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KALENDERGESCHICHTEN/020: 08-2012   Grimbart Wohlgemut - Zusammentreffen mit dem zornigen Biber (SB)


Buntstiftzeichnung: © 2012 by Schattenblick
Zusammentreffen mit dem zornigen Biber

Lange noch blickten Gretchen und Grimmy dem Uhu hinterher. Beide wünschten sich so sehr, der Uhu möge Erfolg bei seiner Suche haben und den Bau von Grimmy entdecken. Als sie nur noch einen kleinen bewegten Punkt am Himmel sahen, setzten sie sich ins Moos und waren ganz still. Grimmy träumte von seinem Zuhause. Er freute sich auf seine große Dachsfamilie. Gretchen hatte keine Ahnung, wie es in einem Dachsbau zuging. Sie malte sich eine wunderschöne Eichhörnchen-Unterkunft inmitten dieses Baus aus und war sehr zuversichtlich, dass Grimmy sie auf jeden Fall stets beschützen würde, falls einer der Mitbewohner oder Untermieter ihr Böses wollte.

"Hoffentlich kommt er bald zurück", meinte Gretchen ungeduldig. "Nun, äh, er ist doch gerade erst losgeflogen, so schnell kann er gar nicht fliegen, glaube ich", überlegte Grimmy laut. Aber natürlich konnte auch er die Rückkehr des Uhus kaum erwarten.

"Ich habe schon wieder Hunger", platze Grimmy plötzlich heraus. "Aber hier scheint es rein gar nichts Essbares zu geben.

"Na, gut, sehen wir uns doch mal in der Umgebung um, ob wir nicht ein paar Beeren finden", schlug Gretchen vor und hüpfte schon auf ihre Füße, um zum ersten Sprung anzusetzen.

"Halt, Gretchen, halt, warte. Der Uhu hat uns doch gebeten, in der Nähe zu bleiben, damit er uns schnell wiederfindet", gab der kleine Dachs zu bedenken.

"Ja, stimmt, dann suche ich eben allein und du passt hier auf. Wenn ich genügend Beeren gesammelt habe, komme ich zurück. Ich kann dich mit meiner guten Nase bestimmt aufspüren, sei unbesorgt." Schon drehte Gretchen sich in Richtung Wald und spurtete los.

"Oh je", dachte der kleine Dachs besorgt, "wenn das nur gut geht." Dann fiel ihm wieder ein, dass Gretchen von einem lauten Knacken aufgeschreckt worden war. Er selbst hatte es nicht gehört. Aber nun überlegte er sich auch, ob vielleicht der Baummarder hier unterwegs sein könnte. Vor lauter Sorge lief er auf und ab, hin und her, drehte sich im Kreis und haderte mich sich: "Soll ich nun hinter Gretchen herlaufen oder hier auf den Uhu warten - verflucht, was mache ich nur ..." Er setzte sich ins Moos. Kaum dass er saß, sprang er wieder auf, lief hin und her, setzte sich erneut und grübelte. Er malte sich aus, wie Max, der Baummarder, dem kleinen Eichhörnchen auflauerte, stellte sich die vielen spitzen, scharfen Zähne in dem Mardermaul vor und da gab es kein halten mehr ...

Grimmy lief in den Wald, wohinein auch Gretchen gelaufen war und brüllte: "Gretchen, warte, Gretchen, wo bist du?" Dann lauschte er und schnupperte, aber nichts - keine Antwort. Aufgeregt schnüffelte Grimmy den Boden ab. "Hier muss ich doch irgendwo Gretchens Spur finden, sie muss doch hier gelaufen sein. Geflogen ist sie bestimmt nicht. Aber vielleicht, ohje, vielleicht ist sie auf einen Baum geklettert ...", sprach Grimmy halblaut mich sich selbst. "Nein, dazu hat sie doch viel zu viel Angst. Auf Bäume klettert sie bestimmt nicht, oder doch?" Der kleine Dachs holte tief Luft und rief nochmals in den Wald hinein: "Gretchen, wo bist du, Gretchen, hallo, sag doch was ...!"

"Hier, hallo, hier bin ich", schallte es hinter Grimmy aus gar nicht so weiter Ferne. Flugs machte er kehrt und suchte die Gegend ab, konnte Gretchen aber nirgends erblicken. "Wo bist du, ich kann dich nicht sehen!?"

