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PFLANZEN/037: Wald - ins Gegenteil gewendet ... (SB)



Auf dem australischen Kontinent sind viele Eukalyptuspflanzen beheimatet. Dort gedeihen wirklich große Vertreter dieser Art mit einer Höhe bis zu fast 100 Metern, aber auch jene sind dort weit verbreitet, die als Büsche und Sträucher wachsen.

Weltweite Bekanntheit haben die Eukalyptuswälder Australiens im Zusammenhang mit den Koalabären erlangt. Die kleinen Kletterbären sind auf diese Bäume angewiesen. Sie gehören seit jeher zu ihrem Lebensraum, so dass man sagen kann, "ohne Eukalyptusbäume keine Koalas". Doch seit die ersten weißen Siedler australischen Boden betreten haben und dort sesshaft wurden, begann ein rücksichtsloses Abholzen der riesigen Wälder. Man betrachtete sie einzig als hervorragende Holzquelle. Die Koalas wurden in unvorstellbar großer Zahl geschossen, oft einfach so zum Vergnügen, oder sie wurden gefangen und getötet, um mit ihrem Fell Handel zu treiben. All das hat bereits 1788 begonnen und heute bangen Tierschützer um das Überleben des Koalas, aber auch um das der Bäume. Es wird davon ausgegangen, dass bevor Europäer in Australien landeten, ungefähr ein Viertel der Landfläche von Wäldern, Savannenwäldern und Buschbeständen bedeckt war. Doch in den darauf folgenden 200 Jahren wurden weite Teile davon vernichtet, um Platz für landwirtschaftliche Nutzflächen und Siedlungen zu schaffen. Bis heute wurden schätzungsweise 70 Prozent der Eukalyptuswälder und 90 Prozent der ursprünglichen Regenwälder abgeholzt. Dadurch setzte in weiten Gebieten vermehrte Bodenerosion ein und 83 der bekannten einheimischen Pflanzenarten verschwanden für immer, 840 bekannte weitere Arten sind heute vom Aussterben bedroht. Aber auch für viele Tierarten, zum Beispiel dem Koala und das Thermometer-Huhn, wird der Lebensraum immer enger, und die akute Gefahr besteht, dass sie als frei lebende Tiere bald ganz und gar verschwunden sind.


Mallee-Eukalyptus - wahre Überlebenskünstler

Doch nun zum Mallee-Eukalyptus, der als Busch- und Strauchform und in vielen verschiedenen Arten vorkommt. Seine Heimat findet sich im Süden Australiens, wo extreme klimatische Bedingungen vorherrschen. Dazu gehören starke tägliche wie jahreszeitliche Temperaturschwankungen und eine sehr geringe Niederschlagsmenge, die durchschnittlich nur 200 bis 350 mm pro Jahr beträgt. Es kann aber auch sein, dass mehrere Jahre fast gar kein Regen fällt. Hinzu kommt, dass es kaum nährstoffreiche Erde gibt und die Pflanzen mit wenig Boden und Nährsalzen auskommen müssen. Als Letztes sind noch die Buschfeuer zu nennen, die relativ häufig vorkommen und die Vegetation niederbrennen. Genau das ist der Lebensraum der verschiedenen Mallee-Eukalyptus-Arten, die sich jedoch als wahre Überlebenskünstler erweisen.


Hochgewachsene, vielstämmige Mallee-Sträucher stehen in großer Zahl beieinander - Foto: 2010, by Poyt448 Peter Woodard (Own work) CC0 1.0 [https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de], via Wikimedia Commons

Malle-Eukalyptus
Foto: 2010, by Poyt448 Peter Woodard (Own work) CC0 1.0 [https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de], via Wikimedia Commons


Viele wachsen nur 3 bis 4 m hoch und sind mehrstämmig, das bedeutet aus dem unter der Erde liegenden knotigen Wurzelstock, dem sogenannten Lignotuber, entspringen mehrere schlanke Stämme in die Höhe. Von diesem Lignotuber aus wachsen ebenfalls weit reichende Wurzeln hinab, die auch in großen Tiefen noch Wasser aufnehmen können und ebenfalls für eine feste Verankerung der Pflanze im Boden sorgen. Die Blätter des Mallee-Eukalyptus sind ziemlich hart, mit Wachs beschichtet und verdunsten so nur wenig Wasser. Außerdem hängen sie senkrecht nach unten, was sich als Vorteil erweist. Sollte in der Nacht, also bei kühleren Temperaturen, Tau entstehen, so gleitet er an ihnen ab und tropft ganz nahe an der Pflanze auf den Boden und sickert ein. Unter den Mallee-Büschen und -Sträuchern haben sich im Laufe der Jahre abgefallene Blätter, abgebröckelte Borke und tote Zweige angesammelt. Da es nur wenig regnet, geht die Zersetzung des Laubs sehr langsam voran. Es entsteht eine Mulchschicht, quasi eine Decke aus nicht ganz verrotteten Pflanzenresten. Sie bietet Schutz vor dem völligen Austrocknen des Bodens, und dem Mallee-Eukalyptus bleibt die geringe Feuchtigkeit erhalten.


