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TIERE/0128: Die schwarze Riesenbiene - erst recht gefährdet? (SB)



Im Januar dieses Jahres (2019) wurde in Indonesien ein ganz besonderes Tier entdeckt, von dem man angenommen hatte, es sei bereits ausgestorben. Es handelt sich um eine Biene, die sogenannte Wallace-Riesenbiene, die wissenschaftliche Bezeichnung lautet: "Megachile pluto".

Den Namen "Wallace-Riesenbiene" erhielt sie nach ihrem Entdecker Alfred Russel Wallace, der 1859 auf der indonesischen Insel Bacan im nördlichen Teil der Molukken auf ein einziges weibliches Exemplar dieser Art traf. Aus seiner Beschreibung geht hervor, dass es sich bei dieser Biene um ein wirklich großes Insekt handelt.


Mr. Wallace als älterer Herr mit vollem weißen Haar und Bart und freundlichem Gesicht sitzt auf einem Stuhl - Foto: ca. 1895, by London Stereoscopic & Photographic Company (active 1855-1922) [Public domain], by Wikimedia Commons

Bild von Alfred Russel Wallace, ca. 1895
Foto: ca. 1895, by London Stereoscopic & Photographic Company (active 1855-1922) [Public domain], by Wikimedia Commons

Heute werden Megachile pluto, die der Gattung der Mörtel- und Blattscheiderbienen angehören, wie folgt beschrieben. Ein weibliches Tier kann eine Körperlänge von 2,3 bis 3,9 Zentimeter erreichen, wobei ihre Flügelspannweite ungefähr 6,3 Zentimeter beträgt. Diese Bienen sind von kräftiger schwarzer Färbung. Auffallend ist ihr ziemlich großer Kopf, der mit seinen 1,3 Zentimetern breiter ist als der Brustkorb (Thorax) und an dem die sehr großen Mandiblen augenfällig sind, wie auch die schwarz glänzende Stirnplatte. Der Thorax ist mit einem dichten, kurzen, schwarzen Haarkleid bedeckt, die Flügel glänzen eher bräunlich. Die Beine der Wallace-Biene sind von kräftigem Bau und ihr Bauch (Abdomen) wird von festen, kurzen, am Körper anliegenden Haaren bewachsen. Ein männliches Bienentier ist mit einer Körperlänge von 1,8 bis 2,3 Zentimetern vergleichsweise klein. Den Namen Riesenbiene hat sie übrigens wirklich verdient, denn sie ist ca. 4 mal so groß wie eine Honigbiene und hat ungefähr die Größe des Daumens eines erwachsenen Menschen.


Die Riesenbiene ist in etwa so lang, wie der Daumen eines Erwachsenen - Grafik: © 2019 by Schattenblick

Riesenbiene und Honigbiene im Größenvergleich

Grafik: © 2019 by Schattenblick


Eine Entdeckung gerät in Vergessenheit

Lange Zeit nach der Entdeckung dieses großen Insekts im Jahr 1859 hörte man nichts weiter von Megachile pluto, denn der Entdecker war zu dieser Zeit damit beschäftigt, seine Theorie zur Entwicklung der Arten aufzuschreiben, mit der er nachweisen wollte, dass nicht alles von Gott fertig entwickelt geschaffen wurde, wie es damals noch weit verbreiteter Glaube war, sondern ganz natürliche biologische Vorgänge verantwortlich waren. Durch Vermehrung und Auswahl (Selektion) wachsen stets jene Lebewesen heran, die am besten an die vorherrschenden Umweltbedingungen angepasst sind, so seine Erkenntnis. Er schickte seine neu erdachte Theorie an Charles Darwin, den er sehr verehrte, damit dieser seine Idee überprüfen sollte. In ihrer Zusammenarbeit wurde daraus die später berühmte Evolutionstheorie, für die allerdings Charles Darwin allein Weltruhm erlangte.


Die erste und zweite Wiederentdeckung

Der amerikanische Biologe Adam Messer reiste auf die Bacaninseln (Bacan, Halmahera, Tidore) und fand dort sechs Nester der Wallace-Riesenbiene. Diese Tiere schienen wirklich so selten zu sein, dass selbst die befragten Einheimischen sie nicht kannten. Es ist nicht genau bekannt, aus welchem Grund es in den folgenden Jahren entweder keine weiteren Sichtungen dieser Bienen gegeben hat oder ob sie einfach nicht veröffentlicht worden sind. Jedenfalls gab es ernste Befürchtungen, dass diese Bienenart ausgestorben ist.


