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PFLANZEN/046: Entlegenes Grün - Wüstenmethusalem ... (SB)



In der ältesten Wüste der Welt, in der es heiß und trocken ist, wo riesige Sanddünen empor gewachsen sind und Sandstürme peitschen, wo tägliche Temperaturschwankungen von bis zu 70° C vorherrschen - wer sollte dort leben können?

Es handelt sich um die Namib Wüste, die sich über die Länder Namibia und Angola im südlichen Afrika erstreckt und die auf ihrer gesamten Länge von 2000 Kilometern auf den Atlantik trifft. Meer und Wüste liegen dicht beieinander und dennoch gehört die Namib zu den trockensten Wüsten südlich der Sahara.


Auf einer Landkarte sind die Länder Angola und Namiba dargestellt, eine gestreifte Fläche zeigt, dass die Wüste sich über die beiden Länder erstreckt und an der Westseite auf ganzer Linie auf den Atlantischen Ozean trifft - Foto: 2006, by Thomas Schoch [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Gestreifte Fläche: die Namib-Wüste
Foto: 2006, by Thomas Schoch [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Dort wächst unter diesen extremen Bedingungen eine sonderbare Pflanze. Sie ähnelt einem am Boden liegenden Haufen welkender Blätter, die aus einem sehr niedrigen breiten Stamm entspringen, der eher als Stumpf bezeichnet werden könnte. In Angola wird diese Pflanze "n'tumbo" genannt. Das bedeutet so viel wie "Stumpf". Die Hereo nennen sie "onyanga", das heißt "Wüstenzwiebel". Ein Hinweis auf ihr Wachstum gibt die Bezeichnung in der Sprache Afrikaans, denn dort lautet ihr Name "tweeblaarkanniedood". Man kann es mit "Zwei-Blatt-kann-nicht-sterben" übersetzen. Aber was hat all das zu bedeuten, um welches merkwürdige Pflanzengewächs handelt es sich hier?


Umgeben von hellem Sand wächst eine Welwitschia-Pflanze, die einem Blätterhaufen ähnelt - Foto: 2004, by Freddy Weber, [Public domain], via Wikimedia Commons

Welwitschia mirabilis
Foto: 2004, by Freddy Weber, [Public domain], via Wikimedia Commons



Welwitschia mirabilis - eine Pflanze alt wie Methusalem wird nie erwachsen

Ihr wissenschaftlicher Name lautet Welwitschia mirabilis und den verdankt sie ihrem österreichischen Entdecker, dem Arzt und Botaniker Friedrich Welwitsch. Er traf im Jahr 1859 in der Wüste von Angola auf die Pflanze, die seine Neugier weckte. Wie kann eine so große Pflanze hier überleben? Sie sieht aus wie ein durcheinander gewirbelter Blätterhaufen. Doch bei genauer Untersuchung zeigt sich, dass sie wirklich nur zwei Laubblätter hervorbringt, die an ihren Spitzen welken, aber selbst nicht abfallen, sondern einfach immer weiterwachsen. Mit diesen verwelkten braun-grauen Blattspitzen, die auf dem Boden liegen, sieht sie zwar nicht besonders schön aus, aber sie birgt ein Geheimnis: sie kann uralt und doch nicht erwachsen werden. Was bedeutet das? Nun, es bleiben immer dieselben Blätter, die wachsen und wachsen und so kann man sagen, dass sie nie erwachsen werden und sterben. Das stimmt zwar nicht ganz, aber immerhin beträgt ihr durchschnittliches Alter 500 bis 600 Jahre, aber sie kann durchaus auch bis zu 2000 Jahre alt werden.

Der Eindruck, dass es sich um einen unansehnlichen Blätternhaufen handelt, entsteht dadurch, dass beiden etwas ledrigen Blätter im Laufe ihres langjährigen Wachstums von Sand- und Windschliff zerschlitzt wurden und so den Anschein eines vielblättrigen Gewächses erwecken.