"Hier, hier unten", brüllte das Eichhörnchen zurück. Grimmy trippelte in die Richtung und endlich fand er Gretchen. Erdklümpchen flogen ihm vor die Nase, aber außer Gretchens buschigen, braunen Schwanz war von ihr nichts zu erkennen. "Du glaubst es nicht, Grimmy, ich bin hier auf eine riesige Vorratskammer gestoßen. Du glaubst es nicht, Nüsse über Nüsse, einfach lecker ...", schwärmte sie ihm vor. Langsam tapste sie rückwärts aus dem Erdloch heraus und drehte sich um. In ihren Pfoten hielt sie eine große Walnuss. "Also, Grimmy, ich als Nuss-Expertin bin schon sehr verwundert. Nüsse bei dieser Wärme, so weit entfernt vom Winter ...", sie schüttelte den Kopf. "Es hätte doch schon längst ein Bäumchen daraus wachsen können?"

"Ja, das ist nicht geheuer. Lass uns lieber nach etwas anderem Ausschau halten. Ich mache mir ohnehin nichts aus Nüssen", schlug Grimmy vor.

Doch Gretchen ließ das alles keine Ruhe: "Vielleicht ging das mit dem Wachsen auch nur nicht, weil die Höhle voller Steine ist, also voller Nüsse und voller Steine - ohne Erde drinnen, verstehst du?" Sie hielt die Nuss an ihre Nase und prüfte sie so gut es ihr gelang. Als sie den Geruch in sich aufsog, fiel ihr etwas ein. Sie ließ die Walnuss fallen und haspelte erschrocken: "Grimmy, warum bist du hier, ich meine, hier im Wald, hier bei mir. Du wolltest doch auf den Uhu warten..., oje, wenn er jetzt schon an dem Platz war und keinen von uns dort angetroffen hat. Ohje, er ist bestimmt weitergeflogen..." Aufgeregt sprang sie in die Höhe, drehte sich im Kreis, landete auf ihrem Hinterteil - direkt vor Grimmy.

"Ist gut, hast ja recht, lass uns schnell zurücklaufen, dann erzähle ich dir, warum ich dich gesucht habe ...", sprach er und trippelte eilig zur Lichtung, auf der sie sich mit dem Uhu verabredet hatten.

Gretchen rappelte sich auf und folgte ihm, überholte ihn im Sprung und erreichte das lichte Waldstück zuerst. Sie hockte sich wieder ins Moos und suchte den Himmel nach dem Uhu ab. Einige Augenblicke später traf auch Grimmy ein und hockte sich zu ihr. Er erzählte ihr, dass er sich große Sorgen um sie gemacht hatte und einfach nicht anders konnte, als nach ihr zu suchen, um sie zu beschützen.

"Du hättest gar nicht ohne mich losgehen dürfen. Das war gar keine gute Idee, wirklich nicht, mach das nicht noch mal. Wir bleiben immer zusammen, hörst du. Das ist viel zu gefährlich für dich, wenn du ganz allein bist!", bestimmte Grimmy etwas ärgerlich und gleichzeitig bekümmert.

"Meinst du? Ist gut, dann bleiben wir ab jetzt immer dicht zusammen", willigte Gretchen in den Vorschlag ein und strahlte Grimmy an. Sie freute sich über ihren Beschützer. Grimmy war zwar noch jung, aber schon ziemlich viel gewachsen. Er war nicht nur besonders groß, sondern auch besonders rund geworden. Insgesamt eine imposante Erscheinung. Nun, ja, er hatte stets Hunger, und Fressen schien unbedingt eine seiner Lieblingsbeschäftigungen zu sein. Wer sollte da wohl nicht wachsen?

Grimmys Magen knurrte - knurrte ziemlich laut. Beschämt sah er auf seinen Bauch, als wolle er mit dem Magen schimpfen. Gretchen grinste und meinte: "Los, lass uns ein Stück gehen. Dort hinten habe ich einen Birnbaum gesehen und Sträucher mit Beeren. Ich habe sie nicht weiter beachtet, weil mich der Duft der Nüsse immer weiter gelockt hatte."

Sie musste ihn nicht lange überreden. Gar nicht weit entfernt fanden sie zu Essen in Hülle und Fülle. Als sie satt waren, kehrten sie an ihren Platz zurück. Während ihrer Schlemmermahlzeit sahen sie abwechselnd zum Himmel, um den Uhu nicht zu verpassen. Doch noch war er nicht zurückgekehrt.

