalls ohne Erlaubnis verboten ist - und sie womöglich alle mit auf die Wache nehmen wollen. Also ziehen die Vier lieber ohne eine Begegnung mit dem Herren des Gesetzes weiter. Ein schneller Blick auf das ergatterte Geld zeigt, daß sie an diesem Abend nicht hungrig einschlafen werden.

Guten Nacht



zum 4. April 2012