Wassertropfen aus dem Atlantik

Aber auch diese Pflanze kann ohne Wasser nicht überleben. Anzumerken ist hier, dass es sich bei der Welwitschie, wie sie auch kurz genannt wird, eigentlich gar nicht um eine richtige Wüstenpflanze handelt, denn ursprünglich wuchs sie in Savannengebieten. Durch einen sehr langen Anpassungsprozess entwickelte sie eine Pfahlwurzel, die tief in wasserführende Schichten oder gar bis zum Grundwasser hin gelangt und dabei Längen von 25 Metern erreichen kann. Manche behaupten, dass sie Exemplare von sehr alten Pflanzen entdeckten, deren Wurzel sogar 45 Meter tief in den Boden wuchs. Das wäre also eine Möglichkeit an Wasser zu gelangen. Nebenher verfügt sie über ein oberflächennahes aber noch unterirdisches Wurzelgeflecht, das sich über einen Radius von 15 Metern ausdehnt und bis in drei Meter Tiefe reichen kann. Damit ist sie in der Lage, die Bodenfeuchtigkeit aufzunehmen, die durch die für die Namib-Wüste typischen Nebel entsteht.

Diese Nebel sind für viele Bewohner dieser heißen Wüste von überlebenswichtiger Bedeutung. Aber wo kommen in so einer trockenen Region Nebel her? Die Namib-Wüste trifft, wie gesagt, auf ihrer gesamten Länge auf den Atlantik. Das salzige Meerwasser kann weder von Mensch noch Tier getrunken werden, aber dennoch kann es trinkbares Wasser spenden - wenn auch nur in geringen Mengen. Wie das geht? In der Namib-Wüste herrschen gebietsweise Lufttemperaturen von bis zu 60° C vor. Das kühle Meerwasser, das von den Passatwinden aufgewirbelt über die Wüste weht und auf die heiße Luft trifft, kondensiert und es entsteht Nebel, der sich dann an verschiedenen Flächen niederschlägt und Wassertropfen bilden kann, die dann trinkbar sind. Genau das machen sich Tiere, zum Beispiel der Nebeltrinker-Käfer, und Pflanzen, wie die Welwitschie, in dieser Wüste zunutze.

Über den kurzen, dunklen korkartigen Stamm mit seiner großen Oberfläche ist die Welwitschia mirabilis in der Lage, eben diese Wasser aufzunehmen. Auch wenn es nur wenig Wasser ist, so hilft es ihr doch beim Überleben. Ihre Blätter sind dagegen nur in einem ganz geringen Maße in der Lage, Wasser aufzunehmen. Doch wie bei allen Pflanzen geht es nicht nur um das Überleben, sondern um die Vermehrung. Und das ist bei der Welwitschia aus verschiedenen Gründen kein leichtes Unterfangen.


Eine Welsitschia braucht einen Partner

Für die Fortpflanzung sind männliche und weibliche Vertreter der Welwitschie vonnöten. Oftmals stehen sie weit auseinander und so sind sie auf Insekten oder den Wind als Bestäubungshelfer angewiesen. Nur aus einem mit dem männlichen Pollen befruchteten Samen können bei optimaler Feuchtigkeit neue Welwitschia-Keimlinge sprießen. Man vermutet beispielsweise Wespen oder Wanzen als Pollentransporteure, doch ist das nicht eindeutig nachgewiesen. Sicher ist jedoch, dass die Samen papierartige "Flügelchen" besitzen, unter die der Wind greifen und sie fort tragen kann.


