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TIERE/112: Ich bau' mir ein Nest - Blutschnabelweberalarm ... (SB)



Unter den Vögeln hebt sich eine Familie durch ihre Nestbauweise besonders hervor. Man nennt sie Webervögel. Es gibt sehr viele Unterfamilien und Arten, doch alle fertigen kunstvolle Brutstätten an. Wie der Name schon sagt, hat ihre Bautätigkeit Ähnlichkeit mit dem Weben, wie wir es kennen, mit einem Unterschied, dass die Federtiere weder Hände noch Füße zu Hilfe nehmen können, sondern die ganze Arbeit mit ihrem Schnabel vollbringen. Ihre Heimat haben sie in der Alten Welt, in Australien und in Afrika südlich der Sahara. Sie werden zu den Sperlingsvögeln gezählt und sind meistens recht kleine Tiere, einige Arten können es jedoch bis zu 67 cm Gesamtlänge bringen. Ihre Schnäbel sind kurz, laufen konisch zu und eigenen sich bestens zum Körnerfressen. Die meisten Webervogelarten sind sehr gesellig. Sie sammeln sich zu großen Schwärmen und dulden auch andere Vögel in ihrer Nähe.


Nestbau als Baukunst

Ihre Nester sind nicht nur raffiniert gebaut und meist kugel- oder flaschenförmig, sondern in den meisten Fällen auch sehr stabil. Sie trotzen Wind und Wetter und können oft über viele Jahre genutzt werden.


Ein schwarz gefiedeter Vogel auf einem Ast, auffällig ist sein leuchtend gelbes Auge - Foto: 2006, by Francesco Veronesi from Italy (Viellot's Weaver - Kibale - Uganda 06_4155) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Ein Mohrenweber
Foto: 2006, by Francesco Veronesi from Italy (Viellot's Weaver - Kibale - Uganda 06_4155) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons


Der Mohrenweber (Ploceus nigerrimus) beispielsweise errichtet seine Behausung am liebsten in Ölpalmen und beschafft sich auf eine ganz spezielle Art und Weise sein Nistbaumaterial. Er fliegt zu einer benachbarten Palme und schnappt sich im Flug mit seinem Schnabel einen Zipfel von einem Ölpalmblatt und zwar möglichst nahe an dessen Stil. Dann lässt er sich fallen und reißt auf diese Weise einen Streifen des Blattes in seiner vollen Länge ab und erhält so sein Baumaterial. Wieder und wieder verfährt er in gleicher Weise, bis er genügend davon hergestellt hat, um sein Werk zu vollenden. Der kleine Vogel flicht oder "webt" aus diesen Streifen sehr geschickt sein Nest. Wenn viele Mohrenweber über eine Ölpalme herfallen, kann sie großen Schaden nehmen.


Ein goldbrauer kleiner Vogel, mit weißem Bauch und dunkelbraun gesprenkelten Flügeln - Foto: 2013, by Jason Thompson (Flickr: Baya Weaver (Male non-breading)) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Ein Bojaweber
Foto: 2013, by Jason Thompson (Flickr: Baya Weaver (Male non-breading)) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons


Ein anderer Webervogel, der sogenannte Bojaweber (Ploceus philippinus) sucht sich eine geeignete Astgabel und befestigt zunächst lange Grashalme daran, so dass sich ein Ring ergibt. Er beginnt seinen Bau mit dem Dach und arbeitet sich nach unten vor. Wieder und wieder fliegt er los, um Grashalme herbeizuschaffen. Durch wendige Kopfbewegungen flicht er sie, den Webfäden ähnlich, nur mit seinem Schnabel zu einem Grashalmgewebe, das flaschenförmig anmutet und am unteren Ende in einer etwas engeren Eingangsröhre endet. Er fliegt also von unten in sein Nest. Meistens befindet sich hinter der Eingangsröhre auch noch eine kleine Vorkammer, erst dann gelangt er in das eigentliche Nest, in dem die Eier bebrütet und die Jungen gefüttert werden.

Diese beiden beschriebenen Webervögel sind wie die meisten ihrer Art sehr gesellig und leben in großen Schwärmen. Doch manchmal wird so ein Vogelschwarm so gigantisch groß, dass einem Angst und Bange werden kann. Mehrere Millionen Tiere verdunkeln den Himmel und dort wo sie sich niederlassen ist kaum noch Platz für andere.


