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KALENDERGESCHICHTEN/088: 04-2018   Verkehrte Welt - Abschied für immer ... (SB)



Die Ente Gina sitzt auf dem Rücken vom kleinen Fuchs und beide fliegen gen Horizont - Buntstiftzeichnung: © 2017 by Schattenblick

Das Entchen Gina hatte auf ihrem ersten Erkundungsausflug ein kleines einsames Fuchskind getroffen, das sehnsüchtig auf seine Mutter wartete, die aber nicht zurückkehrte. Gina lud den kleinen Fuchs ein, mit ihr zu kommen, weil sie Henry Maus um Rat fragen wollte.

Was sollte Henry Maus nur tun? Er grübelte und grübelte, doch mochte er sich gar nicht ausmalen, was alles passieren könnte. "Vielleicht sucht die Fuchsmutter nach ihrem Kleinen, oh weh, wenn sie ihn hier findet, dann, dann ... ", stotterte er in seinen Gedanken. "Der kleine Fuchs muss wieder verschwinden, er kann unmöglich hier bei uns bleiben. Ich werde sofort zu Chiko gehen und mich mit ihm beraten." Henry Maus wartete ab, bis das Entchen und das Fuchskind endlich beide in dem großen Suppenteller eingeschlafen waren, dann verließ er den Stubenschrank und schlüpfte durch ein Loch in der Wand in die Wohnung des alten Katers. Er fand ihn dösend auf einem Kissen liegen.

"Hallo Chiko. Hey, bist du wach?" - "Nee, ich schlafe noch. Was möchtest du, scheint etwas Wichtiges zu sein, wenn du hier so spät noch auftauchst", brummte der Kater.

"Ja, also wir haben ein Problem", begann Henry. - "Nein, bitte nicht, ich kann Probleme nicht ausstehen!" - "Gina hat ein Fuchskind mit nach Hause gebracht, weil es irgendwo hier in der Nähe vergeblich auf seine Mutter gewartet hatte. Da hat sie es einfach mitgenommen, um mich um Hilfe zu bitten. Oh, Chiko, mir ist ganz mulmig zumute, wenn ich mir vorstelle, die Fuchsmutter findet es bei mir. Und ich sorge mich nicht nur um mein Leben, sondern auch um Ginas."

Kater Chiko öffnete nun seine Augen ganz und setzte sich hin: "Das will gut überlegt sein. Ich denke, wir sollten das Kleine ziemlich schnell wieder an den Ort zurückbringen, an dem Ente Gina es aufgelesen hat."

"Kommst du mit und hilfst mir, sie davon zu überzeugen, denn ich glaube, dass Gina nicht mit unserem Plan einverstanden sein wird", zweifelte Henry Maus.

"Tja, da ist dann wohl meine Katzen-Überredungskunst gefragt. Also gut, ich begleite dich", schnurrte Chiko.

Sofort machten sich Kater und Maus auf den Weg in Henrys 'Palast'. Als sie die beiden Tierkinder dort so friedlich schlafen sahen, rührte es ihre Herzen, sie blieben einen Moment vor dem Suppenteller stehen und sahen den Schlafenden zu. Vorsichtig stupste Henry das Entchen an, das sogleich die Augen aufschlug und ihn freudig anschaute.

"Hallo, Henry, was ist los?", strahlte es ihn an. "Wir müssen mit dir reden, Gina. Der kleine Fuchs kann nicht hier bleiben", brachte Henry tapfer hervor. Dann übernahm der Kater das Reden.

"Also, Gina, lass uns mal lieber ganz leise sprechen, damit der Fuchs nicht aufwacht. Er muss schleunigst von hier fort! Stell' dir nur vor, seine Mutter käme hierher!"

"Toll, das wäre doch prima, dann brauchen wir sie nicht mehr suchen", freute sich die kleine Ente.

"Nein, nein, das ist gar nicht prima. Sie denkt bestimmt, dass wir ihr Kind entführt haben, wird fuchsteufelswild und am Ende frisst sie uns alle auf!", gruselte es Henry Maus.

"Wieso denn das? Ich verstehe das nicht! Wird sie sich denn nicht freuen, ihren Schatz wieder gefunden zu haben? Und überhaupt, warum sollte sie uns fressen?", vor lauter Aufregung fiel es Gina schwer zu flüstern.

"Pssst, du weckst ihn noch auf!", ermahnte Henry das Entchen und erklärte weiter, "Füchse sind nun mal gefährliche Leute."