Müde plumpsten sie ins Gras. Mal döste der eine, mal der andere. Dann aber schreckten beide zugleich hoch. Ein lautes Knacken, noch eines und noch eines ... gespannt blickten sie in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Etwas entfernt wuchsen Sträucher und Bäume ganz dicht - das Unterholz war ein einziges grünes, krautiges Pflanzengewirr. Genau aus diesem Dickicht wühlte sich unter nochmaligen lauten Knacken ein kräftiger Biber hervor.

"Was macht der denn hier?", platzte Gretchen heraus und sah Grimmy fragend an. "Wir werden ihn fragen", beschloss Grimmy und stratzte los, Gretchen hinterher.

"So ein Mist aber auch, verdammt, ich könnte den ganzen Wald zu Kleinholz raspeln ...", schimpfte der Biber, hob eine Pfote, rollte einen Ast zu sich heran und biss mit seinen starken Zähnen hinein. Er nagte und nagte eine kleine Weile, setzte dann seine Pfote auf das eine Ende des Astes und zog das andere mit seinem Maul nach oben. An der zernagten Stelle, die jetzt ganz dünn war, brach das Holz. 'Knack' - da war es wieder, das Geräusch!

Erst jetzt schenkte der Biber den beiden Ankömmlingen seine Aufmerksamkeit. "Was glotzt ihr mich so verdaddert an, irgendetwas unklar?", grunzte er ungehalten.

"Nein, ja, also, ich dachte immer, Biber leben im Wasser in Biberburgen - ich sehe hier aber kein Wasser ...", erklärte Gretchen.

"Genau, ich sehe auch kein Wasser und ganz genau das ist der Grund für meinen Ärger!", grollte der Biber.

"Ich verstehe zwar noch nicht ganz, was hier los ist, aber vielleicht möchtest du es uns erklären, und vielleicht können wir dir helfen?", sprach Grimmy so ruhig und sanft wie er konnte, denn er hatte bemerkt, dass der Biber außer sich war vor Kummer.

Der Biber hielt inne, wurde ruhiger und setzte sich. Nach einer Weile hatte er sich gefasst. "Entschuldigt meine ungehobelte Rede. Ich bin wütend, aber nicht auf euch. Nun habt ihr meine Verärgerung zu spüren bekommen, obgleich euch gar keine Schuld trifft. Ich hoffe, ich kann es wieder gutmachen."

"Wie heißt du überhaupt ...", begann Grimmy seine Frage, doch da wurde er schon unterbrochen. "Biber Biber, mein Name ist Biber Biber, hinten und vorne Biber, ganz einfach zu merken", beeilte sich ihr neuer Bekannter, sich vorzustellen.

"Ich heiße Grimmy und ..." - "Ich, ich, mein Name ist Gretchen!" - "Gut, und nun berichte doch bitte, was dich so wütend werden ließ", bat Grimmy den Biber. "Und wo dein See und deine Biberburg geblieben sind ...", fügte Gretchen schnell noch hinzu.

"Genau, genau, das ist ja die Katastrophe. Der See, seit Ewigkeiten das Heim der Bibers. Schon meine UrUrUrUrUrUrUrUrGroßeltern lebten dort, wie es sich für die Familie Biber gehört. Nun, aber - die Katastrophe. Das Wasser verschwand, der ganze See ist verschwunden. Weg, einfach weg!", regte sich der Biber erneut auf. "Genau, genau das ist mein Kummer. Seitdem bin ich auf der Suche nach dem See. Irgendwo muss er doch geblieben sein."

Grimmy und Gretchen konnten den Biber nur zu gut verstehen. Schließlich suchte der kleine Dachs ja selbst sein Zuhause und Gretchens war zerstört worden.

"Biber Biber, was hältst du davon, wenn wir uns zusammentun?", schlug Grimmy vor und begann dann, alles zu erzählen, was er und Gretchen bisher erlebt hatten. "Wir könnten also hier alle gemeinsam auf den Uhu warten. Vielleicht hat er auf seiner Suche nach meinem Bau auch etwas über deinen verschwundenen See erfahren", schloss Grimmy seine Rede.

"Genau, damit bin ich einverstanden, das ist gut", stimmte der Biber zu, der nun gar nicht mehr so böse und ärgerlich dreinschaute.



zum 1. August 2012