Lange nach unten hängende Blätter an einem Strauch - Foto: 2008, by John Moss (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons

Blätter des Mallee-Eukalyptus
Foto: 2008, by John Moss (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons



Der Lignotuber - Retter in der Not

Im Lebensraum der Mallee-Eukalypten breitet sich ungefähr alle 20 Jahre ein Buschfeuer aus. Die trockenen Pflanzenteile und die ausgedörrte Mulchschicht bieten reichlich Stoff zum Verbrennen und vor allen Dingen tragen sie zu einer rasanten Ausbreitung der Brände bei. Die gesamte Vegetation verkohlt und zerfällt, auch die Mallee-Eukalypten. Doch hat das Feuer für sie nicht nur eine vernichtende Wirkung, sondern es hilft ihnen bei der Verbreitung ihrer Samen, die von dem Mallee kurze Zeit nach dem Feuer ausgestreut werden. Der unterirdische verholzte Wurzelstock enthält "schlafende Knospen", sowie Nährstoffe und dient als Kohlenhydratspeicher. Diese "schlafenden Knospen", auch unter "schlafende Augen" bekannt, können über Jahre oder Jahrzehnte unter der Erde lebensfähig erhalten bleiben. Ihr Zweck ist im Falle eines Notfalls, wie der Verlust der oberirdischen Pflanzenteile, beispielsweise Stamm, Äste und Blätter, durch Verbrennen oder Abholzen, einzig die Wiederherstellung verlorener Pflanzenorgane. Nach einem Feuer treibt der Mallee-Eukalyptus also aus diesem Wurzelstock (Lignotuber) schnell wieder aus. Er kann sogar eine Zeit lang wachsen, ohne Photosynthese zu betreiben. Für die ausgestreuten Samen wirkt es sich günstig aus, dass es außer ihnen keine weiteren Samen anderer Arten im Boden gibt, da diese vom Feuer vernichtet wurden. So können sie außer Konkurrenz wachsen und gedeihen.


Eine schlichte Umrißkarte von Australien mit rot markierten Mallee-Gebieten im Süden des Landes - Foto: 2009, by Australian_Vegetation.png: Griensteidl derivative work: Papphase (Australian_Vegetation.png) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Heutiges Verbreitungsgebiet des Mallee-Eukalyptus
Foto: 2009, by Australian_Vegetation.png: Griensteidl derivative work: Papphase (Australian_Vegetation.png) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Mallee-Eukalyptus als Flugzeugtreibstoff?

Diese einstmals in Australien weit verbreiteten Mallee-Eukalypten sind bedroht. Zum einen müssen sie der Land- und Viehwirtschaft weichen, zudem ist ihr hartes, festes und schön gemasertes Holz sehr begehrt. Es gibt neuerdings gezielte Forschungen und auch schon Anwendungen, den Mallee-Eukalyptus zu Flugzeugtreibstoff zu verarbeiten. Gelobt wird in diesem Zusammenhang der nachhaltige Rohstoffverbrauch. Der Mallee ist sehr genügsam, wächst in heißen, wasserarmen Regionen und treibt auch dank seines Lignotubers nach der Abholzung schnell wieder aus, was ihn zu einer guten Holz- bzw. Rohstoffquelle macht. Die Forscher gehen davon aus, dass sie den Mallee-Eukalyptus ungefähr alle 4 bis 5 Jahre abholzen können, um aus ihm Bio-Kraftstoff herzustellen. Es bleibt die Frage, ob so ein Lignotuber, der im Normalfall nur alle 20 Jahre zum Einsatz kommt, nämlich wenn es wieder einen Buschbrand gegeben hat, bereits nach 4 bis 5 Jahren die gleiche Kraft und Fähigkeit ausgebildet hat, um einen neuen Eukalyptusstrauch wachsen zu lassen. Und schafft er das auch noch ein zweites, drittes und viertes Mal? Oder verkümmern die Pflanzen, weil in der kurzen Zeit nicht ausreichend Nährstoffe und "schlafende Knospen" in dem Lignotuber eingelagert werden konnten? Schließlich sind es Lebewesen und keine Maschinen, die man in einer Endlosschleife betreiben kann.

Die Mallee-Eukalypten sind Mitglieder einer Lebensgemeinschaft, die sich extremen Klima- und Bodenbedingungen angepasst hat. Zu dieser Gemeinschaft gehören eine Vielzahl an Vögeln, wie zum Beispiel der Bergsittich, die australische Rohrdommel, Braunbauch-Dickichtvogel, Malleeborstenschwanz und ebenso das Busch- und das Thermometer-Huhn. Sie alle tragen auf ihre Weise zum Erhalt, beziehungsweise zur Pflege, Gestaltung und Verbesserung der Boden- und Klimaverhältnisse bei. Um den Mallee-Eukalyptus und einige Tiere wie das Thermometer-Huhn zu schützen, wurden neue Nationalparks eingerichtet. Obwohl es doch sehr nachdenklich stimmen kann, dass überhaupt derartige Parks angelegt werden müssen, um die Arten zu schützen, scheint es angesichts der vielfältigen Bedrohungen doch angebracht und wünschenswert.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.biologie-seite.de/Biologie/Schlafende_Knospe

http://www.eco-world.de/scripts/basics/econews/basics.prg?a_no=10073

https://abouttravel.ch/heftartikel/travel-inside/die-entwicklung-der-biokraftstoffe-kommt-mit-grossen-schritten-voran-ausgabe-2015-19/

https://www.australien-panorama.de/fakten/ausflora.html



5. Februar 2018


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