Im Vordergrund eine große Welsitschia-Pflanze, deren beide Blätter der Länge nach aufgeschlitzt sind, weit entfernt und klein zu erkennen, wächst eine weitere dieser Pflanzen - Foto: 2004, by Harald Süpfle [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

In der weiten Wüste stehen die Pflanzen oft weit entfernt voneinander
Foto: 2004, by Harald Süpfle [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Bei all diesen Unsicherheiten, die die Verbreitung und Fortpflanzung mit sich bringt, ist es nur gut, dass die Samen über mehrere Jahre lang keimfähig bleiben, so dass sie auch noch nach langer Zeit während der sehr seltenen Regenfälle keimen können. Es kann nämlich bis zu 10 Jahre lang kein einziger Regentropfen fallen, aber genau dieser Regen ist besonders wichtig für die Welwitschia mirabilis, denn nur wenn der Boden auch an der Oberfläche ausreichend feucht ist, können ihre befruchteten Samenkerne keimen. Verschwindet das Regenwasser zu früh, so sterben die ganz jungen Keimlinge ab.

Hat es allerdings in ausreichendem Maße geregnet, treiben zuerst die beiden Keimblätter aus dem Samen aus. Sie können bis zu eineinhalb Jahre lang Photosynthese betreiben und so die Pflanze beim Wachstum der beiden Laubblätter mit Nährstoffen versorgen. Dann sterben die Keimblätter ab, die Laubblätter wachsen weiter und können über die vielen Jahre eine Länge von 2,5 Metern bis zu ca. 6 Metern erreichen. Hat es eine junge Pflanze geschafft und konnte unter den extremen Bedingungen wachsen und groß werden, vermag sie sehr alt zu werden.


Zwei noch ganz junge, grüne und heile Laubblätter sprießen aus der Mitte des noch kaum erkennbaren Stammes der Pflanze - Foto: 2004, by Kurt Stüber [1] [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Zwei junge Welwitschia-Laubblätter
Foto: 2004, by Kurt Stüber [1] [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons



Bedroht, nicht nur durch Tierfraß ...

Auf der Welwitschie leben kleine Insekten, wie beispielsweise die Feuerwanze. Sie ernährt sich von dem Pflanzensaft, den sie von ihr absaugt. Auch der Welwitschie-Käfer findet auf ihr sein Auskommen. Die ledrigen Blätter sind nicht bei allen Tieren begehrt. Die dort lebenden Oryx-Antilopen, die ebenfalls sehr gut an das Wüstenklima angepasst sind, lassen sich die Blätter trotzdem schmecken. Glücklicherweise wachsen die Blätter wieder nach.

Wirkliche Gefahr droht der Welwitschie jedoch von den Menschen. In dem Wüstenboden lagern große Uranvorkommen und andere Bodenschätze. Uranminen sind aufgrund der dort frei werdenden Radioaktivität für die Menschen, Tiere und Pflanzen gefährlich, sie können zu schweren Erkrankungen führen. Zudem fallen erhebliche Mengen an radioaktivem Abfall in fester und flüssiger Form bei dem Uranabbau in den Minen an. Man darf annehmen, dass diese Stoffe auch ins Grundwasser gelangen und dieses, besonders für die dort lebenden Pflanzen lebenswichtige Nass, verseuchen. Es bleibt zu hoffen, dass die Nachfrage nach Uran abnimmt, weil vielleicht immer mehr Länder die Atomkraftwerke abschaffen und kein Uran mehr gebraucht wird.


Eine sehr große, alte Welwitschia mit vielfach aufgeschlitzten Blättern soll durch eine Umzäunung geschützt werden - Foto: 2003, by Thomas Schoch [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Alte eingezäunte Welwitschia, geschätztes Alter 1500 Jahre
Foto: 2003, by Thomas Schoch [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.liportal.de/namibia/ueberblick/

https://www.namibia.de/namibia-information/literaturauszuege/titel/welwitschia-mirabilis-kronenlose-herrscherin-namib-ernst-van-jaarsveld-uschi-pond.html

http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/methusalem-geschoepfe-so-geht-ewiges-leben-a-711540.html

https://www.deutschlandfunk.de/die-welwitschia.676.de.html?dram:article_id=278551


8. Februar 2019


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