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KALENDERGESCHICHTEN/095: 11-2018   Verkehrte Welt - Feindvertreibung ... (SB)



Der Mann wehrt sich gegen die angreifenden Tiere, Fuchs, Kater, Enten, Maus und rennt davon - Buntstiftzeichnung © 2018 by Schattenblick

Die Pfote von Lukas, dem Marderhund, hatte einen schönen Blätterverband erhalten. In der Zwischenzeit war auch Kater Chiko auf dem Hof eingetroffen. In trauter Zusammenkunft schliefen, fraßen und redeten sie oder paddelten auf dem See, als diese Ruhe durch einen schimpfenden Herrn gestört wurde. Eine Bauersfrau rief dem davonfahrenden Mann etwas hinterher, die Tiere wunderten sich.


Die Bauersfrau saß auf der Bank vor ihrem Haus und blickte auf ihre Gäste, die sich am See versammelt hatten und entschloss sich, zu ihnen hinüber zu gehen. Aber sie wollte nicht mit leeren Händen ankommen, schnappte sich die Schüssel mit dem Entenfutter und streute es vor sich aus.

"Ah, die wollen bestimmt auch etwas trinken", überlegte sie laut und lief noch einmal zum Haus, holte eine Schale mit Milch und einen großen Topf mit frischem Wasser. Auch die stellte sie in der Nähe der Tierversammlung ab.

"Hallo, seid willkommen. Leider habe ich nur Entenfutter, aber ihr könnt gern alle davon essen, davon habe ich genug", bot sie an.

Auf einmal drang deutlich das Wort "Entenfutter" in den Traum der kleinen Ente Gina, die sofort erwachte und ihren Augen kaum zu trauen wagte, als sie tatsächlich dicht vor sich eine große Menge der Köstlichkeit entdeckte. Flugs hopste sie auf ihre Entenfüßchen und wollte gerade mit dem Mahl beginnen, als sie die Bauersfrau erblickte, die dort auf einem Stein hockte und ihr freundlich zulächelte.

"Na, Entchen, friss nur, es ist genug für alle da", ermunterte die Frau Ente Gina, die noch so klein und arglos war, an nichts Böses dachte und sich das nicht zweimal sagen ließ. Nun war auch Lukas aufgewacht, der alles noch aus kleiner Entfernung beobachtete.

"Hey, Henry, sieh mal was Gina da macht, sie futtert und scheint keine Angst vor der Frau zu haben. Sollten wir nicht auch dorthin gehen?", rief Lukas.

"Ihr wartet hier", bestimmte Chiko, "mit Menschen kenne ich mich gut aus. Ich werde schon herausfinden, ob wir der Bauersfrau trauen können. Menschen können sehr gefährlich sein, auch wenn sie sich ganz harmlos geben und so tun, als könnten sie keiner Fliege ein Leid zufügen."

Chiko trabte also zu der Frau hinüber, schnupperte, um vielleicht schon eine Gefahr zu wittern. Doch alles schien ganz normal zu sein und so fasste er sich ein Herz und schmiegte sich an ihre Beine. Die Bauersfrau streichelte ihn sanft und er begann zu schnurren. Als Chiko dann noch die Schale mit Milch entdeckte, verlor er alle Scheu und schleckte genüsslich das leckere Trinken. Danach drehte er sich zu seinen Gefährten um und gab Entwarnung.

"Hey, Leute, ihr könnt alle kommen, hier droht keine Gefahr!" Alsbald scharrten sich alle um die Bauersfrau, die sich sichtlich darüber freute.

"Wo kommt ihr denn alle auf einmal her?", erkundigte sich die Frau. Da alle nur erstaunte und fragende Gesichter machten und dann freundlich lächelten, redete sie einfach weiter. "Na, ich will es gar nicht so genau wissen. Ich heiße Svenja und mir gehört der Hof. Na, er ist etwas heruntergekommen, nicht mehr ganz heil, hier und da regnet es durchs Dach, aber wenn ihr wollt, könnt ihr euch hier häuslich niederlassen."

Marderhund, Fuchs, Ente, Kater und Maus setzten sich fast gleichzeitig auf ihre Hinterteile und starrten die Frau Svenja erwartungsvoll an. Sie musste lachen als sie ihre Gäste so betrachtete.

"Na, dann ist das wohl abgemachte Sache. Sucht euch alle ein Plätzchen. Ich werde derweil überlegen, was ich für euch zum Fressen besorgen kann. Also, ihr Lieben, fühlt euch wie Zuhause."

"Chiko, was machen wir denn jetzt? Du sagst doch, dass du dich mit Menschen auskennst. Also los, nun sag ihr schon, dass wir gerne bleiben wollen!"