Tausenfache Nestansammlungen

Zu den Vögeln, die in so extrem großen Schwärmen leben, zählt der Blutschnabelweber. Seinen Namen erhielt er, weil sein Schnabel richtig kräftig rot gefärbt ist. Auch er erweist sich als ein wahrer Nestbaukünstler. Das Männchen fertigt in 2 bis 3 Tagen ein kleines, kugelförmiges Nest aus Grashalmen. An einem einzigen Baum können bis zu 6000 dieser kunstvoll errichteten Nestbauten angebracht werden. Der Eingang befindet sich seitlich und wird mit einem kleinen Dach aus Grashalmen geschützt. Blutschnabelweber bevorzugen es, ihre Behausung weit oben anzubringen, beispielsweise an dornigen Bäumen in ca. 6 Metern Höhe, um sich vor Fressfeinden zu schützen.


Über einer Ansammlung von Bäumen fliegen dicht nebeneinander, einer dunklen Wolke gleich, unzählige Blutschnabelweber - Foto: 2006, by Alastair Rae ([1]) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Ein Schwarm Blutschnabelweber
Foto: 2006, by Alastair Rae ([1]) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons


Doch obwohl er so klein ist, er misst gerade mal 12 Zentimeter und wiegt zwischen 15 und 26 Gramm, kann er erheblichen Schaden anrichten, und wird in vielen Regionen vom Menschen als "Schädling" bezeichnet. Nicht er allein wirkt bedrohlich, sondern die Anzahl, in der er auftritt. Seine Art gehört zu den häufigsten Vogelarten der Erde, vielleicht ist er sogar der am zahlreichsten vorkommende wild lebende Vogel überhaupt. Seine Heimat ist Afrika, südlich der Sahara. In der Brutzeit besetzen diese Tiere nahezu jeden Baum in der Savanne. Die Vögel eines Schwarms brüten zur gleichen Zeit und zwar immer nach einem heftigen Gewitter mit Regen. Dann nämlich wächst und grünt alles und für kurze Zeit gibt es ein reiches Angebot an Nahrung. Unter den Bäumen kann man unzählige weiße "Flocken" erkennen, die wie Schnee anmuten. Sie erweisen sich allerdings als kleine Reste von Eierschalen, die beim Schlüpfen der Kleinen heruntergefallen sind.


Zwei dieser Vögel mit grau-braunem, recht unscheinbarem Gefieder, am Bauch heller, Schwingen und Kopf dunkler gefärbt. Auffällig ist der kräftig rote Schnabel, kurz und konisch zulaufend - Foto: 2012, by Lip Kee from Singapore, Republic of Singapore (Flickr) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Zwei Blutschnabelweber
Foto: 2012, by Lip Kee from Singapore, Republic of Singapore (Flickr) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons


Da die Blutschnabelweber sich von Samen und Getreiden und nur gelegentlich auch von Insekten ernähren (letztere werden vornehmlich zur Fütterung der Jungen gejagt), sind die von Bauern angelegten Felder für sie wie ein üppig gedeckter Tisch. Gefressen werden Weizen, Sorghumhirse, Hirse, Hafer, Buchweizen und Reis. Fällt so ein großer Schwarm in die Anbauflächen ein, hat das verheerende Folgen und nicht selten bedeutet es für die Menschen, dass sie selber nicht mehr genug zu essen haben. Kein Wunder also, dass versucht wird, die Anzahl dieser Vögel in Grenzen zu halten. Doch erweist sich das als gar nicht so einfach, denn sie vermehren sich sehr rasch. Die Jungvögel werden schon innerhalb eines Jahres geschlechtsreif und können für neuen Nachwuchs sorgen. Die Blutschnabelweberschwärme gelten als ähnlich bedrohlich wie die Heuschrecken. Sie stehen in direkter Nahrungskonkurrenz zu den dort lebenden Menschen.



Unter den vielen Vögeln liegt ein Gras- oder Getreidefeld auf das sie sich stürzen - Foto: 2009, by Bernard DUPONT from FRANCE (Red-billed Queleas (Quelea quelea)) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Blutschnabelweberschwarm auf Futtersuche
Foto: 2009, by Bernard DUPONT from FRANCE (Red-billed Queleas (Quelea quelea)) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons



Kampf um Nahrung

Zum einen bewundern die Menschen den Blutschnabelweber wegen seiner Nestbaukunst, doch auf der anderen Seite sind sie verzweifelt darüber, dass die Vögel ihre Ernten rauben und sie selbst dadurch Hunger leiden. Überall dort wo Mensch und Tier in Nahrungskonkurrenz treten, kommt es zu erbitterten Kämpfen. Der Mensch setzt dabei seine vielfältigen Möglichkeiten der Vernichtung gegen die unliebsamen Konkurrenten, den sogenannten "Schädlingen", ein. Den Vögeln bleibt einzig der Schutz des massenhaften Auftretens.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.tierdoku.com/index.php?title=Ploceus_nigerrimus

"Brehms neue Tierenzyklopädie"
Band 5: Vögel 1
Prisma Verlag, Gütersloh, 1981
Seite 89


8. November 2017


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