Ente Gina hörte zwar was Henry Maus ihr sagte, aber glauben wollte sie das nicht. Sie beschloss, den kleinen Fuchs zurückzubringen, ganz allein und mit ihm nach seiner Mutter zu suchen. Bei Henry Maus konnte sie nicht bleiben, was sie sehr traurig werden ließ, aber er schien sich wirklich sehr vor Füchsen zu fürchten. Die Gedanken wirbelten nur so im Kreis in ihrem Entenköpfchen. "Was mache ich denn nur, ich möchte bei Henry bleiben, aber auch Schatz nicht im Stich lassen. "Beides, ich werde beides machen, erst Schatz begleiten und dann wieder zu Henry zurückkommen, ja, so wird es gehen."

"Ist gut, ich habe verstanden, ich werde meinen neuen Freund wieder an den Ort bringen, wo ich ihn gefunden habe!", flunkerte sie und tat sehr entschlossen.

Henry Maus und Kater Chiko, die nichts von Ginas Plan ahnten, staunten nicht schlecht, hatten sie doch damit gerechnet, dass die kleine Ente sich weigern würde, den Fuchs fortzubringen. Mittlerweile war das Fuchskind aufgewacht und wusste gar nicht wie ihm geschah, als Ente Gina ihn zum Ausgang schubste und ihm erklärte, dass sie sofort aufbrechen müssten. Gina drehte sich noch einmal um und verabschiedete sich.

"Ich bin nicht lange fort, also dann, bis gleich", rief sie im Hinausgehen. "Halt, halt, so geht das nicht", rief Henry Maus, "das ist viel zu gefährlich!"

Ente Gina war auf den Rücken von Schatz gesprungen, breitete ihre kleinen Flügel aus und schon flogen sie davon. Chiko und Henry konnten gar nicht glauben, was sie da sahen. Am Himmel schwebten Entchen und Fuchs in die Ferne. Staunend blieben sie eine Weile so stehen. Ob sie Gina je wiedersehen würden?

Raute

Nach einer Weile landeten die beiden Abenteurer an einem See. Hier sah alles ganz anders aus. Mächtige Bäume säumten das Wasser und wirkten wie eine dunkle, hohe, unheimliche Wand. Auf einer Blumenwiese vor dem See ließen die beiden sich ins Gras fallen.

"Wie hast du das gemacht?", wollte der kleine Fuchs wissen. "Was habe ich denn wie gemacht?", wunderte sich Gina. "Na, das mit dem Fliegen?" - "Oh, wieso wundert 's dich, kann denn nicht jede Maus fliegen?", fragte nun Gina ganz erstaunt.

"Jede Maauuus?", stutzte der Fuchs. "Ja, klar doch", Gina wusste nichts weiter dazu zu sagen, vielmehr störte es sie, dass der kleine Fuchs so einen merkwürdigen und irgendwie spröden Namen hatte und platzte gleich heraus damit, "ich finde deinen Namen nicht besonders schön, also, ich finde ihn doof. Hast du nicht einen einfacheren, vielleicht?"

"Nee, oder warte mal, zuerst hat meine Mutter immer 'Mika' zu mir gesagt und dann nur noch 'mein Schatz'", erinnerte sich der Fuchs. "Gut, dann nenne ich dich Mika, das gefällt mir besser. Einverstanden?"

"Hmmm, gut. Aber nun sag schon, wie geht das mit dem Fliegen. Kannst du mir das auch beibringen?", kehrte Mika wieder zu seiner viel wichtigeren Frage zurück.

"Ich weiß nicht, aber ich will es gern versuchen", antwortete Gina nicht sehr begeistert.

Nachdem die beiden sich geeinigt hatten, schauten sie sich nach einem geschützten Plätzchen um und fanden schließlich einen großen Stein, der wie ein dickes "U" aussah und von einem Strauch mit großen Blättern überdacht wurde. Sie kuschelten sich in die Mitte des U-Steins und konnten von dort aus über den See blicken. Gina und Mika waren sehr hungrig, aber zu müde, um sich etwas zu essen zu suchen und außerdem zog allmählich die Dämmerung herauf.

"Gleich morgen früh essen wir solange bis wir total satt sind", murmelte Gina. "Oh ja", gähnte Mika, "und dann fangen wir gleich mit den Flugübungen an!" Schon schliefen beide tief und fest.

Fortsetzung folgt ...


zum 1. April 2018


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