Der Kater überlegte kurz, wie er das am besten anstellen sollte, da hüpfte Entchen Gina auch schon mit einem gekonnte Sprung in den Schoß der Bauersfrau. Die nahm sie zärtlich in ihre Hände und sprach ganz lieb zu ihr. Chiko reckte sich und hob seine Tatzen auf ihre Knie, Henry Maus krabbelte über Chiko hinweg und hockte sich neben des Katers Tatze. Lukas legte sich einfach dicht neben die Frau auf die Erde und Mika setzte sich als braver Fuchs artig vor Frau Svenja hin. Die Frau war überglücklich, dass sie nun nicht mehr allein war.

Doch plötzlich brummte es laut im Hintergrund, dann quietschte es ganz fürchterlich, es folgte ein lautes Türknallen und der Herr, der am Vormittag schon einmal Frau Svenja aufgesucht und so unfreundliche Flüche ausgestoßen hatte, baute sich direkt vor ihr auf. Dabei machte er einen sehr bedrohlichen Eindruck.

"Ich habe es mir überlegt, ich mache Ihnen noch ein letztes, wirklich einmalig gutes Angebot und rate Ihnen, Ihren Hof an mich zu verkaufen. Ansonsten lasse ich mir etwas einfallen, wie ich Sie von hier in ein Altersheim verfrachten kann. Mir wird da schon etwas einfallen, gegen das Sie nichts unternehmen können. Bedenken Sie, Sie sind nur eine alte, einsame Frau! Was glauben Sie, was Sie gegen mich und mein Geld ausrichten können?", brüllte der Mann und grinste dabei hämisch.

"Ich werde nicht verkaufen, das Land und der Hof gehören mir. Und solange ich mich noch selbst versorgen kann, werde ich auf keinen Fall in ein Altersheim gehen, ganz egal was Sie sich einbilden!", beharrte Frau Svenja wütend.

"Chiko, weißt du was ein Altersheim ist", besorgt piepste Gina, da sie merkte, dass es ein Ort sein muss, an den die Bauersfrau nicht gehen mochte.

"Tja, das ist eigentlich kein schlimmer Ort, dort gehen die alten Menschen hin, die allein nicht mehr zurechtkommen. Dort erhalten sie Essen und einen Platz zum Schlafen, jedenfalls habe ich das so gehört. Besser weiß ich es nicht", gestand der alte Kater.

"Ist doch piepegal, verdammt, die Frau will hier bleiben und der Mann soll verschwinden. Los, Leute, wir müssen ihr helfen und ihn vertreiben. Dieser Mensch ist doch unmöglich, so gemein zu einer alten Frau zu sein, das können wir nicht zulassen!", erbost stemmte der Fuchs sich mit seinen vier Pfoten ins Gras.

"Ja, der muss weg, die Frau muss bleiben und wir auch", stimmte Lukas lauthals zu, wobei er von all den anderen unterstützt wurde, selbst von all den Enten, die sich inzwischen auch hier versammelt hatten.

Ohne dass sie sich besonders abgesprochen hätten, griffen sie den unverschämten Eindringling an, jeder nach seinem Können. Kater Chiko sprang an dem Mann hinauf, krallte sich an dessen Kragen und verpasste ihm einen kräftigen Tatzenhieb mit seinen Krallen über die Wange. Die Enten zerrten und zupften an seinen Hosenbeinen und zwickten ihn mit ihren Schnäbeln in die Waden. Mutig krabbelte Henry Maus in einen seiner Jackenärmel, lief dort rauf und runter, zwickte ihn hier und da in den Arm und verschwand wieder, bevor der Mann nach ihm schlagen konnte. Lukas konnte nicht viel unternehmen, aber wunderbar gruselig Fauchen, das bekam er ganz gut hin. Mika zerriß dem Bösewicht das Hosenbein und zog so sehr daran, dass der unangenehme Mensch taumelte und schwankend zu Boden fiel. Die Gelegenheit ließ sich Rebecca nicht entgehen, sprang auf seinen Bauch und hieb ein paar mal mit dem Schnabel drauf. Der Mann schlug um sich und versuchte, sich von den Angreifern zu befreien. So rasch wie möglich kam er auch wieder auf die Beine, fluchte und schimpfte und strafte Frau Svenja mit bösen Blicken.

"Tja, mein Herr, wie Sie sehen bin ich weder allein, noch hilf- und schutzlos. Ich habe hier eine Menge zu tun und für alle zu sorgen. Mein letztes Wort, ich verkaufe nicht und wann und ob ich überhaupt irgendwann einmal irgendwo hin gehen werde, das entscheide ich ganz allein. So und nun verlassen Sie auf der Stelle meinen Hof!", energisch und mit äußerst fester Stimme, die keinen Widerspruch duldete, trat sie dem Fremden entgegen. Tatsächlich verließ der Eindringling ohne weitere Worte die Bauersfrau und ihre Tiere, stieg in sein Auto und ward nie mehr gesehen.

Alle waren erleichtert und freuten sich. Doch wie sollte es nun weitergehen?

Fortsetzung folgt ...


zum 1. November 2018


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