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GUTE-NACHT/3611: Die erste Kerze (SB)


Gute-Nacht-Geschichten

Sterntaler bei Kakao und Weihnachtsgebäck

Gleich am Morgen half Enna ihrer Uroma Magda dabei, einen Adventskranz zu richten. Dafür stand Enna sehr früh auf und Uroma Magda ließ von ihren Stricksocken ab. Denn am Nachmittag wollten alle die ersten Adventsplätzchen knabbern und in die erste brennende Kerze blicken.

Es gab Kaffee für die Omas. Opa bekam einen besonders starken Kaffee und Enna Kakao. Sogar Oma Berenieke war dazu eingeladen und erschien auch. Sie brachte Dominosteine und die ersten Nüsse aus ihrem Garten mit. Die waren schön weiß unter der braunen Haut, aber sie schmeckten noch ein bißchen pelzig. "Wenn ihr sie bis Weihnachten liegen laßt, dann schmecken sie genau richtig", erklärte sie.

Bei Kerzenlicht las Uroma Kathie eine Geschichte vor, die gern in der Adventszeit erzählt wird - das Märchen vom Sterntalermädchen.


Es war einmal ein kleines Mädchen, das hatte weder Eltern noch Geschwister, noch irgendeinen Menschen, der für es sorgte. Auch besaß es rein gar nichts an Hab und Gut, nicht einmal ein Dach über dem Kopf, und an Kleidern hatte es nur, was es auf dem Leibe trug.

Als es so seines Weges zog, traf es einen Bettler, der klagte ihm seine Not und sprach: "Mein Magen knurrt, so lange habe ich schon nichts mehr gegessen - kannst du mir nicht etwas geben?" Die Kleine, die nichts zu essen hatte als ein Stückchen Brot, das ihr ein freundlicher Mensch gegeben hatte, holte dieses aus der Tasche, gab es dem hungrigen Mann und sagte: "Laß es dir schmecken." Und ging weiter.

Kurz darauf kam das Mädchen an einem Knirps vorbei, der weinte bitterlich. Als es ihn fragte, was ihm denn fehle, jammerte er: "Meine Ohren sind so kalt, daß sie bald abfallen, bitte gib mir doch etwas, womit ich sie wärmen kann!" Das arme Mädchen hatte nichts als sein eigenes fadenscheiniges Mützchen. Das nahm es ab und schenkte es dem frierenden Bübchen.

Nachdem es nun noch ein weiteres Stück gegangen war, kamen drei kleine Schwestern daher gestolpert. Die streckten ihm ihre klammen Händchen entgegen und bettelten zitternd vor Kälte: "Ach, gib uns doch etwas zum Anziehen, sonst müssen wir erfrieren." Da zog das Kind Stück für Stück seine Kleider aus und schenkte sie ihnen: dem einen sein Leibchen, dem zweiten sein Röckchen, und da es inzwischen schon Abend und ganz dunkel geworden war und es nichts mehr hatte als sein Hemdchen, zog es auch dieses noch aus und gab es dem dritten Kind.

Als das arme Mädchen nun so nackt und allein im Dunkeln und in der Kälte stand, da fing der Himmel plötzlich an zu glitzern und zu funkeln, und die Sterne fielen herab und wurden lauter goldene Taler. Auf einmal hatte das kleine Mädchen auch wieder ein Hemdchen an, das war warm und wunderschön, da hinein sammelte es so viele Taler, wie es tragen konnte. Da hatte seine Not für immer ein Ende.

Gute Nacht


zum 2. Dezember 2012