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PFLANZEN/033: Vom Landwirt zum Lebenswirt ... (SB)


Landwirtschaft ohne Pflug



Humusreiche, lebendige Böden sind so wichtig wie Luft, Wasser und Sonne für das Gedeihen unserer Nahrungspflanzen

In vielen Regionen dieser Erde wurden ungefähr seit den 1950er Jahren in großen Mengen chemischer Dünger und Pflanzenschutzmittel verwendet, um die Ernteerträge zu erhöhen. Agrarchemiekonzerne forschten und entwickelten immer neue Mittel. So wurden zum Beispiel Stickstoffdünger oder solche, die phosphathaltig oder kalkhaltig waren, hergestellt. Im allgemeinen versuchte man, dem Boden genau den Stoff zu liefern, an dem es ihm mangelte. Dabei war es nicht einfach einzuschätzen, wie viel Dünger wirklich sinnvoll ist und ob ein zu viel des Guten vielleicht auch schädlich sein kann.

Die Erfahrungen vieler Landwirte in Deutschland sollen hier anhand eines Beispiels beschrieben werden, um die Schwierigkeiten aufzuzeigen, die mit den herkömmlichen landwirtschaftlichen Anbaumethoden einhergehen.


Erfahrungen eines Landwirts

Ein Bauer berichtet, dass er einen Hof mit 33 Hektar Landfläche bearbeitete und natürlich auch ein großes Interesse daran hatte, seine Erträge zu erhöhen. Er hatte vornehmlich Mais angebaut und entschied sich, die neuen Düngemittel auszuprobieren - das war Anfang der 1950er Jahre - und er hatte damit einen guten Erfolg. Doch nach vier, fünf Jahren wurden seine Maispflanzen von dem Maiszünsler befallen, einem der größten Schädlinge für Mais. Mit Pflanzenschutzmitteln sollte er bekämpft werden. Da sich der Maiszünsler in dem Anbaugebiet auch bei vielen anderen ausgebreitet hatte, streute man damals vom Hubschrauber aus Pflanzenschutzmittel auf die Felder. Das zeigte zunächst die erhoffte Wirkung, doch hielt sie nicht lange vor, denn den Maisschädlingen machte dieses Mittel bald nichts mehr aus. Zudem stellte der Landwirt auch noch fest, dass sein Boden im Verlauf von ca. 15 Jahren immer heller wurde und keine gute Beschaffenheit mehr zeigte. Die vielen Dünge- und Pflanzenschutzmittel hatten das Bodenleben durcheinander gebracht. Viele Mikroorganismen waren verschwunden und so konnte kein Humus mehr gebildet werden. Der Bauer hatte wie alle seine Kollegen, seine Äcker gepflügt und gedüngt, sowie die wachsenden Pflanzen mit Pflanzenschutzmitteln besprüht. Aber er hatte kein Verständnis für den Boden, wusste nicht, wie viel Leben in ihm steckt und wie wichtig gerade das für das Pflanzenwachstum ist.

Die Erde wurde durch das Pflügen tief angehoben und gewendet - Foto: 2004 by Georg Slickers [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Gepflügter Ackerboden
Foto: 2004 by Georg Slickers [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Humus entsteht, wenn organische Stoffe auf die Erde fallen - wie welkes Gras, Blätter, Früchte oder ähnliches - und eine sogenannte Mulchschicht bilden. Sie werden von den vielen unzähligen Mikroorganismen im Erdboden zersetzt. Daraus entsteht dann Humus, der als der beste Dünger für den lebendigen Boden gilt. Wird nur chemischer Dünger verwendet, so haben viele Organismen in der Erde nichts mehr zu Essen. Sie sterben. Zudem bilden die Pflanzen kein tiefliegendes weitverzweigtes Wurzelwerk mehr aus, um die Nährstoffe aus der Erde zu holen, denn der chemische Dünger befindet sich eher an der Oberfläche.

Man kann es so sehen: die Pflanzen müssen keine weitreichenden Wurzeln ausbilden, weil sie gleich an die Substanzen herankommen. Das klingt gut, ist es aber langfristig gesehen nicht. Die Wurzeln tragen zu einer lockeren und doch verbundenen Struktur bei, die auch eine gute Belüftung ermöglicht. Außerdem finden an den Wurzeln viele Wechselwirkungen mit den Mikroorganismen statt, die wiederum für das gesamte Bodenleben von großer Bedeutung sind. Leider können wir hier nicht die vielen ineinander und miteinander verwobenen Aktionen der ebenso unzähligen Mikroorganismen beschreiben, es sind einfach zu viele. Aber soviel sei gesagt: Zusammen mit dem Wurzelwerk der Pflanzen, erhält man eine gut belüftete, lockere und dennoch haltbare Bodenbeschaffenheit. Und das ist die Voraussetzung für eine gute Sauerstoffversorgung, die sowohl für das Bodenleben selbst, als auch für das Wurzelwerk der Pflanzen und somit für ihr Wachstum von größter Wichtigkeit ist.