Eine Riesenbiene von oben betrachtet auf einem kleinformatigen Bild ohne Vergleichsmöglichkieit - Foto: by Stavenn, own work,[CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Wallace-Riesenbiene
Foto: by Stavenn, own work,[CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Im Januar 2019 entdeckte ein Forscherteam von amerikanischen und australischen Biologen auf einer abgeschiedenen Insel der nördlichen Molukken (Indonesien) die ausgestorben geglaubten Wallace-Riesenbienen. Dem Bienenfotografen Clay Bolt gelang es eine Biene zu filmen und zu fotografieren. Das aufgefundene Bienennest, in dem gleich mehrere Exemplare lebten, befand sich im Inneren eines im Baum hängenden Termitennestes. Die Termitenart, die solche Baumnester fertigt, gehört zur Gattung Microcerotermes. Vielleicht trug die versteckte Lebensweise dazu bei, dass diese Tiere im Verborgenen überhaupt bis heute überleben konnten? Leider wäre es auch möglich, dass die aktuelle hohe Aufmerksamkeit sich eher schädlich auf das bisher ungestörte Leben auswirkt, denn wer weiß, welche Sammler sich im Geheimen auf die Jagd auf so ein seltenes Tier begeben. Es heißt allerdings, dass die indonesische Regierung sich bereit erklärt hat, die Wallace-Biene in ihrem natürlichen Lebensraum zu schützen.


Ein Leben im Verborgenen

Sehen wir uns diesen speziellen Nestbau der Wallace-Bienen einmal genauer an. Ungewöhnlich ist wohl, dass sie sich quasi als Untermieter in einem bevölkerten Termitenbau einnisten. Von außen ist also nur das Baumnest der Microcerotermes-Termiten zu erkennen - wer würde darin schon ein Bienennest vermuten? Wie geht das vor sich?

In jedem Termitenbaumnest kann sich ein Wallace-Bienennest befinden, das von bis zu sechs Weibchen bewohnt wird. Die Bienen bauen aus Holzfasern und Baumharz eine senkrecht (vertikal) angelegte Hauptröhre in das Termitennest hinein. Von da aus fertigen sie ihre Brutzellen und eine waagerechte (horizontale) Zugangsröhre an. Das besondere an dem dafür verwendeten Baumaterial aus Holzfasern und Baumharz ist, dass es zu einem schwarzen, wasserfesten Material aushärtet. Diese Röhrenkonstruktionen sind so stabil, dass die Termiten dort nicht hinein gelangen können und das Bienennest vor ihnen geschützt ist. Termiten brauchen nämlich Feuchtigkeit, um ihre eigene Holzzerkleinerung bewerktstelligen zu können.

Doch woher stammt dieses ideale Baumaterial für die Bienenröhren? Die Wallace-Bienenweibchen kratzen mit ihren großen Mandiblen (Mundwerkzeuge) kleine Stückchen aus dem Baum heraus. Mit ihrem Labrum (Mundwerkzeug vergleichbar mit der Oberlippe) schaben sie es klein und formen kleine Kugeln daraus, die sie dann gut verarbeiten können. In dem größten gefundenen Nest waren 157 Brutzellen errichtet worden, von denen 25 mit Eiern belegt waren. Solcherart besetzte Zellen weisen einen kräftigen harzigen Geruch auf, der aber mit dem Aushärten verlorengeht. Da Baumharz fungizide (pilzabweisende) Eigenschaften hat, ist anzunehmen, das die Bienen durch das Auftragen von mehreren Schichten des Harzes (vornehmlich Harz von Flügelfruchtgewächsen), ihre Nester gegen eingeschleppte Pilzsporen schützen wollen. Doch noch ist zu wenig über die Lebensweise dieser Bienen bekannt. Was ist beispielsweise mit den männlichen Tieren, welche Rolle spielen sie, wo leben sie? Wie viele Nachkommen gehen aus einer Brut hervor und wie lange dauert die Brutzeit, um nur einige ungeklärte Fragen zu nennen. Vielleicht ist es aber gerade in diesem besonderen Fall der Riesenbiene sogar besser, gar keine weiteren Forschungen anzustellen, um sie weiterhin möglichst ungestört leben zu lassen?

Bekannt ist aber, dass die Wallace-Riesenbiene auf sehr besondere Lebensbedingungen angewiesen ist. Ohne bestimmte Bäume und die spezielle Termitengattung sind ihre Überlebenschancen sehr gering. Da Indonesien zu jenen Staaten zählt, die jährlich die größten Waldverluste verzeichnen, sind nicht nur Bäume, Termiten und Riesenbienen in großer Gefahr. Bleibt zu hoffen, dass die indonesische Regierung erkennt, dass gerade ihr Regenwald eine ganz besondere Bedeutung für Menschen, Tiere und Pflanzen hat, die höher zu bewerten sein sollte, als die Interessen von ausländischen Unternehmen, denen es um das Abholzen der Bäume geht, um das Holz zu verkaufen oder Palmöl-Plantagen anzulegen.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

https://www.scinexx.de/news/biowisssen/groesste-biene-der-welt-wiederentdeckt/

https://science.orf.at/stories/2965952

https://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/biologie/die-groesste-biene-der-welt-lebt-doch-noch-13372795

https://www.welt.de/wissenschaft/article189205317/Wallace-Riesenbiene-erstmals-seit-38-Jahren-in-Indonesien-gesichtet.html


12. März 2019


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