Vertrocknetes Gras bildet am Boden liegend eine Mulchdecke - Foto: 2013 by AtelierMonpli (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or Beerware], via Wikimedia Commons

Himbeersträucher, am Boden eine Grasmulchdecke
Foto: 2013 by AtelierMonpli (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or Beerware], via Wikimedia Commons


Wie der Boden zum Guten oder Schlechten verändert werden kann

Um das zu verdeutlichen wurde ein Experiment gestartet. Eine Bodenprobe von einem Acker, der seit 30 Jahren mit künstlichem Dünger bearbeitet wurde, gab man in ein Glas mit klarem Wasser. Ebenso wurde eine Probe von einem Acker, auf den seit ebenfalls 30 Jahren kein künstlicher Dünger gelangte, in ein Glas mit klarem Wasser gegeben. Schon äußerlich war zu erkennen, dass die erste Bodenprobe hell und eher sandig erschien, also ohne Zusammenhalt und die zweite sah eher dunkel, feucht und wie ein zusammenhängender Klumpen aus. Die helle Erde zerfiel alsbald im Wasser, welches trübe wurde, weil feinste Bodenteilchen sich dort in der Schwebe befanden. Der dunkle Boden blieb ziemlich gut in seiner Form erhalten und das Wasser um ihn herum blieb fast ganz klar.


Vereinfachte Anbaumethode

Nachdem der Landwirt viele alternative Versuche zur Bodenverbesserung mit keinen guten Ergebnissen unternommen hatte, stellte er 1980 seinen Betrieb auf eine sogenannte "Vereinfachte Anbaumethode" um. Dabei fällt das Pflügen ganz weg. Der Ackerboden wird in Ruhe gelassen und es bildet sich eine Pflanzendecke (Mulchdecke) aus. Sie dient als Dünger und ermöglicht eine reichhaltige Humusbildung, sorgt nebenher für eine weitreichende Durchwurzelung, die den Boden zusammenhält, die Feuchtigkeit speichern kann und ihn vor Austrocknung gut schützt. Trockener Boden wird leicht fortgeweht, was man Bodenerosion nennt.

Die ausgedörrte Erde wird vom Wind fortgeweht - Foto: 2007 by Jim Bain [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Foto: 2007 by Jim Bain [CC BY-SA 2.0
(http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Ein kahles Feld sei Unsinn, sagt der Landwirt heute, denn es wird all dessen beraubt, was für das Bodenleben notwendig ist. Seine Felder werden heute vor der Aussaat nicht gepflügt - der Roggen, der Mais oder sonstiges wächst gut. Die Erträge sind etwa gleich hoch wie die bei der herkömmlichen Anbaumethode, doch spart er Energie, da er weniger Maschinen wie Pflug und Egge und weniger Düngemittel benutzt. Zudem sorgt er auf diese Weise langfristig und stetig für einen sich selbst erhaltenden und ziemlich gut geschützten Boden. In trockenen Zeiten sind hier sogar eher höhere Erträge zu verzeichnen, da diese Erde den Pflanzen länger Feuchtigkeit spenden kann.

Die Methode des vereinfachten Anbaus wurde in den letzten 30 Jahren mit Erfolg ständig weiter entwickelt und wird es auch heute noch, denn immer neue Erfahrungen führen zu Denkanstößen, die Verbesserungen ermöglichen können. Ein Landwirt muss heute viel mehr berücksichtigen, sollte viel mehr über die ökologischen Zusammenhänge wissen, um eine Landwirtschaft zu verwirklichen, die Pflanzen, Tiere und Bodenleben schützt und gleichwohl eine ausreichende Versorgung mit Nahrungspflanzen, auch für lange Zeiten, ermöglicht.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.eco-dyn.de/index.php/humusaufbau

TV Dokumentation
"Bio für neuen Milliarden?"
Doku.-Frank., 2012
Film von Marie Monique Robin
96 Min.


22. Februar 2017


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